Genervt bei historischen Romanen

  • Ich finde dieses Zitat gehört hierher:


    Zitat

    Original von Nicole
    Ich stell mir beim Schreiben eines Romans immer die historischen Fakten wie ein etwas unregelmäßiges Gitter vor, in das ich die Fiktion als bunte Bänder hineinwebe. Mal sind die Gitterstäbe lockerer, mal - wie bei diesem Buch - enger. Mal ist es eine Hilfe, die Fixpunkte und Löcher zu haben, mal ist es zum Haareraufen - weil sich die Geschichte irgendwie einfügen muss und das nicht immer auf Anhieb klappt oder die Gitterstäbe im Weg sind, ich sie aber dort lassen muss, weil unumstößliche historische Wahrheit.


    Oder ich stell's mir vor wie ein Gewebe aus Kett- und Schussfäden aus verschiedenen Garnen. Im Idealfall soll das fertige Gewebe von allen Seiten ein schönes Muster zeigen - aber was jetzt ein historischer Fakten-Faden und was ein Fiktion-Faden ist, das lässt sich nur mit mühseligem Aufdröseln wieder auseinanderdividieren, weil das Gewebe so dicht und einheitlich ist.
    Das versuche ich immer zu erreichen.


    So stell ich mir das als Leser für den Regelfall nämlich vor, dass der Autor vorgeht...


    Dabei ist mir klar, das eine Romanbiographie über Walther von der Vogelweide, von dem historisch nichts anderes bekannt ist als seine ihm zugeschriebenen Werke und die Quittung eines Mantels andere Lösungen für den Autor bieten als eine über "Die Schwester der Königin", wo über die Bullen- Tochter viele Informationen vorliegen und die einfach für die Geschichte plattgewalzt werden.

  • Zitat von Iris

    Zitat

    Viel Unsinn wird einfach über Jahrhunderte tradiert, weil Menschen nicht gerne von ihren Vorurteilen lassen und am liebsten glauben, was sie glauben wollen.


    Außerdem ist es viel bequemer, bei seinen tradierten Vorstellungen zu bleiben als diese in Frage zu stellen und sich aufzuraffen, der Sache mal nachzugehen bzw. nachzulesen. ;-)


    Ich denke auch, dass Frauen zu allen Zeiten eine Menge körperlicher Arbeit verrichten mußten, es sei denn sie entstammten privilegierten Familien oder verfügten sonst über Vermögen. Da gingen dann auch Schwangere bis zur Niederkunft aufs Feld arbeiten. Im Grunde mußten sie also nicht nur Hausfrau und Mutter sein, sondern daneben auch noch den Mann bei der Arbeit tatkräftig unterstützen. Letztlich blieb ihnen nur der Kriegsdienst erspart.


    Aber mit einer eigenen beruflichen Karriere war es trotz aller Mitarbeit selten so weit her, wie es manches Buch erzählt. Das war in der Realität die vollkommene Ausnahme und hat wohl auch erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts verhalten zugenommen (man denke an Coco Chanel, aber auch dort ging es nicht ohne männliche Unterstützung).


    Und selbst heute wird die Mehrzahl von Führungsposten, sei es Firmenvorstände, Aufsichtsräte oder Eigentümer von Unternehmen, immer noch von Männern besetzt.


    Schade, dass wir es vermutlich nicht miterleben werden, wenn die ersten "historischen Romane" über unsere Zeit erscheinen. Da kämpft sich dann ein Mädchen ohne Schulabschluss an die Spitze eines Konzerns, wird nebenbei Bohlens neuer "Superstar" und findet via "StayFriends" nach langen Jahren und viel Auf und Ab an der Börse ihre Jugendliebe wieder, dir zufällig Manager des Konkurrenzunternehmens ist. Einer glücklichen Fusion steht damit nichts mehr im Wege. ;-)

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  • Also ich glaube, dass man diesen Einwand nicht nur auf historische Romane beziehen kann, sondern auch auf den Psychothriller, Krimi oder Fantasy Bereich. Insbesondere wenn gewisse Bücher Erfolge haben, wird eben ansatzweise doch versucht, es ähnlich zu machen.


    Ich vermute mal, dass sich dies nicht unbedingt ändern wird. Solange wir noch Schmuckstücke darunter finden, soll es mir egal sein, denn letztendlich liegt uns immer noch frei, was wir kaufen und was nicht. ;)

  • Zitat

    Original von Iris


    Im Schnitt sind zumindest populärwissenschaftliche Sachbücher nicht wesentlich besser recherchiert als Belletristik. ......


    Sogenannte Sachbücher über Ufos, historische Glühbirnen und dergleichen ( :wow)...sind nicht wirklich mein Ding...
    Unsachliche Sachbücher über ein unsachliches Spekulativthema....bezeichne ich nicht als Informationsquelle.


    Aber da gibt es ja auch anderes.



    Jeder Autor musste ersteinmal recherchieren, sich etwas anlesen, bevor er an das notwendige Wissen kam - und wo recherchiert er / sie da?
    Dafür gibt es ja glücklicherweise in den Bibliotheken, Büchereien und Buchhandlungen jeweils unterschiedliche Bereiche mit mehr oder weniger fundierter Literatur, Abhandlungen, wie auch immer.
    Dort treibe auch ich mich rum, wenn ich mich informieren will.
    Und dort treiben sich auch die RomanAutoren rum, die wiederum das, was sie erfahren, aus ihrer Feder in ihrer Weise weitergeben. Da ist also schon einmal ein weiterer Abstand zur Quelle entstanden.


    Um nocheinmal Ken Follet zu bemühen, auf den ich es zur Zeit abgesehen habe:
    Wenn ich Näheres über den bedauernswerten Erzbischof Thomas Becket erfahren möchte, der in "Die Säulen der Erde" auftaucht, greife ich mir nicht einen historischen Roman, schmökere darin und lehne mich dann zufrieden zurück mit dem Gefühl, nun Bescheid zu wissen.


    Nein, dann nehme ich mir ein Buch, vielleicht gleich mehrere Bücher zur Hand, und darunter können dann wissenschaftliche Abhandlungen sein, Übersetzungen historischer Dokumente, und eben auch Sachbücher, die aus all diesen Quellen schöpfen.
    Wenn ein "Sachbuch"zu einem Thema, das mich interessiert, mit wilden Spekulationen vollgepfropft ist, würde ich das, zu einem guten Teil, schon erkennen, wenn ich es vor dem Kauf aus dem Bücherregal nehme, und reinlese.


    Nicht alle Sachbücher sind schlecht.


    Ich habe mich schon sehr über Romane geärgert, in denen ich klar erkennen konnte: So stimmt das ja nicht, - und zwar deshalb, weil ich schon ein gewisses Wissen dazu habe.


    Deshalb bin ich natürlich allen AutorInnen sehr dankbar, die gut recherchieren (UND gut schreiben).
    Aber das tut ja nicht jeder...

  • Mich nervt die momentane Flut von "durchschnittlichen Liebesromanen vor historischer Kulisse" auch, denn es ist schon schwer geworden, die guten Bücher zu entdecken. Aber dank der Büchereule ist das ja meistens nicht ganz so schwer.


    Bin auch der Ansicht, dass die Verlage durch die einheitlichen Cover und oft sehr irreführenden Klappentexte in vielen Fällen das falsche Publikum erreichen. "Die Kalligraphin" ist mir da zuletzt aufgefallen. Gutes Buch, aber ganz anders als der Klappentext erwarten lässt. Und ohne die vielen Empfehlungen hier hätte ich ein "Die ...-in" Buch schon garnicht mehr gekauft.

    "It is our choices, Harry, that show what we truly are, far more than our abilities." Albus Dumbledore
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    "An allem Unfug, der passiert, sind nicht etwa nur die Schuld, die ihn tun, sondern auch die, die ihn nicht verhindern."

    Erich Kästner.

  • historische romane sollen mich unterhalten. wenn ich dabei klüger werde, ist das ein zusätzliches plus. ich erwarte es also nicht unbedingt.
    was ich aber erwarte, ist, dass das, was mir als historisches drumherum geliefert wird, stimmt (natürlich nicht der wortlaut von gesprächen, aber die "richtung" sollte stimmen) bzw bei fiktiven personen (deren jeweilige kenntlichmachung im personenregister ich ebenso schätze wie ein glossar und eine karte) so hätte passiert sein können.
    also kein: frau varus blickte auf ihr handy, klickte arminius weg und lud ihren mann zu einem leckeren kartoffelsalat.
    hingegen hat mich vor einigen jahren ein mir vom titel her gerade nicht "parater" roman um den erdachten neffen der fuggersgattin sibylle artzt beeindruckt.*)
    ich erwarte also, dass ein autor historischer romane über die jeweilige zeit besser bescheid weiß als ich, die ich mich im allgemeinen für einigermaßen allgemein-gebildet halte (bei den teilweise studierten eulen mag ich mich knapp unterhalb des durchschnitts bewegen, aber im allgemeinen bin ich recht zufrieden :-) ).
    ich möchte ihn also nicht alle naselang bei einem fehler ertappen. einerseits, weil mir das das vertrauen nehmen würde, andererseits weil ich es schade finde, sich die gelegenheit entgehen zu lassen, vielleicht doch das sinkende bildungsniveau ein klitzekleinwenig zu beeinflussen.
    da wir keine zeitreisenden wie der brustwarzenorientierte jamie und seine highlandgespielin sind, können wir natürlich nicht mit sicherheit wissen, was damals wie passiert ist, aber wir wissen, dass es im jahre 9 noch keine handies und kartoffeln bei uns gab...
    das gesicherte wissen nun mit lebendigen geschichten füllen zu können, macht für mich einen guten autor aus.
    :wave


    edit: *) tanja kinkel: die puppenspieler

    "Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Leute ohne Laster auch sehr wenige Tugenden haben." (A. Lincoln)

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  • Zitat

    Original von Sophia
    Sogenannte Sachbücher über Ufos, historische Glühbirnen und dergleichen ( :wow)...sind nicht wirklich mein Ding...
    Unsachliche Sachbücher über ein unsachliches Spekulativthema....bezeichne ich nicht als Informationsquelle.


    Ich meinte keineswegs nur Sachbücher über hochspekulative Themen! Es wird z.B. auch im Bereich Geschichte vieles als "populärwissenschaftliches Sachbuch" verkauft, was schlicht und einfach nur aus veralteten (!) Sach- und Fachbüchern zusammengestoppelt ist. Oder es werden olle Kamellen nachgedruckt. Damit werden sattsam bekannte Vorurteile bedient, was immer wieder ausreichend große Verkaufszahlen bei minimalem finanziellen Aufwand verspricht.



    Zitat

    Nicht alle Sachbücher sind schlecht.


    Nein, aber man wäre sehr schlecht beraten, ein populäres Sachbuch automatisch für die beste Lektüre zu halten, um etwas über eine bestimmte Zeit zu erfahren bzw. zu lernen, nur weil es sich Sachbuch nennt.


    Ich habe mich nämlich schon sehr oft über "Sachbücher" geärgert, die totalen Bockmist über ihren Gegenstand verbreiten -- und das nicht nur dann, wenn der Autor nichts als Polemik im Sinn hatte. :grin

  • Was ich an manchen historischen Romanen schätze, (natürlich auch an anderen Büchern), ist: Wenn sie in mir ein echtes lebendiges Interesse für ein Thema wecken, dem ich vorher vielleicht eher gleichgültig gegenüberstand.


    Manche Bücher schaffen es, in ihrer Darstellung eines bestimmten Ereignisses oder Personen einer bestimmten Zeit ein schönes schillerndes Licht dorthin zu werfen, wo bei mir vorher nur eine graue, nebelhafte Vorstellung dem Thema gegenüber herrschte.


    Plötzlich bekommt dieses Thema ein Leben, weckt meine Teilnahme.
    Dann möchte ich mich unbedingt näher mit diesem Thema beschäftigen.


    Als Beispiel nenne ich jetzt einmal spontan einen von mir gelesenen Roman, der in großen Teilen ein historischer Roman ist, da er verschiedene Epochen durchläuft:


    "Die Quelle" von James A. Michener.


    Daraufhin habe ich mich mit glühendem Eifer über die Kultur und Geschichte Israels hergemacht, inklusive Bräuche, Religion und allem drum und dran.
    Vorher hatte bei mir dazu nur ein allgemeines, aber kein ausgesprochen großes Interesse bestanden. Danach las ich nicht nur viel darüber, sondern ging auch zu Vorträgen, Veranstaltungen, Interessengruppen, Vereinen.


    Und, dieser Thread hier wiederum hat mich dazu inspiriert, nun verstärkt historische Romane zu lesen. Mein Lesestoff war immer sehr gemischt, historische Romane habe ich zwar auch gelesen, aber sie hatten keinen Vorrang.
    ;-)

  • Zitat

    Original von Sophia
    Manche Bücher schaffen es, in ihrer Darstellung eines bestimmten Ereignisses oder Personen einer bestimmten Zeit ein schönes schillerndes Licht dorthin zu werfen, wo bei mir vorher nur eine graue, nebelhafte Vorstellung dem Thema gegenüber herrschte.


    Plötzlich bekommt dieses Thema ein Leben, weckt meine Teilnahme.
    Dann möchte ich mich unbedingt näher mit diesem Thema beschäftigen.


    Ich finde, damit hast Du eine wichtige Aufgabe des historischen Romans angesprochen, Interesse für gewisse Themen, Epochen, Personen zu wecken. Entweder, man mag sich trotz vorhandenem Interesse nicht so vertiefen, und erfreut sich eben romanhaft mit den nötigen Einschränkungen daran, oder es wird eben wirklich das tiefere Bedürfnis geweckt, dem auf den Grund zu gehen. Mit idealerweise guten Sachbüchern. Ohne Glühbirnen, da, wo sie nichts zu suchen haben. :grin

  • Zitat

    Original von Grisel
    Ich finde, damit hast Du eine wichtige Aufgabe des historischen Romans angesprochen, Interesse für gewisse Themen, Epochen, Personen zu wecken.


    Aus welchem anderen Grund sollte jemand eigentlich gewisse Themen, Epochen, Personen zum Gegenstand eines Romans machen, dessen Abfassung -- nebenbei bemerkt -- eine Heidenarbeit ist? :grin

  • Zitat

    Original von IrisAus welchem anderen Grund sollte jemand eigentlich gewisse Themen, Epochen, Personen zum Gegenstand eines Romans machen, dessen Abfassung -- nebenbei bemerkt -- eine Heidenarbeit ist? :grin


    Die eigene Faszination? Die Bücher schreiben, die man gern selbst gelesen hätte?
    Ist schon klar, daß man hofft, bei den Lesern anzukommen. Aber es geht eben darum, von der Leserseite aus, daß gute historische Romane mehr können, als einen mal kurz für ein paar Stunden abzulenken. Und daß man zwar nicht direkt aus den Romanen "lernen" kann, aber über den Umweg, wenn man dann versucht, sich aus Interesse darüber schlau zu machen.
    Das wollte ich sagen.

  • Mir ist nun auch noch etwas eingefallen, was mir immer wieder in historischen Romanen auffällt:


    Die frühe Geschlechtsreife von Leuten, die vor mehreren hundert Jahren gelebt habe.


    In vielen Romanen wird ganz selbstverständlich davon ausgegangen, dass Mädchen damals wie heute im Alter von 11 oder 12 Jahren ihre erste Menstruation erleben und geschlechtsreif werden.


    Soweit mir aber bekannt ist, wurden Mädchen sogar vor nur hundert Jahren erst wesentlich später geschlechtsreif als heute. Die meisten Mädchen des 19. Jahrhundert wurden mit 16-17 Jahren geschlechtsreif. Grund hierfür waren angeblich eine schlechtere Ernährung und die allgemeinen Lebensumstände. Vermutlich spielt auch die Klimazone des jeweiligen Landes eine Rolle.


    Jedenfalls wird diese Tatsache ganz gerne in Romanen übergangen bzw. es findet auch in dieser Hinsicht eine Anpassung an heutige Verhältnisse statt.

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  • Zitat

    Original von Grisel
    Die eigene Faszination? Die Bücher schreiben, die man gern selbst gelesen hätte?


    Zitat

    Original von Delphin
    Auftragsarbeit, weil diese Art Roman grad so gut läuft. Aufspringen auf einen Zug.


    Stimmt, alles schon vorgekommen. Und Faszination an einem Gegenstand sagt noch lange nichts darüber aus, ob die Kenntnisse über diesen Gegenstand irgendetwas taugen.


    Hinzukommt, dass es lukrativer ist, den Leute Geschichten mit dem "richtigen Mouthfeeling" anzudrehen als solche, die ein wenig Mitdenken erfordern. Ablenkung und Zerstreuung sind (unabhängig von der Geschmacksfrage!) verbreitete Lesebedürfnisse, das Verlage als Wirtschaftsunternehmen nicht ignorieren dürfen. Und Ablenkung und Zerstreuung erreicht man nur, indem man die Leute grundsätzlich mit Vertrautem füttert, d.h. mit den sattsam bekannten Vorurteilen, Klischees und Versatzstücken.
    Für dieses Lesebedürfnis ist ein Roman, der aus solchen Elementen gebaut wird, perfekt. Ob das "gut" ist, ist eine ganz andere Frage.



    Zitat

    Original von Grisel
    Aber es geht eben darum, von der Leserseite aus, daß gute historische Romane mehr können, als einen mal kurz für ein paar Stunden abzulenken. Und daß man zwar nicht direkt aus den Romanen "lernen" kann, aber über den Umweg, wenn man dann versucht, sich aus Interesse darüber schlau zu machen.


    Das erste ist quasi der Idealfall, das zweite immerhin eine schöne Hoffnung. :-)

  • Zitat

    Original von IrisDas erste ist quasi der Idealfall, das zweite immerhin eine schöne Hoffnung. :-)


    Und der Grund, warum ich es schade finde, daß mein Lieblingsgenre hier teilweise in Bausch und Bogen als sich selbst überlebt habend abgeurteilt wird, denn ich erlebe mit den richtigen Büchern sowohl Idealfall, als auch Hoffnungserfüllung.
    Klar, Geschmack, ich mag ja auch einige Genres nicht. Ich trete nur zur Ehrenrettung ein.



  • Das schwankt durch die Jahrhunderte, so z.B. seit Anfang des 19. Jahrhunderts deutlich rückläufig (siehe hier) Im frühen Mittelalter hatten die Frauen mit 14/15 schon ihre ersten Kinder.

  • Zitat

    Original von blaustrumpf
    Da hätte ich doch noch mal gerne eine Fraaaache ...
    Woran merkt eigentlich die geneigte Leserin/der geneigte Leser, ob ein Buch gut recherchiert ist?


    Man merkt es als Leser meiner Meinung nach daran, ob der Autor sich bemüht, dass recherchierte auch lebendig zu machen. Das mache ich nicht an harten Fakten fest - sondern daran, ob es dem Schreiber gelingt, die "Denke", die Philosophie, die Sprache, das Bewusstsein der Zeit einzufangen.
    Wenn hier Männer und Frauen Floskeln und Lebensweisheiten von sich geben, die überhaupt nicht in die Zeit passen und in das Wissen und Bewusstsein der Zeit, dann stört mich das mehr, als wenn ein Datum nicht tagesgenau passt.


    Wie ich schon schrieb: es gibt sicher Frauen, die aus den traditionellen Rollen ihrer Zeit ausgebrochen sind - aber eben aus anderen Motiven und mit einem anderen Hintergrund, als in vielen "Hosenrollen"-Romanen verkauft wird.
    Wenn eine Frau in einem Roman des Mittelalters von Selbstverwirklichung palavert - sorry, aber dann kann ich nur sagen: schlecht recherchiert.

    :lesend
    If you can read, you can empathize, luxuriate, take a chance, have a laugh, hit the road, witness history, become enlightened, turn the page, and do it all again
    Oprah Winfrey

  • Zitat

    Das schwankt durch die Jahrhunderte, so z.B. seit Anfang des 19. Jahrhunderts deutlich rückläufig (siehe hier) Im frühen Mittelalter hatten die Frauen mit 14/15 schon ihre ersten Kinder.


    @ Beowulf


    Diesen Artikel hatte ich auch gefunden. Aber wie sieht es mit tatsächlichen Belegen zum Mittelalter und sogar früher aus? Wie war das zur Zeit der Ägypter, bei den Kelten oder um die erste Jahrtausendwende?


    Rein biologisch gesehen ist der Eintritt der Geschlechtsreife dann sinnvoll, wenn auch der Körper ausgewachsen bzw. fertig entwickelt ist (vom Geist wollen wir mal gar nicht sprechen). Und dass das bei Frauen durch die Jahrhunderte hinweg schon mit zwölf Jahren der Fall gewesen sein soll, kann ich mir nur schwer vorstellen.

    :flowersIf you don't succeed at first - try, try again.



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  • Zitat

    Original von Alice Thierry
    Aber wie sieht es mit tatsächlichen Belegen zum Mittelalter und sogar früher aus? Wie war das zur Zeit der Ägypter, bei den Kelten oder um die erste Jahrtausendwende?


    Da musst du jeweils die archäologischen Abhandlungen studieren. Anhand von Knochenfunden in Gräberfeldern lässt sich in vielen Fällen nicht nur die Todesursache oder evtl. Verletzungen der Knochen feststellen, sondern auch Ernährungslage, körperlicher Reifegrad, organische Erkrankung usw. usf.
    Im übrigen verweise ich auf schriftliche Quellen: für das MA z.B. auf die Register der Kirchen, in denen Taufen, Hochzeiten und Beerdigungen festgehalten wurden; sowie für die Antike auf die reiche Epigraphik (Grabsteine, Widmungen etc.) und die vielzahl von Papyri, die aus der nordafrikanischen Wüste ausgegraben wurden.


    Die späte Menarche zur Zeit des frühen 19. Jhs. in Europa ist statistisch gesehen ein ziemlicher "Ausreißer" (wenn auch nicht der einzige!). Die Ursachen sind m.W. auch nicht geklärt.


    Zitat

    Rein biologisch gesehen ist der Eintritt der Geschlechtsreife dann sinnvoll, wenn auch der Körper ausgewachsen bzw. fertig entwickelt ist (vom Geist wollen wir mal gar nicht sprechen).


    Die rohe Natur schert sich herzlich wenig um den Reifegrad, wenn es um die Arterhaltung geht. Speziell in schlechten Zeiten, z.B. bei Nahrungsmangel, erfolgt bei Säugetieren häufig eine verfrühte Geschlechtsreife.
    Fatal ist auch, wenn aufgrund von Nahrungsmangel der Nachwuchs nicht lange genug gesäugt werden kann oder verhungert; dann stellt sich nämlich prompt die Brunst wieder ein.

  • Also mein zweiter identifizierter Urahn hat als gewesener Dragoner nach dem dreissigjährigen Krieg eine zwölfeinhalbjährige Bauerntochter geschwängert und nachdem das Kind gesund geboren wurde auch geheiratet und wietere Kinder gezeugt und starb als gewesener Dragoner in von Bentheims Regiment und Dreiviertelsmaier, hatte er Schwiegerpapa beerbt. Fett waren sicher auch die Bauerntöchter 1650 nicht...