Das Kairohaus - Samia Serageldin

  • Das Kairohaus - Samia Serageldin


    Zum Inhalt


    Ihr Geburtsname weist sie schon auf den ersten Blick als Angehörige einer der bekanntesten Familien Ägyptens aus, wie der Beamte an der Passkontrolle des Kairoer Flughafens wohlwollend feststellt. Heimisch und fremd zugleich fühlt sich Gigi - mit vollem Namen Gihan-Seif-el-islam, als sie nach langer Zeit im Exil ihre Familie wieder besucht. Vor Jahren musste sie ihre Heimat verlassen und hat für ihre überstürzte Flucht einen hohen Preis bezahlt: Ttarek, ihr einziger Sohn, blieb zurück. Gigi wuchs in einem geschichtsträchtigen Haus in Kairo auf, dem Heim einer großen, reichen, weit verzweigten Familie. Während die Männer ihren Geschäften nachgingen, regierten die Frauen das gesellschaftliche Leben der Stadt: Sie besichten einander, besprachen die neuesten Klatschgeschichten, arrangierten Ehen und andere Familienereignisse. Aber immer stand das Haus Besuchern - Freunden wie Feinden- offen: Die traditionelle ägyptische Gastfreundschaft paarte sich mit einem modernen kosmopolitischen Stil. Doch die Ära der großen Paschas fand in den sechziger Jahren ein Ende. Für viele Ägypter begann eine Zeit der Umbrüche und großen Erwartungen. Auch Gigi, gefangen in einer traditionell arrangierten Ehe und bedroht durch die politische Lage, sucht ihr privates Glück - und flieht ins Exil. Nur unter Schwierigkeiten findet sie in der Fremde ein neues Leben mit neuen Freiheiten - und verliert doch nie die Sehnsucht nach ihrer ägyptischen Heimat.... (Umschlagstext)


    Meine Meinung:


    Das autobiographische Buch hat mich sehr berührt. Es zeigt meiner Meinung nach den großen Zwiespalt Ägyptens (wahrscheinlich auch anderer islamistisch geprägter Länder) zwischen den alten Konventionen einer vergehenden Epoche (Gigis Onkel ist z.B. der letzte Pascha) und modernen westlichen Lebensstils. Am Beispiel von Gigi wird deutlich, dass nach aussen hin nach dem "Modernen" gestrebt wird. Man gibt sich fortschrittlich, Frauen sollen ein Mitspracherecht sowie Bildung haben, solange es nur nicht die eigene Ehefrau ist. Tief verwurzelt sind die alten Sitten und Gebräuche. Gigi heiratet ihren "arrangierten" Ehemann, weil es eben von ihr so erwartet wird und muss bald feststellen, dass sie sich ein ganzes Leben an seiner Seite nicht vorstellen kann. Mit zu viel westlichem Gedankengut und Hang zur Romantik ist sie aufgewachsen. Als sie die Scheidung verlangt, brechen die "alten" Ansichten sogar bei ihren eigenen Eltern (welche sich betont "westlich" geben und Gigi auch so erzogen haben) wieder durch und sie kann sich keine Hilfe erhoffen. Ein gewisses Verständnis, ja, aber keine konkrete Hilfe, da man den Ruf der Familie wahren muss. Als sich ihr Ehemann weigert, in die Scheidung einzuwilligen wird sie zur "Entrechteten", gefangen in einem goldenen, rechtlosen Käfig. Ihr einziger Weg scheint die Flucht nach Frankreich, dabei muss sie aber ihren Sohn bei ihrem Ehemann zurücklassen. Als ihr Mann Jahre später wieder heiraten will, willigt er in die Scheidung ein und Gigi heiratet ebenfalls erneut, wird aber auch in dieser Ehe nicht so recht glücklich. Als viele Jahre später das Kairohaus verkauft werden soll, kehrt Gigi endlich nach Ägypten zurück. Ihr Sohn, mittlerweile 16 Jahre alt, ist ihr total entfremdet und denkt nicht sehr westlich. Gigi nutzt aber die Zeit um sich ihrer Vergangenheit zu stellen und mit ihr abzuschließen. Ob es ihr gelingt - lasst Euch überraschen.


    Das Buch ist meines Erachtens ohne die bei solchen Büchern gerne vorhandene unnötige Sentimentalität geschrieben. Es beschreibt eine große Zerissenheit. Weiterhin werden mehrere Jahre politischer ägyptischer Geschichte und Extreme beschrieben.


    Dieses Buch bekommt von mir 10 von 10 Punkten. Wer sich etwas für orientalische Lebensweisen interessiert, sollte es sich nicht entgehen lassen.