Pseudonym und Vita - Wo liegen die Grenzen?

  • Mulle, da ich die erste war, die auf deine überall herumliegenden Schlipse getreten bin: wie du vielleicht gelesen hast, bezog sich mein Hausfrauen-Kommentar zunächst einmal auf Kinderbücher.
    Hast du eine Vorstellung davon, wieviel Kinderbücher kursieren, die von Muttis geschrieben wurden, die sich per se schon mal qualifiziert glauben, weil sie schließlich selbst Kinder haben? Was ich da schon alles vorlesen musste :wow.


    Das Argument, wenn es gut geschrieben sei, lese man auch Bücher vom Fußpfleger aus Wanne Eickel zählt für mich nicht, weil ich da ja erst wissen kann, wenn ich das Buch gelesen hab. Haltet mich für versnobt, die Wahrscheinlichkeit, dass es vielleicht nicht ganz so der Knaller ist, ist im Fußpflegerfall doch deutlich höher, als wenn der Autor z.B. jahrelang für taz, meinetwegen auch FAZ oder Jordan Times geschrieben hat. Da ich meine Bücher ja irgendwie auswählen muss, finde ich die Vita immer noch aussagekräftiger als etwa das Cover.


    Außerdem irritiert mich, dass es offensichtlich als vollkommen legitim gilt, von einem Verlag mittels 08/15 Cover und wohlklingendem Autorennamen in die Falle gelockt zu werden. :yikes

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von DraperDoyle ()

  • @Hausfrauen und Kinderbücher:


    Lindgren begann als Mutti
    Nöstlinger begann als Hausfrau und Mutti
    Boie begann als Mutti und Hausfrau
    Ingrid Noll begann als schreibende Mutti und Hausfrau. Bei ihren Krimis war sie immer noch Hausfrau.


    Nur mal so. :lache


    Das Problem ist nicht die Hausfrau, das Problem ist der Horizont derjenigen, die schreibt.
    Überschreitet sie den oder verbleibt sie in ihm? erzähklen,d denkend udn selbstverständlich ganz besonders im Umgang mit ihrem Werkstoff, Sprache.
    Das gilt auch für den Fußpfleger. Und die Brötchenverkäuferin.



    Hätte Kafka, den Charlie so elegant eingeflochten hat, Geschichten über Versicherungsgesellschaften geschrieben, wäre er nicht mal bis Max Brod gekommen.
    Er hat über unmenschliche, mechanisierte Abläufe und Herrschaftssysteme geschrieben, hat also den engen Horizont der Verwaltungswege einer bestimmten Versicherung überwunden. Trotzdem bedurfte es einer Menge Unterstützung und nicht weniger Überlieferungszufälle, um ihn zu einem Schriftsteller zu machen, an den man sich immer erinnern wird.


    Und das ist der nächste Punkt, die Frage der Veröffentlichung.
    Was, wenn die Lektorin/ der Lektor, die das Manuskript ankaufen, über nicht mehr als den 'Horizont einer Hausfrau' verfügen? Es liegt nicht allein an denen, die die Texte produzieren.
    Sondern daran, wie der Markt aussieht.


    Und wenn MarketingexpertInnen der Überzeugung sind, daß man das Produkt Autorin/Buch nur auf eine bestimmte Art verkaufen kann, wird es so präsentiert.
    Kann gut gehen, kann schiefgehen. Agu hat es auf den Punkt gebracht.


    Ich führe mal ein älteres Beispiel an, Agatha Christie. Sie steht für eine bestimmte Art von Kriminalromanen. Ihr Name ist entscheidend. Heute würden wir von der Marke Agatha Christie sprechen.
    Ihre Liebesromane hat sie unter einem anderen Namen geschrieben. Ist das nun Betrug oder Markentreuheit?



    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Naja, die Boie ist ja immerhin promovierte Literaturwissenschaftlerin und Lindgren hat sich zumindest bei einem schwedischen Käseblatt journalistisch erprobt. Allerdings stehen solche Details bei Kinderbüchern nicht in der Vita des Klappentextes. Hier wird muss sich die Autorin dadurch empfehlen, dass sie selbst Kinder hat. Der berufliche Werdegang ist nur dann bemerkneswert, wenn der eine gewisse Kinderaffinität aufweist, z.B. Lehrerin.


    Ansonsten ist natürlich der Hausfrauen- und Muttistatus die perfekte Zeit, sich schriftstellerisch zu betätigen. Denn wenn auch immer viel darüber geredet, was für ein harter Job Hausfrau wäre: er ist es nicht! Ich bin ja selbst phasenweise immer mal Hausfrau (gewesen), und so lange Mutti nicht anfängt, Baustellen aufzureißen oder die Hausverwaltung zu übernehmen, hat sie alle Zeit der Welt fürs florale Gestalten, Lesen oder eben Schreiben.


    magali : soll ich dir eine Auswahl von Mutti-Kinderbüchern schicken :grin Du wirst dir Conny herbeisehnen (deren Autorin auch durch ihren Muttistatus angeregt wurde, die so wunderbar kindgerechten Bücher zu schreiben)

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Ich muss sagen, mir stößt es auch zeitweise auf, dass Kinder haben und für Kinder schreiben so eng verbunden sind. Dann müsste man ja auch Menschen töten, um Krimis oder Thriller zu verfassen oder könnte nur im Stadium akuter Verliebtheit Liebesromane schreiben. Und wie die Phantasten das machen, das ist sowieso ein Rätsel. ;-)


    Dennoch kann man auch nicht alles über einen Kamm scheren. Genauso wie Kinder haben keine Voraussetzung für Kinderbücher ist, sollte man aber nach dem einen oder anderen Fehlgriff nicht gleich ein Vorurteil draus machen. Das hat mit Snobismus nichts zu tun, es ist Einstellungssache. Freilich kann jeder selbst entscheiden, wie er seine Bücher auswählt, aber ich finde, die Auswahl nach Cover und die Auswahl nach Lebenslauf stehen sich in ihrer Zufälligkeit um nichts nach, da kann man auch im Buchladen einen Abzählreim ausprobieren oder nur Bücher mit einer Seitenzahl von exakt dreihundertvierundzwanzig kaufen. Sinnlos. Wer nach Empfehlungen und Rezensionen geht, ist für mich noch am besten dran, alles andere ist Pseudoselektion.


    lg :wave Claudia

  • Zitat

    Original von DraperDoyle
    Mulle, da ich die erste war, die auf deine überall herumliegenden Schlipse getreten bin: wie du vielleicht gelesen hast, bezog sich mein Hausfrauen-Kommentar zunächst einmal auf Kinderbücher.
    Hast du eine Vorstellung davon, wieviel Kinderbücher kursieren, die von Muttis geschrieben wurden, die sich per se schon mal qualifiziert glauben, weil sie schließlich selbst Kinder haben? Was ich da schon alles vorlesen musste :wow.


    Hm, das Problem an Kinderbüchern ist vermutlich, dass viele den Anspruch, der dahinter steckt, nicht ernst nehmen. Ob das nun eine Mutter geschrieben hat oder nicht, spielt für mich keine Rolle.
    Ach, ist doch nur ein Kinderbuch ...
    Fatal!
    Für Kinder zu schreiben ist nämlich nicht "wie für Erwachsene, nur anspruchsloser". Für Erwachsene schlecht zu schreiben ist okay - Geschmacksache.
    Für Kinder schlecht zu schreiben, gehört verboten!


    Übrigens hat sich mein 7jähriger Sohn heute über "blöde Sprache" in einem seiner neuen Bücher beklagt. Auf meine Nachfrage stellte sich heraus: Er stieß sich an massiven Wortwiederholungen - ohne je von der Bedeutung solcher gehört zu haben. "Das sind ständig die gleichen Wörter, als gäbe es keine anderen, das ist voll öde! Und die Kinder machen Sachen, die keiner machen würde! Blöd!"
    Hab gleich mal nach der Vita der Autorin geguckt *g*. Eine vielfältig studierte Frau, die die Welt bereiste. Zahllose Kinderbuchveröffentlichungen. Der Vita nach keine Kinder (es wurden keine erwähnt).



    Zitat

    Original von DraperDoyle
    Ansonsten ist natürlich der Hausfrauen- und Muttistatus die perfekte Zeit, sich schriftstellerisch zu betätigen. Denn wenn auch immer viel darüber geredet, was für ein harter Job Hausfrau wäre: er ist es nicht! Ich bin ja selbst phasenweise immer mal Hausfrau (gewesen), und so lange Mutti nicht anfängt, Baustellen aufzureißen oder die Hausverwaltung zu übernehmen, hat sie alle Zeit der Welt fürs florale Gestalten, Lesen oder eben Schreiben.


    Nun ja, es kommt wohl ein wenig auf die Größe der Familie, das Alter der Kinder und vor allem deren Wesen an :grin. Aber grundsätzlich gebe ich dir schon recht.
    Vor allem aber ist die Elternzeit eben eine Zeit, in der es sich viele Familien leisten können (müssen), dass ein Elternteil für eine Weile ausschließlich zu Hause bleibt, und dann am Schreiben arbeiten kann. In jedem anderen Stadium meines Lebens hätte ich persönlich das zeitlich und finanziell nicht geschafft.

  • Zitat

    Original von Mulle
    Übrigens hat sich mein 7jähriger Sohn heute über "blöde Sprache" in einem seiner neuen Bücher beklagt. Auf meine Nachfrage stellte sich heraus: Er stieß sich an massiven Wortwiederholungen - ohne je von der Bedeutung solcher gehört zu haben. "Das sind ständig die gleichen Wörter, als gäbe es keine anderen, das ist voll öde! Und die Kinder machen Sachen, die keiner machen würde! Blöd!"
    Hab gleich mal nach der Vita der Autorin geguckt *g*. Eine vielfältig studierte Frau, die die Welt bereiste. Zahllose Kinderbuchveröffentlichungen. Der Vita nach keine Kinder (es wurden keine erwähnt).


    Meine Tochter hatte kürzlich ein ähnliches Problem. Das war bei Mio mein Mio, wo es ständig heißt "mein Vater, der König". Empört meinte sie: "und ich dachte immer, Astrid Lindgren wäre ein gute Schreiberin!"

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • DraperDoyle


    danke für das Angebot der Kinderbücher, aber nein. :grin.
    Ich weiß Bescheid.



    zum Thema:


    Klar hat Boie in Lit.wiss.promoviert, aber meine Erfahrung hat mich gelehrt, zu sagen: und trotzdem konnte sie schreiben. :grin
    Ein Studium, gleich welcher Art und mit welchem Abschluß ist kein Ausweis dafür, etwas schriftlich fixieren zu können.
    Und sie hat auch nicht Literarisches für Kinder geschrieben, sondern die höchstpersönliche Erfahrung mit dem eigenen Adoptivkind in eine Geschichte umgesetzt. Direkt aus dem Mutti-Kosmos.
    Warum hat es bei ihr geklappt und bei der Mutti aus dem Dorf hinter Passau nicht?
    Nicht wegen der Literaturwissenschaft. Sondern weil die eine schreiben kann und die andere nicht.


    Die Frage ist aber eine ganz andere, nämlich die, warum beide veröffentlicht werden. Und hier kommen eben Erwartungen, Erfahrungen, Effekte des Wiedererkennens, Marktmechanismen zum Tragen.
    Die Geschichte der Hausfrau hinter Passau kann erzählerisch, stilistisch, denkerisch so schwach und schwammig sein, wie Bastelmoos. Trotzdem kann es diejenigen ansprechen, die es publizieren können. Aus den oben genannten Gründen, z.B. Und weil sie ein Potenzial entdecken, damit Geld zu machen, bei Menschen, die sich ebenfalls davon angesprochen fühlen.
    Also kommt es auf den Markt.
    Jedes Produkt ist ein Versuch. Es gibt gute Versuche, geniale Versuche, gelungene, schwache, dämlich, mißlungene, übereilte, verspätete Versuche, was immer. Bei Büchern ist das ebenso.


    Daß die Autorin Mutter ist, ist bei Kinder - und Jugendbüchern ein klassischer Hinweis. Ich kenne das mindestens seit Nesbit, und sie schrieb zu Beginn des letzten Jahrhunderts. Damit gilt die schreibende Frau als Expertin. Bei Frauen wird übrigens weit häufiger darauf verwiesen, daß sie Kinder haben, als bei Männern. Bei denen reicht schreiben.
    Bei Illustratorinnen ist der Familienstand dann wieder weniger wichtig. Bei ihnen werden Ausbildungsort und LehrerInnen angeführt. Zeichnen ist ja auch ein Beruf, Schreiben nicht. ;-)


    Das sind alles Dinge, die man beim Thema 'Vita' miteinbeziehen muß.


    Ich gehe davon aus, daß Vitae ohenhin nach bestimmten Gesichtspunkten zusammengebastelt werden. Eine Zeitlang hatten alle Autorinnen der Unterhaltungsliteratur plötzlich Katzen. Dann bauten sie Instrumente, dann waren sie ungeheuer sportlich, und wenn nicht, gingen sie mindestens zwei Stunden täglich spazieren. Dann hatten sie große Familien, plötzlich lebten alle auf dem Land. Natürlich waren alle FreiberuflerInnen und Selbständige, KünstlerInnentum pur.
    Wenn ich z.B. Rückentexte von Krimis aus den 1990ern lese, grinse ich unweigerlich in mich hinein.
    Was stimmt da, was war geschönt, anders gewichtet, gelogen?


    Ich würde von mir gern sagen, daß ich nicht auf die Vita schaue, aber es stimmt nicht ganz. Ich interessiere mich dafür, ob das Buch ein Debut ist. Für mich ist es eine wichtige Information, ob eine Autorin z.B. Journalistin ist, obwohl es fatal ist, denn ich habe meine Vorbehalte bei diesem Berufsstand und lese solche Bücher weit kritischer. Wichtig finde ich auch, ob jemand nur Prosa schreibt oder z.B. auch Lyrik oder Theaterstücke.
    Ob jemand Kinder oder Katzen hat und sonntags nachmittags auf den Klippen Tin Whistle spielt, ist mir allerdings egal. Es bringt mir die Autorin nicht näher. Ich will nicht ihre Freundin werden, ich will ihr Buch lesen.


    Aber Verlage setzen offenbar genau auf den umgekehrten Effekt.




    Noch ein Wort zu den aufgeführten Äußerungen der Kinder über Kinderbücher. Die Meinungen der Kinder sind ehrlich, direkt und immer spannend. Aber nur, weil sie aus dem Mund von einzelnen Vertreterinnen und Vertretern des Zielpublikums kommen, müssen sie noch lange nicht richtig sein. Kinder sind nicht von Natur aus mit einem Instinkt für gute oder schlechte Texte ausgestattet, sie müssen lernen. Sie haben wenig Erfahrung, vieles kann an ihnen vorbeigehen.
    Kinder als KritikerInnen sind eine zweischneidige Angelegenheit.


    Wortwiederholungen können ein Stilmittel sein. Daß man es als kindliche Leserin/kindlicher Leser ablehnt, kann Gründe haben, die keineswegs bei Autorin/Autor liegen.
    Wortwiederholungen kommen bei sehr jungen Kindern besser an, als bei etwas älteren. Mit sieben kann die Grenze dafür durchaus überschritten sein. Wenn Kinder auf etwas blitzschnell und heftig reagieren, dann darauf, daß sie sich für 'dumm' gehalten fühlen. Ein empörtes 'Ich bin doch kein Baby' kann durchaus schon aus dem Mund einer Vierjährigen kommen.


    Wenn das Kind das häufig gebrauchte Wort nicht kennt, ist es doppelt fatal, dann langweilt es sich und damit kann man das Buch vergessen.
    Wir hatten es doch neulich irgendwo von Stolpersteinen in Kinderbüchern, ehe der entsprechende Thread totgetreten wurde? :gruebel



    Zu Lindgrens 'Mio':


    das 'mein Vater, der König' ist eben so ein gezielt eingesetztes Stilmittel. Die Geschichte ist als Märchen geformt, bewußt in überhöhter Darstellung, in Anlehnung an eine Saga, ein romantisch-zauberisches Lied. In hohem Maß emotional und bewußt sentimental.
    Ob man das mag oder nicht, ist tatsächlich Geschmackssache. Es sagt aber nichts über Lindgrens Fähigkeit zu schreiben aus.




    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Ich sage jetzt einfach mal ganz frech, dass mir die Vita eines Autoren völlig schnurz-pieps-egal ist! Und ich wage zu behaupten, dass sich ein z.B. rassistischer Autor, der sich unter einem wohlklingenden Pseudonym versteckt, mit seinem Werk "verrät" und mir sein Buch nicht deswegen besser gefallen wird, weil ein unverfänglicher Name auf dem Buchdeckel steht.


    Alles was ich von einem Autor erwarte ist, dass er mich mit seiner Geschichte aus meinem grauen Alltag holt, mich fesselt, mich unterhält, mich bewegt, mir neue Dinge und Sichtweisen vermittelt. Dass seine Ausdrucksweise so gewandt ist, dass es Spaß macht, seine Geschichte zu lesen. Und wenn er das für mich glaubhaft macht, dann kann er ein Fußpfleger aus Wanne-Eickel sein, ein Hausfrau aus Zschopau oder sonst wer. Wie gesagt, das ist mir dann schnurz-pieps-egal.


    Und wenn sein/ihr Verlag meint, er/sie müsste sich eine interessante Vita zulegen und für jedes Genre ein anderes Pseydonym, dann sollen sie doch! Ich werde von dem Inhalt eines Buches überzeugt und nicht von einer interessanten Vita und einem schönen Namen. Demgemäß suche ich persönlich meine Bücher auch nicht nach Name und/oder Vita aus und schon haben die ausgeklügeltsten Marketingmaßnahmen versagt.


    Ich bin langjährige und bekennende Vampir- und Werwolfbuchleserin und habe vor Biss viel auf Englisch gelesen, weil dieses Genre in Deutschland wenig Absatz gefunden hat. Ich bin dabei über die Jahre auf einige wunderbare Autoren gestoßen, deren Bücher/Welten mich faszinieren. Das Suchen und Finden dieser Perlen hatte nichts mit irgendwelchen Lebensläufen und klangvollen Namen zu tun. Nach Biss ist der Markt von Autorinnen überschwemmt worden, die alle auf dieser Welle mitschwimmen wollten und sicher hat sich die ein oder andere dafür ein neues Pseudonym zugelegt, weil sie ansonsten vielleicht in einem anspruchsvolleren Genre unterwegs ist. Sollen sie doch! Gelesen hab ich die meisten nicht, weil mich solche Massenphänomene eher verschrecken, denn erfreuen. In der Masse liegt nur selten Klasse.


    Aus meinen Jugendjahren hab ich etwas in Erinnerung, von dem ich nicht einmal sicher weiß, ob es überhaupt zutreffend ist, weil ich nie nachrecherchiert habe: Thema "Karl May". Ich habe als 16jährige alle seine Bücher gelesen. Mit Winnetou fing es an, dann kam Kara Ben Nemsi an die Reihe und zuletzt seine "einheimischen" Sachen. Ich fand diese Geschichten toll und bin heute noch froh, dass ich sie gelesen habe. Er hat so überzeugend geschrieben, dass ich ihm die Abenteuer alle abgenommen habe. Seine Charaktere waren beeindruckend ausgefeilt und seine Geschichten süchtig machend. Dass Karl May in seinem Leben nie gereist ist, macht diese Geschichten für mich noch faszinierender. Was hatte dieser Mann für eine Fantasie.
    Könnte sein, dass ich mir das einbilde, aber hat Karl May bei seiner Vita nicht auch gelogen, dass sich die Balken bogen, weil er in Wirklichkeit ein "uninteressanter Stubenhocker" war? Das hat mein Vergnügen an seinen Büchern jedoch nicht im geringsten geschmälert und ich bin ihm deswegen auch kein bisschen böse ;-)

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    "Es hat alles seine Stunde und ein jedes seine Zeit, denn wir gehören dem Jetzt und nicht der Ewigkeit."

  • Mir sind die Vitas als normale Leserin auch überhaupt nicht wichtig. Nach so was suche ich mir keine Bücher aus. Allerdings wäre es mir trotzdem lieber, wenn die Vita auch stimmt. Wenn man nämlich einmal erst mal das Bewusstsein entwickelt hat, hier wird man öfter belogen, dann hat das auf das Vertrauen in Bücher im Allgemeinen so einen schalen Beigeschmack ...


    Als Autorin und als selbsternannte Literaturbranchenforscherin sind mir die Vitas schon wichtiger, insbesondere als Autorin, da man Veröffentlichte als Vorbild ansehen kann und wenn dann in allen Vitas Studium, Journalistentätigkeit und Anthologien steht, hat man das Gefühl, mit solchen Merkmalen erhöhe man bei sich die Chancen. Hat man diese Merkmale nun, kann man sich zu Unrecht ermutigt fühlen und hat man sie nicht, fühlt man sich vielleicht zu Unrecht entmutigt.


    Was mich an der Marketingstrategie mit der Vita stört, ist aber nicht nur die Unwahrheit an sich, sondern wie schon andere sagten, dass da dann Dinge genannt werden, die mir dann auch nur langweilig sind. Auch mich interessieren Kinder und Katzen nicht und "Journalistik" ist so öde, wenn das auf jeder Vita steht. Also wenn schon was Geflunkertes, dann nicht so ein 08/15-Kram, sondern etwas, das wirklich Erinnerungspotential hat.


    Jedenfalls ein interessanter Thread!

  • Nun, es ist ja nicht so, dass ich ein Buch, dass mir sehr gut gefallen hat, plötzlich schlecht finde, wenn ich sehe dass der Autor Fußpfleger war, und deshalb auch keine weiteren vin ihm lesen möchte.


    Aber mal ehrlich, wieviel gute Bücher von Fußpflegern oder Ergotherapeutinnen habt ihr schon gelesen? Ich bin immer noch der Ansicht, dass das (gute) Schreiben gelernt werden muss, durch Lesen und eigene Schreibübungen. Und Schreiben lernt man eben eher durch ein Studium des Journalismus (was natürlich nicht zwingend der Fall sein muss) als durch Hornhautraspeln oder Babys wickeln. Vielleicht versteckt sich ja ihm Heer der Fußpfleger ein Naturtalent, mir ist es bisher nicht begegnet.


    Gerade das Mio-Beispiel zeigt das doch sehr schön. "Mein Vater, der König" ist ein Stilmittel, das mein Kind irritiert, später genervt hat, aber sie kennt es nun und im Zuge weiterer Leseerfahrung wird sie dann beurteilen können, ob es ihr gefällt oder nicht. Von der Autorenseite betrachtet, bedarf es aber auch einer gewissen Lese- und Schreiberfahrung, ein solches Stilmittel einzusetzen, eine neue Geschichte in den Kontext tradierter Erzählformen zu stellen.
    All das kann man in Creative Writing Kursen an der Sommeruni lernen, und es ist noch lange nicht gesagt, dass durch dieses Basiswissen ein gutes Buch entsteht, denn ich bezweifle ja nicht, dass auch ein gewisses Talent zum Schreiben dazugehört.


    Um zur Ausgangsfrage zurückzukommen: stünde ich zum Beispiel auf historische Romane, und hätte zwei Bücher, die das Schicksal einer verwaisten Kürschnerstochter im Mittelalter zu Thema hätte, würde ich doch die Autorin vorziehen, die Geschichte und Anglistik in Paris, Gelsenkirchen und Dublin studiert hat, als diejenige, die mit Mann, Hund und drei Katzen in der Nähe von Burg Griebstein lebt und sich schon als Kind für die Geschichte dieser Burg interessiert hat.
    Ich bin ein Snob, aber ich möchte doch behaupten, das ersteres Buch mir besser gefallen würde. Das sagt mir zumindest meine bisherige Leseerfahrung.

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Zitat

    Original von DraperDoyle
    Um zur Ausgangsfrage zurückzukommen: stünde ich zum Beispiel auf historische Romane, und hätte zwei Bücher, die das Schicksal einer verwaisten Kürschnerstochter im Mittelalter zu Thema hätte, würde ich doch die Autorin vorziehen, die Geschichte und Anglistik in Paris, Gelsenkirchen und Dublin studiert hat, als diejenige, die mit Mann, Hund und drei Katzen in der Nähe von Burg Griebstein lebt und sich schon als Kind für die Geschichte dieser Burg interessiert hat.
    Ich bin ein Snob, aber ich möchte doch behaupten, das ersteres Buch mir besser gefallen würde. Das sagt mir zumindest meine bisherige Leseerfahrung.


    Dem muß ich aber entgegenhalten, daß, folgt man Deiner Argumentation, alle AutorInnen von Krimis und Thrilern einen juristischen, (gerichts)medizinischen) oder kriminellen Hintergrund haben müssen, um einen guten Krimi zu schreiben.
    Und alle SciFi-AutorInnen mal zum Mond geflogen sein, mindestens.


    Was Dein Beispiel angeht: ich würde das Buch der Frau aus der Nähe von Burg Griebitzstein vorziehen.
    Natürlich bin ich vorgeschädigt. :lache


    Aber ich werfe mal ganz frech in die Runde, daß historische Romane von Feuchtwanger gelungen sind, weil er ein guter Schriftsteller war, nicht, weil er Historiker war. :grin



    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Zitat

    Original von magali
    [Aber ich werfe mal ganz frech in die Runde, daß historische Romane von Feuchtwanger gelungen sind, weil er ein guter Schriftsteller war, nicht, weil er Historiker war.


    Nahezu uneingeschraenkte Zustimmung, aber -


    Du musst zugeben: Hausfrau war er auch nich' ...


    Ich bestreite jetzt mal ueberhaupt nicht, dass bei meinem Hausfrauen-les-ich-nicht-Snobismus der Neid in Tueten als Motiv fungiert, weil ich mir so'n Hausfrauendasein (ohne Berufstaetigkeit - Hausfrauen sind wir ja irgendwie alle, ob wir nu' Frauen sind oder nicht) nie leisten konnte (dass man, wenn man gekonnt haette, womoeglich gar nicht der Typ dazu gewesen waeren, darf man als Neidhammel getrost unter den Tisch pusten, gell?).


    Und dann:
    Wenn so ein Hascherl wie ich in Klassenstufe Drei nun mit heiligem Eid beschlossen hat, Romane zu schreiben, seither jeden Tag fleissig Schreibseln uebt, nicht nur einen, sondern zwei Magisterstudiengaenge danach ausgewaehlt und - neben Berufs- und Familienarbeit sowie fleissiger Schreibselei - durchgezogen hat, wenn ich dafuer jeden Tag meines Lebens um vier Uhr aus dem Bett schleiche, und wenn ich dann BIS ZU MEINEM VIERZIGSTEN GEBURTSTAG gebraucht hab, um ein paar kurzlebige Buecheln zu verkaufen, die meilenweit unter dem liegen, was ich mir mal so vor mich hin schreibselnd erdaechtelt hatte - nee, Leute, ganz ehrlich, wie koennt ihr denn von mir verlangen, dass ich da noch ner Hausfrau von Burg Griebenwinkel goenne, dass die (womoeglich noch zwanzig Jahre frueher) das Buechelgeschreibe genauso drauf hat wie ich und mir hechelnd im Nacken sitzt und demnaechst meinen Programmplatz uebernimmt?


    Nee, das geht nicht. Da lande ich ja in der Klappse.


    Oder ich muesste mich auf die gefuerchtete Talent-Diskussion einlassen und das ausgerechnet jetzt, wo ich im gefaehrlichen Midlife-Crisis-Alter vor mich hin menopausiere? Besser nicht.
    Also setz ich mich lieber wieder um vier Uhr an mein Schreibtischlein und bete mir das Spruechlein von den 90 Prozent Transpiration vor und schreibsele transpirierend weiter. Und lese keine Buecher von Hausfrauen, so baeh!
    Weil nicht sein kann, was nicht sein darf.
    Darf nicht!


    Froehliche Woche wuenscht Charlie

  • Zitat

    Original von DraperDoyle
    Aber mal ehrlich, wieviel gute Bücher von Fußpflegern oder Ergotherapeutinnen habt ihr schon gelesen?


    Vielleicht mehr, als du glauben magst? ;-)


    Zitat

    Original von DraperDoyle
    Ich bin immer noch der Ansicht, dass das (gute) Schreiben gelernt werden muss, durch Lesen und eigene Schreibübungen.


    Was hindert denn den Menschen hinter dem Roman daran, das zu tun / getan zu haben? Das Wechseln der Windeln? Die Arbeit im Schichtdienst?


    Zitat

    Original von DraperDoyle
    Und Schreiben lernt man eben eher durch ein Studium des Journalismus (was natürlich nicht zwingend der Fall sein muss) als durch Hornhautraspeln oder Babys wickeln.


    Im Journalismus lernt man in erster Linie das recht trockene herunterbeten von Fakten. Danach kommt die spannende, und teilweise meinungsbildende Darreichungsform.
    Wo ist das aber das Kreative, das Unterhaltende?
    Der Spannungsbogen, der den Leser nicht nur über die paar Zeilen einer Kolumne, sondern über hunderte von Seiten trägt?
    Wird das beim Journalismus auch gelehrt?


    Zitat

    Original von DraperDoyle
    Vielleicht versteckt sich ja ihm Heer der Fußpfleger ein Naturtalent, mir ist es bisher nicht begegnet.


    WIe gesagt ... bist du dir da auch 100% sicher? ;-)


    Zitat

    Original von DraperDoyle
    Gerade das Mio-Beispiel zeigt das doch sehr schön. "Mein Vater, der König" ist ein Stilmittel, das mein Kind irritiert, später genervt hat, aber sie kennt es nun und im Zuge weiterer Leseerfahrung wird sie dann beurteilen können, ob es ihr gefällt oder nicht. Von der Autorenseite betrachtet, bedarf es aber auch einer gewissen Lese- und Schreiberfahrung, ein solches Stilmittel einzusetzen, eine neue Geschichte in den Kontext tradierter Erzählformen zu stellen.



    Hat also der Fußpfleger aus Wanne Eickel (um mal bei deisem abgerittenen Beispiel zu bleiben), mit seinen drei Bücherwänden voll Thrillern und Krimis weniger Leseerfahrung als ein Studierter? Sind seine 15 Schubladenwerke, mit denen er sich dem Handwerk des Schreibens näherte, keine Schreibübungen?


    Zitat

    Original von DraperDoyle
    All das kann man in Creative Writing Kursen an der Sommeruni lernen, und es ist noch lange nicht gesagt, dass durch dieses Basiswissen ein gutes Buch entsteht, denn ich bezweifle ja nicht, dass auch ein gewisses Talent zum Schreiben dazugehört.


    Ist dieses Talent beim Journalisten denn eher vorhanden?


    Zitat

    Original von DraperDoyle
    Um zur Ausgangsfrage zurückzukommen: stünde ich zum Beispiel auf historische Romane, und hätte zwei Bücher, die das Schicksal einer verwaisten Kürschnerstochter im Mittelalter zu Thema hätte, würde ich doch die Autorin vorziehen, die Geschichte und Anglistik in Paris, Gelsenkirchen und Dublin studiert hat, als diejenige, die mit Mann, Hund und drei Katzen in der Nähe von Burg Griebstein lebt und sich schon als Kind für die Geschichte dieser Burg interessiert hat.
    Ich bin ein Snob, aber ich möchte doch behaupten, das ersteres Buch mir besser gefallen würde. Das sagt mir zumindest meine bisherige Leseerfahrung.


    Und auch hier nochmal die Gegenfrage, ob du dir da wirklich absolut sicher bist?


    Ich vestehe deine Einwände, und kann sie nachvollziehen. Trotzdem bleibt da ein fader Nachgeschmack zurück.
    Eine kleine Geschichte dazu:
    Ein Lektor bekommt das Manuskript eines Fußpflegers aus Wanne Eickel. Es ist ein Thriller, der ganz ohne massenmordende Fußfetischisten auskommt. Der Lektor ist dennoch begeistert. Der Verleger und die Handelsvertreter ebenfalls.
    Aber wie das Ding vermarkten?
    2.000 befragte "DraperDoyles" antworteten auf die Frage, von wem sie gerne Bücher der Sparte Belletristik lesen würden mit
    "Nur von Experten auf dem jeweiligen Gebiet!"
    Wie aber diesen wirklich spannenden Roman an den "DraperDoyle" bringen?
    Da ist Kohle drin!
    Tja, und so wird aus dem verschmähten Fußpfleger aus Wanne Eickel schnell mal ein Ex-Beamter des Budnesgrenzschutz, oder ein investigativer Journalist, oder ein ...


    Die Frage nach Pseudonym und Vita ist also die Frage nach der Henne und dem Ei.


    Und, sorry für die ehrlichen Worte, wenn du es wirklich so engstirnig siehst, wie du es heir nochmal darlegst, dann wundert es mich nicht, dass die Marketinabteilungen der Verlage teilweise wie die Abteilung Zeugenschutz des BKA arbeiten. ;-) ***


    LG


    Dirk67
    (Kein Fußpfleger, nicht aus Wanne Eickel stammend, und auch kein Thrillerautor. Ich weiß aber trotzdem, dass die Abteilung "ZD" des BKA unter anderem auch für Zeugenschutz verantwortlich ist, ohne ein Insider oder auf deren Mittel angewiesen zu sein ;-) )


    Edith:
    Tippfehler ausgebessert ;-)

  • Aber ein guter Schriftsteller wird man ja auch nicht von alleine, auch das muss man üben. Ein schreibaffiner Beruf in der Vita kann da nicht schaden.


    Was den Krimi angeht: für mich zeichnet sich ein guter Krimi seltern durch ausgefeilte forensiche oder kriminologische Details aus, sondern durch eine gut ausgedachte Geschichte (was meiner Meinung nach am ehesten Talent erfordert), in der ein irgendwie geartetes kriminelles Delikt vorkommt, und eine schöne, evt. originelle Sprache. Vargas wäre so ein Besipiel (auch wenn du mir da nicht zustimmen wirst :grin)
    Bei historischen Romanen rede ich zugegebenermaßen von Dingen, von denen ich keine Ahnung habe. Wahrscheinlich zeichnet einen guten historischen Roman nicht unbedingt die zigste historische Provinzfürstin aus, die die engagierte Historikerin ausgegraben hat oder das Detailwissen, wann denn nun genau das Knopfloch erfunden wurde. Aber das profunde Kennen einer Epoche scheint mir nicht von Nachteil zu sein, um eine stimmige (ich meine nicht wahre, das wäre utopisch) Kulisse für eine Geschichte zu liefern.

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Jaja, Dirk, ich bin tatsächlich ein engstirniger Ignorant, der sich von den großen Verlagen aufs Glatteis führen lässt. So Leute wie ich sind schuld daran, dass Vitae in Klappentexten erfunden werden müssen.
    Und Autoren müssen bei mir eine Aufnahmeprüfung ablegen, in Geschichte Leistungskursniveau und Tierphysilogie Vordiplomniveau, bevor ich mir ihre Bücher ins Regal stelle. Nur so kann ich ein gewisses Niveau halten, weil ich eigentlich zu blöde bin, ein gutes Buch als solches zu erkennen, da ist der Fußpfleger der Balken in meinem Auge :-]

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Um beim Thema "Karl May" zu bleiben, drängt sich mir nach DDs Beiträgen die Frage auf, ob seine Winnetou- und Kara Ben Nemsi-Geschichten "besser" gewesen wären, wenn er Geographie, Ethnologie, Geschichte und sonstwas studiert und sein Leben als Globetrotter verbracht hätte? Oder hätte der nüchterne Realismus seiner Erfahrungen den seltsamen "Zauber" den seine Werke für mich hatten, zerstört? :gruebel

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    "Es hat alles seine Stunde und ein jedes seine Zeit, denn wir gehören dem Jetzt und nicht der Ewigkeit."

  • Hi DraperDoyle.


    Ich wollte dir nicht auf den Schlips treten! Sorry, wenn das so rüberkam :knuddel1
    Und das mit dem schreibaffinen Beruf ... sorry ... es ist ein Mythos.


    Ein Roman, ja selbst ein Gedicht, ist etwas vollkommen anderes, als eine Reportage, eine Kolumne oder ein Geschäftsbrief.
    Alle von mir oben genannten Beispiele sind Arbeit.
    Schreibarbeit, zugegeben, aber sie alle erfordern eine vollkommen andere Herangehensweise, eine gänzlich andere Erfahung im Schreiben, und alle unterscheiden sich auch vom Zeitaufwand, um ein lesbares Endprodukt zu erzeugen.


    Ein Geschäftsbrief ist genormt, ein Gedicht hält auch oft Normen ein, und eine Reportage muss in die Spalte passen, welche die Redax dir zugesteht.
    Ein Roman hat aber keine festen Regeln.
    Ein Roman ist so schwammig wie die Erwartungen der Leser an die Geschichte.


    Zudem ist man, nach 8 Stunden schreibaffinen Job, so sehr auf die jeweils verlangte Form geeicht, dass ein Umschwenken nahezu unmöglich ist.
    Nicht jeder gute Journalist kann auch 400-Seiten Romane schreiben.
    Nicht jeder Geschäftsmann kann gute Gedichte verfassen.
    Und Autoren und sind auch nicht immer die hellsten Leuchten, wenn es um Geschäftsbriefe geht.


    Setze dich mal 8 Stunden hin, und bastele Normbriefe aus Vorgaben zusammen.
    Setze dich danach 8 Stunden hin, und verfasse einen Kurzbericht über ein beliebiges Thema für eine Regionalzeitung.
    Schreibe dann ein Haiku.
    Und zuletzt versuchst du mal einen Krimi zu schreiben. Ein Kurzkrimi von 8 oder 10 Seiten reicht schon.
    Schau mal, wie lange du da brauchst ;-)


    Du wirst die Unterschiede merken.
    Schreibaffine Jobs können für Kreativität, Originalität und menschliche Nähe im geschriebenen Wort tödlich sein.


    Missionarische Überzeugungsarbeit leistend


    Dirk67 ;-)

  • So, nun habt ihr mich aber in der Ecke :kiss


    Zu Karl May sage ich jetzt mal nichts, außer vielleicht, dass er zeitweise bei Zeitungen gearbeitet hat.


    Ansonsten warte ich noch auf Lektürevorschläge von Fußpflegern und Altenpflegehelferinnen :rolleyes

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • :lache
    Draper, da werden wir lange warten, viel investigativen Journalismus betreiben, und einigen Autoren und Autorinnen die Lebensgrundlage wegnehmen müssen ;-)


    Ne, Spaß beiseite:
    Die Geschichte selber, die sollte im Vordergrund stehen.
    Autoren von Belletristik sind Lügner und Illusionisten. Wären sie das nicht, würde keine einzige Geschichte funktionieren, weil das Leben sowas von banal ist ... frag mal ´nen Polizisten, selbst wenn er beim BKA arbeitet.


    Ich will keiner Vitalüge Vorschub leisten, nehmen sie aber hin, weil mich entweder die ersten 10 Seiten eines Romans im Handel überzeugen, oder ich das Buch liegen lasse.
    Und da bin ich noch lange nicht bei der Vita des Autoren angekommen ;-)


    LG
    Dirk67

  • ich weiß nicht, warum du mir immer mit dem Polizisten kommst :gruebel


    Das Leben banal? Wenn du damit meinst, dass im echten Leben selten Leichen mit um den Hals gewickelten Gedärmen gefunden werden oder eine vom Leben gebeutelte Mittdreißigerin in Cornwall ihre große Liebe findet, gebe ich dir recht. Aber, ehrlich, das interessiert mich auch nicht.
    Yates, Stefánsson, St. Aubyn, um einige meiner augenblicklichen Favoriten zu nennen, schreiben über ganz banale Dinge, über verkorkste Ehen, eine glückliche Kindheit oder ganz banale Midlife-Krisen und das sind doch großartige Bücher.

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)