ZitatOriginal von Sysai
Wenn ich den Leuten gegenübersitze, die unsere Lesungen besuchen, oder Leserunden im Netz begleite, muß ich ehrlich herüberkommen. Das geht aber nicht, wenn ich in der Vita eine Scheinexistenz aufgebaut habe.
ZitatOriginal von Sysai
Mir ist noch etwas anderes wichtig: eine falsche Vita wäre mir viel zu anstrengend. Da müsste ich ja aufpassen, was ich erzähle. Nein, es ist leichter, ein paar Daten von sich preiszugeben, als dauernd lügen zu müssen.
Danke, Sysai, Du sprichst mir aus der Seele, ganz genauso sehe ich das auch!
@ Grisel
ZitatOriginal von Grisel
Was ich nicht ganz verstehen kann, AutorIn sein ist doch idealerweise nicht nur ein Beruf, sondern auch eine Leidenschaft. Wenn die erfahrenen AutorInnen hier davon sprechen, daß vieles auf Zwang der Verlage geschieht, ja daß ein Teil der Persönlichkeit, wie das Pseudonym Hansi Müller als Marke und Eigentum betrachtet wird, kann es dann überhaupt noch Spaß machen, unter diesen Zwängen zu schreiben? Macht einen das nicht in gewisser Weise zum "Schreibsklaven"? Oder sind das die Beschränkungen, die man einfach hinnehmen muß, um diesen Beruf leben zu können? Aber verkauft man da nicht einen Teil seiner Seele mit?
Denn ich finde es schon etwas eigenartig, Pseudonyme zwar zu haben, weil man dazu gezwungen ist oder wird, aber sie gleichzeitig aufzudecken, weil man es nicht ethisch findet. Wo ist denn da der Sinn?
Nicht polemisch gemeint, sondern pures Interesse an einer schwierigen Frage.
wie ich weiter oben schon schrieb, kann ich mir vorstellen, dass jeder Autor seine eigenen, individuellen Erfahrungen damit gemacht hat oder noch macht; ich kann jetzt nur erzählen, wie's bei mir war.
Es ist tatsächlich eine schwierige Frage.
Ich fand's schon schwierig, unter welchem Namen ich überhaupt veröffentlichen wollte; mein "echter" gefiel mir nämlich lange Zeit überhaupt nicht, und ich konnte ihn mir nicht auf dem Cover eines Buches vorstellen - zumal ich ihn über die Jahre in x-Verballhornungen gesehen habe - fehlendes, "e", fehlendes "s", stattdessen "ß", gar mit "F" am Anfang, aua.
Irgendwann hatte ich mich doch dazu durchgerungen, ihn zu nehmen, allerdings in der Form, dass ich meinen zweiten Taufnahmen als Initiale mit reinnahm - so wie er jetzt auch ist. Das gefiel mir und hatte für mich den guten Effekt, dass ich eine - wenn auch dünne - Trennlinie zwischen meinem privaten und beruflichen Ich hatte.
Was ich für meine Seelenhygienie als essentiell erachte - denn gerade weil's nicht nur Beruf, sondern Leidenschaft ist, verschwimmen im Alltag eigentlich ständig die Grenzen zwischen privat und Beruf, und das ist nicht immer gut und gesund.
Mit "C." bin ich Autorin, ohne "C" bin ich Privatmensch (das geht inzwischen soweit, dass ich zusammenzucke, wenn ich in beruflichem Zusammenhang das "C" irgendwo vermisse )
Okay, das erste Buch war draußen, und für das zweite interessierten sich zwei namhafte Verlage. Verlag A wollte das MS zwar haben, hatte aber Bedenken, weil mein Erstling sich nicht gut verkauft hatte und schlug ein Pseudonym vor. Keine Frage: mir sträubte sich alles, und ich habe gar nicht lange drüber nachgedacht, das wollte ich bei dem Buch nicht und auch nicht für die künftigen Bücher, die ich in dieser Richtung zu schreiben gedachte. Klares Nein von mir - und ich war schon mal gegen besagten Verlag eingenommen und bin dann schließlich auch zu dem anderen Verlag.
Bevor die Geschichte mit dem Pseudonym jetzt zustande kam, hätte ich nie im Traum dran gedacht, eines zu verwenden. Aber dann war die Idee meines Agenten da, das so zu machen - und ich dachte: ja, super, bei dem "Kleinen" passt's für mich, da hab ich ein gutes Gefühl bei; umso mehr, als ich mir ein Pseudonym zusammengebastelt hatte, das etwas mit mir ganz persönlich zu tun hat.
Ich hatte bei der Arbeit daran für mich den (rein subjektiven) Eindruck, dass ich mich dabei mehr getraut habe als ich das unter meinem eigenen Namen gekonnt hätte.
Insofern war's für mich eine Super-Lösung: erst mal über das Pseudonym allein und nur für mich die Illusion zu haben, das ein Stückchen von meinem anderen Autoren-Ich wegzuhalten, es dann über die Transparenz und die Aufdeckung wieder zu mir heranzuholen.
Ich kann mir vorstellen, dass das jetzt alles überhaupt nicht logisch und rational nachvollziehbar klingt - ist es glaub auch nicht; das waren alles Entscheidungen, die zwar von Seiten der Profis argumentativ gut begründet waren, die ich aber rein aus dem Bauchgefühl getroffen habe.
Ich muss mich wohlfühlen beim Schreiben, sonst wird's nix.
@ Alice Thierry
ZitatOriginal von Alice Thierry
Ich schätze, viele gehen lieber Kompromisse ein als sich in ihre Prinzipien und Ideale zu verbeißen.
Zwei Kompromisse, um die man als Autor in der Regel nicht drumrum kommt: eine Vita und ein Autorenfoto abzuliefern.
Will man sich diesen beiden Punkten verweigern, beisst man bei den Verlagen schlicht und einfach auf Granit.
Das wird dann zu einem derart zermürbenden Diskussionsmarathon, dass zumindest ich immer doch nachgegeben habe (mit echter Vita und echtem Foto); meine Kraft brauch ich für andere und mir wichtigere Dinge.
EDIT: Vergessenes ergänzt