Daniel Kehlmann - Ruhm

  • Ich finde Heidenreichs Kommentar auch wenig überraschend. "Ruhm" ist nun einmal nicht der offensichtliche Nachfolger, einfach weniger massenpublikumstauglich als "Die Vermessung der Welt". Bei den ganzen vielen verkauften Exemplaren kann ich mir tatsächlich nicht vorstellen, dass nicht einige frustriert abgebrochen haben. Vielleicht gibt es auch deshalb nicht noch mehr Kritik, weil das Buch überwiegend zu dekorativen Zwecken benutzt wird (ist es nicht eigentlich zu dünn dafür). Als Stil- und Lebensphilosophieberaterin der breiten Masse sagt sie "Nein, das wird euch nicht gefallen" und sie hat sehr wahrscheinlich sogar Recht damit. Wie auch immer. Heidenreich ist doch eigentlich eine literarische Märtyrerin indem sie das Offensichtliche ausspricht. Genau das, was man erwartet.


    Aber im Ernst, ist es nicht schön, dass sich so ein Buch einmal auf die oberen Ränge der Spiegel-Beststellerliste verirrt wo man sonst nur die Harry Potter Bücher sieht (Heidenreichs "Harry Potter" Vergleich ist umso unorigineller)? Wieso muss denn dann ausgerechnet die Frau Heidenreich da wieder korrigierend eingreifen?

  • Ich hab das Buch bereits letztes Wochenende gelesen, musste es aber erstmal sacken lassen...


    Also, die grundsätzliche Idee dieser neun Geschichten und diese dann durch Details zu verknüpfen, fand ich interessant. Ich fand auch die Sprache in allen Geschichten herausragend, auch in der Blogger-Geschichte. Dort war sie sicherlich übertrieben, hat aber doch irgendwie gepasst.


    Zum Schluss aber war ich irgendwie unbefriedigt... :zwinker...irgendwas fehlte mir, um "Ruhm" an sich und für mich zu einem runden Roman werden zu lassen. Fazit: Kann man lesen, muss man aber nicht.


    7 von 10 Punkten.

  • Zitat

    Original von Seestern


    Gerade die fand ich ungeheuer gelungen und habe sie mit großem Vergnügen gelesen :grin


    Ich habe Ruhm gestern zu Ende gelesen und bin schlichtweg begeistert. Genau wie Seestern fand ich gerade die Geschichte über den Beiträgeposter sehr gelungen. Ich habe Tränen gelacht.


    Insgesamt ein tolles Buch, was ich in dieser Form noch nicht gelesen habe. Kehlmann hat einen tollen Schreibstil mit einer brillanten Sprache und einem sehr klugen Unterton.


    Von mir gibt es 10 Punkte. :-]

  • Ich habe das Wanderbuch gerade beendet und muss auch gleich was los werden.


    Ich bin absolut zweigeteilt. Einerseits ist die Idee des Buches, was die Verknüpfungen der
    einzelnen Geschichten angeht, absolut genial, andererseits fehlt mir vielleicht die Genialität, dem
    Buch voll und ganz zu folgen. Das liegt wohl auch an diesem diffusen Gefühl: "Was soll echt sein, was Geschichte?"
    Naja, eigentlich sind es ja alles Geschichten. :gruebel


    Wie einigen anderen auch hat mir die Geschichte mit dem Forenschreiber gar nicht gefallen.
    Die Sprache hat mich so genervt, dass ich diese Geschichte nach den ersten paar Seiten sogar
    übersprungen habe. Ich kann einfach nicht glauben, dass sich ein 37-jähriger Mann so ausdrücken würde,
    auch wenn er sich nur mit Leuten in Foren unterhält.
    [SIZE=7]Sind wohl die falschen Foren.[/SIZE]


    Was soll ich sagen, dass Buch hat mich bewegt und nachdenklich gemacht, aber trotzdem irgendwie
    unbefriedigt zurück gelassen. Ist wohl doch zu philosophisch für mich.


    6 von 10 Punkten von mir.

  • Mir hat das Buch nicht so gut gefallen. Der Zusammenhang der Geschichten war mir zu lose, dadurch wirkte die Sammlung wie Stückwerk. Besser gefällt mir da etwa "Die Haarteppichknüpfer" von Andreas Eschbach - das ist wirklich ein Roman, der aus vielen Kurzgeschichten besteht.
    Bei "Ruhm" wandert der Autor auf dem Grat zwischen Absurdität und Unglaubwürdigkeit. Wo das gelingt, kommen sehr gute Geschichten heraus, etwa die mit der Frau, die zum Sterben fährt. Wo das aber nicht gelingt, da wird die Geschichte uninteressant. Das was bei mir am stärksten bei der Geschichte um den Filmstar der Fall, der sein eigener Fan wird. Das war für mich ab etwa der Hälfte eine reine Sprachübung, keine Geschichte mehr.
    Insgesamt hat "Ruhm" für mich eine sehr gute Geschichte, einige ordentliche und ein paar schwache. Somit Gesamtnote im Mittelmaß.
    Die alte Rechtschreibung wird auf mich so viele Jahre nach der Reform affektiert.

  • Zitat

    Original von buzzaldrin
    Natürlich hat mir die ein oder andere Geschichte mehr oder weniger gefallen - die Geschichte über den Forenbeiträgeposter - hat mich z.B. weniger begeistert, aber insgesamt ist "Ruhm" wirklich ein toller Erzählband.


    Mir hat das Buch auch sehr gefallen, auch wenn ich nie auf die Idee gekommen wäre, es einen Roman zu nennen. Und mit dem Blogger (oder was auch immer) ging's mir genauso. Da wirkte der Stil unecht und aufgesetzt. Zum Teil übertrieben, zum Teil einfach falsch "im Klang". Doch das war der einzige Aussetzer. Keine Weltliteratur, wie auf dem Umschlag behauptet wird, aber sehr lesenswert.

  • Mir hat das Buch insgesamt auch gut gefallen. Meiner Meinung nach hat Kehlmann auch die verschiedenen Geschichten gut miteinander verknüpft und auch wenn man keinen gemeinsamen durchgehenden Handlungsstrang sieht, ist das Buch an sich doch irgendwo abgerundet und man hat am Ende nicht das Gefühl, dass etwas fehlt.
    Die Idee des Buches ist gut und meiner Meinung nach auch klasse umgesetzt worden von Kehlmann. Es ist auch interessant, dass er diesem Buch den ironischen Titel "Ruhm" gegegen hat.
    Zudem sieht man auch hier wieder, dass Kehlmann ein hohes Sprachniveau hat und Sprache gut einsetzten kann (vgl. "Die Vermessung der Welt").


    Das Kapitel mit dem Blogger, welches auch hier schon erwähnt wurde, fand ich das schlechteste im Buch v.a. auch wegen diesem anderen Sprachstil. Wahrscheinlich wollte Kehlmann damit einfach nur den Charakter näher bringen, aber es wirkte etwas übertrieben.
    Am besten gefallen hat mir die Geschichte mit der Krimiautorin, die auf ihrer Asienreise spurlos verschwindet. Die Geschichte fand ich am überraschendstens und schockierendsten.


    Das Buch bekommt von mir 8 von 10 Punkten.

    Von allen Welten, die der Mensch erschaffen hat, ist die der Bücher die Gewaltigste. (Heinrich Heine)


    :lesend Jeffery Deaver: Allwissend

  • Dann gehöre ich wohl zu der Minderheit hier, denn ich mochte das Buch nicht. Was keineswegs am Schreibstil lag. Und auch nicht an Kehlmann selber, denn den Weltbestseller "Die Vermessung der Welt", wie es so schön heißt, habe ich wirklich sehr gemocht.


    Aber "Ruhm" konnte mich leider überhaupt nicht überzeugen. Man liest, und liest, und liest und fragt sich die ganze Zeit, was Kehlmann einem eigentlich sagen will. Irgendwann verspürte ich dann überhaupt keine Lust, mich mit diesen blassen Charakteren, viele auch noch ein Klischee, zu befassen. Mich hat es einfach schlicht nicht mehr interessiert.


    Und um es mal ganz hart auf den Punkt zu bringen: Ruhm versinkt für mich in totaler Belanglosigkeit. Schade.

  • Hallo, Bernard.


    Zitat

    Die alte Rechtschreibung wird auf mich so viele Jahre nach der Reform affektiert.


    Daniel Kehlmann lebte ab 1981 in Österreich und wohnt derzeit noch hauptsächlich in Wien (und in Berlin). Viele Autoren aus Österreich ignorieren - wie auch die überwältigende Mehrheit der Österreicher - die Reform, die dort an Schulen auch erst seit 2005 bindend ist. Das ist nicht affektiert, sondern die Anerkenntnis von Umständen. ;-)

  • Na das nenne ich gute Unterhaltung :anbet. Saß heut lange beim Frisör und habs in einem Rutsch gelesen. Normal lese ich keine Kurzgeschichten, hasse sie genaugenommen^^, doch dieses Buch wurde mir so empfohlen, dass ich mich ranwagte. Habe es nicht bereut, es gfiel mir unheimlich gut. Irgendwie wunderbare Geschichten, nur die vom Internetfreak war bissle anstrengend zu lesen, wie schon mehrere erwähnten, lach,aber witzig wars trotzdemn, weil man genauo solche Leute täglich im Netz liest. Meine liebste Geschichte war die der Frau die Sterbehilfe suchte.
    Der Schreibstiel ist ganz toll. Werde sicher noch mehr von Herrn Kehlmann lesen.

  • An "Ruhm" begeisterten mich gleich mehrere Dinge: zum einen die stilistische Brillanz, die ich mittlerweile von Kehlmann schon gewöhnt bin, zum anderen die zarte Verknüpfung der neun Geschichten untereinander und dann auch noch die Hintersinnigkeit - bis hin ins Philosophische - der einzelnen Episoden (und ab und an ein Buch in der einzig wahren, sprich der alten Rechtschreibung zu lesen, ist auch toll).
    Wirklich negativ aufgefallen ist mir nur die Geschichte über den Internetjunkie, die sprachliche Überspitzung ist zwar Stilmittel, wirkt aber zu überzogen und - wie hier schon jemand gesagt hat -, Slang authentisch zu schreiben scheint Kehlmann nicht gegeben zu sein. Am besten haben mir die Geschichte über das Doppelleben des Abteilungsleiters und diejenige über die todkranke Frau auf dem Weg zur Sterbehilfe gefallen.
    Kein "volle Punktezahl"-Buch, aber doch sehr, sehr lesenswert und einmal mehr ein Beweis für Kehlmanns Ausnahmestellung unter den jungen deutschsprachigen Autoren.

  • Ich bin großer Kehlmann-Liebhaber, daher hatte ich mich auch unheimlich auf die Lektüre von Ruhm gefreut und dann sowas. Liebloses Gefasel, langweilige Geschichten und eine Auflösung des Ganzen, die mich einfach nicht befriedigte. Ja, das ist literarisch gelungen und ja, er kann gut schreiben und ja der Stil ist sicherlich herausragend, aber ich habe mich von Anfang bis Ende gelangweilt, einziges Highlight, die Geschichte des dicklichen Internetnutzers, der Rest deutlich schwächer, als alles bisher von ihm gelesene und vorallem schrecklich banal.
    Sehr schade. :cry

  • Zum Inhalt: Neun Episoden über Schein und Wirklichkeit, über die Wahrnehmung seiner selbst und den Wunsch jemand anders zu sein greifen ineinander und befördern einen Schriftsteller in eine scheinbar gottgleiche Position.


    Der Autor: Daniel Kehlmann ist ein preisgekrönter österreichisch- deutscher Schriftsteller. Sein Roman "Die Vermessung der Welt" wurde ein beachtlicher internationaler Erfolg.


    Meine Meinung "Die Vermessung der Welt" war für mich ein solches Leseerlebnis, dass ich auf den Nachfolgeroman äußerst gespannt war. Enttäuschenderweise musste ich feststellen, dass es sich bei "Ruhm" nicht um einen Roman im eigentlichen Sinne sondern eher um eine Kurzgeschichten-Anthologie handelt. Die angepriesene Tatsache, dass Kehlmann diese Geschichten gekonnt ineinander verknüpft, reichte für mich als Kaufargument nicht aus.


    Nun habe ich das Buch leihweise erhalten und war nun doch gespannt, ob man "Ruhm" als Roman gelten lassen kann. Unterschwellig hatte ich aber von vornherein das Gefühl, dass es sich eher um einen geschickten Vermarktungsschachzug des Verlages handelt, für den Kehlmann mit relativ wenig Aufwand vorhandenes Kurzgeschichten-Material lediglich neu überarbeiten musste. Der Verkaufserfolg gab ihm Recht, ließ mich aber dieses Leseerlebnis mit einem etwas faden Beigschmack angehen.


    So ganz konnte das Konzept mich nicht überzeugen. Die Geschichten werden zwar ineinander verzahnt, aber nicht in der Art und Weise, dass sie sich in eine darüberliegende Rahmenhandlung einbetten. Insofern bildet die Klammer eigentlich nur das Thema, welches nicht etwa, wie man glauben mag, "Ruhm" lautet sondern viel eher geht es um die philosophische Frage, "Was ist real?", "Was ist Fiktion?". Die Grenzen lässt Kehlmann in all seinen Kurzgeschichten verschwimmen, so dass mitunter ein Hauch von Kafka durchschlägt.


    Im Grunde sind die Kurzgeschichten aber ohne einen wirklichen Zusammenhang, der die Einstufung als "Roman" rechtfertigen könnte und leider versanden sie auch meist ziemlich pointenlos. Dass mich das Buch trotzdem auf keiner Seite gelangweilt hat liegt an der billanten Erzählkunst Kehlmanns, dem unterschwelligen Humor und der feinen Ironie die seinen Stil auszeichnet. Ich mache da in keiner Geschichte Abstriche, auch nicht, oder gerade nicht in der Geschichte um den Internet-Nerd. Hier gelingt es dem Autor mal so ganz nebenbei eine neue Sprache zu kreieren. Sie kommt recht authentisch rüber, obwohl sie höchstwahrscheinlich komplett erfunden ist. Das ist Irrsinn schwer lesen, aber ich schluck Hund hat stahlmäßig overzeugt. ;-)


    Also Fazit: Ich habe das Buch gerne gelesen, es lässt mich aber ziemlich ratlos zurück. Ich hoffe, dass Kehlmann sich auch bald mal wieder zu einem echten Roman aufraffen kann.