Tagebuch-Schreiber leben ungesund

  • Noch nie gemacht und noch nie vermisst.


    Tagebuch schreiben und reiten waren für mich immer so typische
    "müssen-Mädchen-unbedingt-machen-Dinge" auf die ich schon früher allergisch reagiert habe. Wahrscheinlich völlig zu Unrecht. :grin

  • Tut mir leid...auch ich kann mit solchen Statistiken nichts anfangen und sie auch nicht glauben.


    Zum Tagebuchschreiben selbst: es wäre schlimm, wenn es tatsächlich Menschen geben sollte, die sich lieber einem Buch (oder Tier) anvertrauen, als mit wirklichen Menschen über das zu reden, was sie bewegt.


    Mehr fällt mir dazu wirklich nicht ein!


    Gruß
    Baumbart

  • Hallo Delfin,


    ich habe dazu mal eine Frage, die Du mir vielleicht beantworten kannst.


    Ich habe vor einigen Jahren mit meinem ehemaligen Team mal an einer Studie der Uni Heidelberg zum Thema Gesundheit teilgenommen. Dabei wurde auch festgestellt, daß in meinem Team viele Personen mit einer hohen Vigilanz dabei waren, was ich auch aus meinem Eindruck so bestätigen konnte. Es war auch durchaus deutlich ein Beziehung zwischen der Vigilanz des Einzelnen und dessen subjektiver Gesundheitswahrnehmung, Streßsituation etc. feststellbar.


    Denkst Du, daß eine Person mit hoher Vigilanz eventuell eher zum Tagebuchschreiben neigt, als jemand mit niedriger Vigilanz?


    Fragende Grüße
    Pelican :wave

  • was es doch für meinungen über tagebuchschreiber gibt... da kann ich echt nur den kopf schütteln.
    nicht jeder, der das tut ist ein pickeliger und gestörter mof.
    genausowenig glaube ich, dass jemand, der schreibt intelligenter ist, als jemand, der es nicht tut.
    wie schön, das es zu allem eine statistik gibt..... ob korrekt oder nicht

  • Hallo Pelican,


    Uff, Du stellst Fragen! :wow


    Also Vigilanz ist mir im Studium in Zusammenhang mit Krohnes Modell der Angstbewältigung untergekommen.


    Krohne nimmt an, dass es zwei Formen der Aufmerksamkeitsausrichtung auf bedrohliche Reize gibt:


    1) Vigilanz (verstärkte Aufnahme von bedrohungsrelevanten Reizen)
    2) kognitive Vermeidung (Abwendung von entsprechenden Reizen)


    Also mal anders ausgedrückt: Leute mit hoher Vigilanz wenden sich dem Problem zu und setzen sich aktiv damit auseinander. Leute mit hoher kognitiver Vermeidung neigen eher dazu, den Kopf in den Sand zu stecken. Leute mit hoher Vigilanz können auch das Bedeutsame aus lauter unbedeutsamen Reizen herausfinden (zum Beispiel einen bestimmten Ton aus einem Rauschen heraushören).


    Erfasst werden kann die Aufmerksamkeitsausrichtung einer Person mit dem Angstbewältigungsinventar (ABI). Das ist ein Fragebogen, der vier fiktive physisch bedrohliche Situationen und vier fiktive selbstwertrelevante Situationen enthält, die der Proband sich vorstellen soll und zu denen es dann Ankreuz-Fragen gibt, wie der Proband mit der Situation umgehen würde.


    Krohnes Theorie steht auch im Zusammenhang mit dem Repressor/Sensitizer-Konstrukt von Byrne und Krohne hat herausgefunden, dass Sensitizer eine hohe Vigilanz haben, eine hohe Unsicherheitstoleranz, eine hohe Erregungstoleranz und eine niedrige kognitive Vermeidung. Repressor hingegen haben eine niedrige Vigilanz, eine niedrige Unsicherheitstoleranz, eine niedrige Erregungstoleranz und zeigen hohe kognitive Vermeidung.


    Äh..und jetzt muss ich irgendwie die Kurve finden zur Frage nach der Gesundheitseinschätzung… :lache


    Sensitizer (hohe Vigilanz) neigen eher zu psychosomatischen Krankheiten, während Repressor (niedrige Vigilanz) eher zu somatischen Krankheiten neigen. Allerdings gibt es eine Konfundierung mit Neurotizismus (Eysenck). Sensitizer haben auch höhere Neurotizismuswerte.


    Aber ob es da insgesamt einen Zusammenhang zum Tagebuchschreiben gibt? Keine Ahnung – um sieben Ecken herum vielleicht, wenn man Tagebuchschreiben als aktive Auseinandersetzung mit Problemen sieht. Aber das heißt ja noch nicht, dass ein Nicht-Tagebuchschreiber das nicht tut, der könnte ja zum Beispiel auch das Problem direkt praktisch angehen oder mit Freunden sprechen.


    Also – da bin ich grad überfragt.


    lg Iris

  • Hallo Delfin,


    vielen Dank für Deine ausführliche und sehr interessante Antwort. Übrigens hast Du mir den Begriff Vigilanz jetzt fiel besser erklärt wie die Psychologinnen, die die Studie begleitet haben... FYI: auch die Studie bei uns hatte Ergebnisse wie Du sie beschreibst.


    Vielleicht macht die Studie ja tatsächlich Sinn, nur hat man im Rahmen der Veröffentlichungen mal wieder so stark abstrahiert, daß vom eigentlichen Sinn des ganzen nichts mehr übrig geblieben ist...


    Bye
    Pelican :wave

  • Hi ihr...
    Ich finde diese Studie Schwachsinn...
    Ich schreibe seit Oktober letzten Jahres regelmäßig. Also fast jeden Tag und habe das auch seit ca. 3 Monaten durchgehalten, aber ich habe noch NIE, wirklich noch nie Kopfweh oder so etwas in der Art gehabt.
    Ich habe jetzt mein viertes Tagebuch angefangen und finde es für MICH sehr wichtig, da ich all das aufschreibe was ich am Tag erlebt habe...
    Und wenn ich dann Einträge vom 1. Buch lese, muss ich schon manchmal lächeln!


    ABer das ist ja jeden seine Sache, andere erzählen es Freunde und andere schreiben sich die Probleme von der Seele, indem sie Tagebuch schreiben.


    Nur: Es darf in ein paar Jahrzehnten niemand meine Tagebücher lesen...Da stehen ja Sachen drin....(zum Schämen :grin


    eure juli14

  • Zitat

    Original von Juli14
    Nur: Es darf in ein paar Jahrzehnten niemand meine Tagebücher lesen...Da stehen ja Sachen drin....(zum Schämen :grin


    Juli,


    heb' Dir Deine Tagebücher gut auf. Ich habe heute noch die, die ich in Deinem Alter geschrieben habe. :grin


    Wenn ich die manchmal heute durchlese, lache ich mich schlapp, schüttle den Kopf über mein früheres Ich oder bin gar ganz entsetzt. Eine interessante Lektüre ist es allemal.

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Mit 16 habe ich mal Tagebucht geschreiben und mit 18 dann weggeworfen.


    Dinge wie Reisetagebücher und co. können sicher einen Sinn machen, aber den gewöhnlichen Alltag aufzuschreiben, davon halte ich gar nichts.


    Insbesondere zur Problembewältigung halte ich sowas für ungeeignet.

  • Klar schreibe ich Tagebuch. Zwar unregelmäßig, dafür aber schon über 30 Jahre lang.


    Danke der Nachfrage. Unter Kopfschmerzen leide ich nicht, auch nicht unter den andern geschilderten Krankheiten. Gelegentlich bekomme ich einen Schnupfen, auch mal Husten oder Halsweh. Aber wenn ich meinem Tagebuch dann Antibiotika gebe, gehts auch mir schnell besser.


    Jorinde

  • Ich habe auch regelmäßig Tagebuch geschrieben bis vor einige Zeit. Vor ca. 2 Jahren habe ich dann, weil ich mit meiner nicht wirklich schönen Vergangenheit abschließen wollte, ein Massaker veranstalltet und die Tagebücher erst zerissen und dann im Garten meiner Eltern verbrannt.


    Tut mir heute noch gut, daran zu denken, wie all die unschönen Erinnerungen in Flammen aufgingen. (komisch warum schreibt man eigentlich nie die besonders schönen Dinge auf?)


    Nun zur Zeit führe ich ein eher loses Tagebuch, da sind manchmal Lücken von mehreren Monaten drin und es kommen nur Dinge rein die mir wirklich wichtig waren/sind.
    Das führe ich aber bloß, weil ich gerne schreibe und die Sachen hin und wieder in einer Mittwochsgeschiche verwurste.


    @ Baumbart: (bin mir nicht mehr sicher wer es geschrieben hat, aber ich glaub du warst es)
    Ich finde es keineswegs traurig, wenn man sich mit einem Buch *unterhält*. Manche Dinge kann und möchte man einfach keinem Menschen anvertrauen und will sich dennoch mitteilen. Das kann man bei einem Tagebuch wunderbar machen.


    /me hat ihren Freund schon getestet und Tagebuch offen rumliegen lassen, aber er schaut nicht rein, soll ich jetzt stolz auf ihn sein oder mich wegen mangelndem Interesse ärgern? *kratz am Köpfchen*


    Ach ja ich leide unter hin und wieder auftretenden sehr schlimmen Migräneanfällen, aber ob die mit dem Tagebuch zutun haben, wage ich zu bezweifeln