Kurzbeschreibung
In diesem Roman aus dem englischen Biedermeier heiratet Elinor, die reizende Tochter eines verarmten Aristokraten, den reichen Vetter ihres Gönners Lord Carlyon. Sie gerät in abenteuerliche Erbschaftsiintrigen und erregende Spionageaffären. Am Ende aller Aufregungen lösen Liebe und Großmut auf, was verworren und rätselhaft schien, und die bildhübsche junge Witwe wird Lady Carlyon.
kamelin meint
Elinor Rochdale ist auf dem Weg zu einer neuen Gouvernantenstelle bei einer Mrs Macclesfield, die ihr auf dem ersten Blick unsympathisch war. Auf dem Weg dorthin, erwischt sie beim Umsteigen die falsche Kutsche, und landet prompt als Braut vor dem Altar - bzw. Sterbebett - eines Mr Cheviot, der ihr nicht nur sein Haus vermacht, sondern auch seine Schulden.
So weit, so gut. Bis hierhin hat mir die Geschichte gut gefallen, aber danach ging mir die nörgelnde Witwe zunehmend auf den Keks. So jammert sich die frisch gebackene Witwe nun Seite um Seite durch das ganze Buch, beklagt sich über ihre Situation, obwohl sie der Heirat aus freien Stücken zugestimmt hat. Verantwortlich dafür macht sie jedoch Lord Carlyon, der sie zugegebenermassen zu dieser Sache überredet - aber nicht gezwungen hat.
Was mir in diesem Georgette Heyer Roman fehlte waren die typischen, feingeschliffenen Dialoge, die liebenswerten schrulligen Charaktere, die lustigen Schurken und natürlich eine sich anbahnende Liebesgeschichte. Davon habe ich hier leider nichts bemerkt, denn um die Beziehung von Elinor und Lord Carlyon ging es gerade mal auf den letzten drei Seiten, auf denen sich dann sehr überraschend herausstellt, dass der Lord sich in Elinor verliebt hat. Davon habe ich als Leserin herzlich wenig mitbekommen, von daher empfand ich diese reingequetschte Liebesstory als wenig glaubwürdig.
Ein anderer Punkt der mir nicht gefallen hat war der Umstand, dass ich beide Protagonisten entsetzlich unsympathisch fand: Da wäre einmal Elinor, eine verarmte Adelige, die sich ihren Lebensunterhalt als Gouvernante verdienen muss. Sie wird als klug und sehr stolz beschrieben, allerdings verhält sie sich nicht so. Sie mag ja einige scharfsinnige Einfälle haben, doch innerhalb der Geschichte kam sie mir reichlich kindisch und unselbständig vor. Kaum zu ertragen war ihre pausenlose Jammerei und der endlose Versuch Lord Carlyon die Verantwortung für ihre Handlungsweise in die Schuhe zu schieben.
Der gute Lord konnte bei mir auch nicht punkten. Sein aalglattes Wesen, seine humorlose Art, gepaart mir seinem unausstehlich arroganten Auftreten, fand ich schlichtweg abstossend.
Ein weiteres Manko war erstmals die Übersetzung. Zugegeben, mein Exemplar stammt aus den 60ern, und ist von daher schon ein paar Tage alt. Aber im Allgemeinen sind die älteren Übersetzungen besser als die neueren, weil die Übersetzer damals noch mehr Zeit für ihren Job hatten, und nicht unter einem Zeitdruck standen, der heute Standard ist. Für mich war die Sprache viel zu gestelzt, das wirkte an manchen Stellen richtig unnatürlich.
Ich hätte nie gedacht, dass ich als absolute Georgette Heyer-Anhängerin, jemals ein Buch von ihr nicht mögen könnte, doch leider ist das hier der Fall. So wie ich das sehe ist das kein typischer Heyer, und kann von mir auch nicht wirklich weiterempfohlen werden. Eine echte Ausnahme, denn Georgette Heyer ist eine wundervolle Autorin, die ich jedem Regency-Leser wärmstens ans Herz legen kann