Ich gehöre auch zu der Fraktion, die sich für extrem phantasielos hält. Meine Vorstellungskraft ist dagegen ganz gut ausgeprägt.
Allerdings spielt m. E. noch ein anderer Aspekt eine Rolle - es gibt Menschen, die eher auf Sprache reagieren und andere, die eher auf Bilder anspringen. (Die meisten sind wahrscheinlich gute Mischformen.) Ich kann zum Beispiel sehr wenig mit Bildern anfangen - also weder mit Gemälden und Kunst noch mit bewegten Bildern in Form von Filmen. Dafür bin ich für Sprache extrem sensibel, bringe aber meine filmbegeisterte Familie manchmal zur Verzweiflung.
Mein Bruder ist absoluter Filmfreak und kennt sich da auch richtig gut aus und kann mir filmtechnische Tricks und Details erklären, die ich beim alleinigen Sehen nicht mal wahrnehme. So wie ich diesbezüglich minderbemittelt bin, hat mein Bruder Probleme mit Sprache - das macht ihn einfach nicht an, es ist nicht sein Medium. Bei Musik ist es ähnlich - einige springen darauf an und hören mit wenig Hörerfahrung sofort Unterschiede zwischen zwei Interpretationen, andere tun das trotz langer Exposition zur Musik nie.
Inwiefern Bücherliebe vererbbar ist, wurde wohl mehr als einmal diskutiert. Anhand meiner eigenen Familie würde ich sagen, es erleichert den Zugang zu Büchern, mehr nicht. Meine Mutter kommt aus einem bücherarmen Haushalt und hat sich aber seit sie 10 Jahre alt war durch die Weltliteratur "gefressen". Mein Vater kommt aus einem lesebegeisterten Haushalt und liest so viel wie meine Mutter. Mein Bruder liest gar nicht, ich schon, obwohl ich in meiner Jugend- und frühen Studentenzeit wohl nicht so viel wie meine Eltern gelesen habe.