Scott Westerfeld: Weltensturm

  • Die ferne Zukunft: Die Menschen haben sich in zwei große Gruppen gespalten, nämlich die Bewohner der achtzig Welten des Kaiserreichs und die "Rix". Während die einen Traditionen pflegen und der seltsamen, kaiserlichen Hierarchie dienen, haben die Anhänger des Rix-Kults ihr Dasein den sogenannten Verbundbewusstseinen untergeordnet, jenen Intelligenzformen, die sich ganz automatisch bilden, wenn eine planetarische Computerstruktur eine bestimmte Komplexität überschreitet - um fortan schlauer zu sein, als ein Mensch auch nur erträumen kann.


    Das Leben im Kaiserreich aber ist auch von Technologie geprägt. Die größte Ehre und das Lebensziel der meisten Bewohner besteht allerdings darin, nach dem Tod wiedergeboren zu werden, um dann ewig in einer Art schöpferischer Askese zu leben. Der vom Kaiser höchstselbst vor 1600 Jahren entwickelte, geheimnisvolle "Symbiant" ermöglicht die immerwährende Regeneration. Diese Toten bewegen sich in Enklaven innerhalb des Reiches und haben nur wenig Kontakt mit den Lebenden.


    Dann wird ein Anschlag auf die "junge" Schwester des Kaisers verübt. Die Rix dringen in den Palast auf Legis IV ein. Der Kommandant der "Luchs", Kriegsheld Laurent Zai, muss mit seinem hochmodernen Raumschiff eingreifen, um das schlimmste zu verhindern. Noch während des Rettungsversuchs gelingt es den Rix-Kämpfern, auf dem Planeten ein Verbundbewusstsein zu initiieren - die größtmögliche Katastrophe für die Infostruktur dieser Welt, da das Bewusstsein nur durch die völlige Zerstörung der gesamten Struktur wieder entfernt werden kann. Und außerdem entkommt eine hochgefährliche Rix-Soldatin. Der Rettungsversuch scheitert, die Kaiserschwester stirbt. Captain Laurent Zai wäre jetzt eigentlich verpflichtet, sich mit der Ehrenklinge das Leben zu nehmen ...


    Dies fasst lediglich die Eröffnung von "Weltensturm" zusammen, dessen vielschichtige Handlung sich auf mehr als 800 überaus lesenswerten Seiten entfaltet. Politische Intrigen, Liebe, Ehre, Loyalität, Krieg und ganz, ganz viel Technik spielen ihre Rollen bei diesem intelligenten Space-Opus - und das auf höchstem Niveau. Westerfeld wechselt dabei abschnittsweise die Perspektiven, wobei nicht selten auch technologische Lebensformen wie das auf Legis IV entstandene Verbundbewusstsein, aber auch ein cleveres Haus auf "Heimat" die Erzählstimme übernehmen. Auf diese Art dringt man in die sehr unterschiedlichen Sichtweisen ein, und am Ende mag man sich kaum entscheiden, welcher Partei man selbst eigentlich den Vorzug gegeben hätte.


    Großartige, spannende und geistreiche Science Fiction, zwar mit einigen altbekannten Versatzstücken und Ideen angereichert, die aber so verblüffend und kreativ verwoben wurden, dass man sich gleich nach der Lektüre der letzten Seite eine Fortsetzung wünscht. Vorzüglich erzählt - und exzellent von Andreas Brandhorst übersetzt. Fanastisch!

  • Danke für die Rezi :wave... Wenn ich das Buch in der Buchhandlung in der Hand gehabt hätte, hätte ich es wahrscheinlich gleich wieder weggelegt bei dieser "Standard-Inhaltsangabe", die so nach dem in der SF üblichen Mord- und Totschlag klingt - aber wenn du es so gut fandest, muss ja was dran sein ;-)

    "Es gibt einen Fluch, der lautet: Mögest du in interessanten Zeiten leben!" [Echt zauberhaft - Terry Pratchett]

  • saz : Das Cover stammt aus dem üblichen Heyne-SF-Cover-Einerlei und den Klappentext erinnere ich nicht, aber das ist einer der besten SF-Romane der letzten Jahre, meiner Meinung nach. Übrigens hat Heyne hier, um auch mal was Gutes über die Herren und Damen zu sagen ;-), zwei Romane zusammengefasst. Ich könnte Dir allerdings nicht sagen, wo der eine aufhört und der andere endet - es ist eine Geschichte.

  • Ich besitze die ältere Ausgabe. Die habe ich vor ca. 1,5 Jahren gelesen, doch ganz so begeistert wie Tom war ich nicht.
    Ich fand das Buch ganz nett, kurzweilig, aber stellenweise total überladen.


    Dabei fing es so gut an! Ferne Zukunft, künstliche Intelligenzen, Nanotechnologie, Raumschlachten, todbringende Geheimnisse, galaktische Imperien - das ist genau das, was ich von einem SF-Roman erwarte. Aber für ein tolles Buch reicht das nicht.


    Der Leser erfährt von der Existenz eines ungeheuerlichen Geheimnisses - und das war's. Hunderte Seiten lang scheint dieses Geheimnis keine große Rolle zu spielen. Dafür liefert der Autor einem viele andere Dinge - einen Krieg, eine Meuterei und eine ca. 150 Seiten lange Raumschlacht (diese ist meiner Meinung nach das beste im ganzen Buch, gleich gefolgt vom Haus der Senatorin).


    Am wenigsten gefallen haben mir die Charaktere. Zum einen gibt es von denen einfach zu viele, den Überblick zu behalten fällt hier schwer. Ich glaube fast, es gibt über jedes Crewmitglied der "Luchs" ein eigenes Kapitel. Zum anderen sind Charaktere eindeutig nicht Westerfelds Stärke. Die Mikro-Schiffe, intelligente Drohnen und überhaupt die ganze technische Seite des Romans sind detailliert ausgearbeitet worden, aber die (menschlichen) Figuren bleiben blaß und flach.


    Trotzdem habe ich mich bei dem Buch recht gut unterhalten. Bis ungefähr Seite 600 (in meiner Ausgabe), bis zum Auftauchen des "Objekts". Ab da wird die Handlung fast schon esoterisch. Die Auflösung des Geheimnisses des Kaisers hat mich ebenfalls nicht gerade umgehauen.


    Fazit: Geschmackssache.


    ***
    Aeria

  • Ich habe von diesem Buch die gleiche Ausgabe wie Aeria gelesen. Ich fand das Buch grundsätzlich gut. In diesem Genre wird meiner Meinung nach recht viel Müll produziert, aber Weltensturm ist da wirklich positiv hervorzuheben.
    Zwar etwas mit mathematisch-physikalischen Details überladen die ich als Naturwissenschaftsniete an einigen Stellen nicht so ganz nachvollziehen konnte, aber vll macht auch gerde das den besonderen Reiz der "Space Opera" aus. Insgesamt aber wirklich positiv überzeugend !