"Eine kleine Geschichte, die meist von der Liebe handelt" - Andrew Miller

  • Originaltitel: "Casanova"


    Zum Buch


    "Ende September 1763 machte ich die Bekanntschaft der Charpillon, und von jenem Tag an begann ich zu sterben." Mit diesem rätselhaften Satz leitet Casanova das Londoner Kapitel seiner Memoiren ein. Er ist auch der geheime Angelpunkt in Andrew Millers brilliantem neuen Roman.
    So gequält, so gedemütigt, so schamlos ausgenutzt hat keine den großen Libertin wie Marie Charpillon, bildschön, achtzehn Jahre erst, doch bereits durch mehrere Hände gegangen. Casanova versucht es mit Geld, viel Geld, mit Schmeichelei, mit Gewalt - umsonst.


    Die Liebe, das ist im ausgehenden 18. Jahrhunder ein frivoles Gesellschaftsspiel und zugleich ein Kampf bis aufs Messer. Casanova verliert ihn. Er versucht, sich selbst neu zu erfinden, will als Landedelmann leben, verdingt sich als Arbeiter und baut an den Blackfriars mit, lernt nach den feinen und weniger feinen Salons die düstere, verkommene, armselige Seite Londons kennen.


    Trost im Ungemach bietet ihm der Umgang mit einem gewissen Mr. Johnson, einem merkwürdigen Kautz, der in einem verwahrlosten Hinterstübchen bei grenzenlosem Teekonsum an seinem Wörterbuch bastelt. Und dann gibt es noch Jarba, den freigelassenen schwarzen Sklaven, bewandert in den Fallstricken der Welt, der seinem Herrn am Schluß noch das Leben retten muß.


    Korruptheit und Unschuld, hitzige und eiskalte Leidenschaft, historische Detailtreue und moderne Distanz - die Anziehungskraft der Gegensätze drückt sich auch in Millers Stil aus, der elegant die Balance hält zwischen gewagten Metaphern und schnörkelloser Rede, derben oder grotesken Szenen und poetischen, betörend schönen Bildern.


    Über den Autor


    Andrew Miller wurde 1960 in Bath geboren. Er arbeitete als Kellner, Reiseführer und Kampfsportlehrer. Für seinen ersten Roman Die Gabe des Schmerzes, der in 16 Sprachen übersetzt wurde, erhielt er 1998 den Impac Dublin Literary Award. Eine kleine Geschichte die meist von der Liebe handelt ist sein zweiter Roman.


    Meine Meinung


    Der Titel des Buches zog mich magisch an, ich konnte einfach nicht dran vorbeigehen. Ausserdem hatte ich ein paar Tage vorher grad den Casanova-Film mit Heath Ledger gesehen und war immer noch im Casanova-Wahn. Leider hat mich das Buch eher enttäuscht. Ich wollte wohl einfach nichts von einem depressiven Casanova lesen, der sich von einer Frau total demütigen lässt. Zumal mir nicht wirklich klar wurde, warum er von diesem zickigen kleinen Mädchen so hingerissen war.


    Das Ganze ist wohl ein Gesellschaftsroman. Es werden viele unterschiedliche Schichten beschrieben. Die Müßiggänger mit Geld, die Bediensteten, die Arbeiter, die mittellosen Frauen, deren einziges Kapital das 18-jährige Mädchen in ihrer Runde ist und das so lange an den Mann gebracht werden muss, wie es noch frisch ist. Sprachlich ist das Buch einwandfrei, jeder Satz ist ein Kunstwerk, aber so richtig vom Hocker gerissen hat es mich nicht.


    Der Titel bezieht sich auf ein Zitat aus Samual Johnsons Wörterbuch (der Mr. Johnson, der auch im Buch vorkommt): "Roman: eine kleine Geschichte, die meist von der Liebe handelt." Beim Lesen hatte ich eher das Gefühl, dass das Buch von allem möglichen handelt, bloß nicht von der Liebe.
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