Am Rand der Welt – Raymond Kennedy

  • Novelle
    Klett-Cotta, gebundene Ausgabe, 2006, 93 Seiten


    Originaltitel: A private station
    Aus dem Amerikanischen von Hans-Ulrich Möhring


    Kurzbeschreibung:
    Eine abgelegene Hütte in den verschneiten Wäldern Nordamerikas. Der alte Jack hat sich hierher zurückgezogen, mit seinem Hund. Ein Ofen, eine Pfeife, ein abgegriffenes Magazin mit seiner Lieblingsgeschichte – das ist das Inventar von Jacks Existenz. Bis er eines Nachts einen nackten, blutig geprügelten Mann vor seiner Tür findet. Dick, der bald wieder auf die Beine kommt, erweist sich als wenig angenehmer Zeitgenosse: ein Großmaul, befehlsgewohnt – und faszinierend. Ein karges Gespräch entwickelt sich, ein Machtspiel, eine Probe auf die Existenz, der wir mit angehaltenem Atem folgen. Es geht um Frauen, um Freunde, um einen möglichen Job für Jack, um das Scheitern. Dick will zurück in die Stadt, widerstrebend willigt der Alte ein, ihm den Weg zu zeigen. Sie brechen auf – es wird ein Aufbruch ins Ungewisse, ein Marsch in die Erschöpfung. Fast scheint es, als sei Jack seinem Todesengel begegnet.


    Über den Autor:
    Raymond Kennedy, 1934 in Massachusetts geboren, lebte als Literaturprofessor und Schriftsteller in New York. Raymond Kennedy ist am 18. Februar 2008 in New York gestorben.


    Meine Meinung:
    Am Rand der Welt erinnert an Samuel Beckett, aber auf eine sehr amerikanische Art!
    Das erkennt man auch ohne die entsprechenden Hinweise aus der Verlagsseite.


    Der alte, kranke Jack lebt sehr abgelegen in einer verschneiten Hütte fernab der normalen Zivilisation, als er einen fast nackten Mann findet, der zusammengeschlagen und offenbar ausgeraubt wurde.
    Er schleppt ihm in seine Hütte und hilft ihm. Doch der Unbekannte stellt sich schnell als Exzentriker heraus, es gibt verblüffende, ungewöhnliche, fast bizarre Dialoge, bei der nicht nur die Herr und Diener-Thematik behandelt wird, sondern auch das Warten auf etwas Unbekanntes (vielleicht den Tod?).


    Der Text bleibt rätselhaft, das Ende löst nichts auf.


    Aufgrund der Kürze des Textes kann man die Novelle gut und mit Spannung lesen, ein breiter gespannter Rahmen hätte nicht funktioniert.


    Das Buch ist schon lesenwert, aber eine richtige Empfehlung kann ich nicht abgeben. Ohne den Wortwitz, der das Buch trägt, würde die Novelle ins Leere abdriften und die Wirkung verpuffen!


    Zu loben ist die schöne farblich zurückhaltende und motivische Buchgestaltung des Verlages!

  • Danke für die schöne Rezi.


    Trotz deines eher gemischten Urteils finde ich, dass sich das Büchlein sehr interessant anhört. Ich mag rätselhafte Texte ohne eindeutige Lösung am Ende (wie z. B. Kafkas Urteil)

    Unser Unglück erreicht erst dann seinen Tiefpunkt, wenn die in greifbare Nähe gerückte praktische Möglichkeit des Glücks erblickt worden ist. (Michel Houellebecq, Elementarteilchen)