Kenneth J. Harvey "Die Stadt, die das Atmen vergaß"
Originaltitel: "The Town That Forgot How To Breathe"
569 Seiten
Klappentext:
"Joseph Blackwood fährt mit seiner Tochter Robin in ein Fischerdörfchen an der windumtosten Küste Neufundlands, um dort den Sommerurlaub zu verbringen. Doch das malerische Bareneed entpuppt sich schon bald als Ort des Grauens. Eine Seuche ist ausgebrochen: Die Menschen werden zuerst depressiv, dann aggressiv - und schließlich vergessen sie zu atmen.
Während Joseph noch die ersten Symptome der Krankheit zu unterdrücken versucht, verschwindet Robin plötzlich ..."
Autor (aus dem Buch):
"Kenneth J. Harvey hat schon mehr als ein Dutzend Bücher publiziert, Romane, Kurzgeschichten, Gedichte und Essays, und wurde bereits für mehrere prestigeträchtige Preise nominiert, u.a. für den Commonwealth Writers´ Prize und den Canada First Novel Award. Doch erst Die Stadt, die das Atmen vergaß brachte dem kanadischen Autor den internationalen Durchbruch. Kenneth J. Harvey lebt mit seiner Familie in Burnt Head, Neufundland."
Meine Meinung:
Vater (Joseph) und Tochter (Robin) wollen in einem Fischerdörfchen Urlaub machen, in dem ein Onkel von Joseph wohnt, ohne dass die beiden sich bisher begegnet wären. Leider (?) haben sie einen Zeitpunkt gewählt, zu dem in dem Dorf sehr merkwürdige Dinge vor sich gehen: Anwohner werden erst aggressiv und hören dann einfach auf, zu atmen, bis schließlich ein Großteil der Anwohner an Beatmungsgeräten im Krankenhaus liegt, merkwürdige Fischarten tauchen auf, schließlich werden vom angerückten Militär z.T. jahrhundertealte Leichen aus dem Wasser geborgen, die alle aussehen, als wären sie gerade eben erst gestorben, Geister tauchen auf, Seeungeheuer und Meerjungfrauen werden gesichtet...
Das klingt alles phantastisch und natürlich kann sich auch niemand diese Dinge erklären, obwohl es einige Anwohner gibt, z.B. die alte Miss Laracy, die sehr wohl eine Theorie zu den Geschehnissen haben. Sie und ein paar andere Anwesende, unter ihnen Lieutenant-Commander French, haben das zweite Gesicht und sehen Dinge, die andere nicht sehen, glauben in unterschiedlichem Maß an die Dinge, die passieren, an alte Mythen, an Geister usw.
Der Roman wechselt episodenhaft zwischen den Protagonisten hin und her, eben war man bei Joseph, den auch die "Krankheit" befällt, sodass man erlebt, was diese mit dem Geist der Personen anrichtet: seine inneren Monologe sind richtig gruselig und lassen erkennen, wie er immer wahnsinniger wird. Dann ist man bei Tommy Quilty, der, genau wie Robin, in Zeichnungen die Zukunft voraussagen kann und sich rührend um Rayna kümmert, die dem Alkohol verfallen ist.
Leider hat der Roman, der richtig gut erzählt ist, seine Schwächen: eine Zeit lang hatte ich das Gefühl, dass der Autor nur um ein, zwei Entwicklungen herumkreiste, ohne sie zum Abschluss bringen zu wollen, es wurde langatmig. Außerdem hatte ich am Schluss das Gefühl, dass der Roman nicht richtig "rund" ist. Das liegt aber wie gesagt wohl daran, dass der Autor sich eine Weile zu lange an bestimmten Dingen aufhält, so dass sich die Geschichte erst etwas zieht, um dann ziemlich rasch dem Ende entgegen zu gehen.
Da die Geschichte super erzählt ist, phantasievoll, z.T. gruselig, spannend und auch rührend ist, erhält der Roman von mir 7 Punkte.
Auf der Phantastik-Couch ist eine Rezension unter der Rubrik "Horror" zu finden, aber das ist auf keinen Fall ein Horror-Roman, auch wenn er einige Elemente dieses Genres aufweist. Der Roman ist schwer zuzuordnen.
Gruß, Bell