Bevor ich es vergesse: die Spoiler (selbst wenn mit vielen Smilies) stören überhaupt nicht, im Gegenteil. Nur zu.
Nachdem sich das Buch etwas „gesetzt“ hat, noch ein paar Gedanken.
Bard / Paul:
Prinzipiell fand ich die Idee des Doppelgängers gut und interessant, allerdings habe ich auch nach Abschluß des Buches etwas Bauchgrummeln mit dem Herholen. Sicher, Matrixtechnik. Das „teleportieren“ hatten wir auch schon in der „Herrin der Stürme“. Aber hier, wie das geschrieben war, kam es mir wie ein Science Fiction Fremdkörper in einem Fantasy-Roman vor.
Die Ausgestaltung dann im weiteren Verlauf hat mir gefallen. Beide sind gleich - und doch nicht gleich. Sie müßten eigentlich in allem identisch sein - und sind es doch nicht. Aber wiederum weniger verschieden, als es ihre unterschiedliche Herkunft erwarten lassen würde. Jeder von beiden ist eine eigene Persönlichkeit und eben doch nicht ausschließlich durch Gene und Umwelt bestimmt. Ihr Wechsel- und Zusammenspiel hat über weite Strecken (als ich Bard überhaupt nicht leiden konnte) einen guten Teil daran gehabt, daß ich doch weiterlesen wollte, denn ich hatte ursprünglich auf ein ganz anderes Ende getippt.
Prinzipiell
Im Grundsätzlichen hat mich das Buch wieder auf eine Frage gebracht, die mich schon lange beschäftigt: muß man so viele unglückliche Jahre (als Sammelbegriff für Unglück, Leid, Fehlentscheidungen, „Bard-Verhalten“ usw.) erleben, um am Ende geläutert ein besserer Mensch zu sein? Braucht es so viel Leid in der Welt, damit ein paar gute Dinge passieren? Lohnen ein paar gute Jahre die vielen schlimmen zuvor? Und was ist, wenn man nie an diesen Punkt kommt, und es bis zum (Lebens-)Ende nur schlimme Jahre sind? (Ebenezer Scrooge fällt mir da beispielsweise ein, der erst im Alter durch den Besuch der drei Geister ein anderer Mensch wurde, nachdem er sein Leben lang ein Geizkragen und Halsabschneider war.)
Abgesehen davon, daß ich solche Hauptprotagonisten, wie Bard es lange Zeit war, nicht unbedingt mag, war dieses „auf die Problematik stoßen“ unterschwellig vielleicht ein weiterer Grund, daß ich so meine Probleme mit dem Buch hatte. Denn gut geschrieben ist es ohne Zweifel, da gibt es nix zu meckern.
Das Ende
ZitatOriginal von Grisel
Ich glaube nicht, daß sein Leben ab hier reines Zuckerschlecken ist. Er wird nie vergessen können, was er war und was er getan hat und vor allem das Leid, das er anderen zugefügt hat. Ohne Melora und Varzil hätte er damit verrückt werden können. Wäre vielleicht verdient gewesen. Aber hilfreicher, auch für andere, ist es so. Er kann manches wieder gutmachen, zumindest ansatzweise und verhindern, daß andere so handeln, wie er und er kann deren Opfer beschützen. Buße, aber sinnvolle Buße.
Das ist mir schon klar. Rein verstandesmäßig sehe ich das auch genauso. Aber gefühlsmäßig ist das noch nicht bei mir angekommen und ich will ihn leiden sehen.
Ich bin, wie früher erwähnt, sehr für „Happy Ends“ (auch wenn das bisweilen den Tod der Protagonisten bedeutet, siehe beispielsweise Richard Mathesons „Somewhere In Time“ und „Hinter dem Horizont“). Aber hier habe ich mich einfach zu lange über Bard geärgert. Das müßte so ziemlich das erste Mal sein, daß ich einem Protagonisten ein „Bad End“ gegönnt hätte. Und das will bei mir was heißen!
Auf der anderen Seite ist natürlich das, was Bard den Rest seines Lebens erleben muß, viel schlimmer (und mehr Buße), als es ein auch noch so, hm, kreativer Tod wäre. Wie gesagt, ich muß es noch von meinem „Kopf“ in meinen „Bauch“ bekommen.“