'Die Nächte mit Paul oder der Tag ist anderswo' - Seiten 182 - Ende

  • Mir ist beim Lesen der Auszüge aus den Infobroschüren aufgefallen, dass das Richten des Fokuses auf Paul im Ansatz falsch sein könnte. Luisa ist, darin bin ich mir ja zumindestens mit BJ einig schon geschädigt als sie Paul trifft. Der Agressor, auch wenn ohne Vorsatz, der an den Luisa sich klammert, obwohl er ihr mit seiner Liebesunfähigkeit Gewalt antut ist ihr Vater. Als sie Paul trifft ist sie schon so konditioniert, dass es sie große Kraftanstrengung kostet sich von beien zu befreien. Der Vater steht da eigentlich als so bedauernswerte Figur, dass ich beim Lesen auf diese Idee erst gar nicht kam. Aber auch als subjektiv völlig unschuldiger, als jemand "der dafür gar nichts kann" (was so natürlich auch nicht stimmt) kann man zum Agressor und Schädiger werden.

  • Zitat

    Original von beowulf


    Mir ist beim Lesen der Auszüge aus den Infobroschüren aufgefallen, dass das Richten des Fokuses auf Paul im Ansatz falsch sein könnte.[...]Der Vater steht da eigentlich als so bedauernswerte Figur, dass ich beim Lesen auf diese Idee erst gar nicht kam. Aber auch als subjektiv völlig unschuldiger, als jemand "der dafür gar nichts kann" (was so natürlich auch nicht stimmt) kann man zum Agressor und Schädiger werden.


    Sic!
    Genau das wollte ich. :-)
    Mehrere Interpretationsebenen schaffen, die eben nicht nur von der Handlung und den Handlungsweisen der Protagonisten allein bestimmt werden, sondern von der strukturellen Komplexität der Motivik an sich und dem subjektiven Verständnis des Lesenden.


    Herzliche Grüße
    :wave Corinna

  • Zitat

    Original von Herr Palomar
    An dieser Stelle schon schon einmal ein Dankeschön an die Autorin für die Begleitung der Leserunde und die Beantwortung der Fragen.
    Ebenfalls Danke an die Initiatoren der Leserunde! :wave
    Ich glaube, dass das gemeinsame Lesen mit der LR den Roman für mich noch bereichert hat!
    :danke


    @ Herrn Palomar
    Als du diesen Beitrag am 5.1. eingestellt hast, dachte auch ich, die Leserunde sei so gut wie beendet. Dann entwickelte sich die Diskussion erneut :wow.


    Mein Text hat sehr unterschiedliche Gefühle ausgelöst. Ich habe diese lebhafte Leserunde so kurz nach Jahreswechsel wie ein zweites, spektakuläres Feuerwerk empfunden. In rasanter Folge wurde ein Beitrag nach dem anderen gepostet und es entfaltete sich ein abwechslungsreiches Bukett mit einigen ordentlichen Knatterschüssen.

    Die Diskussion entwickelte sich mitunter spannungsreich - offenbar lässt sich der Text nicht so ganz losgelöst von eigenen Erfahrungen oder Erlebnissen im Freundeskreis lesen, wie es hier bereits in einigen Beiträgen vermutet wurde.
    Ich selbst habe mich bewusst zurückgehalten, textbezogene Beiträge konkret zu kommentieren in der Art, "das ist richtig" und "das ist falsch". Denn genau das gibt es nicht in meinem Roman.
    Wie ich eben schon im Rezithread schrieb: "Keine der Personen ist nur "richtig" oder "gut" und keine nur "schlecht" oder "böse".
    Und eine Interpretation kann genauso wenig "richtig" oder "falsch" sein.


    Aber eines kann ich sagen: Viele eurer Auslegungen und Beiträge haben mich positiv überrascht, weil ich durch sie neue Aspekte bzgl. der möglichen Interpretationen und Lesarten gewonnen habe. Dank eurer Auseinandersetzung mit dem Thema des Romans ist diese Leserunde zu einem intensiven und spannenden Austausch geworden.

    Euch allen :knuddel1 ein besonders herzliches Dankeschön für eure interessanten Gedanken und vor allem offenen Meinungen zu meinem Roman! :blume :flowers :blume


    Und ein besonders warmes Dankeschön an Bouquineur :knuddel, die Initiatorin der LR! :bluemchen



    Bitte diesen Beitrag nicht als Schlusslicht sehen. Wer mag, kann zu jeder Zeit weiterschreiben.


    Da auch Interesse an meinen Bildern bestand, hier für euch zum Abschluss ein kleiner Bildausschnitt meines neuesten Bildes, sozusagen als kleines Dankeschön.


    Herzlich,
    :wave Corinna

  • Ich habe zu danken, dass Du die Runde begleitet hast. Keine einfache, aber eine sehr interessante und gehaltvolle Runde, wie ich finde :-)


    Für mich war es ja die zweite Lektüre Deines Buches und ich werde es sicher ein drittes Mal lesen. Ich bin gespannt, welche Blickwinkel sich mir dann erschließen werden.

  • Zitat

    Original von Bouquineur
    Ich habe zu danken, dass Du die Runde begleitet hast. Keine einfache, aber eine sehr interessante und gehaltvolle Runde, wie ich finde :-)


    Für mich war es ja die zweite Lektüre Deines Buches und ich werde es sicher ein drittes Mal lesen. Ich bin gespannt, welche Blickwinkel sich mir dann erschließen werden.


    @ Bouquineur
    Huch, ein drittes Mal lesen? Ganz klar: dafür gibt es dann
    die goldene Luisa-und-Paul-Ehrennadel :zwinker.


    Zitat

    Original von Bouquineur
    Paul macht sich nicht die Mühe, sich auszuziehen. Ich glaube sein Bekleidungszustand lässt auf seine Verfassung schließen. Fühlt er sich seiner sicher, präsentiert er sich ohne Kleidung. In Situationen, in den nicht auf seinem Spielfeld gespielt wird, wie in Luisas Zimmer und nach Luisas offensichtlicher Kenntnis über Kunst und Kultur, behält er seine Kleidung an. Kleidung als Schutzwall?


    Jetzt muss ich doch mal fragen: Hast du das beim ersten oder zweiten Lesen herausgefunden?



    @ Geli


    Freut mich, dass dir der Bildausschnitt gefällt.


    :wave Corinna

  • Bewusst kam mir der Gedanke erst beim zweiten Lesen. Ich hatte mich beim ersten Lesen schon darüber gewundert, dass er mal fast völlig angezogen ist, mal völlig unbekleidet, ich habe aber keinen Zusammenhang gesehen bzw. kein "Muster". Das hat sich mir erst beim zweiten Lesen erschlossen, als ich bewusster gelesen, mehr auf Details geachtet habe. Da hatte ich diesen Gedanken dann ganz konkret im Kopf.

  • ich bin ja immer noch der Meinung, dass Paul einen Hang zur Aggressivität hat, auch wenn das hier im Buch oft nur unterschwellig zum Vorschein kommt. Ich weiß, dass hier die Meinungen zu Paul auseinander gehen. Aber einfach mal angenommen, er hat diesen Hang. Was passiert, wenn so jemand sich völlig auf einen anderen Menschen fixiert, wie sich das ja am Ende des Buches andeutet. Er nimmt ja Luisas Schluss machen nicht hin, glaubt, es würde so weiter laufen wie bisher. Kann so jemand zum Stalker werden?
    Oder wird nur jemand zum Stalker, der meint, er hätte ein Eigentumsrecht an einer anderen Person?


    Das ist die Frage, die mich noch immer beschäftigt.

  • Zitat

    Original von Bouquineur
    ich bin ja immer noch der Meinung, dass Paul einen Hang zur Aggressivität hat, auch wenn das hier im Buch oft nur unterschwellig zum Vorschein kommt. Ich weiß, dass hier die Meinungen zu Paul auseinander gehen. Aber einfach mal angenommen, er hat diesen Hang. Was passiert, wenn so jemand sich völlig auf einen anderen Menschen fixiert, wie sich das ja am Ende des Buches andeutet. Er nimmt ja Luisas Schluss machen nicht hin, glaubt, es würde so weiter laufen wie bisher. Kann so jemand zum Stalker werden?
    Oder wird nur jemand zum Stalker, der meint, er hätte ein Eigentumsrecht an einer anderen Person?


    Das ist die Frage, die mich noch immer beschäftigt.



    Nachdem mich Mitte der Woche ein Virusinfekt lahmgelegt hat und ich kurz darauf im Fieberwahn die Treppe hinuntergestürzt bin, gestern die ambulante Notfallaufnahme besucht habe, um dort eine reizende Ärztin kennenzulernen, bin ich nun endlich hier, um zu antworten:


    Soweit ich weiß, kann theoretisch jeder zum Stalker werden. Ein Mann wie Paul müsste also nicht unbedingt offenkundig aggressiv sein, um zum Stalker zu werden. Im wahren Leben sind Stalker ja oft sozial unauffällig.


    Da (ein Mann wie) Paul auch vorher schon Aufmerksamkeit, Kontrolle und Macht über seine Partnerin erlangen wollte, kann ich mir gut vorstellen, dass es ihm schwerfallen wird, sie ohne Weiteres ziehen zu lassen.


    Ich traue ihm schon zu, dass er einiges unternehmen würde, um sie zurückzubekommen.
    Aber das ist nur meine Interpreation seiner Figur.


    Die Frage ist für mich, wie das verfolgte Opfer damit umgeht. Für Luisa war der Prozess der Entscheidungsbildung langwierig. Ich glaube, dass auch die Festigkeit einer Entscheidung, wie Luisa sie getroffen hat, ausschlaggebend dafür ist, wie einer derartigen Situation letztlich begegnet werden kann.


    :wave Corinna


    Bleibt alle veschont von diesen grässlichen Viren! :schlaeger