"Die Göttliche Komödie" - Dante Alighieri

  • Titel der italienischen Originalausgabe: "La Commedia"


    Zum Buch


    Dantes Komödie - Bewunderer ihrer Schönheit nannten sie ehrfürchtig die göttliche - ist eine der größten Dichtungen der Weltliteratur. Sie erzählt vom Menschen in der midlife crisis, von Verwirrung und Orientierungslosigkeit. Auf seinem Gang vom finsteren Boden der Hölle hinauf in die strahlenden Gefilde des Himmelsglücks trifft Dante, der Erzähler, auch auf die wunderschöne Beatrice. Am Ende seiner Reise erkennt der Dichter nichts weniger als den Sinn des Lebens.


    Über den Autor


    Dante Alighieri wurde 1265 in Florenz geboren. Mit neun Jahren sah er erstmals Beatrice, die er später in seinem Werk verklärt. Sein Engagement im Kampf um die Unabhängigkeit von Florenz führte 1302 zu einem Gerichtsprozess und schließlich zu lebenslänglicher Verbannung. Dante, der seitdem als vogelfrei galt, hielt sich danach vor allem in Verona auf und reiste von dort aus in viele oberitalienische Städte und Landschaften. Ab etwa 1316 ließ Dante sich in Ravenna nieder, zunächst am Hofe des Cangrande della Scala, später als fürstlicher Sekretär und Lehrer für Poetik und Rhetorik. Nach einer Erkrankung, die er sich bei einer diplomatischem Mission nach Venedig zugezogen hatte, starb Dante am 14. September 1321, kurz nach Vollendung der Göttlichen Komödie. Er wurde in der Franziskanerkirche Santa Pier Maggiore beigesetzt.


    Meine Meinung


    Im Höllenwahn hab ich mich aufgemacht, endlich mal "Die Göttliche Komödie" zu lesen, und ich muss sagen, größtenteils hat sie mir gefallen. Wobei ich nicht behaupten würde, dass ich alles verstanden habe.


    Der Dichter erzählt in der Ich-Form seine Reise durch die drei Reiche der Toten, die Hölle (Inferno), das Fegefeuer (Purgatorio) und das Paradies (Paradiso). Die Reise begann vermutlich am Karfreitag des Jahres 1300 als Dante sich in der Lebensmitte in einen tiefen Wald verirrt. Dort begegnet ihm Vergil, der ihm sagt, Beatrice habe ihn geschickt, um ihn über den Umweg über die drei jenseitigen Reiche wieder auf den rechten Weg zu führen. Vergil führt Dante durch das Höllentor in die Vorhölle und den Limbus, wo diejenigen hin verbannt sind, die sündenfrei, aber nicht als Christen gestorben sind einschliesslich der ungetauften Kinder. Die edlen Dichter und Denker der Antike haben ihren eigenen abgetrennten Bereich, den ich mir sehr interessant vorstelle.


    Vergil führt Dante dann durch die neun Kreise der Hölle bis runter zu Luzifer, durch dessen Sturz der Höllentrichter entstanden ist und der im Erdmittelpunkt im Eis feststeckt. Auf dem Weg dorthin trifft Dante viele Persönlichkeiten aus der Geschichte, die ich nicht immer alle erkannt habe, zumal auch nicht alle mit Namen genannt werden. Bei allem, was die damals aktuelle politische Situation betraf, sind meine Augen ehrlich gesagt schnell glasig geworden und ich hab auch nicht alles nachgeschaut. Bei der Beschreibung der Reise durch die Hölle war ich überrascht, wie viel Mitgefühl Dante zeigt, irgendwie hatte ich mehr Häme erwartet, doch er leidet sehr mit und wenn Vergil ihn nicht immer wieder sanft weiterziehen würde, dann würde er einfach sitzen bleiben und weinen.


    An Luzifers Fell geht es dann wieder rauf (weil wir den Erdmittelpunkt überwunden haben) auf den Läuterungsberg (Das Fegefeuer). Dante bekommt hier von einem Engel sieben P auf die Stirn geritzt, die für die sieben Todsünden stehen und durchläuft die sieben Stufen des Läuterungsberges, wobei nach jeder Stufe ein P gelöscht wird. Im Gegensatz zu den Sündern in der Hölle, gibt es im Fegefeuer Hoffnung auf ein Weiterkommen, weshab die Schatten Dante dann auch alle bitten, ihre noch lebenden Verwandten aufzusuchen, damit sie für sie beten, um ihren Weg durch das Fegefeuer zu beschleunigen. Dante fragt Vergil, ob diese Gebete denn auch erhört würden und Vergil meint, nein, aber man solle ihnen auch nicht die Hoffnung nehmen. Vergil ist überhaupt mein heimlicher Held in dieser Geschichte. Zeigt viel Einfühlungsvermögen, merkt immer, wenn Dante etwas fragen will und sich nicht traut, gibt gute Antworten und legt, obwohl er in den Limbus zurückmuss, eine vorbildliche Haltung an den Tag.


    Vergil darf dann ja, wie gesagt, nicht mit ins Paradies, weil er kein Christ war, was verständlich ist, da er ja 19 v. Chr. bereits starb. :pille Die Frage, ob das nicht ungerecht ist, stellt Dante dann übrigens später im Paradies, die Antwort fand ich etwas unbefriedigend. Auf jeden Fall löst Beatrice Vergil als Führer ab und überfällt Dante gleich mit einer Strafpredigt. Ich glaub, ich wäre auf der Stelle umgekehrt und mit Vergil zurück in den Limbus zu den antiken Dichtern und Denkern gegangen. Leider ist Dante ab jetzt völlig von Beatrice geblendet und diese Verblendung zieht sich durch den gesamten dritten Teil. Auch im Paradies, das aufgebaut ist, wie ein ptolomäisches Universum von konzentrischen Sphären, gibt es wieder unterschiedliche Stufen. Aber im Gegensatz zum Fegefeuer, wo die Seelen noch Hoffnung hatten auf ein Weiterkommen, ist hier einjeder glückseelig mit seinem ihm zugewiesenen Platz, ohne diesen zu hinterfragen. So kreist eine Nonne, die ihr Gelübte gebrochen hat, indem sie vergewaltigt wurde, zufrieden am äußersten Rand. Auch hier trifft Dante wieder viele Persönlichkeiten, die ihn belehren. Beim Lesen der Rede von Thomas von Aquin bin ich fast eingeschlafen. Das Paradies ist echt die Hölle.


    Zur Übersetzung: Ich musste das Buch ja unbedingt sofort haben und mein Hugendubel hatte nur die Übersetzung von Wilhelm G. Hertz (Dtv), die ich als unlesbar empfunden habe und die von Philalethes (Fischer), die ausserdem das unschlagbare Cover von Gustave Doré hat. Die Wahl fiel also leicht. Hinter dem Pseudonym "Philalethes" verbirgt sich König Johann von Sachsen (1801-1873), der Schirmherr der 1865 gegründeten Deutschen Dante-Gesellschaft war. Die Übersetzung ist also etwas älter, aber ich fand sie gut lesbar. Ob sie wirklich gut ist, kann ich nicht sagen, da ich kein italienisch kann, aber ich fand sie sehr poetisch. Während sich der italienische Text reimt, ist diese Übersetzung in Blankversen geschrieben. Es gibt auch noch eine Übersetzung von Friedrich Freiher von Falkenhagen (Insel), die sich reimt, wobei ich nicht weiss, ob das unbedingt von Vorteil ist. Dann gibt es noch eine kommentierte Übersetzung von Hermann Gmelin (Reclam), die es vermutlich sehr erleichtert, die ganzen Anspielungen zu verstehen. Dann gibt es noch die kommentierte Übersetzung von Ida und Walther von Wartburg (Mannesse), die zwar illustriert ist, aber so winzig, dass man kaum etwas davon hat. Insgesamt, gibt es etwa hundert deutsche Übersetzungen (viele vergriffen), von denen man eine ganze Reihe hier vergleichen kann.


    Also, insgesamt bin ich froh, dass ich mich mal aufgerafft habe, dieses Buch zu lesen. Die ersten zwei Teile gefielen mir sehr gut, der dritte weniger. Wenn ich es nochmal lesen sollte, würde ich aber vielleicht doch zu einer kommentierten Ausgabe greifen.


    Zur Illustration empfehle ich diesen Bildband mit den 135 Holzschnitten von Gustave Doré. :anbet (Rezi)
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  • Danke Delphin, für Deine ausführliche Rezension. Ich habe ja gerade zu Weihnachten die "Göttliche Komödie" geschenkt bekommen, und zwar in der Artemis&Winkler-Ausgabe :-). Aber gelesen habe ich nur die ersten Verse - dafür brauche ich dann mehr Ruhe und Zeit. Ich finde auch, verstehen muss man bei solchen Mammutwerken (sowohl Länge wie Inhalt betreffend) nicht alles sofort. Im besten Falle begleiten solche Bücher einen über die Jahrzehnte und mit jedem zusätzlichen Lesen versteht man ein wenig mehr... Zumindest ist das meine Einstellung zu solchen Werken. :wave

  • Danke für diese ausführliche Rezi. Dieses Buch SUBt schon seit Ewigkeiten, und ich hab es auch immer mal wieder in der Hand, aber dann ist es mir doch zu schwere Kost...
    natürlich bin ich genau wie du auch wegen den Uralten Metropolen Büchern darauf aufmerksam geworden (btw. das verlorene Paradies liegt im SUB direkt drunter), und die Thematik interessiert mich wirklich brennend... ich hoffe ich komme bald dazu.

  • Ich habe "Die Göttliche Komödie" vorletzten Sommer gelesen und ziemlich wenig verstanden.
    Dabei hat mir der Anfang gar nicht schlecht gefallen, aber mit fortschreitender Lektüre wurde das Werk für mich immer komplizierter und unverständlicher.
    Ich bin da ganz Deiner Meinung, vulkan, mit einmaligem Lesen ist dieses Monsterwerk nicht zu bewältigen.
    Vielleicht versuch ich's irgendwann später nochmal.

  • Sehr anregende Stellungnahme, Delphin, danke.


    :anbet



    Ich werde mich eben deswegen endgültig daran machen, das Ganze mal systematisch zu lesen.
    Allerdings nicht im Blankvers, das schaffe ich in Kombination mit der deutschen Sprache einfach nicht.
    Mal sehen, was mein Regal so hergibt.
    ;-)



    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Kennt jemand von Euch hilfreiche Kommentare oder Einführungen? Der Stabikat (Katalog der Staatsbibliothek) hat nur 3bändige Uralt-Kommentare ausgespuckt oder sehr spezielle wissenschaftliche Abhandlungen - meist auf italienisch ?(.

  • Habe es auch bei mir rumliegen und mich noch nicht rangewagt, und nach der Rezension wirds wohl auch noch eine Weile ungelesen liegen bleiben, dabei interessiert mich das Thema an sich sehr :-(

    Was sich überhaupt sagen lässt, lässt sich klar sagen; und wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen.
    - Wittgenstein -

  • Aaaah! Wusste ich doch, dass die Büchereulen wieterhelfen! Mein Tierarzt(!) hat mir gestern eine schöne Manesse-Ausgabe der Komödie geschenkt, als wir auf die Bluttestergebnisse vom Köterlein warteten (hey, bei der zu erwartenden Rechnung ist ein Buch auch mit drin! :grin) - ich hab gestern Nacht noch gelesen. Obwohl in der Ausgabe viele Kommentare drin sind tat sich ein Fragezeichen nach dem anderen auf - also Danke für die Erleuchtung, Delphin!
    Ich werde das Buch mal auf den Couchtisch legen, am Stück lesen kann ich sowas nicht. Aber immer mal wieder ein Stück schmökern, das ja.