Die Bibel und ich - A.J.Jacobs

  • Klappentext


    Aus dem Amerikanischen von Thomas Mohr. Was ist dran am Buch der Bücher? A. J. Jacobs hat sich entschlossen, der Bibel in einem Selbstversuch auf den Grund zu gehen. Ein Jahr lang will er die biblischen Gesetze so getreu wie möglich befolgen. Er lässt sich einen Bart wachsen, begrüßt den Beginn eines neuen Monats mit einer Widderhorn-Fanfare und versucht, im Central Park Ehebrecher mit Kieseln zu steinigen. Seine Frau Julie ist keineswegs begeistert, aber Jacobs lässt sich nicht beirren. Er trifft fundamentalistische Christen, tanzt mit chassidischen Juden und reist nach Israel. Die letzten Monate sind dem Neuen Testament gewidmet. Trotz vieler merkwürdiger Begegnungen und scheinbar absurder Gesetze versteht A.J. Jacobs allmählich, welcher Sinn hinter dem Buch der Bücher steht. Am Ende des biblischen Jahres ist er zwar nicht gläubig, aber auf jeden Fall klüger: Er ist ein toleranterer Mensch geworden, der sich und anderen mehr Respekt entgegenbringt.


    Der Autor ist Jahrgang 1968 und als lebt als Journalist und Buchautor in New York City.


    Meine Meinung


    Aus A.J. wird für ein Jahr der bibeltreue Jacob und wir bekommen hier die Gelegenheit, seinen tagebuchähnlichen Bericht darüber zu lesen.


    Wer sich etwas lustiges erwartet, wird enttäuscht. Denn lustig sind nur wenige Momente.


    Wer kritischen Umgang z.B. insbesondere mit der religiösen Rechten in den USA erwartet, wird enttäuscht.


    Die Systematik des Buches ist folgende: Pro Monat nimmt sich Jacob ein "Thema", ein biblisches Gebot vor, welchem er besonderen Augenmerk verleihen möchte. In der Regel sind dies die in in unserer heutigen Zeit eher schwer umzusetzenden Gebote, z.B. das Steinigen von Ehebrechern. Jacob holt sich Rat bei religiösen Menschen, die er um sich als Art Berater versammelt hat und er besucht religiöse Gruppen, die sich mit dem Thema des Monats beschäftigen.
    Aber bei all diesem bleibt er komplett unverbindlich. Er kritisiert nie wirklich, selbst sein Besucht bei Falwell bleibt nahezu unreflektiert. Er bezieht nie wirklich Stellung, nicht für die Schwulen wenn er die schwule Bibelgruppe besucht, aber auch nicht dagegen. Mir hat das nicht gereicht, vielleicht hatte ich mir mehr Kritik erwartet.


    Am Ende meiner englischen Ausgabe ist ein Interview mit A.J. abgedruckt, aus dem ich eine Sache zitieren möchte:


    Frage: What kind of reaction have you received from readers, both secular and religious?
    A.J.: I've been surprised. I actually expected the book to be somewhat controversial, because it deals with such a divisive issue - religion. But so far, I've experienced very little controversy.


    Ich bin nicht überrascht, dass das Buch nicht kontrovers aufgenommen wird, dafür bietet es (leider?) keinerlei Grundlage.


    Fazit: Ich fand das Buch nicht komplett grottenschlecht, eher enttäuschend. Einiges war recht interessant und zumindest mein englisches Bibel-Vokabular hat sich enorm erweitert.


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  • Danke für die Rezi, uert!


    Ich bin nur bis zum Dezember (vierter Monat) gekommen. Das Buch ödet mich an. Einzelne Szenen sind mal witzig, aber irgendwie ist es immer wieder dasselbe. Er nimmt sich eine Vorschrift vor, stellt fest, dass die Umsetzung schwierig ist (zum Beispiel seinen Sohn mit einer Rute zu züchtigen). Er findet einen Kompromiss (Schaumgummi-Rute) und erkennt wertvolle Dinge in dieser Vorschrift, wenn er den Kompromiss umsetzt. Bei seinem Sohn entdeckt er zum Beispiel, dass es gut ist, auch mal Grenzen zu setzen. Ob man für die Erkenntnis die Bibel braucht, ist wieder eine andere Sache. Aber er findet sozusagen zum Glauben an den Glauben, wenn auch nicht zum Glauben an Gott. Und das in jedem Kapitel immer und immer wieder. Wiederholungen sind die Hölle. (Ooops, das ist aus einem anderen Buch).


    Und alle paar Seiten sucht er Leute auf, wie die Amish, wo man dann so tolle Dinge erfährt wie, dass auch die Amish Witze reissen können, oder Kreationisten, die zwar glauben, dass Erde 6000 Jahre alt ist, aber trotzdem ganz nette Menschen sind. Bleibt alles ziemlich an der Oberfläche. Ich hatte mir ein Buch mit etwas mehr Biss vorgestellt. Von "wortwörtlich nach der Bibel leben" ist nicht viel übrig. Im Grunde macht er das gleiche Cherry-Picking und Relativieren wie alle und bleibt dabei für meinen Geschmack zu unverbindlich und politisch korrekt.


    Ich gebe mal ein Beispiel. Er nimmt sich vor, sich an das Gesetz zu halten, dass Ehebrecher zu steinigen sind. Er latscht also in den Central Park und sucht Ehebrecher. Trifft auf einen garstigen, verbitterten Mann, der ihn fragt, wieso er sich so komisch anzieht. Er sagt, dass er ein Jahr nach den Regeln der Bibel lebt und dass er Ehebrecher steinigen will. Woraufhin der verbitterte Mann sagt: Ich bin ein Ehebrecher und zwar praktisch jeden Tag. Ob er ihn steinigen will. Woraufhin der Autor ihm einen Kieselsteinchen an die Brust wirft, die beiden sich einen langen Moment lang böse anstarren und der Ehebrecher dann weggeht. Und der Autor fühlt sich besser danach. Und dann erzählt er von seinem "spiritual adviser" Yossi, der ihm erzählt, dass das Steinigen damals gar nicht das war, was wir heute kennen, sondern dass man damals die Leute von einer Klippe gestoßen hat und zwar eine, die so hoch ist, dass der Tod schnell eintritt. Dass es im Talmud sogar Vorschriften gibt, wie hoch die Klippe sein soll. Also, im Grunde sei diese ganze Vorschrift, Ehebrecher zu steinigen eine äußerst humane Angelegenheit. Hat mich ein bisschen an die Diskussion erinnert, ob es humaner ist, jemanden mit dem elektrischen Stuhl oder der Giftspritze umzubringen...


    Ich hab dann irgendwann vorgeblättert zum Kapitel mit Jerry Fallwell, da ist mir endgültig die Lust vergangen. Ich glaub nicht, dass ich mich noch mal aufraffen werde, weiterzulesen.


    Ich hab diese britische Ausgabe gelesen, weil ich nicht so einen großen Klotz haben wollte.
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  • Zitat

    Original von uert


    Danke, dass Du mich sanft gezwungen hast ;-) und dito für *Deine* Rezi!


    Ich sitze ja schon seit Wochen auf meinen Pfoten und hoffe, dass ich meinen Verriss irgendwo dranhängen kann. :grin


    Was ich übrigens wirklich bewundert habe, ist diese Ehefrau, die ein Jahr lang diesen unrasierten Mann in Jesuslatschen ertragen hat. Am besten gefiel mir noch die Stelle, wo er versucht hat, sich an das Gebot zu halten, sich nirgendwo hinzusetzen, wo seine Frau schon im "unreinen Zustand" gesessen hat, und sie dann in ebendiesem Zustand alle Sitzgelegenheiten der Wohnung markiert hat. :lache

  • Ja, die Ehefrau war zu bewundern. Aber die ist auch nicht auf den Kopf gefallen. Später kommt ein Teil, wo sie es schamlos ausnutzt, dass er ja die Wahrheit sagen muss. "What are you thinking" fragt sie ihn ständig und als erste Frau auf der Welt bekommt sie wohl NICHT die männertypisch-genervte Antwort "nichts" :grin Das war ein eher amüsanter Teil.

  • Ich finde diese Buchvorstellung sehr interessant, da ich vor einem dreiviertel Jahr begonnen habe, das AT zu lesen, und mir nicht vorstellen könnte, danach zu leben.
    Den Versuch finde ich jedenfalls sehr mutig, und deshalb werde ich mir das Buch auch vormerken.

  • Hm... das hatte ich letztlich irgendwo in den Fingern und jemand erzählte mir total begeistert von den tollen Erkenntnissen darin.
    Gut, spar ich mir, danke! :anbet

  • Ich habe das Buch heute ausgelesen und fand es am Ende doch noch etwas enttäuschend.


    Er beschreibt z.B. den Moment, als die Zwillinge geholt werden. Seine Frau bittet ihn, seine Hand zu halten. Und was sagt er??? "Aber nur bis zur Geburt, danach bist du 7 Tage unrein".


    Ehrlich, ich fand das sooo unpassend.


    Und sein Resumee, das er am Ende zieht, fand ich auch ziemlich nichtssagend. ?(

  • Ich muss dir zustimmen Kitty, auch ich fand das Ende des Buches enttäuschend.
    Es gab aber auch Momente wo ich herzlich gelacht habe, wenn er seine Konflikte beschreibt die er hat.


    Vor der Frau von ihm muss man echt den Hut ziehen, ich hätte das wirklich nicht mitgemacht, glaube ich. :gruebel


    Aber wiederum fand ich es sehr interessant, was er so über die verschiedenen Richtungen des Glaubens geschrieben hat.