'Die Kalligraphin' - Seiten 447 - 556

  • Zitat

    Original von beowulf
    Dann hätte Ferdinand doch noch das Arbeiten anfangen müssen...


    Warum? Weil sie dann verheiratet gewesen wären oder weil er den Priester hätte bezahlen müssen?


    Lieben Gruß
    Larna

  • Rupert nimmt Harbar das Kind weg. Ganz schön gemein. Aber ich kann auch irgendwie nachvollziehen, dass er sich hintergangen fühlt. Wenigstens hat er sie (noch nicht) angezeigt. Aber was hat er vor? Will er sie nur strafen indem er ihr das Kind nimmt? Die kleine Esme leidet doch auch darunter.


    Knaup ist tot. Find ich persönlich nicht so schlimm, aber dass Georg nicht dazu steht, schon eher. Aber hier wird er sicherlich auch zu viel von Theodora beherrscht. Die Frau ist echt eiskalt. Trauert nicht mal um ihr eigenes Kind und sieht noch seelenruhig zu, wie ein anderer für die Tat in den Tod geht. Unglaublich!


    Jetzt bin ich auf die letzten Seiten gespannt. :lesend

    Ein Raum ohne Bücher ist ein Körper ohne Seele.
    - Cicero


    :lesend Harlan Coben - Ich vermisse dich

  • Zitat

    Original von Larna
    Was wäre eigentlich passiert, wenn sie einen Priester gefunden hätten, der sie getraut hätte, trotzdem ihre Eltern dagegen waren?


    Das hätte einiges mehr an Mut gebraucht. Wahrscheinlich wären sie von ihren Familien komplett verstoßen worden – dann hätte Ferdinand, wie Beowulf schreibt, doch noch arbeiten müssen. Es gab auch die Möglichkeit, dass einen die Familie einsperren ließ, wenn man gegen das „Familiengesetz“ (in manchen Familien gab es kodierte Verhaltensregeln) handelte. Das trifft aber meist eher auf den hohen Adel zu.
    Ferdinand hätte arbeiten müssen, weil nach einem solchen Verstoß der Geldhahn unter Garantie zu gewesen wäre, und auch Freunden kann man wohl nicht ewig auf der Tasche liegen, jedenfalls nicht mit einer ganzen Familie.



    Zitat

    Original von CathrineBlake
    Knaup ist tot. Find ich persönlich nicht so schlimm, aber dass Georg nicht dazu steht, schon eher.


    Ich auch, egal, wie sehr Theodora ihn beeinflusst. Solange er gut und schlecht unterscheiden kann ...


    Liebe Grüße


    Kirsten

  • Sehr interessant fand ich in dem Abschnitt Georgs Verhalten gegenüber Knaup? Eigentlich hatte er doch nicht wirklich was gegen Georg in der Hand, oder? Die Zeit in Budin liegt doch schon lange zurück und Beweise, dass Georg damals falsch gespielt hat, dürfte es doch keinen mehr geben. Das Wort Knaups hätte ja wohl nicht viel gegolten. Trotzdem wagt Georg zunächst keine Wiederrede und fügt sich den Anweisungen Knaups, auch wenn er immer mehr verzweifelt. Erst als er wirklich mit dem Rücken an der Wand steht und riskiert, alles, wirklich alles, zu verlieren, greift er zum drastischsten Mittel, das ihm einfällt: Er bringt Knaup um. Doch schon danach verliert er wieder den Kop und Theodora muss ihn retten.


    Ich frage mich woher Georgs Selbstzweifel stammen? Hat man ihm als Kind wirklich eingetrichtert, dass er als Zweitgeborener so wenig wert ist, dass er das sein Leben lang glaubt? Würde er nur ein wenig mehr an sich glauben, könnte er einiges erreichen. Der Aufbau der Pferdezucht am Anfang lief ja ganz erfolgsversprechend, wenn Rupert nicht alles abgefackelt hätte. Ich habe mich schon gefragt, ob ihn dieser Rückschlag dann endgültig in die Spielsucht getrieben hat.
    Für mich hat Georg kein Selbstwertgefühl, er zieht seine Bestätigung nur aus der Anerkennung anderer (vor allem Theodoras) und nicht aus seinen eigenen Fähigkeiten und Stärken. Wird ihm diese Anerkennung verwehrt, glaubt er von sich selbst, er sei nichts wert. Irgendwie ziemlich traurig.


    Dass er Hanns opfert, fand ich tragisch, aber auch folgerichtig. Es hätte einiges an Mut dazu gehört, sein Gut und seine Familie auf's Spiel zu setzen um Hanns zu retten, doch diesen Mut hat Georg ja noch nie in sich gefunden.


    Irgendwann musste Rupert ja entdecken, dass es damals Habar war, die seinem Onkel geholfen hat. Ich hatte schon die ganze Zeit befürchtet, dass er sich dann von ihr abwendet, denn getäuscht zu werden, konnte er noch nie ertragen. Habar ist die erste, die sich ihm seit seinem Unfall (oder dem Tod seines Vaters?) wieder nähern durfte und jetzt muss er erkennen, dass die Person, der er vertraut hat, ihn auch verraten hat. Seine Reaktion ist nachzuvollziehen, auch wenn es hart ist, dass er Esme mitnimmt. Ich denke mal, einerseits liebt er seine Tochter wirklich zu sehr um sie da zu lassen und zum anderen ist das stärkste Mittel, das er hat, um Habar ebenso zu verletzten.


    An Habar gefällt mir, dass sie keinen sinnlosen Fluchtversuche unternimmt, sondern ihren Realismus behält und weitergehen plant.


    Lieben Gruß
    Larna

  • Zitat

    Original von Larna
    Erst als er wirklich mit dem Rücken an der Wand steht und riskiert, alles, wirklich alles, zu verlieren, greift er zum drastischsten Mittel, das ihm einfällt: Er bringt Knaup um. Doch schon danach verliert er wieder den Kop und Theodora muss ihn retten.


    Das hätte ich nicht besser beschreiben können und Deiner Schlussfolgerung, sein Selbstwertgefühl betreffend, würde ich unbedingt folgen.


    Zitat

    Original von Larna
    Der Aufbau der Pferdezucht am Anfang lief ja ganz erfolgsversprechend, wenn Rupert nicht alles abgefackelt hätte. Ich habe mich schon gefragt, ob ihn dieser Rückschlag dann endgültig in die Spielsucht getrieben hat.


    Möglich. Ich weiß aber nicht, ob er auch unter günstigeren Umständen auf Dauer stark geblieben wäre. :gruebel



    Liebe Grüße


    Kirsten

  • Zitat

    Original von Solas


    Möglich. Ich weiß aber nicht, ob er auch unter günstigeren Umständen auf Dauer stark geblieben wäre. :gruebel


    Hm, bei Spielsüchtigen immer schwer zu sagen, aber vielleicht hätte es ihm mehr Selbstwertgefühl und Lebensfreude gegeben.


    Lieben Gruß
    Larna

  • Hier noch meine vor einiger Zeit schon verfassten Aufreger des Kapitels, die ich bisher einzustellen zu nachlässig war.


    Für Amalia kann ich nach wie vor irgendwie wenig Sympathie aufbringen. Sie wird behandelt, wie sie andere behandelt hat und schafft es selbst nicht, sich aus der Misere zu ziehen. Zwar besitzt sie mein Mitleid, weil sie geschlagen wird,was keiner Frau wiederfahren sollte und ihr einziger Trost, dass ihr Mann wenigsten hübsch ist bzw. gut aussieht, lässt mich den Kopf schütteln. Dass sie sich von ihrem Mann zur bloßen Kinderfrau machen lässt, das ist bitter. Leider hat sie nie gelernt zu kämpfen, hat immer alles bekommen, was sie sich wünschte.


    Den Tod Knaups habe ich so nicht erwartet, nicht aus der Richtung des weichen und ... Verzeihung ... abgewrackten Georgs. Das Nussbaum die Strafe dafür auf sich nehmen musste ist umso bitterer, da niemand es ihm je danken wird. Georg ist nicht in der Lage, Verantwortung zu übernehmen, und hat nur wenige Ziele auf ehrliche Weise erreicht. Manchmal mag der Zweck die Mittel heiligen (falsche Würfel zur Rettung der Kinder), in der Regel aber wohl eher nicht. Nussbaum dann so hängen zu lassen und nicht über seinen Schatten zu springen ... schade um den Mann, der Georg hätte sein können.

  • Rupert ist ein Charakter, den man weder lieben noch hassen kann. Erst zeigt er dem Leser seine gute Seite und schon wieder blitzt seine Unberechenbarkeit auf. Arme Habar. Nun ist Esme auch noch weg. Und das alles nur weil sie die Unterlagen gefälscht hat? Aber hat sie das nicht für Georg gemacht? Nicht aus Eigennutz, oder? Wusste sie überhaupt wirklich ganz genau, was sie damals getan hat? Diese Sprachlosigkeit macht mich wahnsinnig.
    Stimmt keiner redet mit keinem. Viele Dinge die ausgesprochen werden sollten, bleiben unausgesprochen. Und somit lasten diese Dinge auf den Seelen und stehen dem Glück einfach im Wege.
    Auf der einen Seite ist Habar eine starke Frau und kümmert sich um fast alles. Sie hätte die Kraft ihr Leben alleine zu meistern. Aber sagt sie was? Nein sie ist still und fügt sich ihren Schicksal. *Grrrrrrrrrrrrrrrrrrr. :bonk
    Ich möchte sie manchmal schütteln damit sie endlich rebelliert.
    Dass Habar eine Freundin gefunden hatte fand ich schön. Leider musste auch dieser Mensch sterben. Hätte Habar nicht ein klein bisschen Glück verdient? Oder hat sie dafür zu wenig getan? :gruebel


    George ist doch einfach nur bemitleidenswert. Ich bin auch der Meinung er hat kein Selbstbewusstsein. Ich gehe davon aus, dass er Theodora liebt. Und alles daran setzt es ihr recht zu machen. Nur eins macht er nicht. Er redet nicht. Es jammert rum. Verantwortung tragen andere, aber nicht er. Er opfert sogar angeblich lieb gewonnen Menschen, nur um nicht zur Verantwortung gezogen zu werden. Wie arm ist dass denn?


    Theodora scheint gefühlskalt. Aber ich habe fast den Eindruck, dass sie ihre Gefühle seit dem Tod von Alexander (und ihrem Baby) verschlossen hat und hinter haushohen Betonmauern versteckt hält. Nach all den Jahren findet sich wohl keinen Weg mehr ihre innere Gefängnis zu sperren. Auch hier wieder Sprachlosigkeit.


    Was mir auch aufgefallen ist, dass es in diesem Buch entweder zu viel Liebe gibt (Amelia) aber auch zu wenig Liebe (Georg, Theodora, Victor)


    Heute würde man alle Protagonisten zum Psychologen schicken. Sie hätten es bitter nötig gehabt. Ich denke manches Leid wäre ihnen erspart geblieben.

  • Zitat

    Original von hestia2312
    Wusste sie überhaupt wirklich ganz genau, was sie damals getan hat?


    Anfangs hatte sie keine Ahnung, später wusste sie es sicherlich nicht genau.


    Zitat

    Original von hestia2312
    Ich möchte sie manchmal schütteln damit sie endlich rebelliert.


    Das möchte man als Autor auch manchmal. ;-)


    Zitat

    Original von hestia2312
    Hätte Habar nicht ein klein bisschen Glück verdient? Oder hat sie dafür zu wenig getan? :gruebel


    Nein, so würde ich nie denken, aber das Leben läuft eben nicht immer so, wie man sich das wünscht. Ich denke trotzdem, dass diese Freundschaft für Habar ein wichtiger Anstoß war.


    Zitat

    Original von hestia2312
    Aber ich habe fast den Eindruck, dass sie ihre Gefühle seit dem Tod von Alexander (und ihrem Baby) verschlossen hat und hinter haushohen Betonmauern versteckt hält. Nach all den Jahren findet sich wohl keinen Weg mehr ihre innere Gefängnis zu sperren.


    Das gefällt mir gut.


    Zitat

    Original von hestia2312
    Heute würde man alle Protagonisten zum Psychologen schicken. Sie hätten es bitter nötig gehabt. Ich denke manches Leid wäre ihnen erspart geblieben.


    :write


    LG


    Kirsten