Teufelskind - Natsuo Kirino

  • Goldmann Verlag, 2008, gebundene Ausgabe, 215 Seiten


    Originalverlag: Kodansha, Tokio


    OT: I’m sorry, mama
    Übersetzt von Frank Rövekamp


    Kurzbeschreibung (lt. Amazon):
    Aiko Matsushima ist mit den Abgründen des Lebens von Kindesbeinen an vertraut. Sie wächst in einem heruntergekommenen Bordell in Tokio heran, von ihrer Mutter fehlt jede Spur. Außer einem Paar weißer Schuhe ist dem ungeliebten Kind nichts von ihr geblieben, und so muss Aiko früh lernen, sich in einer Welt voller Kälte und Rücksichtslosigkeit zu behaupten. Auch als sie älter wird, hat sie es nicht leicht. Sie schlägt sich als Prostituierte, Zimmermädchen oder Kellnerin so eben durch, stets umgeben von Schmutz, Armut und Elend von Menschen, die Gescheiterte sind wie sie selbst. Und unmerklich wächst etwas in ihr heran, das eines Tages mit Macht an die Oberfläche drängt: Sie, die mit dem Rücken zur Wand steht, ist nun bereit, alle Tabus zu brechen. Getrieben von mörderischem Hass, bricht sie auf zu einem beispiellosen Rachefeldzug und dabei kennt ihr Killerinstinkt keine Gnade. Provokant und schonungslos das faszinierende Psychogramm einer jungen Frau, die ihre Seele verloren hat und zur Serienmörderin wird .


    Über die Autorin (lt. Verlag):
    http://www.randomhouse.de/author/author.jsp?per=52650&frm=false


    Meine Meinung:
    Aiko wächst in einem Bordell in Tokio auf. Ihre Mutter kennt sie nicht. Sie ist dort nur geduldet und erfährt viele Demütigungen. Ein Andenken an ihre Mutter, ein altes paar weiße Schuhe, sind Aikos einziger Besitz.
    Als das Bordell geschlossen werden muss, kommt Aiko in das Sternenkinderhaus. Überall Außenseiter fängt sie früh an, verhasste Personen umzubringen, Feuer zu legen.


    Eines Tages kommt Aiko als Haushälterin in eine Familie, der eine große Hotelkette gehört. Da taucht ein anonymes Fax auf, in dem vor einer Frau gewarnt wird, die häufig als Zimmermädchen arbeitet und oft Hotelgäste bestiehlt und tötet.


    Aiko macht sich, getrieben von Hass und Rache, auf den Weg, diesen anonymen Schreiber zu beseitigen. Sie kehrt zu dem ehemaligen Bordell zurück und kommt so nach und nach auf die Spur ihrer Mutter.


    Natsuo Kirinos Roman „Die Umarmung des Todes“ („Out“) löste 1997 fast einen Skandal in Japan aus. Sie war die erste sozialkritische Autorin, die über Frauen schrieb, die aus Hass und Rache brutal morden.


    Natsuo Kirino hätte aus diesem Plot, Opfer wird zu brutaler Mörderin, wirklich etwas machen können. Aber abgesehen von Aiko bleiben in diesem nur 215 Seiten langen Roman alle Figuren blass. Auch will sich nicht so recht eine Spannung aufbauen.
    In diesem Fall wäre mehr (mehr Seiten) vielleicht wirklich mehr gewesen.


    4 Punkte.

    Liebe Grüße, Sigrid

    Keiner weiß wo und wo lang

    alles zurück - Anfang

    Wir sind es nur nicht mehr gewohnt

    Dass Zeit sich lohnt

  • "Die Umarmung des Todes" liegt auf meinem SUB. Das werde ich sicher lesen.
    Bei "Teufelskind" vertraue ich dem Urteil der Eulen und werde es wohl nicht lesen.

  • Seestern hatte mich ja eigentlich schon gewarnt. Sie meinte, "Die Umarmung des Todes" sei um vieles besser.


    Aber ich wollte ja mal wieder nicht hören :rolleyes.

    Liebe Grüße, Sigrid

    Keiner weiß wo und wo lang

    alles zurück - Anfang

    Wir sind es nur nicht mehr gewohnt

    Dass Zeit sich lohnt

  • Zitat

    Original von Sigrid2110
    Seestern hatte mich ja eigentlich schon gewarnt. Sie meinte, "Die Umarmung des Todes" sei um vieles besser.


    Aber ich wollte ja mal wieder nicht hören :rolleyes.


    Tröste Dich, ich hätte auch alle warnungen in den wind geschlagen.
    Die Umarmung des Todes hat mich so begeistert, dass ich mir die Lektüre von Teufelskind von nichts und niemandem hätte ausreden lassen :-)


    Nach der Hälfte habe ich das Buch dann weggelegt. Besonders enttäuschend habe ich die Sprache empfunden. Spröde, lieblose Beschreibungen und hölzerne Dialoge machen Teufelskind nicht grade zu einem Lesevergnügen. Inwiefern das an der Übersetzung liegt (Die Umarmung des Todes in der Übersetzung von Annelie Ortmanns habe ich sprachlich/stilistisch wesentlich ausgefeilter und ansprechender in Erinnerung als das von Frank Rövekamp übersetzte Teufelskind) wage ich allerdings nicht zu beurteilen ...


    Die Figurenkonzeption hat Kirino m. E. völlig vermurkst. Eine Figur, die wie Aiko jenseits aller gesellschaftlicher Regeln, Konventionen und Gesetze agiert, Recht und Gerechtigkeit in die eigene Hand nimmt und einen gnadenlosen Rachefeldzug führt, sollte wenigstens über ein paar Eigenschaften verfügen, die dem Leser ein Gefühl von Empathie oder Teilnahme entlocken. Aiko jedoch ist schmuddelig, irrational und nicht mit dem geringsten Funken Intelligenz gesegnet. Keine Figur also, der ich bereit bin, über 215 Buchseiten zu folgen ...


    Fazit: Eine ganz große Enttäuschung.

  • Hm, schade, mich würde es wirklich reizen mal von einer Serienmörderin zu lesen.
    Bisher kann ich mich nicht wirklich an ein Buch erinnern, bei dem eine Frau die Täterin war... :gruebel

  • Ich habe *Teufelskind* nun auch beendet und kann nur schreiben, bitte zieht keine Vergleiche zu *Die Umarmung des Todes* in Betracht. Alleine schon bei den knapp über 200 Seiten kommt kein richtiges Lesevergnügen auf und von Spannungs- und Ekelfaktoren (wie in *Die Umarmung des Todes*) ist Kirino diesmal weit entfernt. Ok, es muß nicht immer so brutal sein und detailliert, aber irgendwie kommt einem das in den Sinn. Aus dem Hauptthema des Buches hätte man einen dickeren Schmöker machen können. Schade, denn ich hatte mich schon jahrelang auf ein neues Buch von Kirino gefreut und bin nun etwas enttäuscht. Alleine der Preis ist schon unverschämt, aber die Hoffnung stirbt zuletzt. :yikes

  • Aiko hat ihre Kindheit in einem Bordell verbracht, Vater und Mutter kennt sie nicht. Auch Pflegeeltern und Heim sind ihr nicht fremd. Als Erwachsene versucht sie sich zu nehmen, was sie nicht hatte – und dafür ist ihr jedes Mittel recht. Jetzt ist sie auf einem Rachefeldzug und gleichzeitig auf der Suche nach ihrer Herkunft.


    Natsuo Kirinos Bücher sind nicht einfach zu lesen, so auch dieses. Das liegt zum einen an den skurrilen und teilweise sehr fremd anmutenden Charakteren, mit denen man sich kaum identifizieren kann, sei es die ehemalige Erzieherin, die mit einem ihrer Zöglinge verheiratet ist und mit diesem gerne „Baby“ spielt, sei es der ehemalige Pflegevater, der im Alter entdeckt, dass er gern die Kleider seiner Frau trägt, oder eben Aiko selbst. Wie schon in anderen Werken der Autorin kommen auch hier die Loser der Gesellschaft „zu Wort“, Menschen, die sich ihr Leben anders gewünscht hätten.


    Zum anderen liegt das an der Geschichte selbst. Sie ist dreckig und nicht für jeden geeignet. Lesen sollten sie nur erwachsene Leser und solche, die auch mit abartig anmutenden Szenen zurechtkommen. Die Autorin erzählt aus verschiedenen Perspektiven, so dass wir eng an das Geschehen herangeführt werden. Doch es wird durch die Verwendung der dritten Person auch eine gewisse Distanz hergestellt, die auch notwendig ist.


    Manchmal erscheinen mir allerdings die Geschehnisse etwas unmotiviert aneinandergereiht, da fehlt – abgesehen von Aiko – ein bisschen der rote Faden. Dennoch ist der Roman interessant zu lesen, schockierend und durchaus spannend und er regt einen zum Nachdenken an.