Bohumil Hrabal - Ich habe den englischen König bedient / Obsluhoval jsem anglického krále

  • "Passen Sie auf, was ich Ihnen jetzt erzählen werde:
    Als ich ins Hotel Goldenes Prag kam, nahm mich der Chef am linken Ohr und zog daran und sagte: "Du bist hier Pikkolo, merk dir das. Du hast nichts gesehen, nichts gehört. Sprich's mir nach." Und so sagte ich, ich hätte im Hause nichts gesehen und nichts gehört. Und der Chef zog mich am rechten Ohr und sagte: "Und merk dir aber auch, daß du alles sehen und alles hören mußt. Sprich's mir nach." Ich wiederholte verwundert, daß ich alles sehen und alles hören wolle, und so fing ich an. ..."


    Damit beginnt die Geschichte eines Kellners, der Millionär werden wollte.


    Es ist ein wahrer Springquell aus leichtfüssiger Geschwätzigkeit, der Absurdes und Irrwitziges aus der Kellnerwarte betrachtet. Wenn man glaubt "das ist schräg!", kann man sich sicher sein, ein paar Seiten später kommt noch etwas viel Schrägeres daher...


    Meinereiner hat sich bei der Lektüre sehr gut unterhalten; wenn ich auch gelegentlich gewünscht hab, der Autor würde mehr Absätze machen, aber es ist eben bildlich ein ununterbrochener Redefluss eines Mannes, der seine Lebensgeschichte erzählt...


    Entschuldbar ist es, da er 1971 schrieb, wie er im Nachwort - das ausnahmsweise einen Absatz hat in einer turbulenten Zeit, wenn nicht unter einem siedenden Blechdach, das sein Papier vor Hitze wellte, im grellen Sommerlicht auf einer Schreibmaschine mit weich werdender, zerfliessender Mechanik, ohne eigentlich überhaupt etwas zu sehen, als das grelle Blatt Papier vor den Augen, und ob der Turbulenzen der Zeit mit seinem jähen Ableben rechnend, nicht fähig, dem Leser mehr als die Rohfassung zu liefern...


    Das Buch wurde gelegentlich mit die Abenteuer des braven Soldaten Schweijk während des Weltkrieges verglichen und auch verfilmt.


    Der Autor
    Bohumin Hrabal hat gelebt, und ist inzwischen tot. Sein leben spielte sich zwischen 1914 und 1997 ab, und als er dabei war, hat er ua: "Das Städchen am Wasser", "Die Bafler", "Sanfte Barbaren", "Leben ohne Smoking", "Ich dachte an die goldenen Zeiten", "Tanzstunde für Erwachsene", sowie die mir bislang bekannten "Erzählungen, Moritaten und Legenden" geschrieben - und ich denk, "Die Erziehung Böhmischer Mädchen" ist auch von ihm...


    Ach ja, und das Wichtigste, da ich des Böhmisch-Mährischen ziemlich unmächtig bin: Der Übersetzer ist Karl-Heinz Jähn, und der hat wunderbare Arbeit geleistet. :-]

    DC :lesend


    Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens I


    ...Darum Wandrer zieh doch weiter, denn Verwesung stimmt nicht heiter.
    (Grabinschrift F. Sauter )

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  • Mir wär er auch entgangen, wenn eine freundin von mir wegen ihrem tschechischen bekannten nicht Hrabal-rollig geworden wär... und dabei standen die "Erzählungen, Moritaten und Legenden" in meinem uralt-sub :lache dasda war mein zweiter, ich bereue nicht, dass ich in den ersten reingesehen hab... und den zweiten da schon gar nicht :-]

    DC :lesend


    Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens I


    ...Darum Wandrer zieh doch weiter, denn Verwesung stimmt nicht heiter.
    (Grabinschrift F. Sauter )