Artikel über Bildung in Deutschland im Magazin der Bundesregierung

  • am Bahnhof bekam ich heute früh die aktuelle Ausgabe von "Deutschland aktuell", einem Werbeheftchen unserer geliebten Bundesregierung, in die Hand gedrückt.
    Direkt auf der Titelseite stand die Überschrift "Deutschland wird Bildungsrepublik"
    Der Artikel befasste sich aber nicht mit Bildung sondern mit Ausbildung, was unsere Regierung wohl für ein und dasselbe hält.
    Ich schrieb dann mal folgende Lesermail an die REdaktion und würde mich auch für Eure Meinung dazu interessieren:


    "Sehr geehrte Damen und Herren


    Ich habe in der November Ausgabe des Magazins "Deutschland aktuell" den Artikel über die Bildungssituation in Deutschland gelesen.
    Diesen fand ich sehr erschreckend, wird doch in diesem Bildung mit Ausbildung verwechselt.
    Das Bildungssystem nimmt eine Entwicklung, die von "Bildung", wie sie allgemein verstanden wird, wegführt und sich stärker an wirtschaftlichen Interessen orientiert. (Diese Entwicklung ist seit Beginn der 90er zu beobachten und setzt sich immer weiter fort)
    Lernte man früher - wie es so schön heißt - fürs Leben, so lernt man heute ausschließlich für das Berufsleben.
    Schulfächer richten sich immer mehr nach dem Berufsmarkt aus, die Allgemeinbildung wird reduziert, teilweise völlig aussen vor gelassen.
    Statt zu gebildeten intelligenten Menschen wird man zu einem Wirtschaftsfaktor erzogen und ausgebildet.
    Diese Entwicklung ist nicht so positiv, wie sie in dem Artikel dargestellt wird.


    Mit freundlichen Grüßen
    Michael Sonntag"

  • Es ist schwer sich eine Meinung darüber zu bilden, wenn man den Ursprungsartikel nicht kennt.

    :lesend
    If you can read, you can empathize, luxuriate, take a chance, have a laugh, hit the road, witness history, become enlightened, turn the page, and do it all again
    Oprah Winfrey

  • Das Wort kann für beides verwendet werden, das ist richtig. Mir ging es in diesem Zusammenhang hauptsächlich um den Unterschied zwischen Allgemeinbildung und spezifischer Ausbildung auf einem bestimmten Gebiet, wobei das eine zugunsten des anderen immer mehr reduziert wird.
    Allgemeinbildung ist eben gar nicht mehr gefragt, solange wir so funktionieren, wie die Wirtschaft sich das wünscht. Genau dahin geht dieser Bildungsweg. Und das finde ich mehr als bedenklich

  • Zitat

    Original von Dichterdämon
    Lernte man früher - wie es so schön heißt - fürs Leben, so lernt man heute ausschließlich für das Berufsleben.
    Schulfächer richten sich immer mehr nach dem Berufsmarkt aus, die Allgemeinbildung wird reduziert, teilweise völlig aussen vor gelassen.
    Statt zu gebildeten intelligenten Menschen wird man zu einem Wirtschaftsfaktor erzogen und ausgebildet.


    Hallo Dichterdämon,


    diese Entwicklung stößt mir auch ganz schön auf. Als ich mich entschlossen habe, nicht zu studieren, kamen Fragen und Feststellungen wie "Was willst Du denn sonst machen?!", "Dann hättest Du ja kein Abitur machen brauchen."


    Als wären das Lernen und die Lerninhalte an sich völlig nutzlos, wenn sie nicht auf ein konkretes Ziel ausgerichtet wären, das mich zu einem nützlichen Mitglied der Gesellschaft macht.


    Außerdem studieren viele Leute irgendetwas, ohne an dem Fach interessiert zu sein oder ausreichende Fähigkeiten mitzubringen, weil sie ja irgendetwas studieren "müssen".


    Gruß, Bell


  • Hallo Bell,
    solche Kommentare entspringen meiner Erfahrung nach häufig noch der Vorstellung, dass man mit Abitur studiert und mit Realschulabschluss JEDEN Ausbildungsplatz bekommen kann - heute dagegen ist ja Abitur für viele Ausbildungsgänge von großem Vorteil.


    Außerdem teile ich Deine Meinung, dass Abitur erstmal eine gute Grundlage ist, gerade weil es nicht völlig zielgerichtet auf einen Nutzen ist. Aber aus genau diesem Grund habe ich mich auch zum Studium entschieden: Ich habe mich noch nicht weitreichend "gebildet" genug gefühlt, um mich nur noch praktischen "Ausbildungen" zu einem einzigen Berufszweck zu unterwerfen. Vor diesem Hintergrund wiederum finde ich es erstaunlich, dass Du eine Berufsausbildung gemacht hast, wenn Du den Nutzen dieser nichtzielgerichteten Bildung so anerkennst. (Ist nicht als Kritik gemeint, sondern es ist mir nur aufgefallen, dass die Menschen, denen allgemeine Bildung so wichtig ist wie Dir, nach dem Abi studieren - es sei denn, sie trauen sich das finanziell nicht zu. So etwas gibt es ja leider in Deutschland häufig genug.)


    Natürlich gibt es auch in jedem Studiengang Leute, die da nicht wirklich hingehören. Aber Studenten mit diesem ausgeprägten Bildungsinteresse, das Du beschreibst, finden in der Regel ihren Weg - und sei es nach Studiengangwechsel.

  • Hallo Vulkan, was meinst Du denn hiermit?


    "Vor diesem Hintergrund wiederum finde ich es erstaunlich, dass Du eine Berufsausbildung gemacht hast, wenn Du den Nutzen dieser nichtzielgerichteten Bildung so anerkennst."


    Gruß, Bell


    edit: Jetzt hab ich's, stand auf dem Schlauch: Dass ich den Nutzen anerkenne, heißt ja nicht, dass ICH auch studieren will. Eine Ausbildung habe ich viel früher schon gemacht, das Abitur kam später.


    Und natürlich spricht doch nichts dagegen, dass Du studierst, aus Deinen Beiträgen habe ich auch schon oft tiefergehendes Interesse feststellen können. Aber das ist eben bei vielen Studenten nicht so.

  • Hallo Bell,


    jetzt habe ich mich eine Viertelstunde gewunden, um diesen einen Satz zu erklären, immer mit der Angst, dass ich mich wieder falsch ausdrücke. Umso erleichterter bin ich, dass ich das jetzt alles löschen konnte. (Wo ist der Smiley mit der Erleichterung?)


    Ohne rumschleimen zu wollen, bewundere ich Menschen, die ihr Abitur auf dem zweiten Bildungsweg machen, zutiefst - ich denk mir immer, dagegen ist normale Schule ein Kinderspiel.


    Ich wollte im ersten Posting auch nur zum Ausdruck bringen, dass die meisten meiner Mitschüler, die gern in die Schule gegangen sind, und auch gern Sachen gelernt haben, ohne jedes Mal nach Sinn und Zweck und Praxisbezug zu fragen, in der Regel auch studiert haben, oder es zumindest wollten. Dass NC, ZVS und finanzielle Mittel (leider) auch immer mit eine Rolle bei diesen Entscheidungen spielen, ist ja keine Frage. Aber ich kenne eben persönlich (ich markiere das für einige Eulen, damit klar ist, dass ich von meinen eigenen Erfahrungen und Mitmenschen schreibe) niemanden, der (so wie Du) Lerninhalte unabhängig von ihrem sofortigen Nutzen sinnvoll findet und gern gelernt hat und dann nicht ein Studium zumindest angestrebt hätte.