Sterbehilfe/ Selbsttötung

  • Damit hast du, Tom, die Kehrseite der Leistungsgesellschaft auf den Punkt gebracht, in der der Wert eines Menschen nach seinen Leistungen bemessen wird. Und so lange die das Maß aller Dinge ist, ist freilich das Leben jenseits des selbständigen Lebens in der eigenen Wohnung nicht mehr lebenswert.


    Dennoch habe ich die Hoffnung, dass es, sollte ich dereinst im Altersheim landen, statt Fernsehen Internet geben wird, Häkelkurs fällt aus, und freitags findet ab 17 Uhr die Ü80 Party mit den besten Hits aus den 80gern, 90gern und du weißt schon statt


    edit: mein a klemmt :cry

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

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  • Stimmt schon, was Du schreibst Tom, aber der Mensch hängt am Leben, auch wenn er selbst nicht mehr so aktiv dran teilnehmen kann; wenn auch Fernsehen und Häkelabende schon zu anstrengend sind. Da verändern sich die Prioritäten.
    Und solange er keine unerträglichen Schmerzen hat, empfindet kaum ein alter Mensch sein Leben als so sinnlos, dass er es beenden möchte.


    Das Pflegen in der Familie wäre natürlich ideal, aber da muss jemand immer zu Hause sein - und in den meisten Fällen mehr als einer. Das wird in Zukunft wohl immer schwieriger werden.

  • @Sylli7:


    Zitat

    Und solange er keine unerträglichen Schmerzen hat, empfindet kaum ein alter Mensch sein Leben als so sinnlos, dass er es beenden möchte


    Genau über einen solchen Menschen wurde doch gerade gesprochen.


    Und, mit Verlaub. Ich empfehle Dir, einfach mal die zwei, drei nächsterreichbaren Altenheime aufzusuchen und dort mit den Bewohnern zu sprechen. Direkt und offen.

  • Zitat

    Und solange er keine unerträglichen Schmerzen hat, empfindet kaum ein alter Mensch sein Leben als so sinnlos, dass er es beenden möchte


    Woher willst du das denn wissen?! Warst du schonmal in der Situation?! Musstest du schonmal drauf warten, dass dir jemand die vollgeschissenen Windeln wechselt, dass du Essen über deine eingepflanzte Magensonde kriegst?! Warst du schon in der Situation, dich nicht verständigen, nicht bewegen zu können?! Ich vermute stark, dass du es nicht warst! Wie kannst du dir es dann anmaßen, über eine Sache zu urteilen über die du keine Ahnung hast?!


    Wenn ein Mensch es sich wünscht, sein Leben in Würde zu beenden, sein Leben zu beenden, wann er es sich wünscht, dann muss diese Entscheidung respektiert werden. Und das geht bloß diesen Menschen etwas an, nicht dich und auch nicht mich. Und weder ich noch du haben das Recht darüber zu urteilen.

    "I think too much. I think ahead. I think behind. I think sideways. I think it all. If it exists, I’ve fucking thought of it.''
    — Winona Ryder


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  • ..und die Angst die man haben muss, weil die Erfahrung einen lehrt, dass das so ist- wenn du eine Tür öffnest in so einem System, dann bricht der Damm ein, dann findet Sohnemann der jedem Monat 400 € Unterhalt an die AWO für Mutti zahlt das Leben von Mutti bald so menschenunwürdig und so schlimm, dass man der alten Frau das nicht zumuten kann in so einem scheußlichen Heim dahinzuvegetieren und überhaupt drei Jahre schon keinen Urlaub mehr und dass ganze Erbe vom Papa durchgebracht wegen diesem Alzheimer...

  • Es geht nicht darum, dass der Sohn es entscheidet. Ich finde es sollte so wie mit Organspenden sein. Wenn man es vorher selbst festgelegt hat, wie die Angehörigen handeln sollen, dann ist es okay. Dass ein Sohn sich entschließt, dass die Mutter nicht mehr leben will, ist das eine andere Sache.

    "I think too much. I think ahead. I think behind. I think sideways. I think it all. If it exists, I’ve fucking thought of it.''
    — Winona Ryder


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  • Zitat

    Original von TheAlice


    Wenn ein Mensch es sich wünscht, sein Leben in Würde zu beenden, sein Leben zu beenden, wann er es sich wünscht, dann muss diese Entscheidung respektiert werden. Und das geht bloß diesen Menschen etwas an, nicht dich und auch nicht mich. Und weder ich noch du haben das Recht darüber zu urteilen.


    Ich finde, das kann man ruhig dick und fett und groß schreiben...und es ist auch die Entscheidung des Menschen (soviel ich gelesen habe, war der Mann Psychologe?), der sich vor laufender Kamera das Leben nahm. Er wird einen Grund dafür gehabt haben.


    .....................


    Und die ultimative Lösung für triste Altersheime gibt es schon: baut neben jedes Altersheim eine Kindertagesstätte. Das löst mindestens die Hälfte aller Probleme für alle Betroffenen, bewirkt Integration statt Ausgrenzung für alle...und es sollte (aber das nun wirklich nur am Rande) wirklich schietegal sein, ob beides nun von irgendeiner religiösen Gemeinde spirituell geführt wird, oder nicht.
    Das sollte doch nun wirklich nicht das Problem sein?


    :wave
    Ikarus

  • @ Tom: :rolleyes ...natürlich. Bei dir muß man immer alles ganz genau erklären, obwohl man genau weiß, daß du auch so weißt, was man meint...
    Menno.
    Bundesrecht bricht Landesrecht und wenn das Grundgesetz für ganz Deutschland gilt, dann kann ein Landesgesetz bzw. die Landesverfassung dem zwar widersprechen, dies ist aber nichtig.


    Ich könnt jedes Mal ausflippen, wenn ich merke, daß du der Meinung bist, du könntest MIR was über Gesetze erzählen.
    (Ich bin nicht allwissend, aber weißt du so ein bißchen was bekommen wir doch beigebracht, ab und an.... :bonk )
    Ich erklär dir schließlich auch nicht die Kommaregeln... (beruhigt sich wieder, weil das ihrem Kreislauf noch nicht so gut tut)


    Zum Thema:
    Als wir klein waren hat meine Mama immer gesagt: "Wenns am Schönsten ist, sollte man aufhören."
    Im übertragenen Sinne gilt das bei mir auch für mein Leben. Mag sein, daß mir ein plötzlicher Tod beschieden sein wird oder gar das viel besungene friedliche Einschlafen und nicht mehr Erwachen, aber wenn nicht, möchte ich entscheiden, wann es genug ist und wer bitte möchte mir diese Entscheidungverbieten?


    @ Licht
    Definition Atheismus:
    Unter Atheismus versteht man im weiteren Sinne die Abwesenheit der Auffassung, dass es göttliche Wesen gibt, und im engeren Sinne die Auffassung, dass es keine göttlichen Wesen gibt.


    Nur um dich zufrieden zustellen, erfinde ich bestimmt kein atheistisches Glaubensbekenntnis, das ja auch nur lauten kann: ICH GLAUBE AN NICHTS!
    Manchmal muß man eben hinnehmen, daß jemand eben einfach nichts glaubt. Nichts anderes, sondern NICHTS.
    Warum fällt dir das so schwer? Macht es dir Angst?

  • @BJ: Ich nehme tatsächlich an, dass Du insbesondere im Bereich der Strafgesetzgebung zu den wissensreichsten Eulen gehörst, nahm aber auch an, dass Dir die originelle Tatsache, dass die hessische Verfassung immer noch (in wirkungsloser Weise) die Todesstrafe vorsieht, möglicherweise nicht bekannt war. Sollte sich Hessen von der Bundesrepublik lossagen, wäre jedenfalls dort die Todesstrafe wieder anwendbar. ;-) Ich wollte Dich nicht bevormunden. Ganz sicher nicht. Jedenfalls nicht in diesem Thread hier. :grin


    Edit: Deine Atheismusdefinition ist nicht ganz richtig. Jemand behauptet etwas, das er nicht beweisen kann, und andere stellen dann in nachvollziehbarer Weise fest, dass eine unbeweisbare Behauptung (wie etwa diejenige, die Erde würde in fünfhundert Lichtjahren Entfernung von einer Plastiktitte umkreist werden) keinen zwingenden Gehalt hat. Der Begriff, den anderen lediglich um ein "A" ergänzend, suggeriert, dass Atheisten gegen etwas wären, also zum Beispiel Gegner des Theismus', aber das ist nicht notwendigerweise richtig (man kann als Atheist Theismus auch einfach ignorieren, wie man das mit vielen anderen originellen Ansichten tut). Grundsätzlich "glaubt" jeder Mensch an etwas, zum Beispiel die eigene Existenz, die sich ja auch nicht schlüssig beweisen lässt. Aber hier - wie in vielen anderen Bereichen - gibt es zumindest Indizien, die über vergleichsweise hohe Beweiskraft verfügen, wohingegen theistische Weltsichten in diesem Bereich Verzicht üben, in der Hauptsache mit Hilfe von Argumentationsketten, die mit der Nichtbeweisbarkeit als Bestandteil des Glaubens arbeiten. Dies nur am Rande und zur Klarstellung. Hier sollte keine neuerliche A-Theismus-Diskussion losbrechen. :grin

  • Gut... :kiss


    Mir fällt grad ein ziemlich morbider Vergleich ein.


    Ich hab vor einigen Monaten hier in irgendeinem Thread berichtet, daß ich nach einem Verkehrsunfall ein halbtotes Reh erschossen habe.
    Jeder war da der Meinung, daß ich das Tier von seinem Leiden erlöst habe und nicht, daß ich etwas Verwerfliches getan hätte.
    Warum fällt es aber so schwer dieses Erlösen bei einem Menschen, als eine gute Tat anzusehen. Im Grunde ist es doch das gleiche, nur daß man einem Menschen erklären kann, warum er weiter leiden muß, einem Tier nicht.... oder begehe ich einen Denkfehler?


    (Nicht falsch verstehen, ich plädiere hier keineswegs für die sofortige Erschießung schwer verletzter Unfallopfer am Unfallort, ich versuche nur die Thematik mal von einer anderen Seite her anzugehen.)


    @ Tom:
    Ich hab bei Wikipedia geklaut und wollte es für Licht in simpler Weise ausdrücken.
    Ich korrigiere also meine Aussage: "...glaubt an NICHTS!" dahingehend, daß ich das Wort "Göttliches" ergänze.

  • Zitat

    Original von Babyjane


    Warum fällt es aber so schwer dieses Erlösen bei einem Menschen, als eine gute Tat anzusehen. Im Grunde ist es doch das gleiche, nur daß man einem Menschen erklären kann, warum er weiter leiden muß, einem Tier nicht.... oder begehe ich einen Denkfehler?


    Nein, ich denke, das ist kein Denkfehler. Wahrscheinlich ist es einfach so, dass man Angst hat, eine gewisse Grenze zu überschreiten. Wenn man also erlaubt, Menschen zu "erlösen", würde man sich in einem ganz unsicheren Raum befinden. Wo zieht man dann die Grenzen. Ab wann ist ein Mensch krank genug, um ihn erlösen zu dürfen. Darf das jeder für sich selber entscheiden? Wir hätten es dann mit ganz vielen Unbekannten zu tun. Wahrscheinlich haben die Verantwortlichen Angst vor Sodom und Gomorrha. Ob berechtigt oder nicht...
    Das will ich gar nicht beurteilen (müssen).

  • Zitat

    Original von Groupie
    Ab wann ist ein Mensch krank genug, um ihn erlösen zu dürfen. Darf das jeder für sich selber entscheiden?


    Meiner Meinung nach sollte das jeder selbst entscheiden dürfen und krank genug ist er eben dann, wenn er um diese Erlösung aufgrund von Schmerzen und mangelnder Lebensqualität bittet. (Ich betone noch mal, daß wir hier von Euthanasie reden und nicht von der Hilfe zum Selbstmord eines total gesunden, dem lediglich der Lebenswille fehlt oder der sich aus anderen psychologischen Gründen töten möchte.)

  • Der qualitative Unterschied besteht darin, dass das Reh diese Entscheidung nicht treffen konnte. Wir sprechen aber nicht von Rehen, die stumm zuckend auf der Landstraße liegen, sondern von Menschen, die klaren Verstandes mitteilen können, dass sie eben nicht mehr wollen.

  • Zitat

    Original von Tom
    Der qualitative Unterschied besteht darin, dass das Reh diese Entscheidung nicht treffen konnte. Wir sprechen aber nicht von Rehen, die stumm zuckend auf der Landstraße liegen, sondern von Menschen, die klaren Verstandes mitteilen können, dass sie eben nicht mehr wollen.


    Mist, ich hatte gehofft, diese kleine Schwachstelle würde übergangen werden. :lache

  • @BJ:


    Sorry, dass ich schon wieder etwas klarstellen muss. ;-)


    Zitat

    Ich betone noch mal, daß wir hier von Euthanasie reden


    1. Der Begriff "Euthanasie" ist eigentlich verpönt, seit ihn die Nazis für diverse Programme benutzt haben, die alles andere als humanitär waren


    2. "Sterbehilfe" bezeichnet eigentlich den Vorgang, schwerst- bzw. sterbenskranken Menschen beim vorzeitigen Sterben zu "helfen". Nach meiner Lesart reden wir aber nicht nur über diese Form von Sterbehilfe, sondern auch über Beihilfe zum Selbstmord in anderen Fällen. Ganz wertfrei gesagt

  • @ Tom
    Das mag sein, aber wir können unsere Vergangenheit nur bewältigen, indem wir auch damals verpönte Begriffe wieder benutzen.
    An der Bedeutung des Wortes hat sich durch die Handlungsweise der Nazis doch wohl nichts geändert.
    (edit: Ich finde auch nach längerem Nachdenken, ich kann dieses Wort bedenkenlos benutzen! )


    zu 2.
    Das sehe ich anders, ich sprach in diesem Thread nur von den von dir genannten Menschen. Eine andere Beihilfe zum Selbstmord, sehe ich nicht gerechtfertigt. Wenn ich auch der Meinung bin, daß jeder das Recht hat zu gehen, wenn er es für richtig hält, aber jemand der nicht sterbenskrank ist, kann dies dann auch selbst tun, der braucht dabei aus meiner Sicht keine Hilfe. Es sei denn, er ist von sienem Vorhaben doch nicht so überzeugt, wie er glaubt.

  • Wenn es Menschen sehr schlecht geht, seit Jahren und keine Hilfe in Sicht ist, kann ich es verstehen, wenn die Schmerzen so stark sind das man nirgends hin gehen kann und in der Bude hockt. Das muss auch jeder selbst entscheiden finde ich.

    Zitat

    Bücher haben Ehrgefühl, wenn man sie verleiht, kommen sie nicht zurück. T.Fontane


    :lesend :fruehstueck
    Ich lese Thomas Mann; Der Zauberberg;