Sterbehilfe/ Selbsttötung

  • Ich habe die Doku leider auch nicht gesehen, habe aber im TV und im Netz davon gehört und ich finde, dieser Mann hat unseren größten Respekt verdient.
    Ich kann es sehr gut nachvollziehen, daß er den Zeitpunkt seines Todes selbst wählen wollte- solange er noch in der Lage war.
    Eine sehr nahe Verwandte von mir, meine Großmutter, ist vor fast drei Jahren gestorben, sie hatte eine sogenannte "eiserne Lunge", das hat bedeutet, daß sie erst etwas luftknapp wurde, dann nachts am Sauerstoff und dann 24 Stunden am Sauerstoff hing und nicht mehr alleine laufen konnte, jede noch so kleine Anstrengung hat ihr wahnsinnige Schmerzen/Luft bereitet. Sie hat desöfteren zu mir gesagt, daß ich ihr helfen solle- und wenn ich es gekonnt hätte, dann hätte ich es auch getan. Sie ist Gott sei Dank irgendwann wirklich friedlich eingeschlafen, aber auch nach sehr schwieriger Leidenszeit. Und wenn ich mir vorstelle, daß ich sehr krank, und wie bei meiner Oma der geistige Zustand noch top ist, und gefangen in meinem eigenen Körper bin, dann kann ich die Entscheidung dieses Mannes sehr gut nachvollziehen.
    Auch die Entscheidung, dies im Fernsehen zu zeigen, finde ich sehr mutig. Vielleicht macht er, so blöd es auch klingt, anderen Betroffenen Hoffnung. Was hätte es diesem Menschen gebracht, mittels Medikamenten noch länger zu leiden, wenn es doch keine Hoffnung mehr gab. Die Ärzte haben damals zu uns auch gesagt, sie könnten das Leben noch einige Tage/eventuell Wochen mittels Medikamenten verlängern. Wir haben uns damals entgegen entschieden, weil es meine Oma auch nicht gewollt hätte.
    Wir entscheiden unser ganzes Leben alles mögliche selbst, warum kann ein Mensch in dieser Situation nicht für sich entscheiden in Würde zu sterben. Das das natürlich schwierig für die Verwandten ist, ist eine andere Frage, aber ich würde mir für meinen Partner wünschen, daß er in Frieden würdevoll sterben kann und sich nicht länger quälen müßte. Auch das ist Liebe, nämlich loszulassen, auch wenn es schwer fällt...

    Liebe Grüße,
    glücksbärchi


    Mein Name bei BT: nutellamaus86



    "Bücher lesen heißt wandern gehen in ferne Welten, aus den Stuben über die Sterne" (Jean Paul) :lesend

  • @ Eddie
    Aufgrund von Novemberkinds katastrophaler Orthographie ist es tatsächlich nicht so leicht zu entschlüsseln, was genau sie meint.
    In der Dokumentation geht es darum, daß ein Mensch darum bittet von seinen Schmerzen erlöst, also "umgebracht" zu werden.
    Einen Wunsch, den ich sehr sehr gut nachvollziehen kann.
    Ich hab ausschnitte der Doku/Sendung gestern irgendwo im Netz gefunden und fand ebenfalls, daß diese Dokumentation weder sensationslüstern noch frevelhaft mit dem Ereignis umgegangen ist (zumindest in den Ausschnitten, welche ich gesehen hab), sondern im Gegenteil, sehr feinfühlig und angenehm. Nachdem ich diese Ausschnitte gesehen hatte, fand ich persönlich diese Dokumentation als Instrument um mehr Verständnis und eventuell sogar auch in Deutschland eine legale Rechtsgrundlage zu schaffen wirklich sehr gut gewählt.


    Ich für meinen Teil weiß, daß ich, sollte ich irgendwann mein Leben als nicht mehr lebenswert erachten, sei es aufgrund von Krankheit oder Alter definitv einen Schlußstrich ziehen werde. Ich werde ganz bestimmt nicht als seelenlose kackende Hülle in einem Altersheimbett vor mich hinvegetieren und warten, daß irgendjemand im Himmel entscheidet, daß ich nun genug gelitten habe. Es gehört für mich zur Menschenwürde dazu, diese Entscheidung, selbst zu treffen und in Würde abzutreten.
    Meine Schwester und ich, wir haben nach vielen Gesprächen miteinander die Vereinbarung getroffen, daß wir eben so nicht enden wollen und im Falle eines Falles den jeweils anderen bei jedem seiner Wünsche unterstützen werden.
    Möge dieser Fall nie eintreten oder aber noch viele Jahre auf sich warten lassen.


    Wie Janda, bin auch ich im Besitz einer Patientenverfügung und hoffe ebenfalls, daß selbige respektiert werden wird.


    Ich genehmige jedoch ausdrücklich die Organspende, da ich in meinem Bekanntenkreis zwei Menschen habe, denen aufgrund eines neuen Herzens im einen Fall noch ein wenig Zeit geschenkt und im anderen immer noch geschenkt wird.
    http://www.bild.de/BILD/ratgeb…-zweiten-mal-geboren.html

  • Ich habe die Doku leider auch nicht gesehen, habe aber im TV und im Netz davon gehört und ich finde, dieser Mann hat unseren größten Respekt verdient.
    Ich kann es sehr gut nachvollziehen, daß er den Zeitpunkt seines Todes selbst wählen wollte- solange er noch in der Lage war.
    Eine sehr nahe Verwandte von mir, meine Großmutter, ist vor fast drei Jahren gestorben, sie hatte eine sogenannte "eiserne Lunge", das hat bedeutet, daß sie erst etwas luftknapp wurde, dann nachts am Sauerstoff und dann 24 Stunden am Sauerstoff hing und nicht mehr alleine laufen konnte, jede noch so kleine Anstrengung hat ihr wahnsinnige Schmerzen/Luft bereitet. Sie hat desöfteren zu mir gesagt, daß ich ihr helfen solle- und wenn ich es gekonnt hätte, dann hätte ich es auch getan. Sie ist Gott sei Dank irgendwann wirklich friedlich eingeschlafen, aber auch nach sehr schwieriger Leidenszeit. Und wenn ich mir vorstelle, daß ich sehr krank, und wie bei meiner Oma der geistige Zustand noch top ist, und gefangen in meinem eigenen Körper bin, dann kann ich die Entscheidung dieses Mannes sehr gut nachvollziehen.
    Auch die Entscheidung, dies im Fernsehen zu zeigen, finde ich sehr mutig. Vielleicht macht er, so blöd es auch klingt, anderen Betroffenen Hoffnung. Was hätte es diesem Menschen gebracht, mittels Medikamenten noch länger zu leiden, wenn es doch keine Hoffnung mehr gab. Die Ärzte haben damals zu uns auch gesagt, sie könnten das Leben noch einige Tage/eventuell Wochen mittels Medikamenten verlängern. Wir haben uns damals entgegen entschieden, weil es meine Oma auch nicht gewollt hätte.
    Wir entscheiden unser ganzes Leben alles mögliche selbst, warum kann ein Mensch in dieser Situation nicht für sich entscheiden in Würde zu sterben. Das das natürlich schwierig für die Verwandten ist, ist eine andere Frage, aber ich würde mir für meinen Partner wünschen, daß er in Frieden würdevoll sterben kann und sich nicht länger quälen müßte. Auch das ist Liebe, nämlich loszulassen, auch wenn es schwer fällt...

    Liebe Grüße,
    glücksbärchi


    Mein Name bei BT: nutellamaus86



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  • Zitat

    Original von Caia
    Ich plädiere dafür, den Tod zu entabuisieren und ein menschenwürdiges Sterben wieder zuzulassen!!!


    Uneingeschränkt: Ja!!


    Zitat

    Original von Caia
    Solange der Tod im stillen Kämmerlein, im Krankenhaus oder im Altenheim passiert, wird sich daran nichts ändern!


    Aber widerspricht das nicht dem vorigen Satz, jedenfalls potentiell?? Ist es nicht das normalste von der Welt, in Ruhe zu Haus - also im Kämmerlein - zu sterben?? Und wenn nunmal unsere Leute im Altenheim wohnen, wo sollen sie sonst menschenwürdig sterben?
    Ebenso das Krankenhaus... die wenigsten gehen dorthin zum Sterben, und die wenigsten Kliniken nehmen Patienten zu diesem Zweck auf.


    Die Debatte um das Sterben lassen ist ungemein vielschichtig und sicher auch immer nur von Fall zu Fall zu entscheiden. Noch ungleich schwerer ist die Frage nach der Hilfe zum Sterben, ob nun passiv oder aktiv.


    Ich verstehe es, dass es Menschen gibt, die selbst entscheiden wollen, wann sie sterben und ich respektiere diesen Willen. Aber es ist etwas anderes, diesen Willen zu respektieren und zu entscheiden, dabei in irgendeiner Weise zu helfen. Auch hier ist sicher jeweils im Einzelfall eine Entscheidung zu fällen. Und ich würde so eine Entscheidung immer mit Kollegen und Ärzten und anderen Gesprächspartnern gemeinsam fällen.


    Patientenverfügungen sind eine zweischneidige Sache. Ich habe im Gespräch mit Ärzten wahrgenommen, dass sie kaum helfen, sinnvoll eine Entscheidung zu fällen. Es ist kaum je möglich, jede einzelne mögliche Situation zu beschreiben, die eintreten kann. Die Definition von "Maschine" oder "Gerätemedizin" ist ungemein schwammig. Eine solche Verfügung sollte jedenfalls genau mit Ärzten durchgesprochen werden, damit sie am Ende auch bewirken kann, was sie bewirken soll.


    Diese Geschichte in England macht mich weder betroffen noch nötigt sie mir Respekt ab. Einer mehr, der sich umgebracht hat. Verzeiht, wenn das hart klingt, aber davon gibt es jeden Tag mehrere. Gebührt denen auch der Respekt??
    Ich stimme Voltaire völlig zu: Ich finde es pervers, das ganze zu filmen und zu senden. Wie "behutsam" auch immer...

  • @ caia: "...nicht gleich den Notarzt holen..." ist ein Problem. Wenn irgendwann Tante XY meint, da wäre noch was zu machen gewesen und dann eine Anzeige wegen unterlassener Hilfeleistung erstattet... Nee, mag ich jedenfalls nicht haben. Und ich mag auch nicht damit Leben müssen, nicht alles versucht zu haben, nur weil ich dachte ...


    @ BJ: "... seelenlose kackende Hülle... " -- puuhh eine verdammt harte Forumulierung für Menschen... Klar, eine seelenlose kackende Hülle kann man wegwerfen. Aber was ist mit Oma Rosemarie, die immer so gern Kirschen aß und herrliche Witze gemacht hat?? Sie lacht heute noch gern, aber leider kann ihre Enkelin sie nicht öfter als 2 mal im Monat besuchen, und ihr die neuesten Witze erzählen. Sie ist Dement und vergißt fast alles wieder und sie ist schwach. Aber es ist immer noch Oma Rosemarie, die gern schaut, wie der Schnee fällt, die gern schaut, wie Schwester Helga durch den Gang flitzt und die den Zivi total süß findet. Auch wenn sie still in ihrem Rollstuhl sitzt, sabbert weil sies nicht besser kann und sich im stillen darüber ärgert. Aber sie freut sich, wenn Weihnachten die alten Lieder wieder gesungen werden, die sie noch kennt, wenn der schöne Duft weht...

  • Licht, du hast nicht verstanden was ich meine. Macht aber nichts.
    Im Übrigen sprach ich nicht von anderen, sondern von mir.
    Ich finde es für mich unwürdig so zu enden und darum werde ich es für mich zu verhindern wissen.
    Deine Oma Rosemarie hat damit rein gar nichts zu tun...

  • @licht: Die geforderte orthographische Mühe gibst Du Dir selbst allerdings nicht, gelle? ;-)


    Der Tod, unvermeidlich für jedermann, ist ein vor allem von den Kirchen tabuisierter Vorgang, um den ein widerwärtiger Kult getrieben wird, der längst nicht damit endet, dass man pompöse Abschiedsmessen zelebriert, von Gottes Wille schwafelt und anschließend Leichen in Kisten vermodern und von Würmern (in der Hauptsache allerdings von Mikroorganismen) auffressen lässt. Merke: Religion ist vor allem Todes- und Totenkult.


    Der Tod ist tatsächlich ein höchst normaler Prozess. Körper funktionieren irgendwann nicht mehr, und dann stirbt man, fertig. Töten ist Bestandteil unseres Daseins, denn wir könnten uns nicht von Fleisch ernähren (oder kleiden oder Medikamente produzieren), wenn wir nicht andauernd und im unfassbar großen Stil Tiere töten würden. Um diesen Aspekt machen wir gedanklich jederzeit einen großen Bogen, weil wir - verständlicherweise - das menschliche Leben über dasjenige aller anderen Arten gestellt haben. Menschen gehören schließlich zu unserer eigenen Art, und die Erhaltung derselben stellt den Zweck unseres Daseins dar, ob wir das nun akzeptieren wollen oder nicht. Oder schönreden, indem wir uns als Ebenbilder Gottes bezeichnen.


    Dass so viel Aufhebens darum gemacht wird, wenn ein Suizid - auf den jeder Mensch jederzeit das Recht haben sollte - dokumentiert wird, liegt daran, dass die religiösen Implikationen dieses Vorgangs noch immer eine große, entscheidende Rolle spielen. Wir sprechen von "Menschenwürde", meinen aber Krempel wie Pietät, Rituale und die Vorbereitung auf das nicht existente Jenseits. Dieser unentspannte Umgang mit einem ganz normalen und unvermeidlichen Vorgang führt dazu, dass wir den Tod - vor allem den eigenen - während des gesamten Lebens gedanklich ausblenden, als mittelbare Folge, hat aber unmittelbar noch gravierendere Folgen, wie unerträgliche Abtreibungsdiskussionen, Ausbremsung von wissenschaftlichem Fortschritt (z.B. im Bereich der Stammzellenforschung) und eben solche, wie hier jetzt geführte, Diskussionen über Sterbehilfe, bei denen nicht Betroffene über die Köpfe anderer hinweg Entscheidungen treffen, die sie nicht zu treffen haben. Das Recht auf das eigene Leben hat nur einer, und zwar der betroffene Mensch. Und das gilt auch für seinen Tod. Merke: AUCH DU WIRST STERBEN.


    Die Medizin, nicht nur die Apparatemedizin, wird erreichen, dass unsere Lebenserwartung weiter steigt, aber sie wird den ganz normalen Vorgang des Sterbens jedenfalls vorläufig nicht beseitigen können. Damit geht einher, dass die in den letzten Jahrzehnten entstandenen Abstufungen der Lebensqualität im sehr hohen Alter (oder im Verlauf einer schweren Erkrankung) noch diffiziler werden. Das ruft in verstärktem Maße jene auf den Plan, die vom "Wert des Lebens" und seiner Achtung schwätzen, über die Köpfe jener hinweg, die unmittelbar zu leiden und zu ertragen haben. Selbstverständlich haben wir das Leben anderer zu achten, sonst würde die Gemeinschaft nicht mehr funktionieren. Aber über sein eigenes Leben und damit seinen eigenen Tod hat jeder Mensch selbst und alleine zu bestimmen. Niemand sonst. Keine Kirche, keine Plappermäuler, die nichts wissen (und das sind: alle). Tod gehört zum Leben. Zu jedem Leben. Tod ist Alltag, kein besonderer Prozess oder etwas Unerwartetes, Unvorhersehbares. Er setzt das Ende des Lebens fest, nicht mehr und nicht weniger. Wer in diesem Zusammenhang von "Würde" spricht, meint damit meistens sich selbst, als Beobachter. Das Ende ist so oder so würdelos, denn nach dem letzten Atemzug verschwindet man - und damit auch die "Würde". Und zugleich verschwinden Moral und Ethik, weil sie bedeutungslos werden. Deshalb sollte sich, wer Menschen das Recht abspricht, mit diesem Zeitpunkt auf jede beliebige Art umzugehen, genau überlegen, warum er das tut. Und mit welchem Recht.

  • Meine Mutter ist solch eine "seelenlos kackende Hülle",ich weiß wie BJ das gemeint hat.Meine Tochter sagte erst kürzlich "Oma ist wie eine Pippi- mach Puppe"...
    Ich wünschte mir, ich könnte sie von diesem unwürgiden Leben erlösen.
    Ich weiß, das sie so nie hätte enden wollen.Ich weiß nicht wie lange sie noch so leben muss, ich weiß nicht mal ob sie Schmerzen hat weil sie sich nicht mehr mitteilen kann.
    Oh ja es gibt zig Medikamente die es ihr leichter mache.Fürs Herz,für die Lunge, etwas zum entschlacken, eine Pille zum besser abführen ect.
    Es gibt aber keine Medikamte die sie fröhlich machen, keine Tropfen die sie zum lachen bringen, und keine Pille die es ihr ermöglichen uns zu erkennen.
    Länger zu leben, egal wie, muss nicht bedeuten länger glücklich und zufrieden zu sein.Wenn ich könnte, würde ich diesem-ihrem Leben noch heute ein Ende setzen...grad weil ich meine Mutter liebe und sie ein solches Leben nicht verdient hätte!!!!

  • Zitat

    Original von Tom


    Der Tod, unvermeidlich für jedermann, ist ein vor allem von den Kirchen tabuisierter Vorgang, um den ein widerwärtiger Kult getrieben wird, der längst nicht damit endet, dass man pompöse Abschiedsmessen zelebriert, von Gottes Wille schwafelt und anschließend Leichen in Kisten vermodern und von Würmern (in der Hauptsache allerdings von Mikroorganismen) auffressen lässt. Merke: Religion ist vor allem Todes- und Totenkult.


    Hi Tom,


    es ist für mich immer wieder spannend zu erleben wie du es schaffst bei diesen oder ähnlichen Themen deine Kirchen/Glaubens-Paranoia einzubringen. So sehr ich dich als Mensch und Autor schätze, das ist jetzt kein Spruch, so sehr staune ich auch immer wieder über derartige Amokläufe.


    Natürlich muss jedermann/frau sterben, gar keine Frage, wohl auch unsere wirklich einzige Gewissheit. Und dieses sollte dann schon in Würde geschehen. Sowie der Lebende einen Anspruch auf Würde hat, so hat dieses eben auch der tote Mensch. Gerade auch in rechtlicher Hinsicht gibt es hier klare Regelungen


    Viele Menschen bewahren das Andenken Verstorbener. Das ist doch auch ein Ausdruck den Toten die menschliche Würde zu erhalten. Die ermordeten Menschen in Auschwitz beispielsweise hatten auch nach ihrer Ermordung "nur" noch ihre Würde. Es ist einfach Unsinn zu behaupten, jeder Tod wäre würdelos. Ganz im Gegenteil. Lediglich das Verhalten der Lebenden lässt uns einen Tod als würdelos erscheinen.


    Was mich aber besonders abstösst ist, dass man hier das Sterben eines Menschen unter dem Deckmäntelchen einer sogenannten "Dokumentation" im Fernsehen überträgt. Es geht hier nicht um das Schicksal des sterbenden Menschen, es geht ausschließlich um Quote und das damit verbundene Echo in den Medien. Es will doch wohl niemand ernsthaft behaupten wollen, bei dieser Sendung ginge es um ein humanitäres Anliegen, oder diese Sendung sei ein Plädoyer für begleitendes Sterben - es sei denn man verstünde unter dieser Sterbebegleitung die Anwesenheit von Milllionen total anonymer Fernsehzuschauer, verteilt über die ganze Welt, die sich naturgemäß nicht einmal im selben Raum befinden wie der Sterbende.


    Diese Menschen, die bereit sind ihren Suizid öffentlich zu machen, die kann man nur in eine mit irgendwelchen Selbstmordattentätern stellen, mit den Kamikazefliegern des zweiten Weltkriegs. Einmal in ihrem Leben nimmt die Umwelt Notiz von ihnen - und sei es nur bei der Liveübertragung des letzten Atemzuges.


    Wie pervers muss eine Gesellschaft schon sein, die sich diese Bilder beim Abendessen, zwischen Vorspeise und Hauptgericht, reinzieht und dann vielleicht auch noch öffentlich Mitgefühl heuchelt.


    Sterben mag etwas Natürliches sein - vielleicht ist es auch nur ein Übergang; keine Ahnung - in keinem Fall ist es für den Einzelnen etwas Alltägliches, kann man den eigenen Tod doch nur einmal erleben/erleiden/entgegenhüpfen.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Hallo, Voltaire.


    Unser grundsätzlich sehr "unentspannter" Umgang mit dem Tod ist in der Hauptsache auf religiöse Motive zurückzuführen. Das ist einfach so.


    Es ist eine Unterstellung, zu behaupten, es ginge hier nur um Quoten.


    Das Andenken an die Verstorbenen hat mit all dem nichts zu tun. Und über das Leben hinweg erworbene Würde kann man auch im Moment des Todes nicht verlieren. Sterben ist kein ethischer Prozess, sondern ein biologischer Vorgang.


  • Argumente wie "Das ist einfach so" finde ich immer wieder gut. :grin Ich antworte dann mal darauf "Es ist nicht so.".


    Bei den Fernsehsender heutzutage geht es ausschließlich um Quoten. Ist einfach eine Tatsache. Kann man nicht wegdiskutieren. :-)


    Sterben ist sowohl ein biologischer als auch ein ethischer Vorgang. Ist so! :grin


    Vielleicht kann man über dieses Thema ja mal von Angesicht zu Angesicht reden, für ein Forum erscheint es mir nicht so geeignet. Gerade auch hier ist Mimik und Gestik der Diskutanten wichtig. :wave

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • @ Voltaire
    Ich glaube nicht, daß es bei der Austrahlung dieser Sendung speziell um Quote ging. Ich glaube auch nicht, daß diese Sendung für den Prozentsatz der morbiden Spanner gesendet wurde.
    Ich glaube (und da mag man mir von mir aus Naivität unterstellen), daß diese Sendung aufrütteln wollte und dieses Tabuthema öffentlich machen wollte.
    Daß dieser Mensch, der sich da zum Medienspektakel hat machen lassen, ein bestimmtes Ziel verfolgt hat und wenn ich mir ansehe, wieviele interessante Gespräche ich geführt habe seit gestern zu diesem Thema, dann denke ich, daß dieses Ziel erreicht wurde.
    Und das Sterben an sich ist kein ethischer Vorgang, der Umgang damit sehr wohl.
    Ich denke jedoch auch, daß ich die meisten religösen Zeremonien um den Tot recht barbarisch und unmenschlich finde.
    Als die Ziehmutter meines Vaters damals starb, die in einer sehr sehr christlichen Familie lebte, wurden wir Kinder (ich war damals 10 oder 11) von ihrem leiblichen Sohn genötigt von ihr Abschied zu nehmen, indem wir die Tote auf die Wange küssen sollten. Ich habe mich damals schon vehement geweigert, ich fand das eklig und fies. Seit diesem Tag werde ich aus sämtlichen Einladungen dieser Familie ausgeschlossen. So verbohrt muß man mal sein.... :pille



    @ Vingela
    Danke, daß du mich richtig verstanden hast.
    Ich habe mal wieder freischnauze geschrieben, natürlich wollte ich niemanden beleidigen.
    Ich wollte lediglich ausdrücken, wie ich dies sehr oft empfinde, wenn ich mich, was aufgrund einer ehrenamtlichen Tätigkeit recht häufig vorkommt, im Altersheim aufhalte.

  • @ Tom: ich wünschte, Du begründest, was Du behauptest. Wann hat welche Kirche den Tod tabuisiert??


    Nur mal so nebenher bemerkt: Die Friedhöfe befanden sich lange Zeit mitten in den Orten. Sie waren um die Kirchen herum gelegen... Man starb zu Hause und wurde von dort öffentlich durch den Ort zum Friedhof geleitet...
    Es ist keine Erfindung der Kirchen, die Friedhöfe aus den Orten zu verbannen, das Sterben an den Rand zu schieben und damit den Tabus Vorschub zu leisten.


    Du magst die gesellschaftlichen Formen der Abschiednahmen abstoßend finden... bemerkenswert ist allerdings, dass nahezu alle weltlichen Trauerfeiern ein mäßiger Abklatsch der kirchlichen Feiern sind.


    Könnte es nicht auch sein - nur mal so als eine andere Möglichkeit, die auch keine Aussschließlichkeit darstellen soll - dass es einfach Angst vor dem Sterben und dem Tod ist, die diese Tabus befördert??


    @ Voltaire: ich freue mich, Dir erneut zustimmen zu können.

  • Zitat

    Original von licht
    @ BJ: diese Form der Abschiednahme, die Du da erleben musstest ist grausam und barbarisch. aber sie ist NICHT speziell christlich.


    @ Licht
    In diesen Breiten (Südtirol/Kastelruth) gehört dieser Brauch zur christlichen Bestattung dazu.

  • Zitat

    Diese Menschen, die bereit sind ihren Suizid öffentlich zu machen, die kann man nur in eine mit irgendwelchen Selbstmordattentätern stellen, mit den Kamikazefliegern des zweiten Weltkriegs. Einmal in ihrem Leben nimmt die Umwelt Notiz von ihnen - und sei es nur bei der Liveübertragung des letzten Atemzuges.


    Die Dokumentation kann man sich auf der Homepage von Dignitas anschauen. Craig Ewert hat Dignitas im September 2006 um Sterbehilfe gebeten und ich hatte an keiner Stelle der Dokumentation den Eindruck, dass es ihm um 15 Minuten Ruhm ging. Ich bin froh, dass es solche Menschen gibt und das Thema Sterbehilfe dadurch enttabuisiert wird.

  • @ Delphin
    Danke, ich hatte gestern nur Ausschnitte gefunden.
    Hier funktioniert zwar die Bildübertragung bei mir nicht, aber ich hab wenigstens Ton.
    Die Beiträge dort im Forum sind auch sehr interessant zu lesen.

  • Zitat

    Original von Voltaire
    Hi Tom,
    es ist für mich immer wieder spannend zu erleben wie du es schaffst bei diesen oder ähnlichen Themen deine Kirchen/Glaubens-Paranoia einzubringen. So sehr ich dich als Mensch und Autor schätze, das ist jetzt kein Spruch, so sehr staune ich auch immer wieder über derartige Amokläufe.


    Also Voltaire,
    ich finde nicht, dass Tom Amok läuft.
    Ich bin Naturwissenschaftlerin und ich kann auch vor Tatsachen (wie hat sich der Mensch entwickelt, wie ist die Erde entstanden, etc.) nicht die Augen verschließen und einfach an "abstruses" Zeug glauben, das sich irgendwann Menschen zusammen gesponnen haben (ich übertreibe ein wenig, sorry).


    Religion ist dazu da, dass sich der ach so tolle Mensch in der großen weiten Welt nicht so verloren vorkommt. Bestattungsrituale dienen dazu den Lebenden Trost zu spenden. Den Toten ist das herzlich wurscht.


    Ob ich leben oder sterben will, wenn ich als Todkranker an mein Bett gefesselt bin, muss mir selbst überlassen sein. Nur ich kann wissen, ob mich der "Plätzchenduft zu Weihnachten noch erfreut", wenn ich nur noch mit Morphium meine Schmerzen aushalte. Schlimmeres will ich mir gar nicht ausmalen.


    Und zu den sogenannten Bestattungsritualen.... An meinen 17. Geburtstag ist meine Oma beim Abendessen vom Stuhl gekippt und war tot. Der später hinzugerufene Bestatter hat ihr das Kinn mit einem Geschirrtuch hochgebunden, damit der Mund nicht offen steht, wenn später die Leichenstarrte eintritt. Dann wollte er ihre Hände in betender Stellung verschränken, "weil man das so macht". Nur meine Oma "wollte" anscheinend nicht. Das war dem Bestatter egal. Er hat ihr bei seinen Bemühungen die Finger gebrochen. Ich höre heute noch das Knacken. Sehr würdevoll!

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    "Es hat alles seine Stunde und ein jedes seine Zeit, denn wir gehören dem Jetzt und nicht der Ewigkeit."