Jacqueline Remy - Kalt bis ans Herz

  • Originaltitel: Essaie encore (2005)
    Aufbau Tb 2008, 284 S.


    Inhalt:
    Rose Lemonnier, Mitte 30, Single, keine Kinder, lebt in Paris, ist beruflich erfolgreich als Headhunterin, scheint ihr Leben zu genießen und voll im Griff zu haben. Männer allerdings sind für sie immer nur eine Nacht lang von Interesse. Ihr gerade erschienenes Buch ist bereits ein Bestseller und auf ihrer Lesereise durch Frankreich kommt sie auch in ihre Heimatstadt Annecy, einen Ort, den sie eigentlich nie wieder betreten wollte. Schmerzliche, tief vergrabene Erinnerungen bahnen sich ihren Weg an die Oberfläche und Rose bleibt nichts anderes übrig, als sich ihrer Vergangenheit endlich zu stellen.


    Über die Autorin:
    Jacqueline Remy ist Chefredakteurin bei dem großen französischen Wochenmagazin L’Express und Autorin mehrerer Romane und Sachbücher.


    Meine Meinung:
    Der Verlag bezeichnet diesen Roman als Psychothriller, was sich als äußerst irreführend herausgestellt hat. Dies ist ein psychologischer Roman, die Geschichte einer jungen Frau, die sich mit den traumatischen Vorkommnissen in ihrer Vergangenheit konfrontiert sieht, aber beileibe kein Thriller.


    Rose hat sich in ihrem Pariser Leben scheinbar perfekt eingerichtet und es 15 Jahre lang geschafft, ihre Vergangenheit zu verdrängen. Sie hat gerade einen sehr erfolgreichen Ratgeber mit dem Titel „Wagen Sie zu erscheinen, wie Sie sind“ geschrieben, muß selbst allerdings einen weiten und unbequemen Weg gehen, bis sie selbst ihr propagiertes Ziel erreicht.


    Ein psychologisch dicht gewebter Roman mit wirklich tollen, glaubwürdigen und einigen sehr liebenswerten Charakteren. Die Handlung wird unterbrochen durch Rückblenden in Roses Kindheit, die schnell erkennen lassen, was ihr als junges Mädchen widerfahren ist. Nach und nach blickt man hinter ihre kühle Fassade und erkennt die gar nicht mehr so toughe und selbstsichere Person unter der harten Schale.
    Das Interessante ist, dass Rose, selbst gänzlich unsentimental, sich selbst gegenüber keinerlei Mitgefühl zulässt und daher auch vom Leser keines erwartet wird.
    Alle Personen in diesem Buch tun auf ihre Weise das Richtige, einige sofort, andere später und manche auch zu spät. Aber sie tun es und das führt die Geschichte zu einem versöhnlichen Schluß.


    Ich hatte einen Thriller erwartet und bekam stattdessen einen dicht gewobenen, logisch aufgebauten psychologischen Roman. Und der verdient 9 Punkte.


    Ach ja: Ich habe in diesem Jahr wirklich Glück mit den Franzosen. Dies ist schon der dritte gelungene Roman eines französischen Autors.

  • Danke für die Rezi, JaneDoe. Um dieses Buch schleiche ich schon länger, nur habe ich es bisher immer bei den Thrillern gesehen (bei der Bezeichnung des Verlages auch kein Wunder).
    Für mich klingt es immer noch sehr interessant, gute Thematik. Und da es dir ja so gut gefallen hat... :grin

  • Meine Meinung


    Wer bei diesem Titel einen Thriller (kündigt der Verlag auf dem Cover an) erwartet, der wird enttäuscht werden.
    Ich war zwar durch JaneDoes Rezension gewarnt, aber mich hat das Buch trotzdem nicht gefallen. Zu blass bleibt für mich die Hauptperson Rose, die mit ihrer bei ihrer Erzählung kein Verständnis oder gar Mitleid vom Leser erwartet. Aber genau deswegen bleibt sie für mich unnahbar und unverständlich. Manchmal konnte ich ihre Motive für ihre Handlungen nicht nachvollziehen.


    Zeitweilig habe ich mit dem Gedanken gespielt, abzubrechen. Das „dunkle Geheimnis“, von dem der Klappentext spricht, war für mich nicht überzeugend. Es ist eine schlimme und schwierige Thematik, aber mich hat sie nicht berühren können.
    Das Ende ist so, wie ich vermutet hatte. Aber es hat mir insgesamt nicht gefallen, nicht mitgerissen und erreicht. Vielleicht war einfach meine Erwartung hoch, zu hoch.

  • Wiggli ,
    schade, daß es Dir nicht gefallen hat. Ich mochte Rose und ihe Art und konnte ihre Handlungsweise auch nachvollziehen. Du hast recht, Mitleid wird vom Leser nicht erwartet, aber das fand ich in diesem Fall auch vollkommen in Ordnung. Gerade diese distanzierte Betrachtung hat mir gefallen.

  • "Nicht gefallen" trifft es nicht ganz, sonst hätte ich es abgebrochen. Mich konnte die Geschichte einfach nicht erreichen, trotz der schwierigen Thematik. Mir war Rose einfach zu distanziert, auch wenn ich ihre Beweggründe verstehen kann, aber es fehlte mir einfach etwas.
    Letztlich ist es wohl einfach Geschmackssache, ob man diesen Erzählstil mag oder nicht. Aber schlecht fand ich es jetzt nicht gerade. :gruebel