Das Buch ist ein Beutestück vom letzten Eulentreffen. Vielen Dank dafür
Kurzbeschreibung von Amazon:
Nur Hans Arbogast weiß, was damals wirklich geschah - am Abend jenes Spätsommertags 1953, als die junge Anhalterin Marie Gurth in seinen Borgward Coupé stieg. Schuldig oder unschuldig? Das Gericht folgt dem Plädoyer des Oberstaatsanwalts und entscheidet auf lebenslanges Zuchthaus für den »Lustmörder«. Basierend auf einem realen Kriminalfall der fünfziger Jahre erzählt Thomas Hettche die Geschichte einer leidenschaftlichen Begegnung zwischen Liebe und Tod und liefert zugleich ein faszinierendes Stück deutscher Justiz- und Nachkriegsgeschichte.
über den Autor:
Thomas Hettche wurde 1964 geboren. Er studierte Germanistik und Philosophie und lebt in Frankfurt am Main. Bisher veröffentlichte er u. a. Ludwig muß sterben, Inkubation, NOX, den Venedig-Essay Animationen (1999) und zusammen mit Jana Hensel die Internet-Anthologie NULL (2000). Thomas Hettche war fünf Jahre Jury-Mitglied beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb in Klagenfurt. Er wurde u. a. mit dem Robert-Walser-Preis ausgezeichnet.
meine Meinung:
Der Roman basiert auf dem wahren Kriminalfall des Hans Hetzel, der in den 50er Jahren angeklagt und verurteilt wurde, eine Anhalterin beim Sex erdrosselt zu haben. Der wahre Fall ging als einer der großen Justizirrtümer in die Kriminalgeschichte ein. Im Buch wird der Tathergang anhand des Gerichtsverfahrens geschildert und die Gründe für die spätere Wiederaufnahme dargelegt. Trotzdem ist das Buch keine Biographie. Obwohl es sich nahe an den Ermittlungsakten orientiert und der Autor auch bei den Personennamen auf sehr ähnlich klingende oder den Namen angelehnte Synonyme verwendet, hat er auch fiktionale Elemente eingebaut. Der Name des Täters bildet dabei bis auf den Vornamen eine Ausnahme. Das Buch erhebt allerdings auch keinen Anspruch auf Detailtreue. Schon auf dem Buchdeckel wird es als Kriminalroman ausgewiesen.
Die Figur des Täters bleibt mir den ganzen Roman über fremd und ein bißchen unsympatisch. So richtiges Mitleid will selbst angesichts des harten Schicksals nicht aufkommen und am Ende wird er einem ein wenig unheimlich.
Sehr eindringlich schildert der Autor den Alltag im Strafvollzug in einem Zuchthaus der 50er und 60er Jahre. Ziele des Strafvollzugs waren damals noch die Bestrafung und Abschreckung - von Resozialisierung noch weit und breit keine Spur. Mehrmals wird im Roman der Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte thematisiert. Den Großteil seiner Strafe sitzt Arbogast in Einzelhaft ohne den Kontakt zu anderen Gefangenen ab. Begründet wird das u. a. damit, dass er als verurteilter Triebtäter in der Knasthierarchie ganz unten steht. Alle Entscheidungen über seine Person nimmt Arbogast in ziemlicher Regungslosigkeit hin. Es scheint so zu sein, als wäre er nach der langen Haft absolut lebensuntüchtig geworden und könnte ein selbstbestimmtes Leben nicht mehr führen.
Insgesamt hat mir der Roman gut gefallen. Natürlich bin ich immer neugierig, was aus den Personen mit solch realem Hintergrung später geworden ist, aber das ist dann der Unterschied zwischen einem Roman und einer Biographie.
Und so ging es im realen Leben weiter: