Dinge geregelt kriegen - Kathrin Passig/Sascha Lobo

  • Kurzbeschreibung
    Wer kennt das nicht: Man hat sich fest vorgenommen, endlich auf den Brief zu antworten, der vor Wochen angekommen ist, doch Wochen später liegt er immer noch unter dem Stapel unbezahlter Rechnungen, der Termin für die Steuererklärung ist seit Monaten verstrichen, und am Computerbildschirm vergilbt ein Zettel: «Dringend: To-do-Liste machen!!» Fast jeder Zweite neigt dazu, Aufgaben vor sich herzuschieben. Inzwischen gibt es sogar ein eigenes Wort dafür: «Prokrastination». Und für all jene, die darunter leiden, gibt es dieses Buch. Es zeigt, wie man sich dem Druck endloser To-do-Listen entziehen kann und die Dinge trotzdem in den Griff bekommt - ohne das schlechte Gewissen, das all die E-Mails, Anfragen, Aufträge, Pläne und Verpflichtungen uns ständig machen wollen, und ohne sich mit Tricks und Kniffen selbst zu überlisten. Vieles, was uns fertigmacht, weil es von uns fertig gemacht werden will, ist ohnehin nicht wert, dass man sich darüber den Kopf zerbricht. Und manchmal gilt es auch, den äußeren Schweinehund zu bekämpfen ... Kathrin Passig und Sascha Lobo helfen, das Leben so zu organisieren, dass man es nicht ständig organisieren muss. Ein ebenso provokatives wie brillant geschriebenes Lob der Disziplinlosigkeit.


    Über die Autoren
    Kathrin Passig, geboren 1970, arbeitet als Geschäftsführerin der Zentralen Intelligenz Agentur in Berlin. Sie ist Redakteurin des Weblogs «Riesenmaschine», das 2006 mit dem «Grimme Online Award» ausgezeichnet wurde. Ebenfalls 2006 gewann sie in Klagenfurt den Ingeborg-Bachmann-Preis. 2007 erschien ihr Buch «Lexikon des Unwissens »


    Sascha Lobo, geboren 1975, war Kreativdirektor in einer Werbeagentur. Heute arbeitet er freiberuflich als Kommunikationsstratege und entwickelt Markenkonzepte. Er ist freier Mitarbeiter der Zentralen Intelligenz Agentur und Redakteur des Weblogs «Riesenmaschine». 2006 erschien sein viel beachtetes Buch «Wir nennen es Arbeit» (gemeinsam mit Holm Friebe)


    Meine Meinung
    Keine Sorge, dieses Buch ist kein Ratgeber, sondern eine derartig vergnügliche Analyse eines gar nicht so seltenen Phänomens, dass die eine oder andere Arbeit, in meinem Fall die Steuererklärung, während der Lektüre längere Zeit mal liegenbleiben muss...


    Worum geht’s? Um Prokrastinierer oder Lobos (Lifestyle of bad organziation), also Leute, die zwanghaft Aufgaben vor sich herschieben und sich nur schwer aufraffen können, auch nur ansatzweise unangenehme Dinge zu tun, etwa Rechnungen zu öffnen oder beim Finanzamt anzurufen. Um notorische Mails-Nichtbeantworter und Im-Internetverschlumpfer. Um Zeitgenossen, die überfordert sind, ein Mindestmaß an Ordnung zu halten. Also Menschen, die viele Dinge einfach nicht geregelt kriegen. Bei den Autoren handelt es sich um so eine Spezies und das Buch beweist, dass auch solche Leute durchaus was auf die Reihe kriegen können.


    Das Schöne daran: es geht nicht darum, Lobos zu „heilen“, ihnen Zeitmanagement oder Selbstdisziplin beizubringen. Es ist nicht der 583. Beitrag zum Thema „Wie überwinde ich meinen inneren Schweinhund in nur drei Wochen mit progressiver Beckenbodengymnastik“ oder „Ab heute werde ich Workaholic“. Nein, das Buch plädiert für das Recht auf Faulheit, zeigt, wie Dinge einfach gelassen werde können, ohne dass Katastrophen hereinbrechen, zeichnet aber auch Situationen, in denen sie auch dem unbeirrbarsten Aufschieber nahelegen, dass in diesen Fällen etwas getan werden muss, z.B. wenn erstmal der Gerichtsvollzieher auf der Matte steht.
    Freilich nicht, weil man nicht bezahlen wollte, sondern weil man, irgendwie, diese eine Rechung wohl zu lange ungeöffnet im Flur hat liegen lassen.


    In dieser Hinsicht ist das Buch doch ein Ratgeber: es gibt Tips, wie man auch als Lobo in unserer Gesellschaft leben kann, ohne sich ändern zu müssen. Denn einem Lobo zu sagen: „Räum doch einfach mal auf“ ist ähnlich erfolgsversprechend, wie einem Depressiven zu raten, doch einfach mal etwas fröhlicher zu sein. Es zeigt, wie man durch minimalen Aufwand und wenige Tricks auch als Lobo ein einigermaßen auskömmliches Leben führen kann.
    Die Autoren hinterfragen den protestantischen Arbeitsethos (den „Inneren Zwingli“) und das Hohe Lied der Selbstdisziplin, die doch oft genug dahin führt, dass Menschen sich zu Dingen zwingen, obwohl die Notwendigkeit dieses Zwanges offensichtlich darauf hindeutet, dass diese Menschen etwas tun, was gar nicht ihren Bedürfnissen entspricht.
    Vorallem aber plädieren die Autoren dafür, endlich das schlechte Gewissen abzulegen, dass einen Lobo regelmäßig befällt, wenn er seine fleißigen Mitmenschen in ihren blitzblanken Wohnungen betrachtet: wenn man schon wieder einen Tag ohne produktive Arbeit verbracht hat, sollte man ihn wenigstens genossen haben.


    Das Vorwort möchte ich euch nicht vorenthalten:


    Wie es wirklich war


    Im Anfang schuf Gott erst mal … gar nichts. “Dafür ist auch Morgen noch Zeit“, sprach er und strich sich zufrieden über den Bart.
    Am zweiten Tag sprach Gott: “Ach, es sind ja noch 5 Tage übrig” und sank wieder in die Kissen.
    Am dritten Tag wollte Gott schon anfangen das Licht von der Finsternis zu scheiden, aber kaum hatte er sich auch nur einen Kaffee gekocht, war der Tag irgendwie schon vorbei.
    Am vierten Tag dachte Gott ernsthaft darüber nach, jemand anderen die ganze mühsame Schöpfungsarbeit machen zu lassen. Aber es war noch niemand da.
    Am fünften Tag hatte Gott andere Dinge zu erledigen, die viel dringender waren. Am sechsten Tag überlegte Gott ob es wohl möglich war, sich irgendwie aus der Affäre zu ziehen. Es fiel ihm aber nichts rechtes ein. Schließlich war er Allmächtig, was die meisten Ausreden irgendwie unglaubhaft wirken lässt.
    Am Sonntag, um 5 vor 12 schließlich schluderte Gott hastig irgendwas hin: Wasser, Erde, Tag, Nacht, Tiere, Zeugs. Dann betrachtete er sein Werk und sah, daß es so La La war. „Aber für nur 5 Minuten „ sagte er“Gar nicht so schlecht“

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Auf dieses Buch habe ich schon gewartet, ich bin sozusagen die personifizierte Zielgruppendefinition! Wenn ich Dich richtig verstanden habe sieht meine Bude nach der Lektüre dieses Buches immer noch aus wie Sau, aber ich fühle mich gut dabei? :gruebel

  • Zitat

    Original von Bodo
    Auf dieses Buch habe ich schon gewartet, ich bin sozusagen die personifizierte Zielgruppendefinition! Wenn ich Dich richtig verstanden habe sieht meine Bude nach der Lektüre dieses Buches immer noch aus wie Sau, aber ich fühle mich gut dabei? :gruebel


    Exakt.

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Ein Kumpel hat mir das Buch empfohlen, weil ich schon wieder darüber geklagt hab das ich es immer noch nicht geschafft habe, endlich mit dem Lernen fürs Abi anzufangen. Jetzt muss ich es mir so schnell wie möglich kaufen. Wieder eine Sache mehr zu erledigen :lache

  • Danke für die Rezi! Hab ich gleich auf die WL gepackt. Ich leide dann und wann schon mal an Aufschieberitis. Und wenn es nicht so ein typisches Ratgeberbuch ist, sondern mit Humor geschreiben ist und vielleicht für mehr Gelassenheit plädiert, werde ich es mir sicher baldigst zulegen.


    :-]

  • Ich habe einen Vater dessen weiser Spruch mir dauernd in den Ohren hängt :"Was Du heute kannst besorgen, das verschiebe NICHT auf Morgen!" Das nehme ich mir echt zu Herzen, wenn ich etwas aufschieben möchte, weil ich keine Lust dazu habe. Und wenn es nur kleine Sachen sind, ich freu mich dann immer, wenn es erledigt ist.
    Vielleicht kauf ich das Büchlein trotzdem - für meinen Mann....
    (Mein Mann sagt zu diesem Spruch immer "Was Du heute kannst besorgen das verschiebe STETS auf Morgen...)
    :-]

  • Mein Motto ist da eher "Was du heute kannst besorgen, das schaffst du auch noch übermorgen..."


    Vielleicht sollte ich mir dieses Buch auch noch zulegen, Zielgruppe bin ich.


    Ich bin schon neugierig, wie sie mir mein dauernd schlechtes Gewissen ausreden wollen, denn ich frage mich: Was bringt mir das?
    Wird das ganze dann noch schlimmer? Besser ja wohl kaum, denn das ist ja nicht Sinn des Buches.

  • Ich habe das Buch jetzt seit knapp einem halben Jahr und ich sollte mich mal wirklich dran machen. Ich habe es nämlich immer noch nicht gelesen... :lache Ich gehöre damit definitiv zur zielgruppe. Nur blöd, dass ich nicht schon vorher motiviert werde, es in die Hand zu nehmen...

  • Die Rezi klingt schon ganz witzig, aber ich glaub, ich lass die Finger davon. Ich kann einen faulen Tag sehr wohl genießen. Ich brauch nicht jemanden, der mir sagt, dass es ok ist, auch mal faul zu sein. Ich brauch eher nen Arschtritt. Ist nicht ein Buch für mich, denk ich. Auch wenn ich das Vorwort klasse finde :grin

    With love in your eyes and a flame in your heart you're gonna find yourself some resolution.


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  • Da ich gerade einen Aufräumflash hatte - völlig ungewöhnlich für mich :grin - hab ich mich erinnert, daß es hier doch mal so ein Buch gab das einem deutlich macht, daß das völlig überbewertet wird.


    Mußte nur den Titel suchen und hab dann beschämt feststellen dürfen, daß ich das schon seit ca. einem Jahr in meiner Rowohlt Kiste habe :schaem


    Ich scheine also doch eine sehr geeignete Kandidatin dafür zu sein, das jetzt auch endlich mal zu lesen - dann beschämt es mich hoffentlich nicht mehr, ein Buch haben wollen, daß ich lange habe, nur weil ich es nicht ordentlich weggeräumt habe :lache

  • Mir hat dieses Buch - leider - wirklich nicht viel gegeben. Ein paar mehr konkrete, hilfreiche Tipps hätte ich mir schon gewünscht. Ich finde, den Autoren ging es mehr um die humorvolle Abhandlung des Themas als um wirklich praktische Ansätze. Vielleicht ist das auch einfach nicht meine Art von Buch ... ich als Ratgeber-Fan hab' mir tatsächlich einen *Ratgeber* gewünscht! :)


    Bin ganz froh, dass ich das Buch nur aus der Bücherei ausgeliehen hatte ...

  • Ich fand das Buch anfangs unglaublich witzig, musste sehr viel lachen und habe allen möglichen Leute Auszüge daraus geschickt und ihnen gesagt, dass sie es auch lesen müssen.
    Alleine schon der Minimalanspruch des Buches gefällt mir: Das Buch lesen, nichts ändern und sich danach besser fühlen. :grin


    Meine anfängliche Euphorie hat aber nachgelassen. Ich fand das Buch zwar durchwegs lustig und toll zu lesen und ja, auch die Tipps fand ich nicht blöd, aber es wurde mir zu lang. Einige Kapitel habe ich sogar nur mehr überflogen und über ein paar habe ich mich geärgert.


    Aber wie gesagt: Die Tipps fand ich gar nicht mal so blöd. Zum Beispiel diesen einen Tipp, dass man, damit man etwas nicht aufschiebt, einfach eine vermeindliche noch wichtigere Sache zum Erledigen braucht. Naturgemäß wird man diese aufschieben wollen und die erste Sache erledigen. - Das funktioniert wirklich, denn so habe ich erfolgreich eine sehr schwere Prüfung im Studium geschafft. :lache


    Ich fand es auch sehr interessant zu lesen, dass alles, was die beiden Autoren da so behaupten, auch wissenschaftlich belegt war oder sich die Behauptung damit zumindest in Einklang bringen ließ. :grin


    Mehrmals habe ich sehr laut gelacht, auch in der Öffentlichkeit.
    Besonders gefiel mir dieser Tipp: "Einen perfekten Mord planen und ihn dann nicht ausführen. Untätigkeit kann Leben retten!" :rofl


    Ja, das Buch hat mir, abgesehen von einigen wenigen Kapiteln, gut gefallen. Auch, obwohl es mir zu lang wurde. :wave