Logistik im Buchhandel

  • Einen wunderschönen guten Abend allerseits :wave,


    anlässlich einer Äußerung von Seestern im "Geht es euch auch so?"-Thread wollte ich hier mal fragen, wie der logistische Ablauf in Buchhandlungen geregelt ist. Wie viel Ware kommt bespielsweise am Tag rein und wie viel geht raus? Ich konnte mir bisher nie wirklich vorstellen, dass es so viel ist, dass man täglich Stunden braucht, um neue Ware einzuräumen. Und wenn so viel neue Ware reinkommt, dann muss der Absatz ja auch entsprechend sein, sonst wäre der Laden irgendwann voll. Diese Vorstellung hat zwar was, aber ich denke nicht, dass sie unbedingt umsatzfördernd ist :chen.


    Insbesondere interessieren mich die Ketten. Wie viele Bücher werden in einer durchschnittlich großen Thalia-Filiale jeden Tag verkauft? Und wie viele werden neu geliefert? Wie groß ist der Anteil der Neuerscheinungen? Und schließlich würde mich noch interessieren, wie es nach Einschätzung der Buchhändler-Eulen bei Thalia aussehen würde, wenn man mal drei Tage keine neue Ware einräumt. Nur mal so, um die Dimensionen zu verdeutlichen.


    Ich warte gespannt auf eure Antworten :-).

    Mir fällt leider kein guter Spruch für eine Signatur ein, aber wenn ich keine habe, stehen die Verlinkungen zu Amazon immer zu dicht unter der letzten Zeile meines Beitrages :rofl.

  • ich mach mal 'ne kleine Rechnung auf aus den Werten, die man von der Thalia-Homepage entnehmen kann. Mal gucken, ob sich unsere Insider zu meinen Annahmen äußern:


    442.000.000 EUR Umsatz/9 Monate lt. Homepage
    /11 (Annahme: Umsatz im Dez 3x des üblichen Monatsumsatzes, also mit 11 Monaten gerechnet)
    = 40.181.818 EUR Umsatz pro Monat
    *90% Umsatz mit Büchern (geschätzt)
    = 36.163.636 EUR Buchumsatz pro Monat
    /26 Tage geöffnet (Annahme: geöffnet von Mo bis Sa, jeweils gleich)
    = 1.390.909 EUR Umsatz pro Tag

    /231 Buchhandlungen in D lt. Homepage
    = 6.021 Umsatz pro Filiale (Annahme: alle Filialen gleich groß)
    /10 EUR Umsatz pro Buch (netto)


    macht:
    = 602 verkaufte Bücher pro Tag


    kommt mir jetzt nicht soooo viel vor. was meint Ihr?

  • Hab ich mir noch nie Gedanken drüber gemacht, wobei das wirklich mal eine interessante Frage ist.
    *mitwart und hoff das sich schnell ein buchhändler meldet*
    Wenn man eine Buchhandlung Thalia) drei Tage nicht auffüllen würde, würde es wohl erhebliche Lücken im Bereich Bestseller geben. Auch historische Romane und Krimis. Halt alles was z.zt "IN" ist. Der Rest würde sich glaub ich noch in Grenzen halten.

  • Wie lange ist eine Filiale offen?
    Sagen wir mal: Zehn Stunden.
    602 Bücher : 10 Stunden = rund 60 Bücher pro Stunde = 1 Buch pro Minute.
    Find ich ganz ordentlich.

    Wer einmal aus dem Schrank ist, passt nicht mehr in eine Schublade.
    Aber mein Krimi passt überall: Inge Lütt, Eine Bratsche geht flöten. ISBN: 978-3-89656-212-8. Erschienen im Querverlag

  • Zitat

    Original von Eddie Poe


    Insbesondere interessieren mich die Ketten. Wie viele Bücher werden in einer durchschnittlich großen Thalia-Filiale jeden Tag verkauft? Und wie viele werden neu geliefert? Wie groß ist der Anteil der Neuerscheinungen? Und schließlich würde mich noch interessieren, wie es nach Einschätzung der Buchhändler-Eulen bei Thalia aussehen würde, wenn man mal drei Tage keine neue Ware einräumt. Nur mal so, um die Dimensionen zu verdeutlichen.


    Ich warte gespannt auf eure Antworten :-).


    Ich kann mir kaum vorstellen, dass THALIA einfach so ihre Geschäftszahlen öffentlich präsentieren würde und auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dürfte gerade in diesem Punkt ein Verschwiegenheitspflicht bestehen. :gruebel

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Voltaire ()

  • kann also ungefährt hinkommen. die haben ja mehrere Kassen und ein Kunde steht eigentlich immer an einer Kasse.


    ich denke mal, ich lieg mit meiner Annahme zum Weihnachtsgeschäft noch daneben - ist bestimmt noch mehr...

  • Zitat

    Original von Queedin
    kommt mir jetzt nicht soooo viel vor. was meint Ihr?


    Eulen kaufen wohl nicht bei T.? :lache


    Es ist sicherlich auch von Geschäft/Filiale unterschiedlich. Auch zu den Jahreszeiten werden wohl unterschiedlich viele Bücher über den Ladentisch gehen.

    Don't live down to expectations. Go out there and do something remarkable.
    Wendy Wasserstein

  • Zitat

    ich denke mal, ich lieg mit meiner Annahme zum Weihnachtsgeschäft noch daneben - ist bestimmt noch mehr...


    Gefühlt würde ich sagen noch mehr. Und wie die Logistik in der Branche gehandhabt wird, interessiert mich brennend.


    Letztes Jahr bei Weiland in einem Shopping Center bei mittlerer Ladengröße,
    4. Adventswoche. Ich zu der Verkäuferin verschämt:"Sie schließen doch nicht etwa? Die Regale im Kinderbuch- und Krimibereich sind leer." Daraufhin die Buchhändlerin:" Nee. Alles verkauft. Und von den 80 Paletten liegen noch ein paar unausgepackt im Wareneingangsbereich. Wir kommen nur nicht hinterher."
    Gleicher Ort, gleiche Stelle, dieses Jahr, nach dem 1.Adventswochenende. Die Regale im Kinderbuchbereich waren nur dürftig gefüllt. Gefragt habe ich nicht mehr ...
    Trotz der von den Medien propagandierten schlechten Wirtschaftslage habe ich den Eindruck, dass Bücher dieses Jahr wieder der Geschenkerenner werden und die Einkaufspolitik der Buchhandlungen doch eher zurückhaltend ist.
    Nur lässt man die Regale im Kinderbuchbereich tatsächlich nach der 1. Adventswoche leer stehen? Wird nicht nachgeordert oder schaffen die Grossisten den Ansturm nicht?
    Auf Profimeinungen bin ich gespannt.

  • Zitat

    Original von Voltaire


    Ich kann mir kaum vorstellen, dass THALIA einfach so ihre Geschäftszahlen öffentlich präsentieren würde und auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dürfte gerade in diesem Punkt ein Verschwiegenheitspflicht bestehen. :gruebel


    Nicht nur bei Thalia, ich denke kaum das jemand überhaupt öffentlich über die Zahlen sprechen darf.

  • Tja, das mit dem Auspacken und Nachräumen ist so eine Sache, gerade jetzt in der Vorweihnachtszeit. Da für den Wareneingang einer vom Personal abgezogen werden muß (der dann im Laden fehlt) kommt es gerade jetzt schon mal zu Engpässen, da bleibt der ein oder andere Karton schon mal unausgepackt.
    Leider wird im Einzelhandel schon aus Kostengründen mit einem Minimum an Personal gewirtschaftet, so das immer wieder die Arbeit "hinter den Kulissen" auf später verschoben werden muß.


    Aber auch in "normalen Zeiten" kommt täglich genug Ware, um einige Stunden mit dem Wegräumen derselben beschäftigt zu sein. Genaue Zahlen kann ich nicht nennen, diese schwanken natürlich sehr stark, je nach Jahreszeit/Kundenaufkommen.
    Zum einen wird nachbestellt was abverkauft wurde, zum anderen kommen natürlich regelmäßig Neuerscheinungen, die, vor allem im Taschenbuchbereich gesondert präsentiert werden. Das bedeutet: Die alten Tbs werden in die entsprechende Abteilung sortiert und die neuen Tbs sortiert man in die freigewordene Fläche.


    Diese Arbeit kann unter Umständen, je nach dem wie voll auch die Regale sind, einige Stunden in Anspruch nehmen, denn es geht nicht nur darum, soviele Bücher wie möglich im kürzester Zeit "irgendwie" unterzubringen, Die Präsentation einiger ausgewählter Titel wird in dieser Zeit auch geplant und umgesetzt, die Stapel auf den Bestsellertischen werden ergänzt oder ausgetauscht, Einzeltitel vom Tisch ins Regal und neue Stapel auf den Tisch geräumt. Und dann kümmert man sich um die Hinterlassenschaft der Anhänger eines Alternativ-Alphabets, welche die Regale nach ihren Bedürfnissen neu sortiert haben, während man woanders war......

  • @ Bodo:
    Die Tatsache, dass Ihr Buchhändler vor allem jetzt beschäftigt seid, ist klar und nachvollziehbar. Ebenso vorstellbar ist, dass Ihr abends erschöpft nach Hause geht.
    Speziell würde mich interessieren, ob der Buchhandel für dieses Weihnachten zurückhaltend bestellt oder Massen geordert werden und inwieweit Kundenwünsche berechenbar sind.

  • Zitat

    Original von Bell
    Aber die Zahlen stehen tatsächlich auf der Thalia-Homepage (wie Queedin ja schrieb), habe gerade nachgesehen.


    :wave


    Und wer sagt das diese Zahlen "echt" sind? :-)

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Zitat

    Original von Salonlöwin
    @ Bodo:
    Die Tatsache, dass Ihr Buchhändler vor allem jetzt beschäftigt seid, ist klar und nachvollziehbar. Ebenso vorstellbar ist, dass Ihr abends erschöpft nach Hause geht.
    Speziell würde mich interessieren, ob der Buchhandel für dieses Weihnachten zurückhaltend bestellt oder Massen geordert werden und inwieweit Kundenwünsche berechenbar sind.


    Wir bestellen, basieren auf den Abverkaufsdaten der letzten Monate, die Titel in Massen, bei denen wir eine rege Nachfrage erwarten. Ausserdem bestellen wir jeden Tag nach (das gilt nicht nur für die Weihnachtszeit - das machen wir jeden Tag im Jahr) was verkauft wurde. Die Bestseller zeichnen sich schon vor dem Dezember ab, so das man in der Regel ausreichend bestellen kann und sich in der "heissen Phase" nicht um die Nachbestellung des neuen Potter oder so kümmern muß, sondern einfach nur Nachräumt was verkauft wurde.
    Mit einem guten Warenwirtschaftssythem lässt sich einigermaßen sicher disponieren, so das die Regale, sofern man mit dem Nachräumen hinterher kommt, immer gut gefüllt sein sollten.

  • Zitat

    Original von Voltaire
    Ich kann mir kaum vorstellen, dass THALIA einfach so ihre Geschäftszahlen öffentlich präsentieren würde (...)


    Bei der Unternehmensgröße muß Thalia nach meiner Kenntnis seine Geschäftszahlen veröffentlichen.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")