Teil 2 der Tintenherz-Trilogie
Kurzbeschreibung
Nach Jahren der Sehnsucht nach seiner Tintenwelt hat Staubfinger endlich jemanden gefunden, der ihn zurücklesen kann. Doch dieser Mann, der sich Orpheus nennt, ist mit dem Schurken Basta im Bunde. Und so gelangt Staubfinger zwar zurück in die Tintenwelt - aber sein treuer Begleiter Farid nicht. Farid weiß, dass in der Tintenwelt der Tod auf Staubfinger wartet. Und so geht er zu Meggie und bittet sie, ihn ebenfalls in die Tintenwelt zu lesen. Meggie lässt sich überreden, aber sie besteht darauf, mitzukommen. Obwohl sie weiß, dass sie sich damit auf ein ungewisses Schicksal einlässt - und ihren Eltern das Herz bricht.
kamelin meint
Meggi, Mo und Resa haben die Abenteuer von 'Tintenherz' gut überstanden und leben nun zusammen mit Elenor in ihrem grossen Haus voller Bücher. Alle sind glücklich, besonders Elenor, die endlich ihre Familie um sich hat, die ihr sonst so leeres Haus mit Leben füllt. Nur einer hat nicht bekommen was er wollte: Staubfinger. Nach wie vor hängt er in der falschen Welt fest und findet keinen Weg hinaus. Das ändert sich, als er den Vorleser 'Orpheus' trifft, der sich anbietet ihn zurück in die Tintenwelt zu lesen.
Es schafft es auch, nur lässt er Staubfingers treuen Schatten, Farid, nicht hinein, denn er ist ein Fan der Tintenwelt und vertritt die Meinung, dass der Junge darin nichts zu suchen hat. Der ist ausser sich und sucht Meggi auf, damit sie ihn hineinliest, was sie auch macht. Doch sie liest sich gleich mit in die Tintenwelt, von der ihr ihre Mutter schon so viel erzählt hat, und die sie einmal mit eigenen Augen sehen möchte. Mit der Ankunft der Beiden beginnt das Chaos in der Tintenwelt, das mit jedem Kapitel zunimmt. Meggi hat bald genug von dieser Welt und möchte zurück, während Farid sich gleich wie Zuhause fühlt. Sie sucht Fenoglio auf, damit er sie zurück schreibt, doch der hat andere Pläne. Denn jetzt, da Meggi in der Tintenwelt ist, kann sie die Ereignisse, die dort gehörig schief laufen, wieder zurecht lesen. So lässt er Tote wieder auferstehen und spielt auch sonst den 'Gott' der Tintenwelt, denn schliesslich entstammt die Geschichte seiner Feder. Als er begreift, dass sein Einmischen schlimme Konsequenzen hat, ist es fast schon zu spät, denn seine Geschichte nimmt einen schlimmen Lauf, den er ihr nicht zugedacht hat.
Wie schon im ersten Teil, 'Tintenherz', nimmt Cornelia Funke sich auch in diesem Band viel Zeit für die Beschreibungen von Gedanken und Gefühlen ihrer Figuren. Sie malt die Umgebung ihrer Darsteller sorgfältig aus und lässt so ein klares Bild der Tintenwelt entstehen. Nur hat sie diesmal viel mehr Freiheiten und kann ihrer Phantasie freien Lauf lassen, denn die Tintenwelt ist buchstäblich eine phantastische Welt, voller Feen, Nixen und verzauberten Wäldern.
Es hat mir grosse Freude bereitet mich von Rainer Streckers Stimme immer tiefer in die Tintenwelt entführen zu lassen und die Ereignisse zu verfolgen. Für Zuhörer, die es nicht eilig haben und sich auf den sachten Erzählstil der Geschichte einlassen, ist das Hörbuch mit Sicherheit ein Genuss.
Dennoch habe ich auch ein paar kritische Punkte, die ich anmerken möchte. Die Geschichte ist an manchen Stellen wirklich unlogisch und die Handlungsweise der Charaktere schwer nachvollziehbar. So weiss Meggi zum Beispiel, dass sie ihren Eltern das Herz bricht, wenn sie sich heimlich in die Geschichte liest und ihre Familie zurücklässt, ohne die Möglichkeit ihr zu folgen. Dennoch steht ihr Entschluss fest - nur weil sie ein paar Feen sehen möchte. Und dann, obwohl sie so dringend in die Geschichte wollte, hat sie, keine fünf Minuten darin, schreckliches Heimweh und will nur noch zurück.
Wundern musste ich mich auch über Fenoglio, der hier einen ziemlich übergeschnappten Eindruck auf mich macht. Er hält sich tatsächlich für so etwas wie einen Gott und ist in diesem Teil plötzlich eitel bis in die Haarspitzen, was ihn (ganz unerwartet) äusserst unsympathisch werden lässt. Zudem frage ich mich, warum Fenoglio, Meggi (und später auch Farid) nicht aus dem unsäglichen Unheil lernen, das sie mit ihrer Einmischung in der Tintenwelt anrichten. Ihre Anwesenheit in der Geschichte ist ganz offensichtlich ein Fehler, dennoch lesen sie immer mehr Figuren hinein. Die Neuerschaffung des verstorbenen Cosimo war eine eklatante Fehlentscheidung, die sie auch einsehen. Dennoch wollen sie -allem zum Trotz- am Ende Staubfinger von den Toten auferstehen lassen, als wäre all das Unheil nie geschehen, das sie mit ihren Einmischungen angerichtet haben. Die Skrupel, die zum Schluss kurz aufflackern, kommen daher recht halbherzig rüber und wirken durch die unverständliche Handlungsweise auf mich sehr unglaubwürdig. Was mir auch nicht gut gefallen hat ist das Ende. War der erste Teil in sich geschlossen und damit abgeschlossen, lässt dieser Band alles offen. Am Ende von 'Tintenherz' hatte ich Lust auf mehr. Bei 'Tintenblut' dagegen fühle ich mich etwas genötigt mir den letzten Teil zu bestellen. Als Zuhörerin finde ich mich an dieser Stelle von der Autorin etwas allein gelassen, denn sie lässt ihre Leser in dem Chaos der Tintenwelt zurück. Das hat die Geschichte meiner Ansicht nach gar nicht nötig, darum fand ich das etwas schade und auch überflüssig.
Meine Neugier auf den letzten Band ist dennoch ungebremst, denn trotz der erwähnten Brüche in den Charakteren und den damit verbundenen offenen Fragen, schätze ich den Erzählstil der Geschichte und freue mich darauf zu erfahren, wie es weiter geht.