Im Hause enden die Geschichten – Paul Nizon

  • Suhrkamp, 131 Seiten
    1971 erschienen


    Kurzbeschreibung:
    Dies ist dein Haus. Da musst du hinein. Da verschwindest du abends: geduckt, falschblickend, neidisch und haßerfüllt. Da gehörst du hin. Deine Gerüche, dein Zwielicht, deine Umstände. Hinein ins Haus, das dich erwartet.


    Über den Autor:
    Paul Nizon, geboren 1929 in Bern, lebt in Paris. Für sein Werk, das in mehrere Sprachen übersetzt wurde, erhielt er zahlreiche Ehrungen und Auszeichnungen.


    Meine Rezension:


    Im Hause enden die Geschichten war das erste Buch, dass ich von Paul Nizon gelesen habe, (ich besitze es übrigens vom Autor persönlich signiert) und es lies mich gründlich verstört zurück. Von was handelt dieses Buch?


    Danach las ich andere Texte des Autos, die mich sehr überzeugten.


    Jetzt wagte ich mich ein zweites Mal an dieses schwierige, sperrige Werk heran und war eigentlich auf Anhieb fasziniert von dem Sprachgeschick Nizons.


    Er schreibt episodenhaft, mit symbolhaften Stil, wobei er trotzdem genau beobachtet und Realität abbildet.


    Nizon bezeichnet als Haus offenbar die Umgebung, die einen Menschen prägt und ihn zu dem macht, was ihn ausmacht. Also im übertragenen Sinne ist das Haus die Gesellschaft seiner Herkunft.


    Dazu portraitiert Nizon Menschen und Umgebung im Haus, die zur Autobiographie seiner Kindheit und Jugend gehören und gibt ihnen damit ihre Geschichten. Beispielsweise ein Tabakladen, Familienangehörige wie die Mutter, die Großmutter, die Brüder und die skurrile Großtante, die so alt ist, dass sie dem vorigen Jahrhundert angehören könnte, Nizon meint damit das 19.Jahrhundert.


    Diese Portraits sind nicht schmeichelhaft, wirken aber realistisch und ehrlich, daher besonders lesenswert. Das gilt z.B. für die schöne Lena, die aber schlechte Zähne hat oder für den starken Werner, rücksichtslos und wahrscheinlich aus Zuchthaus oder Anstalt zu dem Haus gestoßen.


    Das Haus hat seine Zeiten mit unterschiedlichen Zuständen. Das Haus hat seine Gegenden, z.B. die Gegend des Schulwegs, oder die Gegend der Liebe, damit könnte er die ersten sexuellen Erfahrungen meinen.
    Die Gegend des Vaters: Die Gegend des Vaters, der Chemiker war, ist schwer zu finden im Haus. Hier erinnert sich der Autor an Korridor und Arbeitszimmer des Vaters, an den Geruch, der da im Laboratorium herrschte, an die Stimme und Gesicht des Vaters, oder an sein Auto. Offenbar war sein Vater oft nicht präsent in seinem Leben und starb früh.


    Das Haus hat seine Todesfälle. Die Zeit des Abschiednehmens von Vater, Großtante und Großmutter.


    Im Haus enden die Geschichte ist einerseits ein großes Erinnerungsbuch, andererseits auch die Abkehr. „Das Haus stülpt sich dir über. Das Haus nimmt dir die Sicht.“
    Der Autor nennt deutlich das beklemmende, das Lebenseinengende.
    Das Haus ist das Schneckenhaus, das man mit trägt und loswerden muss, wie Nizon in seinem Journal „Die Erstausgaben der Gefühle“ schreibt.
    Paul Nizon befreit sich vom konventionellen und verlässt das Haus, sein Weg liegt woanders.


    „Die Zeit ist nicht wiederzufinden im Hause. Sie liegt verstaut in Zimmern und Wohnungen."


    ASIN/ISBN: 3518388835

  • Das hört sich sehr interessant an. Herzlichen Dank für diese Buchvorstellung. :wave

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.