Zum Autor:
Julian Lees wurde 1967 in Hongkong geboren, wo er bis heute mit seiner Familie lebt. Seine mitreißenden und sinnlichen Romane schöpfen immer wieder auch aus der bewegten Geschichte seiner eigenen Familie, die nach der Oktoberrevolution von Sibirien nach China fliehen musste. Julian Lees arbeitete zunächst als Banker, bevor er sich ganz seiner eigentlichen Leidenschaft, dem Schreiben widmete.
Meine Meinung:
Da mir Julian Lees Debütroman „So fern wie der Himmel“ ausnehmend gut gefallen hatte, habe ich schon gespannt auf sein neues Buch gewartet. Der Klappentext seines neuen Romans „Das Lied der Sterne“ sprach mich leider nicht sehr an, weil er im Wesentlichen eine Liebesgeschichte versprach, was nicht zu meinen favorisierten Romanthemen gehört. In Erinnerung an Julian Lees erzählerisches Talent, habe ich dennoch zugegriffen und wurde nicht enttäuscht.
Macao, 1928: Das Leben in Macao hat viele Seiten, kolonialer Prunk und menschliches Elend verschmelzen zu einer bunten, schillernden und exotischen Mischung. Nadja Schaschkowa, eine Weißrussin Ende zwanzig, ist mit ihrer Mutter bereits als Teenager nach Macao geflüchtet, trotzdem kämpft sie noch immer mit den Erinnerungen an ihren Vater, den sie auf der Flucht vor der Gewalt von Revolutionären zurücklassen mussten. Als der schottische Konsulatsangestellte Iain Sutherland ihre Bekanntschaft macht, ist Nadja zunächst sehr zurückhaltend. Wie ihr einige Ereignisse zeigen mit Recht, denn Iain arbeitet für den britischen Geheimdienst. Dennoch gelingt es den beiden Politik und Intrigen zu überwinden und zueinander zu finden. Als im Pazifik Krieg ausbricht, muss Iain seiner Pflicht als Staatsangestellter folgen und die beiden werden für Jahre getrennt. Nadja erfährt 1945, dass Iain sich in einem japanischen Gefangenenlager in Hongkong befindet. Gemeinsam mit Iains langjährigem Freund plant sie eine gefährliche Rettungsaktion. Doch während sie diese durchführt, bombardieren die Amerikaner Hongkong...
„Das Lied der Sterne“ ist ein Roman, der wegen seiner Darstellung des Macao Ende der zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts und der Ereignisse im Rahmen des Weltkrieges in Hongkong sowohl von Freunden des historischen Romans gelesen werden kann als auch von Freunden dramatischer, gut erzählter Liebesgeschichten mit Schmökerqualitäten.
Zwar konnte mich „Das Lied der Sterne“ nicht ganz so mitreißen wie Julian Lees Debütroman „So fern wie der Himmel“, dennoch habe ich die Lektüre insbesondere aufgrund Lees erzählerischen Fähigkeiten sehr genossen. Julian Lees versteht es, Schauplätze der Handlung ausführlich und detailliert zu beschreiben, ohne Längen entstehen zu lassen und ohne als Erzähler oberlehrerhaft zu wirken. Seine Geschichten sind bis auf Kleinigkeiten schlüssig, die Charaktere sind nicht ganz so eindringlich und mehrdimensional gehalten wie im Vorgängerroman, das liegt aber auch an der erzählten Geschichte, die insbesondere im zweiten Teil einen sehr handlungsorientierten Fokus hat.
Da mir auch Julian Lees zweiter Roman „Das Lied der Sterne“ einige schöne Lesestunden bereitet hat, werde ich sicher auch bei seinem nächsten Roman zugreifen – wahrscheinlich sogar ohne vorher den Klappentext zu begutachten.
8 von 10 Punkten