Originaltitel: Glasdukkene (2006)
Dtv 2008, 414 S.
Der 1. Teil der Serie um Hauptkommissar Aslak Eira
Über den Inhalt:
Im hohen Norden Norwegens, in Tromsø, verschwindet die Studentin Beate Moberg und wird wenige Tage später tot aufgefunden. Hauptkommissar Aslak Eira und seine junge Kollegin Kine Berger nehmen die Ermittlungen auf, nachdem der Gerichtsmediziner einen Selbstmord ausgeschlossen hat. Es gibt keine Zeugen und zunächst wenig Anhaltspunkte, auch die Befragungen im Umfeld der Toten helfen nicht weiter. Zwei Wochen nach dem Mord wird eine weitere Studentin tot an einem See aufgefunden.
Über die Autorin:
Jorun Thørring, 1955 in Tromsø, Norwegen, geboren, ist Gynäkologin und hat eine Praxis in Trondheim. Sie gilt als Shootingstar der norwegischen Kriminalliteratur. Ihre Kriminalromane sind bereits in mehreren Ländern erschienen. Auf Deutsch liegen vor: 'Schattenhände' - der erste Fall für die norwegische Gerichtsmedizinerin Orla Os in Paris, und 'Glaspuppen' - der erste Fall für Aslak Eira, den markanten samischen Ermittler aus Tromsø. Im Herbst 2009 folgt der zweite Fall für Orla Os: 'Kein Zeichen von Gewalt'.
Meine Meinung:
Gleich vorweg: dies ist kein typischer Skandinavienkrimi. Erfreulicherweise verschont uns die Autorin mit problembeladenen, depressiven Gestalten und düsterer Stimmung.
An diesem Buch stimmt einfach alles, bis hin zum Titel und zur gelungenen Übersetzung. Thørring ist ein atmosphärisch dichter, stimmungsvoller Krimi gelungen, der ruhig daherkommt und erst am Ende etwas Action bietet. Dank der Landkarte im vorderen und hinteren Buchdeckel weiß ich nun auch, wo Tromsø liegt. Auf den ersten Seiten hatte ich noch das Gefühl: so weit das Land, so weitschweifig die Beschreibungen. Doch weit gefehlt.
Die ruhige Erzählweise wird nicht eine Sekunde langweilig, auch wenn die Handlung hauptsächlich aus der Spurensuche von Polizei und Gerichtsmedizinern besteht, die Ermittlungen nur zäh vorankommen und erst spät wirkliche Ergebnisse bringen. Man merkt deutlich, dass die Polizei in Tromsø keine große Erfahrung mit Mordfällen hat und mit Serientätern schon gar nicht.
Zwischendurch bekommt der Leser immer wieder Gelegenheit, einen Blick auf den Mörder und seine Gedanken zu werfen. Er nennt sich „Totto“, und dass sein richtiger Name nicht erwähnt wird, lässt vermuten, dass er dem Leser bereits begegnet ist.
Aslak Eira, 47-jähriger samischer Hauptkommissar und alleinerziehender Vater, ist ein ruhiger Ermittler, den nichts so schnell aus der Bahn wirft. Ein wohltuend sympathischer Protagonist, der zwar eine schwere Kindheit hinter sich hat, aber ohne die gängigen Alkoholprobleme und Depressionen auskommt und sich gut mit seinem siebzehnjährigen Sohn Niillas versteht.
Seine junge Kollegin Kine Berger, die erst vor kurzem aus Oslo hierher versetzt wurde, will sich zu Eiras Leidwesen nicht an das Wetter im hohen Norden gewöhnen.
Im Rahmen seiner Ermittlungen lernt Eira die Psychiaterin Mona Lie kennen, die ihm bei seinen Nachforschungen behilflich ist. Die beiden fühlen sich zueinander hingezogen.
Der ehemalige Journalist Birger Krogh macht Eira das Leben schwer. Die Presse gräbt in Eiras Vergangenheit und der fragt sich, ob Krogh der Informant ist. Eira war früher Umweltaktivist und nicht alle Mitstreiter aus seiner Vergangenheit wollen akzeptieren, dass er zur Polizei gegangen ist, quasi die Seite gewechselt hat.
Gefallen hat es mir natürlich sehr, dass ich mit meiner bereits recht frühen Vermutung, wer der Täter ist, allerdings ohne das Motiv zu erahnen, am Ende richtig lag. Bis dahin aber ist es ein weiter Weg und die Autorin bietet eine Reihe von Verdächtigen an, so dass ich durchaus auch hätte falsch liegen können.
Ich hatte dann fast ein wenig Angst vor der Auflösung, ob sie den tollen Gesamteindruck des Buches vielleicht verderben würde. Denn bisher stimmte alles, da konnte ich Höchstnoten vergeben. Aber meine Sorge war völlig unbegründet, denn das Ende ist schlüssig, nachvollziehbar und bringt die Geschichte zu einem glaubwürdigen Abschluß.
Ich freue mich sehr darauf, Aslak Eira im nächsten Band wiederzubegegnen und vergebe volle 10 Punkte.
Ach ja: So ganz nebenbei und schön in die Geschichte eingebettet gelingt es der Autorin, wirklich interessante Details aus dem Leben der Samen (Lappen) zu transportieren.