• Rotkäppchens Großmutter hatte Geburtstag. Und in diesem Jahr wollte Rotkäppchen ihr ein besonderes Geschenk bereiten.
    Also legte sie Kuchen und Wein in den Korb und machte sich auf den Weg in den Wald, in dem die alte Frau wohnte.
    Der Weg war lang und der Wald so dicht, daß es auch des Tags immer dunkel war.
    In diesem dichten Gestrüpp begegnete sie dem Wolf.
    „Guten Tag, liebes Rotkäppchen. Wohin willst Du denn so ganz allein?“ begrüßte er sie.
    „Zur Großmutter. Sie hat heute nämlich Geburtstag.“
    „Oh, das hatte ich ganz vergessen. Wie peinlich. Was mache ich denn jetzt?“
    „Pflück ihr doch ein paar Blumen auf der Lichtung! Ich helfe Dir auch dabei.“ schlug Rotkäppchen vor.
    „Meinst Du wirklich?“
    „Natürlich. Sie wäre sehr enttäuscht, wenn Du nicht mitkommen würdest.“
    „Nun gut.“ willigte der Wolf ein.
    Bald darauf kamen die beiden bei der Großmutter an. Der Wolf mit seinen Blumen und das Rotkäppchen mit Kuchen und Wein.
    „Hallo. Nehmt doch am Tisch platz, der Kaffee ist gleich fertig.“ wurden sie begrüßt.
    „Sag mal Wolf, ich wollte Dich schon immer mal was fragen.“ sagte Rotkäppchen, während sie auf den Kaffee warteten. „Warum hast Du eigentlich so große Augen?“
    „Das ist, damit ich im dunklen Wald besser sehen kann.“
    „Und die großen Ohren?“ fragte Rotkäppchen weiter.
    „Damit ich besser hören kann, wie der Wind durch die Bäume weht und die Vögel singen.“
    „Und was ist mit Deinen großen Pfoten?“
    „Damit ich besser anpacken kann, wenn mir ein Baum im Weg liegt.“
    „Und der große Mund? Ist der etwa, damit Du uns besser fressen kannst?“
    Da mußte der Wolf so lachen, daß er nicht hörte, wie hinter ihm die Tür aufging und der Jäger herein schlich. Auch entging ihm, daß dieser sein Gewehr hob und auf ihn anlegte.
    Der Schuß traf ihn in den Nacken und trat vorn am Hals wieder aus.
    Mit einem ungläubigem Röcheln brach der Wolf zusammen und blieb tot liegen.
    Der Jäger zog sein Messer und machte sich daran, dem Tier das Fell abzuziehen.
    „Also, wie vereinbart, sagst Du aus, daß der Wolf die Großmutter und Dich fressen wollte, falls jemand unbequeme Fragen stellt.“ sagte er zu Rotkäppchen.
    „Natürlich. Ich bin doch nicht blöd.“ antwortete sie und überreichte dem Jäger den Umschlag mit dem vereinbartem Geldbetrag.
    „Ich habe Dir noch was draufgelegt, damit Du die Leiche verschwinden läßt.
    Und nächstes Jahr brauche ich Dich wieder. Da will ich der Großmutter ein Bärenfell schenken.“

  • Ist ja völlig unlogisch. Der Wolf ist also mit der Großmutter befreundet und zwar so sehr, dass sie enttäuscht wäre, wenn er nicht zu ihrer Geburtstagsfeier kommen würde. Dann sitzen Rotkäppchen und der Wolf am Kaffeetisch, Oma geht mal kurz raus, um den Kaffee zu holen und in diesem Moment kommt der Jäger rein, erschiesst den Wolf und zieht ihm, wahrscheinlich direkt auf Omas Perserteppich das Fell ab (ich stelle mir hier gerade eine Riesenschweinerei vor). Oma kommt trotz des Schusses nicht sofort angerannt, sondern der Jäger und Rotkäppchen haben noch Zeit für ein kleines Gespräch. Und Rotkäppchen will Oma dann das noch blutige Fell des Wolfes, der ja ein guter Freund der Oma war, als Geburtstagsgeschenk überreichen? :pille



    Zitat

    Michael Sonntag bei Amazon (zweite Rezi):
    Andere machen Schleichwerbung für ihre Bücher, ich tu das nicht. Ich sag ganz direkt: "Kaufen weil toll"


    :rofl

  • Zitat

    Original von licht
    ähmm, ist der Text aus dem Buch?? ist er von Dir?? oder wie??


    Wieso sonst sollte er es verlinken? ;-)
    Und ein Bick in sein Profil bringt bei der mail-Adresse auch große Ähnlichkeit zum Autorennamen. Aber das könnte auch alles Zufall sein. :lache


    Sein "Verlag" hat jedenfalls nicht mal ein Lektorat, sonst hätte man zumindest solche Schnitzer korrigiert:


    Zitat

    „Pflück ihr doch ein paar Blumen auf der Lichtung! Ich helfe Dir auch dabei.“ schlug Rotkäppchen vor.

  • Tja, ich wieder.
    :grin



    Die Geschichte ist ziemlich gut gelungen. Es ist nicht leicht, traditionellen Märchen einen neuen Effekt abzugewinnen.
    Aber eben darum scheint es mir hier zu gehen. Alte Geschichte - neues Ende.


    Die Logik einer Geschichte ist immer die, die ihre Autorin/ihr Autor ihr gibt. Wenn die Autorin/der Autor entscheidet, daß Rotkäppchen auf der Harley zur Oma düst, düst es auf der Harley.
    Wenn Autor/Autorin beschließen, daß der Wolf nicht das düstere Element ist, sondern eben ein Freund im Hause Großmama, dann ist der Wolf ein Freund im Hause Großmama.


    Die Kürze des Ganzen und daß das Ganze auf EINEN Schlußpunkt hinausläuft, haben zur Folge, daß einer beim Lesen die Neubewertungen der einzelnen Elemente als gewaltsamer Eingriff erscheinen. Tatsächlich aber werden hier 'gewaltsam' alte, eingeschliffene Erwartungen an die Geschichte gegen den Strich gebürstet.
    Darin besteht die eigentliche 'Gewalt'. Logisch, daß die LeserInnenschaft zuerst mal aufjault.


    Formuliert ist es ziemlich gut, es wird versucht den vermeintlich einfachen Märchenton nachzuahmen. Die Schlichtheit ist gewollt. Sie ist ein Stilmittel.
    Überhauot ist das Gnaze in meinen Augen überlegt durchgearbeitet.


    Bei Formulierungen wie 'Geschenk ... bereiten', um ein Beispiel anzuführen, kann ich nicht entscheiden, ob der leichte Holperer dadurch entsteht, daß hier eine Wortwiederholung mit 'machen', das ja gleich folgt, vermieden werden soll oder ein anderes Verb grad nicht parat lag oder aber ob dadurch, daß der Ausdruck eigentlich lautet: eine Überraschung bereiten, schon darauf verwiesen werden soll, daß das, was kommt, bei weitem nicht so harmlos ist, wie man vermutet.


    Die paar Tipfehler bzw. Verschreiber ändern an der Güte des Ganzen nichts.
    Es ist 'schlank' formuliert, die Märchenelemente tauchen an der richtigen Stelle auf. Die gegebene Form wird gewahrt. Ein Gespür für Timing ist erkennbar, und für Rhythmus.
    Einfach mal halblaut lesen.


    Daß der Text aus einem Büchlein stammt, dem der Ruch eines Druckkostenzuschusses anhaftet, ist bedauerlich. Es kann sich jedoch durchaus als eine der wenigen interessanten Publikationen herausstellen, die auf diese Weise auf den Markt kommen.


    Und nun muß ich meinen zweibeinigen grauen Hauskater vom Boden aufputzen, der hat sich nämlich schlapp gelacht über den Text und findet ihn ziemlich gelungen.
    ;-)



    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Zitat

    Original von Delphin
    Ist ja völlig unlogisch. Der Wolf ist also mit der Großmutter befreundet und zwar so sehr, dass sie enttäuscht wäre, wenn er nicht zu ihrer Geburtstagsfeier kommen würde. Dann sitzen Rotkäppchen und der Wolf am Kaffeetisch, Oma geht mal kurz raus, um den Kaffee zu holen und in diesem Moment kommt der Jäger rein, erschiesst den Wolf und zieht ihm, wahrscheinlich direkt auf Omas Perserteppich das Fell ab (ich stelle mir hier gerade eine Riesenschweinerei vor). Oma kommt trotz des Schusses nicht sofort angerannt, sondern der Jäger und Rotkäppchen haben noch Zeit für ein kleines Gespräch. Und Rotkäppchen will Oma dann das noch blutige Fell des Wolfes, der ja ein guter Freund der Oma war, als Geburtstagsgeschenk überreichen?


    Wieso unlogisch. Enttäuscht wäre sie ja, weil das mit dem Geschenk sonst nicht geklappt hätte.


    Und der Wolf als Freund, der dann getötet wird: Darum geht es ja - um mißbrauchtes Vertrauen. Das ist ja auch der Inhalt des Originaltextes. Nur sind diesmal die Rollen vertauscht

  • @ licht:

    Zitat

    ähmm, ist der Text aus dem Buch?? ist er von Dir?? oder wie??


    Etwas Licht in die Geschichte bringt die Einordnung in die Rubrik "Eigene Kurzgeschichten, Gedichte, Texte, etc.".
    Dass Dichterdämon seine Story hier veröffentlicht und die Geschichte bereits in gedruckter Form erschienen ist, ist ersichtlich und m.E. in Ordnung.


    Zur Geschichte selbst, wie im übrigen auch bei anderen Eulen, äußere ich mich nicht.
    Nur eine grundsätzliche Verständnisfrage: Der Buchtitel impliziert, dass es sich bei "Rotkäppchen" um eine Horrorgeschichte handeln soll. Irgendwie ist mein laienhaftes Grundverständnis von "Horror" bisher ein anderes gewesen und ein Gruseln ist beim Lesen nicht eingetreten. Insgesamt halte ich die Zuordnung für schwierig und hätte den Bereich Humor dabei nicht ausgeschlossen.
    Frage an den Autor: Warum soll die Handlung in diese Gattung eingeordnet werden?


    Gruß von Salonlöwin, die sich heute Abend literaturtheoretische Basiscs zum Thema Horror besorgen wird

  • Zitat

    Original von Salonlöwin
    Zur Geschichte selbst, wie im übrigen auch bei anderen Eulen, äußere ich mich nicht.
    Nur eine grundsätzliche Verständnisfrage: Der Buchtitel impliziert, dass es sich bei "Rotkäppchen" um eine Horrorgeschichte handeln soll. Irgendwie ist mein laienhaftes Grundverständnis von "Horror" bisher ein anderes gewesen und ein Gruseln ist beim Lesen nicht eingetreten. Insgesamt halte ich die Zuordnung für schwierig und hätte den Bereich Humor dabei nicht ausgeschlossen.
    Frage an den Autor: Warum soll die Handlung in diese Gattung eingeordnet werden?


    Gruß von Salonlöwin, die sich heute Abend literaturtheoretische Basiscs zum Thema Horror besorgen wird


    Mal von den blutigen Momenten abgesehen:
    Horror bedeutet Angst und Schrecken. In den Geschichten in dem Buch habe ich mal etwas mit der altbekannten Motiven von "Gut" und "Böse" gespielt, sie hinterfragt und umgekehrt. Was macht einem mehr Angst, als nicht mehr zu wissen, wer oder was "gut" oder "böse" ist?

  • Zitat

    Original von Delphin
    ...



    ..


    Der Brüller, schon fast genial, die Anmerkung find ich klasse ...
    (Ich geb´s zu, ich hab manchmal einen merkwürdigen Geschmack, aber das Unerwartete ist mitunter einfach :frech *lach*)


    Die 'Rezi' habe ich auch gerade bei Amazon gelesen, als ich über Rapunzel dort - neugierig wie ich bin - reingeschlurft bin.


    So, den Text zur Omma muss ich nun aber noch lesen ...


    Edit: Da fehlte doch glatt die ')' ;-)


    .

  • Zitat

    Original von Delphin
    1. Oma kommt trotz des Schusses nicht sofort angerannt, sondern der Jäger und Rotkäppchen haben noch Zeit für ein kleines Gespräch.
    2.Und Rotkäppchen will Oma dann das noch blutige Fell des Wolfes, der ja ein guter Freund der Oma war, als Geburtstagsgeschenk überreichen?


    (Ich fand die Fragestellung von Delphin auch nicht uninteressant, erkläre es mir wie folgt:


    Zu 1. Hm, Oma ist ja schon alt, Oma hat vielleicht Bohnen in den Ohren oder ihr Hörgerät, sofern vorhanden, nicht auf laut geknippst.
    Das sehe ich noch als relativ normales Omaverhalten an :grin


    Zu 2. Das trocknet doch! :chen Vielleicht sammelt Omma ja Felle und wie die dann bei ihr ankommen ist ihr total Wumpe, hauptsache es kommt..? :lache )


    Auch diese Pointe finde ich gut, aber die Rapunzelgeschichte hat mir noch ein Eckchen besser gefallen.

  • Zitat

    Original von bartimaeus
    Der Verlag verlangt, wie man aus gewissen Beiträgen in anderen Foren erkennen kann, eine gewisse *hüstel* Autorenbeteiligung (pekuniärer Art...) :grin


    Zu diesem Thema habe ich mich schon einige Male geäußert, aber wenn das schon wieder angesprochen wird, bitte:
    Der Verlag hat sich erst vor wenigen Jahren gegründet. Natürlich haben größere Verlage andere finanzielle Möglichkeiten. Ob sie dadurch seriöser werden (wie immer wieder gern geschrieben und behauptet wird) bezweifle ich mal.
    Natürlich würde ich zu einem Verlag wechseln, der keine Zuschüsse verlangt. Dies allerdings nur, wenn ich einen Verlag finde, die sich genau so engagiert für seine Autoren einsetzt wie PaperONE, und einen solchen habe ich einfach noch nicht gefunden.

  • Zitat

    Original von Dichterdämon


    Zu diesem Thema habe ich mich schon einige Male geäußert, aber wenn das schon wieder angesprochen wird, bitte:
    Der Verlag hat sich erst vor wenigen Jahren gegründet. Natürlich haben größere Verlage andere finanzielle Möglichkeiten. Ob sie dadurch seriöser werden (wie immer wieder gern geschrieben und behauptet wird) bezweifle ich mal.
    Natürlich würde ich zu einem Verlag wechseln, der keine Zuschüsse verlangt. Dies allerdings nur, wenn ich einen Verlag finde, die sich genau so engagiert für seine Autoren einsetzt wie PaperONE, und einen solchen habe ich einfach noch nicht gefunden.


    Was auch gut an Deinen Texten liegen kann. ;-)
    Wie engagiert PaperONE schon beim Lektorat ist, hab ich ja gemerkt. :lache

  • Hallo,


    ich musste den Text zwei Mal lesen. Beim ersten Mal hat er mir nicht wirklich gefallen, wahrscheinlich weil er alle Erwartungen, die ich an Märchen habe, über den Haufen geworfen hat.
    Nach einer kleinen Nachdenkpause und nochmaliger Lektüre fand ich ihn aber gar nicht so übel: Rotkäppchen als "Wolf im Schafspelz" - das hat doch was :-)


    Liebe Grüße,
    Antje

  • Zitat

    Original von Loewin
    Hallo,


    ich musste den Text zwei Mal lesen. Beim ersten Mal hat er mir nicht wirklich gefallen, wahrscheinlich weil er alle Erwartungen, die ich an Märchen habe, über den Haufen geworfen hat.
    Nach einer kleinen Nachdenkpause und nochmaliger Lektüre fand ich ihn aber gar nicht so übel: Rotkäppchen als "Wolf im Schafspelz" - das hat doch was :-)


    Liebe Grüße,
    Antje


    Mit den Erwartungen zu spielen und dann genau das Gegenteil zu tun war ja auch die Idee dabei.


    Vielen Dank für das Lob

  • Vieleicht bin ich ja nur altmodisch-sei´s drum.Aber mir fehlt einfach das Verständniss warum man auf der Grundlage von alten Märchen,quasi an den Haaren,Horrorgeschichten herbei zieht.
    Gefallen hätte mir das der Wolf aus einem Vorurteil heraus erschossen wird.

  • Zitat

    Original von babaras
    Gefallen hätte mir das der Wolf aus einem Vorurteil heraus erschossen wird.


    Irgendwie habe ich das beim lesen auch erwartet- aber wurde ja dann eines besseren belehrt!


    Zitat

    Aber mir fehlt einfach das Verständniss warum man auf der Grundlage von alten Märchen,quasi an den Haaren,Horrorgeschichten herbei zieht.


    Das sehe ich genauso, ich lese sehr gerne Märchen und finde sie super, so wie sie sind, die würde ich deshalb nie als Schreibvorlage nehmen.
    Ich schreibe zwar sowieso nicht selber, aber wenn ich es täte, dann würde ich den Wolf am Ende am Leben lassen ;-)