Somnia - Christoph Marzi

  • Meine Meinung
    »Somnia« unterteilt sich in drei Bücher, Solitaire, Scarlet und einen dritten, kürzeren Teil, dem das Buch seinen Titel verdankt. Unterbrochen werden diese von Zwischenspielen, die zur Auflockerung des Textes beitragen. Der Bezug zu den Vorgängerbänden wird erst spät deutlich, denn Scarlet kann sich an nichts erinnern. Dies bietet für Leser, die die ersten drei Bände nicht kennen, eine perfekte Chance zum Quereinstieg und macht gleichermaßen das Wiedereinfinden in Marzis Welt nach längerer Lesepause möglich. Alle fremden Begrifflichkeiten werden erläutert und auch für diejenigen, die noch nie die uralte Metropole betreten haben, wird ihre Pracht deutlich. Leser der Vorgängertitel hingegen sehen sich im ersten Drittel lange auf der Suche nach einem Mysterium, das sie eigentlich schon in »Lumen« ergründet haben. Die eine oder andere Geschichte ist daher schon bekannt. Im zweiten Buch relativiert sich dies dann.


    Emily Laing, Mortimer Wittgenstein und ihre Freunde spielen im neuen Teil nur Nebenrollen, die Menschen, die innerhalb der Erzählung begleitet werden, sind andere. Besonders Wittgenstein habe ich vermisst, da diese Person klar die übrigen Titel der Reihe dominiert hat und mit ihrem seltsamen Humor zur Qualität des Textes beigetragen hat. Anthea oder Scarlet sind dagegen Figuren, denen diese Kraft fehlt. Sie haben andere Qualitäten und Freunde – beispielsweise Buster, der eine ähnliche Rolle einnimmt wie die Ratten in London und dabei ebenso amüsant sein kann.


    Faszinierend ist erneut, wie bekannte Lieder und geschichtlich dokumentierte Ereignisse wie die Hexenverfolgung oder die Geschichten um Rattenfänger in einem ganz neuen Licht betrachtet werden. Mit den vergangenen zehn Jahren finden leider keine genaueren Auseinandersetzungen statt. Nur sehr knapp, wie im Zeitraffer, werden die Ereignisse in London umrissen und klingen dabei doch so interessant, dass sie meiner Meinung nach mehr Beachtung verdient hätten.


    Der Schreibstil verortet sich vollkommen innerhalb der Vorgängerbände und hat dadurch für die Reihe einen enormen Wiedererkennungswert. Einzig ‚Fragen Sie nicht’ fehlt.
    Die Spannung kann Christoph Marzi gewohnt gut halten, so dass man die Zwischenspiele mit angehaltenem Atem liest, in der Hoffnung, dass die eigentliche Handlung bald weitergehe.



    Fazit
    Eine gelungen fantastische Erzählung, die die alte Metropole in der Neuen Welt wieder auferstehen lässt. Zwar mit neuen Hauptdarstellern, an die man sich erst einmal gewöhnen muss, aber mit gleich bleibender Qualität und Mystik. Nur Wittgensteins Art hat mir enorm gefehlt!


    Wertung
    8/10 Punkten

  • Zitat

    Original von Steena
    Einzig ‚Fragen Sie nicht’ fehlt.


    Ich war, ehrlich gesagt, froh darüber. Das war eins der Dinge, die mir in "Lycidas", "Lilith" und "Lumen" gewaltig auf den Keks gingen...
    Auch wenn ich jetzt dafür Haue bekomme: Wittgenstein als Erzähler vermisse ich auch nicht. Als Nebenperson darf er meinetwegen ruhig wieder auftauchen, da bin ich tolerant ;-)

    Wo kämen wir hin, wenn jeder sagte "Wo kämen wir hin" und niemand ginge, um zu sehen, wo wir hinkämen, wenn wir gingen.
    :fechten

  • Was ich mich schon die ganze Zeit gefragt habe:


    Zufall!? :yikes

    "Man sagt, wenn man die Liebe seine Lebens trifft bleibt die Zeit stehen - und das stimmt. Aber was niemand sagt, ist, dass sie danach viel schneller vergeht - um die verlorene Zeit wieder aufzuholen." (Tim Burtons Big Fish)


  • Dann warte noch bis (ich glaube) Mai, da soll ein Lycidas mit einer Kurzgeschichte als Special drin sein, hab ich irgendwo als Kommentar von Marzi gelesen. Aber ohne Garantie die Info. ;-)

  • Was sie bei der Uralten Metropole immer ganz toll hinbekommen, sind diese Cover, die mich förmlich anschreien: "Nimm mich mit! Du musst mich haben!" - da könnte ich glatt schwach werden. Auch Somnia gefällt mir sehr gut äußerlich, obwohl es fraglich ist, wer da eigentlich drauf ist. Scarlet? Oder doch nicht? Man weiß es nicht ...


    Ich bin ein großer Fan des unsympathischen Wittgensteins, ich glaube der war's, der mich beim ersten Band an die Reihe gefesselt hat, denn sonst bin ich nicht so Marzi-begeistert.

  • Eigentlich beginnt das Buch recht vielversprechend. Eine junge Frau rennt durch das winterliche Gotham und wird von unheimlichen Schneewesen verfolgt. Sie weiss nicht warum sie verfolgt wird und auch nicht woher sie kommt, denn sie hat ihr Gedächtnis verloren. Sie kann sich nur noch an ihren Namen „Scarlet Hawthorne“ und das Wort „Solitaire“ erinnern. Unerwartet erhält sie Hilfe von einer fremden Frau „Mistress Atwood“, die sie mit zu sich nach Hause nimmt und sie auf ihrer Odysee auf der Suche nach ihren Erinnerungen begleitet.


    Ab hier folgt die Handlung dem bereits bekannten Schema der ersten drei Bände. Scarlet und Mistress Atwood finden einen Hinweis, folgen diesem und finden einen weiter Hinweis, dem sie wiederum folgen. Das ähnelt doch stark einer Schnitzeljagd. Unterwegs besuchen sie verschiedene Regionen der uralten Metropole unter New Yorks Straßen, über die ich wie immer gerne gelesen habe.


    Wenn man Scarlet und ihre Helfer betrachtet, dann wirken sie wie etwas blasse Kopien der Protagonisten (Emily, Wittgenstein, Tristan, Micklewhite und Mylady Hampstead) aus den vorangegangenen Büchern. Mistress Atwood hat es hier am schwersten, denn wer kann es schon mit Wittgenstein aufnehmen? Sie bleibt als Scarlets ständige Begleiterin doch etwas farblos und langweilig.


    Wie gewohnt ist es dem Autor wieder gelungen reale Orte, bekannte Literatur und historische Ereignisse in die Handlung einzubauen. Und endlich erfahren wir, wie es Rima seit der Trennung von Wittgenstein ergangen ist. Über Rima, Scarlet und Wittgenstein hätte ich gerne mehr gelesen.


    Wirklich gelungen ist das Finale. Da hat Christoph Marzi alle Register gezogen und den Leser mit überraschenden Wendungen erfreut.


    Insgesamt wirkt die Geschichte auf mich wie die Wiederholung von bereits Dagewesenem nur mit neuen Personen und neuen Orten, aufgepeppt mit ein paar neuen Gefahren und Rätseln, aber leider ohne den wunderbar trockenen Humor.


    Lumen war für mich der bisher beste Teil der Reihe. Sorry, aber Somnia kommt bei weitem nicht an Lumen heran.

  • Kleine Story am Rande:
    Sitze im Zug, gegenüber von mir eine Person mit einem Buch. Ich bin neugierig und schaue mir unauffällig den Titel an: The Scarlet Letter von Nathaniel Hawthorne. Und da - wie wir alle wissen - es keine Zufälle gibt, meine Reaktion: :yikes
    Ich wusste, die Kombi Scarlet und Hawthorne kommt mir bekannt vor...

    "Man sagt, wenn man die Liebe seine Lebens trifft bleibt die Zeit stehen - und das stimmt. Aber was niemand sagt, ist, dass sie danach viel schneller vergeht - um die verlorene Zeit wieder aufzuholen." (Tim Burtons Big Fish)

  • Zitat

    Original von Tess
    Kleine Story am Rande:
    Sitze im Zug, gegenüber von mir eine Person mit einem Buch. Ich bin neugierig und schaue mir unauffällig den Titel an: The Scarlet Letter von Nathaniel Hawthorne. Und da - wie wir alle wissen - es keine Zufälle gibt, meine Reaktion: :yikes
    Ich wusste, die Kombi Scarlet und Hawthorne kommt mir bekannt vor...


    Wie heisst es so schön: "Es gibt keine Zufälle!" :-)

  • Ich bin von Somnia total begeistert. Wie schon bei Lycidas/Lilith und Lumen hab ich mein Leben so gut es ging auf "Pause" gestellt und das Buch verschlungen :grin Solche Lesemomente wünsche ich all denen, die sagen, dass sie nichts mit Büchern anfangen können.
    Ich finde nicht, dass Marzi sich tot geschrieben hat. Im Gegenteil, ihm ist es, meiner Ansicht nach, gut gelungen einen weiteren Teil zu schreiben, ohne die Handlung der bisherigen Bände zu kopieren. (Denn "die Hölle ist die Wiederholung" :-))

  • Es war ein schönes Leseverknügen. Lycidas/Lilith und Lumen hab ich vor einiger Zeit schon gelesen. Da war es wieder ein Verknügen.
    Jedoch fand ich es sehr bekannt nach dem ersten dritte. Es sind wohl neue Hauptpersonen, aber nach dem Auftauchen von Mr. Fox und Mr. Wolf verlief es doch dem bekannten Schema. Die Vorgeschichten und Zusammenhänge. Die Theorie der vielen Johns.
    Aber nicht desdotrotz gab es eine kleine Überraschung am Ende. Da ist man etwas hereingelegt worden.

  • Ich beginne dann mal mit dem Lesen, es sprang mich grad vorm SUB so an... :lache


    Bin jetzt etwa in der Mitte angelangt und bin mal wieder bezaubert, soooo schön.
    Allerdings habe ich einen Fehler gefunden.
    Bei der Jagd mit dem Motorrad durch die Tunnels, da tritt Jake auf die Kupplung. Ein Motorrad, bei dem man auf die Kupplung treten muß, ist mir aber nicht bekannt. Motorräder haben den Kupplungshebel am Lenker... :grin


    (Endlich hab ich den Marzi mal bei einem Fehler erwischt. 6 Bücher hats gebraucht, aber jetzt hab ich ihn!) :lache


    Ach ja, ich war mir sicher, daß ich das Wort CROATOAN und die Geschichte dazu kannte: http://de.wikipedia.org/wiki/Roanoke_(Kolonie)
    Mal sehen, wie Marzi das aufklärt.


    EDIT:


    Schwierig die richtigen Worte zu finden. Ich war froh, wieder in einer uralten Metropole zu wandern, aber irgendwie fühlte sich das Buch diesmal nicht so an, wie die anderen. Eigentlich wiederholt sich lediglich vieles, aus den alten Büchern. Alte Bekannte tauchen auf und Wesen, die wir schon kennen, nur wenige wirklich kreative neue Figuren und Plätze erscheinen auf der Bildfläche und ihre Beschreibungen fand ich im Vergleich zu den Vorgängerbänden ein wenig farblos und nicht so lebendig.
    Das Buch ist gut, keine Frage, aber es hat mich einfach nicht so gepackt, wie die ersten 3 Bände zur uralten Metropole.
    Trotzdem bemerkt man auch hier die Mühe, die sich Marzi immer wieder gibt, Reales mit dem Fantastischen zu verweben, seine Hinweise auf andere Bücher, literarische und historische Figuren, all das war schon sehr beeindruckend.
    Ein wenig hatte ich hier jedoch das Gefühl, daß wir uns weniger in den USA, als mehr in Australien befinden, der Träumer, die Traumpfade, das alles verknüpfe ich in meinen Gedanken eher mit Aborigenies, als mit Indianern.
    Somit das schwächste, der Reihe, aber trotzdem noch sehr gut.

  • Mit Somnia führt uns Christoph Marzi zurück in die Geschichten rund um die uralten Metropolen, die er in den drei L-Büchern (Lycidas, Lilith, Lumen) begonnen hat - jedoch gibt es Unterschiede, die Hauptfigur ist nicht mehr Emily Laing, sondern Scarlett Hawthorne, die unter einem Gedächtnisverlust leidet und sich in New York wiederfindet. Auch diesem Protagonisten stellt Marzi eine helfende Hand zur Seite, und zwar in Gestalt der Tricksterin Anthea Atwood.


    Um herauszufinden, wieso Scarlett ihr Gedächtnis verloren hat und welche Umstände zu ihrem Dasein in New York führten, begeben sich Scarlett und Anthea auf die Suche, unter anderem auch in die uralte Metropole Gotham, die sich unter New York befindet…


    Ich möchte hier nicht zu viel vorwegnehmen, aber eins muß ich sagen: Nachdem mich Fabula wirklich enttäuscht hatte, dessen Cover so nach den Uralt-Metropolen-Büchern aussah und doch gar nichts damit zu tun hatte, war ich wirklich skeptisch, ob Somnia an die anderen Bücher anknüpfen kann, sowohl von der Story als auch von der Schreibqualität her.


    Storymäßig ist es Christoph Marzi gelungen, solide erzählte Fantasy abzuliefern, der hier jedoch ein wenig die Dichte und Düsternis der ersten Bände fehlt - und seien wir mal ehrlich, an Lycidas kommen die beiden Nachfolger nicht wirklich heran, man kann sie aber alle beide mit Somnia in einer Reihe sehen. Sprachlich ist es, wie immer, ein Genuß!


    Fazit: Ich freu mich schon auf Lyra, den fünften Teil.

    :lesend Anthony Ryan - Das Heer des weißen Drachen; Navid Kermani - Ungläubiges Staunen
    :zuhoer Tad Williams - Der Abschiedsstein

  • Zitat

    Original von Kim_Meridian
    Lyra wird allerdings eine Fortsetzung von Fabula sein und die Geschichte von Danny, dem kleinen Bruder aus Fabula, erzählen.


    :yikes :yikes :yikes


    Ich dachte, das gehört zu Somnia :cry :cry :cry :cry


    Egal, haben muß ich es trotzdem....

    :lesend Anthony Ryan - Das Heer des weißen Drachen; Navid Kermani - Ungläubiges Staunen
    :zuhoer Tad Williams - Der Abschiedsstein

  • Jetzt bin ich mit Somnia auch durch und ich muss sagen, dass es mir von den vier Büchern am besten gefallen hat.
    Mit war Scarlet wesentlich sympatischer als Emiliy. Nur Wittgenstein habe ich doch sehr vermisst, obwohl es auch mal schön war, nicht ständig seine Wiederholungen lesen zu müssen :-)
    Auf den Schauplatz habe ich mich zuerst auch nicht so gefreut, weil ich einfach der Meinung war, dass New York nicht zu den uralten Metropolen passt, aber ich wurde eines besseren belehrt.
    Ich muss aber auch sagen, dass ich mich am meisten darüber freuen würde, wenn das nächste Buch in Rom spielen würde. Das mag daran liegen, dass ich vor Kurzem erst da war... oder schön wäre auch Dublin oder Sydney oder Hongkong (das wäre mal höchstinteressant) oder Moskau. Es gibt sooooo viele Städt, die mich sehr ansprechen würden, aber meine erste Wahl wäre Rom.
    Ich werde auf jeden Fall das nächste Buch über die uralten Metropolen auch lesen.
    Weiss denn schon jemand, wann es kommt???

    :wave Gruß Dany


    Die Wirklichkeit ist etwas für Leute, die mit Büchern nicht zurechtkommen.
    Leserweisheit

  • Zitat

    Original von Dany-Maus1986
    Ich muss aber auch sagen, dass ich mich am meisten darüber freuen würde, wenn das nächste Buch in Rom spielen würde. Das mag daran liegen, dass ich vor Kurzem erst da war... oder schön wäre auch Dublin oder Sydney oder Hongkong (das wäre mal höchstinteressant) oder Moskau. Es gibt sooooo viele Städt, die mich sehr ansprechen würden, aber meine erste Wahl wäre Rom.


    Wie wäre es denn mit einer deutschen Stadt? Bei uns gibt es doch auch einige U-Bahnen! München oder Hamburg würden mir auf jeden Fall gut gefallen.


    LG, Aurian