Dazu später mehr. Ich muß erstmal weg.
Sind Vielleser unkritischer?
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Hi Grizzly,
ich stimme dir 100 % zu.
Nicht nur die Leser werden meines Erachtens kritikloser, sondern die gesamte Gesellschaft.
Anders kann ich mir nicht erklären, warum in allen Bereichen der Kultur jeglicher Blödsinn so erfolgreich ist.
Früher gab es auch Blödsinn, aber heute ist der auch noch erfolgreich.
mfg
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Zitat
Früher gab es auch Blödsinn, aber heute ist der auch noch erfolgreich.
Tja, man hat eben gemerkt, daß man aus allem Geld machen kann. Irgendjemand wird den Mist schon mögen.
Trotzdem, finde ich, sagt das doch nichts darüber aus, ob ein Mensch kritisch ist oder nicht. Was für den Einen Müll ist, ist für den anderen wieder gut. Jeder hat eben einen anderen Geschmack. Aber das schrieb ich ja schonmal.
Man sollte das nicht pauschalisieren.
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Hi Snowcat,
wenn ich so Bereiche betrachte, wie:
- Film ("Schuh des Manitu" wird erfolgreichster Kinostreifen der Geschichte)
- Musik (Bohlen, Britney Spears, Superstars, Küblböck, Pop usw.)
- Bücher (schon mal die Amazonrezensionen durchgehaut. Zum Gruseln. Da muss man lange suchen, um schon mal bei einen Buch eine negative Kritik zu finden. Bei der "Päpstin" gibt es sogar 10 Rezensionen, wo der Schwachsinn als "historisch korrekt" bezeichnet wird.
- Kunst (Blutorgien von Nitsch, Austellung von Leichen etc.)
- Fernsehen (schaut euch das Fernsehprogramm an. Jedes Volk bekommt das Fernsehprogramm, dass es sich verdient)
- Bücher (Die Bestsellerlisten werden von meist etwas fragwürdigen Büchern angeführt)
, dann verwehrt sich bei mir nicht der Eindruck, dass man sagen könnte: "Shit sells"
Da frage ich mich, wo da noch Anspruch ist? Anspruch hat schließlich auch etwas mit Kritik zu tun.
Pauschalieren tu, darf, und werde ich nicht. Jeder Mensch ist individuell. Aber wenn man sich die Kultur im allgemeinen anschaut, wird mir Angst und Bange.
mfg
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Hmm, ich stimme Dir ja auch in manchen Punkten zu, His. Dennoch machen die damit ein Schweinegeld. Erklären kann ich mir das auch nicht. Wenn ich nämlich so jemanden wie den Kübelbecher im TV sehe, dann könnte ich jedes Mal so in die Kiste springen
Aber es gibt halt Menschen, die stehen auf so nen Schund. Und solange es solche Menschen gibt, wird es auch Leute wie Kübi geben, die im Rampenlicht stehen.
Irgendwie schweifen wir vom Thema ab
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Hallo Grizzly,
Du willst doch aber eine Umfrage, die aus einer einzigen Frage besteht: "Wie beurteilt Ihr die Bücher, die Ihr im Monat X gelesen habt?" und einer fünfstufigen Skala als Antwortmöglichkeit nicht als zuverlässiges Messinstrument sehen (sorry, da kommt bei mir grad die Psychologiestudentin raus).
„Wie beurteilt Ihr die Bücher?“ – ja, in Bezug auf was denn? Das was Du ansprichst, kann man nicht mit einer einzigen Frage erfassen. Deshalb bestehen gute Fragebögen ja auch immer aus vielen Fragen, die sogar denselben Aspekt mehrmals erfassen, nur immer ein klein wenig anders formuliert und dann auch noch mal genau anders herum formuliert.
Ich finde die monatlichen Umfragen ganz witzig und beteilige mich auch daran, aber ich für allzu aussagekräftig halte ich sie nicht, außer um zu schauen, was andere so lesen.
Ich hab zum Beispiel Jeffrey Eugenides „Middlesex“ mit + beurteilt, obwohl es mir nicht wirklich gefallen hat, aber für ein schlechtes Buch halte ich es auch nicht. Meine differenziertere und durchaus kritische Meinung kann man in dem entsprechenden Thread nachlesen.
lg Iris
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Mmh. Ich weiß nicht, ab wann man ein Vielleser ist, aber ich lese in jedem Fall heute weit, weit mehr als vor zwanzig Jahren. Ich packe ungefähr 70 Bücher im Jahr. Und ich bin sehr viel kritischer geworden; es gelingt weniger Büchern, mich wirklich zu beeindrucken. Ich achte wesentlich mehr auf das Wie, als auf das Was - viele Geschichten ähneln sich, viele Ideen sind schon umgesetzt worden, manch ein Scherz klingt langsam ziemlich abgedroschen. Viele Bücher ähneln sich. Schema-F-Thriller haben's bei mir außerordentlich schwer, inzwischen. Ein Buch muß wirklich originell sein, stilistisch, sprachlich, paradigmatisch etwas Neues bieten. Insofern würde ich sagen, von mir ausgehend: Viel lesen macht eher kritischer.
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Hallo His!
PMFJI
ZitatOriginal von Historikus
Nicht nur die Leser werden meines Erachtens kritikloser, sondern die gesamte Gesellschaft.
Anders kann ich mir nicht erklären, warum in allen Bereichen der Kultur jeglicher Blödsinn so erfolgreich ist.
Früher gab es auch Blödsinn, aber heute ist der auch noch erfolgreich.
Als ob das jemals anders gewesen wäre! Als ob es jemals eine Zeit gegeben hätte, in der die "große Masse" zu der niemand gehören will :grin, nicht dem Krempel den Vorzug vor der Kunst gegeben hätte. Es liegt schlicht und einfach daran, daß man Hochgeistiges ebensowenig permanent konsumieren kann wie Hochprozentiges!Den Umgang mit dem qualitativ Höherwertigen, mit der Kunst muß man lernen -- nebenbei bemerkt geht das auch nur, indem man viel liest.
Das Lernen ist allerdings gelegentlich auch mit etwas Mühe verbunden, wer auf einen hohen Berg will, muß viel Gewicht stemmen. Auch dazu ist niemand unentwegt bereit. Manche kaum. Andere überhaupt nicht.Aus diesen grundsätzlichen Haltungen eine historische Entwicklung des untergehenden Abendlandes zu erschließen, ist verdammt verwegen. Dasselbe Problem beklagte man schon zu allen Zeiten.
Mir kommt da immer das Bild von einem Haufen alter Athener, die am Straßenrand unter einer Platane sitzen und über die Jugend von heute schimpfen -- vor allem über diesen Perikles!
Vergiß diesen Kappes von einer Depravationstheorie!
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Ich muß Tom da irgendwie zustimmen. Ich kann da auch nur von mir selber sprechen. Je mehr ich meinen Buchkonsum gesteigert habe desto kritischer suche ich mir meine Bücher aus.
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Ja, ja der olle Hermann hat mich auch schon mal sehr nachdenklich gemacht.
Sofern ich seine Zeit hätte, würde ich mich wahrscheinlich auch öfter einer „gehobenen Lektüre“ hingeben.
Aber nach 8 Stunden und mehr am Bildschirm, tägliches beantworten von 40 und mehr Telefonaten zusätzlich zu der eigentlichen Arbeit und eine abendliche Lesestunde gen Mitternacht fehlt mir häufig die Konzentration. Auch klappt es nicht in Kantinen, S-Bahnen, Regionalzügen.
Also greife ich zu erzählten Geschichten, so wie es schon unsere Altvorderen am Lagerfeuer taten. Ich behaupte fast alles, was heute als „gehobene Literatur“ angesehen wird, hätte sie nur zu einem frühen Schlaf ermuntert, wenn nicht sogar zum Vertreiben des Erzählenden.
Und man bedenke auch: unser Gehirn denkt in Bilder und nicht in abstrakter Sprach. Als werden bildhafte Beschreibungen leichter aufgenommen.
Ich weiß auch nicht, was immer der Vergleich von Bananen und Birnen mit einander soll. Beides ist Obst. Und kein Bananenverfechter wird einen Birnenliebhaber überzeugen, dass er kritikloser ist, weil er viel Birnen isst, während der Bananen-Esser nicht das gleiche Volumen schafft.Und das Gejammer über den Untergang der Kultur nehme ich schon lange nicht mehr ernst, es sei denn jemand beweist mir, dass der Otto-Normal-Römer damals lieber Vergil und Ovid gelesen oder Cicero gelauscht hat, statt in den Circus Maximus oder ins Kolosseum zu gehen, Schlächtereien zu applaudieren und sich anschließend in einer Taverne die Nase zu begießen.
Die sogenannte „Masse“ hat es schon immer gegeben und sie will/kann nach einem harten Arbeitstag nur eines: „Unterhaltung“. Die Kultur überließ sie schon immer denjenigen, die dafür Zeit hatten.
„Unterhaltung wird ja auch eingesetzt, die „Masse“ von den eigentlichen Problemen abzulenken, bzw. deren Bedürfnisse in voraussehbare Rahmen zu lenken, damit sie dass tut, was ihre „Lenker“ von ihr erwarten.
Vieles von dem was heute als „Kultur“ gesehen wird, war möglicherweise bei der Entstehung als Unterhaltung gedacht und manches, was zu seiner Zeit als kulturelle Hochstehend angesehen wurde, nimmt heute niemand zur Kenntnis.
Was wirklich von unserer „Kultur“ bleiben wird, mögen die nächsten Generationen beurteilen.
Und wenn ich einige Themen hier verfolge, scheint es Normen zu geben:
Ein Nichtleser ist „ungebildet“
Ein Vielleser „kritiklos“
Wer „literarisches“ liest, ist ein Hüter der Kultur.
Leider scheint die Wahrnehmung des Menschen hauptsächlich auf das „Negative“ gepolt zu sein, sei es noch so wenig, als auf das „Postive“, das es viel häufiger gibt.
Statt über den Verfall zu jammern, wäre es einmal ganz nett hervorzuheben, was unsere Kultur an positivem hervorgebracht hat.
Aber wie war das in der unserer Kultur zugrundliegenden Religion: Lachen und Humor ist des Teufels, das Leid bringt alleine Heil.
Aber das ist ein anderes Thema.Ein Spruch hier hat mich an meine Mutter erinnert, die immer sagte: schlimm , schlimmer „ich hab's nur gut gemeint“
LG Dyke – bekannter Mensch, der Masse, der trotzdem seinen eigen Weg sucht.
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dyke - Du bekannter Mensch der Masse, der trotzdem seinen eigenen Weg sucht - magst Du Dich nicht langsam "ordentlich" anmelden?
Tut nicht weh, Deinem eigenen Stil kannst Du ja dennoch treu bleiben - und wir brauchen einfach noch ein paar kritische Geister, die aber keine Geister bleiben - kannst Du Dich nicht überwinden?
LG Baumbart
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Zitat
Original von Dyke
Und man bedenke auch: unser Gehirn denkt in Bilder und nicht in abstrakter Sprach. Als werden bildhafte Beschreibungen leichter aufgenommen.
Jetzt würde mich doch interessieren, warum in meinem Manuskript die konkreten Schilderungen gegen abstrakte Statements ausgetauscht wurden ...
Grübelnde GrüßeIris
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Also ich habe über diese Frage schon ein paar Mal nachgedacht und jetzt, nachdem ich gerade in diesem Jahr sehr viele Bücher gelesen habe (sehr viele für meine bisherigen Lesegewohnheiten) muss ich eher das Gegenteil behaupten. Denn desto mehr Bücher ich lese, desto kritischer werde ich. Ich suche nach immer guten Büchern, das stimmt wohl. Aber ich leuchte Bücher nach anderen Kriterien aus als ich es früher getan habe. Mit früher meine ich, bevor ich bei den Eulen eintraf. Hier habe ich viel gelernt über Bücher, habe viele Meinungen gelesen und denke eigentlich, dass man Bücher aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten kann und sollte. Denn ein Buch spricht jede Person auf eine andere Weise an, auch wenn jedem von uns der gleiche Inhalt begegnet.
Ich bin kritischer geworden, auf jeden Fall. Und nicht jedes Buch, das sich Buch nennen darf, ist gleich ein gutes Buch.