Band 1 des "Frederica-Quartetts"
- als da der Reihe nach wären:
Die Jungfrau im Garten / The Virgin in the Garden
Stillleben / Still Life
Der Turm zu Babel / Babel Tower
Frauen, die pfeifen / A Whistling Woman
Über das Buch
(bei amazon.de geborgt)
"Die Jungfrau im Garten" bildet den Auftakt zu einer Romanfolge, die am Beispiel der unterschiedlichen Lebenswege zweier Schwestern ein Spiegelbild der zweiten Hälfte unseres Jahrhunderts entwirft. Literatur und Historie werden kunstvoll miteinander verwoben, Moden, Zeitströmungen und gesellschaftliche Normen ebenso kritisch beleuchtet wie die Zwänge der fünfziger und die scheinbare Befreiung in den sechziger Jahren.
Über die Autorin
(dito)
A.S. Byatt ist 1936 in Yorkshire geboren und besuchte dort eine Quäker-Schule. Ihr Vater war zuerst Anwalt, später Richter. Sie studierte in Cambridge und am Bryn Mawr College. A.S. Byatt hat an der London University gelehrt, an der Central School of Art and Design und seit 1972 am University College in London. Seit 1983 hat sie das Lehramt aufgegeben, um sich ganz dem Schreiben zu widmen. A.S. Byatt hat drei Töchter und lebt in London.
Meinerseits noch herausgefunden: A. S. Byatt is die Schwester der Romanautorin Margaret Drabble, die mit Michael Holroyd ("Carrington") verheiratet ist, sowie auch die Schwester der Historikerin Helen Langdon, die eine grandiose Biografie über Caravaggio veröffentlicht hat.
Meine Meinung
Urlaubszeit - Lesezeit.
Für mich bedeutete dies im November, dass ich endlich Zeit und Muße hatte, die ersten drei Bände von Byatts "Frederica-Quartett" zu lesen - Band 4 hatte ich vor drei Jahren blind vom Grabbeltisch adoptiert und verschlungen.
Blesford, eine Kleinstadt in Yorkshire, in den 1950ern. Im Zentrum der Handlung steht die Familie Potter (laaange vor einem gewissen Harry P. ). Vater Bill ist Fachbereichsleiter an der privaten Blesford Ride School für Jungen, ein Intellektueller und ein Hitzkopf, dem seine Frau Winifred ziemlich verhuscht den Rücken freihält und sich aufopferungsvoll um die Familie kümmert. Die älteste Tochter Stephanie ist ebenso weich und warmherzig wie ihre jüngere Schwester Frederica - die Hauptheldin der gesamten Reihe - widerborstig und spröde. Nesthäkchen Marcus ist der Sonderling der nicht an extremen Charakteren armen Familie: er ist verschlossen und ein Einzelgänger, aber im Bereich der Mathematik ein kleines Genie.
Zu diesen Charakteren gesellen sich Alexander Wedderburn, Lehrer an Bills Fachbereich, aber auch Bühnenautor, und Daniel Orton, der Vikar des Städtchens, grobschlächtig, dunkel, unbeholfen, sowie eine Reihe von Nebenfiguren, von denen die meisten reichlich eigenwillig und nicht immer sympathisch sind, dafür aber umso lebendiger und echter wirken.
Alexanders neues Theaterstück über Königin Elisabeth I. soll in Blesford uraufgeführt werden, in einer prächtigen Inszenierung im Garten des örtlichen Herrenhauses. Die ehrgeizige Frederica bewirbt sich für eine Rolle, sicher auch, weil sie heimlich bis über beide Ohren in Alexander verliebt ist, ebenso wie ihre Schwester Stephanie, die aber von Daniel umworben wird - sehr zum Unwillen von Bill, der Daniel für ungebildet hält. Alexander hat jedoch eine Affaire mit der verheirateten Jennifer und damit genug eigene Sorgen, als dass er die Avancen der beiden Mädchen bemerken könnte...
Das ist der Ausgangspunkt des Romans; daraus spinnt und webt Byatt einen vielfarbigen, engmaschigen. dicht gemusterten Gobelin, der - typisch Byatt - detailreich die Entwicklung der einzelnen Gestalten und ihrer Beziehungen untereinander erzählt, im Laufe der Vorbereitungen zum Theaterstück, der Proben, der Aufführung und danach.
Byatt mutet dem Leser dabei einiges zu: denn die Romanhandlung, die Gedanken und Gefühle werden abwechselnd aus der Sicht der Protagonisten geschildert; manchmal findet dieser Perspektivenwechsel mitten im Absatz statt.
Ebenfalls typisch Byatt ist das Verflechten der fiktiven Charaktere mit Zeitgeschichte, mit Motiven aus der Literatur, Geschichte und Kunst, und das alles in einer Sprache, die nicht anders zu bezeichnen ist als "hinreißend".
Ein Buch, das unglaublich vielschichtig ist und mich von der ersten Seite in seinen Bann geschlagen hatte.
Ein grandioser Auftakt dieses Romanzyklus', der in seiner Gesamtheit nicht weniger ist als mein Lesehighlight 2008.