(Sub)vokalisieren

  • Ich mache gerade so ein 25-Tage-Programm für schnelleres Lesen (Ernst Ott: Optimales Lesen) und dabei bin ich auf diesen Begriff gestoßen.
    Ich schätze, die meisten wissen, was damit gemeint ist, aber erklärs dennoch mal kurz. Beim Vokalisieren wird der Text mehr oder weniger deutlich mit den Sprechwerkzeugen (Lippen, Zunge, Stimmbänder) mitgelesen. Beim Subvokalisieren hört man keinen Laut mehr, wobei auch hier "mitgesprochen" wird, allerdings nur geistig.
    Dies führt beides zu niedrigerer Lesegeschwindigkeit und geringerem Aufnahmevermögen.


    Das Vokalisieren war mir bekannt, aber das Subvokalisieren war etwas völlig neues für mich, und dadurch ziemlich erschreckend, da ich drauf gekommen bin, dass ich das auch mache.
    Wenn ich einen Text lese, spreche ich ihn geistig immer mit und das ist mir da eben zum ersten Mal aufgefallen.


    Nun ist mein Problem aber, dass dieses Buch diesen "Lesefehler" zwar benennt, allerdings keine Vorschläge bringt, wie man es sich abgewöhnt. Dadurch ist es auch schwierig für mich, dass Programm weiterzumachen, denn dies setzt gewisse Dinge voraus, die man, wenn man "subvokalisiert" nicht tun kann, wie z.B. Wortgruppen mit einem Blick aufzunehmen und zu erfassen.


    Wisst ihr vielleicht irgendwelche Möglichkeiten, wie man sich das abgewöhnt?

  • Nein, nein. Was du meinst wäre Vokalisieren.


    Ich weiß nicht wie ich das ausdrücken soll. Am besten zitiere ich das Buch:



    Ott, Ernst; "Optimales Lesen" (32. Auflage); S. 57 f.:


    Zitat

    Während beim Vokalisieren das Gelesene in irgendeiner Weise "lautvoll" mitgesprochen, vielleicht auch nur mitgebrummt wird, hört man beim Subvokalisieren keinerlei Laut mehr, kein Stimmwerkzeug bewegt sich, obwohl auch hier mitgesprochen wird, allerdings nur geistig.
    [...]Einmal kostet das geistige Mitsprechen beinahe ebensoviel Zeit wie das tatsächliche Mitsprechen mit Hilfe der Sprechwerkzeuge, zum anderen wird durch das geistige Wiederholen der einzelnen Wörter das Gehirn blockiert, es kann in diesem Augenblick nichts anderes mehr tun, ist also nicht frei, frühere Empfindungen und Wahrnehmungen, frühere Bilder zu reproduzieren, zu reproduzieren auf Grund des eben Gelesenen.
    Ein einfaches Beispiel soll das verdeutlichen. Im Text steht der Satz: Das Wasser im Topf ist heiß. Ein geübter Leser nimmt diesen Satz mit einem Blick auf. Der subvokalisierende Leser tastet Wort für Wort im Geist mit. Das ist falsch. Bleiben wir beim geübten Leser. Er nimmt den Satz also mit einem Blick auf. Das genügt noch nicht. Er muß den Satz verstehen, er muß sich vom geschilderten Zustand eine Vorstellung machen, ein Bild muß in ihm entstehen. [...]

  • Zitat

    Original von melancholy
    Ich weiß nicht wie ich das ausdrücken soll. Am besten zitiere ich das Buch:



    Ott, Ernst; "Optimales Lesen" (32. Auflage); S. 57 f.:


    Danke für das Zitat, melancholy. Das ist wirklich sehr interessant, da ich bisher keine wirkliche Vorstellung davon hatte, was (sub)vokalisieren ist und mir beim Durchlesen des Zitats klar geworden ist, das ich genau das mache, was dort beschrieben wird.


    Wäre wirklich super, wenn es irgendeine "Methode" geben könnte, um das abstellen zu können.

  • Ach herrje, mir fällt gerad auf, dass ich das auch mache. Und ich wundere mich warum ich (verhältnismäßig) langsam lese. Allerdings finde ich nicht, dass es ein "Lesefehler" ist - vielmehr genieße ich das Buch noch mehr dadurch. :-)
    Manchmal will ich aber schneller voran kommen und dann zwinge ich mich schneller zu lesen - das soll jetzt nicht heißen, dass ich mich nem Zwang oder so unterstelle, sondern einfach nur mal ne andere Methode versuche. Vielleicht funktioniert's ja!? Hab das noch nicht bewusst ausprobiert. :gruebel Einfach ein bissel Speed drauf legen - ich versuch das später auch nochmal und werd' an dich denken. :grin

    :lesend Ich lese gerade: "Carry On" von Rainbow Rowell und "Mansfield Park" von Jane Austen | SuB: 50

  • Ahso, Danke für die Erklärung.


    Hmm, Du liest also Wort für Wort den Satz und erst dann entsteht ein Bild vor Deinen Augen, wenn der Satz beendet ist. Sprich Du musst die Information erst aufnehmen und dann verarbeiten.


    Wie man das wieder ablegt ist eine sehr schwierige Frage. Damit habe ich mich noch nie befasst. Ich gehöre eher zu der Kategorie, die sofort Bilder haben. Ich kann mir zum Beispiel jede Telefonnummer nur über das Tastenfeld merken. Ohne Tastenfeld könnte ich sie niemals auswendig aufsagen. Ich speichere generell alles in Bilder ab. Auch Sprachen lerne ich so besser. Das geht auch schneller. Aber vielleicht ist das auch gar nichts was man abschalten kann und ist nur eine Veranlagung, so wie links und rechts Händer?

  • Zitat

    Original von LadyBrittany
    Ach herrje, mir fällt gerad auf, dass ich das auch mache. Und ich wundere mich warum ich (verhältnismäßig) langsam lese. Allerdings finde ich nicht, dass es ein "Lesefehler" ist - vielmehr genieße ich das Buch noch mehr dadurch. :-)
    Manchmal will ich aber schneller voran kommen und dann zwinge ich mich schneller zu lesen - das soll jetzt nicht heißen, dass ich mich nem Zwang oder so unterstelle, sondern einfach nur mal ne andere Methode versuche. Vielleicht funktioniert's ja!? Hab das noch nicht bewusst ausprobiert. :gruebel Einfach ein bissel Speed drauf legen - ich versuch das später auch nochmal und werd' an dich denken. :grin


    Ich denke einbißchen mehr Speed würde in dem Fall nicht helfen, weil Du dann die Story nicht mehr mitbekommst, wenn es tatsächlich so ist wie ich mir das vorstelle.


    Wenn da steht: Die Blume ist blau und wiegt im Wind.
    Dann stell ich mir beim Wort Blume schon die Blume vor und sie wird bei blau schon blau und bei wiegt im Wind, seh ich sie schon im Wind wiegen.


    Bei dem subvokalisieren, wie ich das jetzt verstanden habe aus dem Text, würde es bedeuten, daß Du Dir erst den Satz zu Ende lesen musst, um im Anschluss das Bild vor Deinem Auge zu haben. In der Zwischenzeit bin ich aber schon bei der bildlichen Verarbeitung des zweiten Satzes..weißt Du wie ich meine? Das würde das schneller Lesen auch erklären, weil ich es während des Lesens schon mir vorstelle, währen andere die das subvokalisieren erst die Info Wort für Wort aufnehmen müssen, um erst später das Bild zu projezieren.


    Ich kann mich jetzt auch irren, vielleicht habe ich es ja falsch verstanden..aber wenn dem so ist, hilft mit Speed lesen dann auch nicht, da Du dann mit den Bildern nicht mehr mitkommst und somit vielleicht die Hälfte des Textes auf der Strecke bleibt.


    Eine sehr interessante Betrachtung jedenfalls. :gruebel

  • Oh, das mach ich auch... allerdings nicht immer...
    Ich lese im Internet so oder bei wissenschaftlichen Texten, Vorlesungsskripte z.B. Wenn ich die gedanklich mitspreche, dann kann ich mich besser auf den Inhalt konzentrieren.


    Wenn ich ein Buch lese, dann mache ich das die ersten paar Sätze auch, aber irgendwann hör ich auf damit und bin in der Geschichte drin. Dann lese ich schneller.
    Bei englischsprachigen Büchern passiert das seltener, da lese ich oft komplett alles mit.


    Leider habe ich keine Idee, wie du dir das abgewöhnen kannst, aber zumindest weiß ich jetzt, wie das heißt, was ich da mache.

  • Zitat

    Original von Antilov
    Liest nicht jeder so? :wow


    Kann man anders lesen? :gruebel



    :lache Das war auch meine erste Frage. Aber offenbar nicht, ich hab auch meine Eltern und zwei Freundinnen gefragt. Und niemand wusste was ich damit meinte. Also hab ich sie mal was lesen lassen und ihnen gesagt, sie sollen darauf achten, wie sie die Sätze, die sie lesen, auffassen und ob sie sie gedanklich mitsprechen. Aber keiner von ihnen tat es :gruebel
    Vielleicht bewerte ich die ganze Sache einfach über, denn es wär mir weder von selbst aufgefallen, noch hätte es mich gestört, wenn es nicht mein "Speedreading" behindern würde...

  • Zitat

    Original von Sibel
    Ich denke einbißchen mehr Speed würde in dem Fall nicht helfen, weil Du dann die Story nicht mehr mitbekommst, wenn es tatsächlich so ist wie ich mir das vorstelle.


    Wenn da steht: Die Blume ist blau und wiegt im Wind.
    Dann stell ich mir beim Wort Blume schon die Blume vor und sie wird bei blau schon blau und bei wiegt im Wind, seh ich sie schon im Wind wiegen.


    Hm, da ist natürlich was dran. Allerdings weiß ich nicht so recht ob der Inhalt flöten gehen würde. Meine Theorie (die gerade mal zwei Minuten alt ist, also noch nicht ausgereift :lache) ist, dass man als Subvokalisierer (oder heißes Subvokalist? :gruebel) nicht unbedingt weniger schnell etwas aufnimmt. Das würde bedeuten, dass man ohne Subvokalisieren zwar kein greifbares Bild mehr vor dem inneren Auge hat, aber sehr wohl durch das Unterbewusstsein sich merken kann, dass sie Blume ja blau war. Schwierig, schwierig. :gruebel

    :lesend Ich lese gerade: "Carry On" von Rainbow Rowell und "Mansfield Park" von Jane Austen | SuB: 50

  • Zitat

    Original von melancholy
    Dadurch ist es auch schwierig für mich, dass Programm weiterzumachen, denn dies setzt gewisse Dinge voraus, die man, wenn man "subvokalisiert" nicht tun kann, wie z.B. Wortgruppen mit einem Blick aufzunehmen und zu erfassen.


    Meines Erachtens muss man doch genau das, nämlich Wortgruppen erfassen, erst lernen; das ist doch genau das, was einen schneller lesen lässt, wie kann es also eine Voraussetzung für das schneller-lesen-LERNEN sein?

  • Zitat

    Original von Bell
    Also ich glaub ja wohl ich spinne, das ist ganz normales lesen und hat nichts mit "Lesefehler" zu tun!


    Gruß, Bell


    Etwas krass ausgedrückt, aber so seh ich das auch. Schönen Gruß an den Herrn Ott, ich bin mit meiner Leseart glücklich. :rolleyes


    Ist nicht böse gemeint, melancholy :wave
    Viel Erfolg beim Abgewöhnen. Halt uns auf dem Laufenden :kiss

    With love in your eyes and a flame in your heart you're gonna find yourself some resolution.


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  • Ich "höre" auch jedes Wort, das ich lese.
    Aber ich habe nicht den Eindruck, dass das mein Lesetempo bremste.
    Und viel schneller als einen "Karl May" in gut zweieinhalb Stunden zu lesen, das muss, glaube ich, auch nicht wirklich sein.

    Wer einmal aus dem Schrank ist, passt nicht mehr in eine Schublade.
    Aber mein Krimi passt überall: Inge Lütt, Eine Bratsche geht flöten. ISBN: 978-3-89656-212-8. Erschienen im Querverlag

  • Zitat

    Original von melancholy



    :lache Das war auch meine erste Frage. Aber offenbar nicht, ich hab auch meine Eltern und zwei Freundinnen gefragt. Und niemand wusste was ich damit meinte. Also hab ich sie mal was lesen lassen und ihnen gesagt, sie sollen darauf achten, wie sie die Sätze, die sie lesen, auffassen und ob sie sie gedanklich mitsprechen. Aber keiner von ihnen tat es :gruebel
    Vielleicht bewerte ich die ganze Sache einfach über, denn es wär mir weder von selbst aufgefallen, noch hätte es mich gestört, wenn es nicht mein "Speedreading" behindern würde...


    Meinst du mit speedreading jetzt das "überfliegen"?

  • Bell : Naja, das ist es ja gerade. Das Wort-Gruppen-Aufnehmen lernt man schon, aber das ist halt recht schwierig, wenn man jedes Wort innerlich "mitlesen" muss. Ich glaube, dass man hört, was man liest ist ganz normal, aber dass man jedes einzelne Wort mitsprechen muss, nicht. Und letzteres ist eben mein Problem.


    Antilov : nein, das mein ich nicht ;-)http://de.wikipedia.org/wiki/Schnelllesen



    Ich will es mir prinzipiell auch gar nicht abgewöhnen. Bei einer normalen Lektüre lese ich in dem Tempo wie es mir eben am besten passt.
    Mir geht es aber um sachbezogene Texte. Das ist auch der Grund, warum ich das mache. Ich habe nämlich große Schwierigkeiten, sachliche Texte, die mich nicht hundertprozentig interessieren zu verstehen. Ich lese sie sehr langsam, in der Meinung, mir dadurch besser ein Bild machen zu können, dabei schweifen meine Gedanken ab, ich lese zwar weiter, bin aber eigentlich ganz wo anders. Wenn mir das dann auffällt, gehe ich soweit zurück, wo ich aufgehört habe den Text gedanktlich mitzuverfolgen und lese ihn nochmals. Das Speedreading soll eben solche Abschweifungen verhindern und die konzentration steigern.

  • Zitat

    Original von melancholy
    Ich glaube, dass man hört, was man liest ist ganz normal, aber dass man jedes einzelne Wort mitsprechen muss, nicht. Und letzteres ist eben mein Problem.


    Jetzt habe ich Verständnisschwierigkeiten. Um das Gelesene im Kopf zu hören, muss ich doch jedes einzelne Wort mitsprechen, oder nicht? Da ist doch gar kein Unterschied.?


    Das Problem mit den langweiligen Sachtexten kenne ich gut. Da hilft es vielleicht eher, sich selbst Interesse vorzugaukeln, ohne Witz - dann kann man die Konzentration länger aufrecht erhalten.


    :wave

  • Naja, ich stell mir das halt so vor. Ich hab ja keine Ahnung wie es ist, nicht zu subvokalisieren ;-)



    Ich bin jetzt durch Google übrigens auf eine Methode gestoßen. Man muss auf jedenfall sein Lesetempo steigern, so dass man irgendwann mit dem inneren Lautlesen nicht mehr mit kommt. Und da gibt es eine ziemlich einfache, aber effiziente Übung:


    Man liest drei Minuten lang an einem Text und markiert eben bis wo man gekommen ist. Danach macht man 1-2 Minuten pause. Dann liest man den Text nochmal, diesmal muss man aber die gleiche Menge in 2 Minuten schaffen. Wieder Pause. Und dann das gleiche Prozedere in einer Minute.
    Hier wird das genauer erklärt und es gibt auch eine recht hilfreiche MP3-Datei zum runterladen ;-) http://www.allesgelingt.de/blo…dern_oder_beseitigen.html

  • ich hab mit Sachtexten ähnliche Schwierigkeiten, ich schweif da auch ganz oft ab. DAnke für den Link u die Erklärung melancholy, jetzt hab ichs sogar verstanden. :grin