Wie ich mich einmal in alles verliebte - Stefan Merrill Block

  • Ich habe mich sehr mit diesem Buch gequält, einerseits ist die erzählte Geschichte interessant, andererseits wirkt sie seltsam distanziert.


    Einige Passagen erinnern mich an Demenzerkrankte und den schwierigen Umgang mit Ihnen in unserer Familie. Trotzdem wollte der Funke nicht recht überspringen.


    7 von 10

  • Ein bißchen verwirrend ist der Anfang von Stefan Merill Blocks Roman. Da geht es zum einen um einen buckeligen Mann, der sich in die Frau seines Bruders verliebt. Abel erzählt die Geschichte aus der Rückschau, mittlerweile ist er alt und klammert sich mit aller Kraft an seine Farm, die von Enteignung bedroht ist. Zum anderen ist da Seth, ein Junge, dessen Mutter zunehmend verwirrter wird und offensichtlich an Alzheimer leidet. Beide erzählen ihre Geschichte, und man fragt sich, handelt es sich um die selbe Person, in verschiedenen Lebensphasen oder gibt es einen anderen Zusammenhang zwischen ihnen. Und dann gibt es zwischendurch immer wieder märchenhafte Erzählungen über Isidora, das Land des Vergessenes, sowie wissenschaftlich anmutende Abschnitte über die Entstehung einer Variante des Alzheimers, die besonders perfide ist, da sie bereits in den mittleren Jahren auftritt und nicht erst im fortgeschrittenen Alter. Diese Erkrankung zieht sich wie ein roter Faden durch den Roman und verbindet die verschiedenen Erzählstränge und Erzählweisen miteinander. Sehr kunstvoll verflechtet der Autor diese Geschichten miteinander.


    In diesem Roman über Alzheimer geht es weniger um die Betroffenen, als um die Angehörigen und wie sie versuchen, diesen Abschitt auf Raten zu verarbeiten. Dabei fällt es ihnen sehr schwer, die Krankheit zu akzeptieren. Zu traumatisch ist es, dass langsame Zerbrösseln des Geistes eines geliebten Menschens zu ertragen. Dazu kommt die quälende Frage, ob man das fatale Gen, das die Krankheit auslöst, womöglich selber in sich trägt. Block erzählt über die Gefühle der Betroffenen sehr einfühlsam.
    Wie in jedem guten Buch bedeutet die Krankheit mehr als nur ein Leidensweg. Sie steht im Roman auch als Metapher für eine Gesellschaft, in der nur die Zukunft zählt und alles Alte schnell an Wert verliert, der Geschichte eines Menschens der eines Ortes wenig Wert beigemessen wird.


    All das beschreibt Block leichtfüssig und sehr süffig lesbarer Form.

  • Mir hat´s auch gut gefallen, vor allem der Erzählteil mit Seth ist richtig gut gelungen. Wie die beiden Hauptstränge zusammenhängen, läßt sich zwar früh erahnen, dennoch hatte ich bis zum etwas pathetischen Ende meine Freude an diesem Roman. An manchen Stellen wirkt der Text stark konstruiert und überfrachtet, was den guten Gesamteindruck aber nicht allzu drastisch schmälert.
    Angenehmer Schreibstil, übersichtlicher Aufbau, Witz, Ernsthaftigkeit, Melancholie, Liebe - eine gute Mischung.

  • Was hat ein einsamer, alter Buckliger gemeinsam mit einem unsicheren 15-Jährigen und einer scheint´s dementen mittelalten Frau? Ja, genau: mittelalt.


    Aufgeteilt in zwei Erzählstränge (eigentlich sogar drei), erfahren wir es also abwechselnd von Abel, dem Buckligen und Seth, dem 15-Jährigen.


    Irritiert vom deutschen Titel, der einfach nur den Namen des ersten Kapitels übernimmt, habe ich mich also doch herangewagt an diesen Roman, gespickt auch mit wissenschaftlichen Bröckchen über die Frühform des Alzheimers.


    Und bin belohnt worden mit einer ziemlich schönen, wenn auch traurigen Geschichte, der ich eigentlich noch mehr Leser wünschen würde.


    Mir hat das Buch gut gefallen und ich gebe sehr gern 8 Punkte.

    „An solchen Tagen legt man natürlich das Stück Torte auf die Sahneseite — neben den Teller.“