Das Spiel des Engels - Carlos Ruiz Zafon

  • Ich halte grundsätzlich bei Nachfolgern von besonders erfolgreichen Büchern meine Erwartungen niedrig. Autoren sind auch nur Menschen und unter solch einem Druck bekommen die wenigsten einen Nachfolger auf gleich hohem oder gar höherem Niveau hin. Auf Grund der verhaltenen Eulenrezis habe ich hier meine Erwartung sogar noch weiter nach unten gesetzt und muß nun sagen: so schlecht war es doch gar nicht!


    Eigentlich war es sogar wirklich gut. Sicher, es hatte bei mir nicht die Sogwirkung von "Der Schatten des Windes" und die letzten 5 Seiten hätte sich der Autor schenken können, aber ansonsten hat es mir wirklich gefallen. Die Atmosphäre ist wirklich einzigartig, düsterer als im Vorgänger und das dunkle Cover der Clubausgabe hebt dies m.E. auch sehr gut hervor.
    Bei "Das Spiel des Engels" merkt man deutlich, daß der Autor der spanischen/südamerikanischen Erzähltradition des magischen Realismus´verhaftet ist und ich glaube, damit hat der deutsche Leser mehr Probleme als beispielsweise das spanische Publikum, bei dem das Buch ja ganz gut angekommen sein soll.



    Wie gesagt, den Nachklapp hätte ich nicht gebraucht, ich empfinde die Rückkehr Cristinas jedoch keinesfalls als noble Geste Corellis (er sagt ja auch es sei gleichzeitig seine Rache): wie schwer muß es sein einem geliebten Menschen beim Altern, ja beim Leben und auch beim Sterben zu zu sehen und selbst nicht altern zu können, sprich: ein Stück weit ausgeschlossen zu sein?


    Insgesamt habe ich das Buch genossen, obwohl ich derzeit lesetechnisch sehr sehr wählerisch bin. Ich freue mich jetzt schon auf den ersten von drei erscheinenden Jugendromanen des Autors, welcher im September rauskommt.

    Ich weiß nicht, was das sein mag, das ewige Leben.
    Aber dieses hier, das diesseitige, ist ein schlechter Scherz. (Voltaire)

  • Ich habe das Buch nun nach ,,Wochen" beenden können und muss leider sagen, dass ich nun froh bin, dass es zu Ende ist. Ich fand es zwischendurch sehr nett geschrieben, der Schreibstil gefiel mir wunderbar aber die Spannung ließ tatsächlich zu Wünschen übrig. Manche Passagen sind meiner Meinung nach unnütz in die Länge gezogen, wo dann leider auch die schöne Sprache nicht mehr allzu viel nützt. Das ganze als die Hälfte ausgemacht wäre es ein wunderbares Werk geworden; aber so - nein danke.

  • Habe das Buch gestern beendet und bin erleichtert. Nicht, weil es mir nicht gefallen hätte. Ich finde die Sprache toll und auch die Geschichte hat mich gefesselt. Allerdings hat es sich doch ein wenig hingezogen und auch ich teile das Gefühl vieler anderer Leser, ein wenig ratlos zurückgelassen worden zu sein. Insgesamt mag ich die dunkle Atmosphäre, die der Autor schafft und auch die Beschreibungen Barcelonas finde ich großartig. Dennoch - "Der Schatten des Windes" hat für mich ein größeres Lesevergnügen bedeutet.

    Nur eines ist vergnüglicher als abends im Bett, vor dem Einschlafen, noch ein Buch zu lesen - und das ist morgens, statt aufzustehen, noch ein Stündchen im Bett zu lesen.
    - Rose Macaulay -

  • Ein sprachlich brillantes Buch, das inhaltlich zwar leider etwas hinter "Der Schatten des Windes" zurückbleibt, aber für mich doch nicht so enttäuschend ist, wie es manch andere hier erlebt haben. Die düstere Atmospähre fand ich toll, ebenso die spritzigen und teils witzigen Dialoge, auch das Wiedersehen mit dem "Friedhof der vergessenen Bücher" gefiel mir gut. Ich könnte nicht behaupten, daß es überhaupt keine Sympathieträger in diesem Buch gibt, da bieten sich doch Isabella und der alte Sempere an, wenngleich die beiden natürlich keine Hauptfiguren darstellen. Zur Auflösung des Ganzen kann ich mich Blubbie und Nell anschließen, genau dieselben Gedanken habe ich mir auch gemacht und bin zum selben Ergebnis gekommen. Warum hier allerdings vor allem anfangs die Vermutung laut wurde, Corelli könnte ein Vampir sein, versteh ich nicht. Die religiösen Monologe störten mich ehrlich gesagt nicht, war es doch durchaus interessant, der geschliffenen Rhetorik zu folgen. Insgesamt ein gutes Buch, das einigen Raum für Interpretationen offenläßt und durch das "große Sterben" wohl viele Leser vor den Kopf stößt, mir jedenfalls hats größtenteils gefallen - 8 Punkte.

  • Ich fand das Buch fesselnd und gut zu lesen - inhaltlich schließe ich mich den Vorschreiberlingen an, da ich den herrlich logischen Schluss vom Schatten des Windes vermisst habe. Da Zafon nun aber durch dieses Ende Leserinnen und Leser ins Spekulative und Nachdenkliche zwingt, habe ich wie viele hier dieses Gedankenspiel angenommen.


    Ich teile dabei die Auffassung, dass es sich bei Corelli um einen Engel handelt - und das nicht nur, weil der Titel offenbar eine Tätigkeitsbeschreibung von Corellis Handeln ist. Ich möchte versuchen den vorhandenen Spekulationen dabei noch eine weitere, gewagtere hinzuzufügen. Den Schlüssel bildet dabei der Name Andreas Corelli selbst, da ich der Meinung bin, dass er mit Bedacht gewählt ist, sonst hätte er ihm auch einen spanischen oder zumindest einen französischen Namen verpassen können.
    Wenn man nun nach bekannten Corellis sucht, kommen meines Erachtens zwei als Namensgeber in Betracht:


    1) Arcangelo (dt.: Erzengel) Corelli
    Ein italienischer Komponist, der sein erstes Werk seiner Mäzenin Königin Christina von Schweden widmete.
    Was untermauern würde, dass CRZ die Figur als Engel angelegt hat. Allerdings war "Andreas" kein Erzengel, sondern Apostel.


    2) Franco Corelli
    Ein italienischer Sänger, der auch als Tenor im Faust aufgetreten ist. Dem Mephisto fällt in dieser Oper allerdings der Bass zu, sodass keine Übereinstimmung besteht.
    Der Vorname Franco könnte ebenfalls ein Grund für die Auswahl dieses Namens sein.


    Allerdings kann man bei solchen Namensspielereien auch leicht auf falsche Fährten kommen - doch ein bisschen Spinnerei hat noch niemandem geschadet und ist wahrscheinlich sogar gewollt ;)


    Hier noch die Links zu einem interessanten Interview zum Buch:
    http://www.y o u t u b e.com/watch?v=7fbYcP_TpIo
    http://www.y o u t u b e.com/watch?v=5JwAXOZB53Q
    http://www.y o u t u b e.com/watch?v=fTxLv6nIEBA
    http://www.y o u t u b e.com/watch?v=dM9Whe-apxk
    (Bitte bei youtube die Leerzeichen entfernen)

  • Zitat

    Original von Steena
    Im März 2010 kommt ein Taschenbuch! :wave


    Danke! Das ist gleich auf meine Wunschliste gehuscht. Das Hardcover ist mir zu teuer, zumal ich jetzt schon oft gehört habe, dass "Das Spiel des Engels" nicht an "Der Schatten des Windes" rankommen soll...

  • Schwere Kost, dieses Buch! Es war mir einfach zu düster, und das stetig steigend von Anfang bis Ende. Ich bin derselben Ansicht wie Mankell, was die Dialoge angeht, die waren anfangs noch witzig, und daher hatte ich die Hoffnung, es könnte noch besser werden.


    lesend_smilie_0043.gif " Bittere Schokolade" von Tom Hillenbrand


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  • Nachtrag ;-):


    Nachdem ich das Buch einen Tag hab sacken lassen, meine ich, ich müßte ihm doch mehr Gerechtigkeit widerfahren lassen.
    Es hat mich doch noch weiter beschäftigt, und dann kam die Erkenntnis: Es war nicht alles soooo schlecht. Die Idee mit dem Friedhof der vergessenen Bücher fand ich sehr schön. Ein Ort, an dem alle Bücher auf diese Weise bewahrt werden....toll!
    Und als Bücherfreund(eule) fühlt man sich vom Autor verstanden. So, wie er über Bücher schreibt, scheint auch er sie wirklich zu lieben. Allein aus diesem Grund möchte ich noch mehr davon lesen. :-)

  • Puh. Endlich durch. Die ersten 300 Seiten fand ich klasse, aber dann zog es sich und am Ende hab ich nur noch quer gelesen. 200 Seiten weniger hätten auch nicht geschadet. Ich habe eben den Thread hier durchgelesen und da stellte sich die Frage, wer Corelli war. Das Komische ist, dass ich von Anfang an eine Idee hatte, die ich ohne den Thread her auch nie in Frage gestellt hätte und zwar, dass


  • Ich habe das Buch gestern beendet. Ich fand es nicht schlecht, es las sich flüssig, die Handlung war in sich schlüssig, auch wenn mich das Ende etwas enttäuscht hat. Dafür und für die Tatsache, dass es irgendwie keinen nachhaltigen Eindruck bei mir erzeugt hat, was ich bei solchen Büchern eigentlich erwarte, wenn sie gut sind, gibt es drei Punkte Abzug. Einen Pluspunkt gibt es wiederum für die wunderschöne Sprache :)


    Macht unterm Strich 8 Punkte von mir :-]



    LG,
    Bücherjunky

  • Zitat

    Original von Seerose
    Auch hier beschleicht mich der Verdacht, dass der Autor möglichst viel in diesen mit Spannung erwarteten Nachfolger von „Der Schatten des Windes“ packen wollte und dabei über sein Ziel hinausgeschossen ist.


    Ich bin sehr traurig, das ich zugeben muss, das ich das genau so sehe.
    "Der Schatten des Windes" ist mein erklärtes Lieblingsbuch. Die Erwartung an den Nachfolger war sehr hoch - und ... naja... Zwischendurch ging mit beim Lesen die Luft aus, aber ich hab weiter gemacht ... und laaaange, laaaange über das Ende nachgedacht... das nämlich hat mich umgehauen...

  • Zafons Roman "Das Spiel der Engel" ist eine Mischung aus Liebesgeschichte und mysthisch-phantastischer Kriminalgeschichte. Obwohl der Autor versucht die beiden Elemente zu verknüpfen, wirkt das ganze doch irgendwie unausgegoren, als hätte man zwei Romane zusammengepackt. Insgesamt ist das Buch viel zu überladen, wodurch auch Zafons Talent für interessante Figuren ein wenig verloren geht. Weniger wäre in diesem Fall sicher mehr gewesen. Mir war die Geschichte auch viel zu mystisch angehaucht und das Ende, wo es dem Autor nicht gelingt die verschiedenen Fäden zusammenzubringen, fand ich richtig doof.
    Für mich halbwegs gerettet haben das Buch die wirklich witzigen und rasanten Dialoge und die schönen Beschreibungen von Barcelona, auch wenn man die aus "Der Schatten des Windes" auch schon kennt.
    Kann man lesen, muss man aber nicht...

    :lesend Walter Kempowski "Das Echolot"

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  • Zitat

    Original von Lucy1987
    Ich habe das Buch nun nach ,,Wochen" beenden können und muss leider sagen, dass ich nun froh bin, dass es zu Ende ist. Ich fand es zwischendurch sehr nett geschrieben, der Schreibstil gefiel mir wunderbar aber die Spannung ließ tatsächlich zu Wünschen übrig. Manche Passagen sind meiner Meinung nach unnütz in die Länge gezogen, wo dann leider auch die schöne Sprache nicht mehr allzu viel nützt. Das ganze als die Hälfte ausgemacht wäre es ein wunderbares Werk geworden; aber so - nein danke.


    So ähnlich erging es mir auch, obwohl ich das Buch innerhalb kurzer Zeit gelesen habe, da ich enifach hoffte, irgendein Highlight käme noch. Dieses blieb dann aber leider aus... Nachdem ich von dem Schatten des Windes einfach nur begeistert war, muss ich mir nach dem Spiel des Engels ernsthaft überlegen, ob ich mir nochmal ein Buch von Zafon antue...

  • Ein Buch, das man gut finden könnte, hätte man nicht zuvor den "Schatten des Windes gelsen" So wird es doch eher zum billigen Abklatsch und der Fantasy-Autor macht sich zu deutlich bemerkbar.
    Schade, Zafon kann sicher mehr; gut; er ist noch jung und kann es noch beweisen.

    "Hebt eure Prinzipien für die wenigen Augenblicke im Leben auf, in denen es auf Prinzipien ankommt. Für das meiste genügt ein wenig Barmherzigkeit."
    (Albert Camus)