Das Spiel des Engels - Carlos Ruiz Zafon

  • # Gebundene Ausgabe: 720 Seiten
    # Verlag: S. Fischer; Auflage: 1 (10. November 2008)
    # Sprache: Deutsch
    # ISBN-10: 3100954009
    # ISBN-13: 978-3100954008
    # Größe und/oder Gewicht: 21,4 x 13,8 x 4,8 cm


    Klappentext


    Barcelona in den turbulenten Jahren vor dem Bürgerkrieg: Der junge David Martín fristet sein Leben als Autor von Schauergeschichten. Als ernsthafter Schriftsteller verkannt, von einer tödlichen Krankheit bedroht und um die Liebe seines Lebens betrogen, scheinen seine großen Erwartungen sich in nichts auszulösen. Doch einer glaubt an sein Talent: Der mysteriöse Verleger Andreas Corelli macht ihm ein Angebot, das Verheißung und Versuchung zugleich ist. David kann nicht widerstehen und ahnt nicht, in wessen Bann er gerät - und in welchen Strudel furchterregender Ereignisse.



    Autor


    Carlos Ruiz Zafon wurde 1964 in Barcelona geboren, wuchs im Schatten von Gaudis Kathedrale Sagrada Familia auf und besuchte die gotische Jesuitenschule von Sarria. Deren wuchernde Architektur regte schon den 10-jährigen zu Schauergeschichten an und inspirierte ihn bis heute zu seinen kunstvoll konstruierten Romanhandlungen. Zunächst als Werbetexter tätig, arbeitete er von 1994 bis 2004 als Drehbuchautor und Journalist in Los Angeles. Sein Roman "Der Schatten des Windes" wurde in mehr als 30 Sprachen übersetzt.



    Meinung


    Die Geschichte spielt von 1917 bis zum Ende der Weltausstellung in Barcelona 1929.


    In einer unglaublichen Sprache erzählt Zafon die Geschichte von David Martin, einem verkappten Autor, dessen Talente beim Schreiben von Schundromanen auf der Strecke bleiben.


    Der Protagonist erzählt aus seiner eigenen Perspektive.
    Man trifft alte Bekannte wieder, die das Buch als chronologischen Vorgänger von „Der Schatten des Windes“ erkennen lassen.


    Was als verheißungsvoller Roman mit unendlich vielen Möglichkeiten beginnt und zunächst längst nicht so düster wie sein Vorgänger zu sein scheint, mündet bereits im ersten Viertel zu einem irrealen mystischen Durcheinander.
    Oft hatte ich den Eindruck, dass der Autor zu schnell zu solchen „Unerklärlichkeiten“ greift, um der Geschichte eine passende Wendung zu geben. Darauf hätte er gut und gerne verzichten können.
    Als Leser muss man demnach zu viele irreale Wendungen hinnehmen, die an Logik und Glaubwürdigkeit zweifeln lassen.


    Die Sprache allerdings entschädigt für alles Kritikwürdige im Roman:
    Sie ist so eindringlich, ausdrucksstark und teils sehr humorvoll, dass es ein echter Genuss ist.


    Für mich persönlich hatten die Beschreibungen von Barcelona in vielen Details einen ganz besonderen Reiz. Des Autors Herz hängt an dieser Stadt.


    Das fulminante Ende hat mich dann vollends in Verwirrung gestürzt, und die Auflösung ist ziemlich skurril, aber vielleicht hab ich auch was nicht verstanden…


    Das Buch ist ähnlich komplex wie sein Vorgänger, bleibt aber von den Erwartungen her vom Inhalt weit zurück.




    Fazit:


    Wer „Der Schatten des Windes“ gerne gelesen hat, kommt sicher an diesem Buch nicht vorbei und wird von dessen Sprachgewalt begeistert sein, sollte sich aber auf einen schwacheren Inhalt einstellen, der an seinen Vorgänger nicht heranreicht.

  • So, ich habe es auch durch. Hier ist meine Meinung:


    „Der Schatten des Windes“ hat viele Leser begeistert. Entsprechend hoch waren die Erwartungen bei Zafóns neuem Roman, zumal der Autor angekündigt hatte, dass sein neues Werk im gleichen Umfeld wie sein Vorgänger spielt.


    Rein zeitlich gesehen ist „Das Spiel des Engels“ eine Vorgeschichte zum „Schatten des Windes“. Einer der Handlungsstränge erzählt die Geschichte der Eltern von Daniel Sempere, des Protagonisten des ersten Buches. Auch der Friedhof der vergessenen Bücher spielt wieder eine Rolle. Neben diesen inhaltlichen Übereinstimmungen sind sich die beiden Bücher aber auch bezüglich des Aufbaus und der Struktur ausgesprochen ähnlich. Was beim ersten Mal ja noch sehr gelungen war und unter anderem auch den Reiz des Buches ausmachte, verliert in der Wiederholung viel von seiner Wirkung.


    Die erzählte Geschichte ist aber zum Glück, trotz aller Ähnlichkeiten im Aufbau, eine andere. Zafón erzählt die Geschichte von David Martín, einem Journalisten bei einer kleinen Zeitung in Barcelona. In einem etwas dubiosen Verlag bekommt er die Chance, sich mit einer schriftstellerischen Tätigkeit den Unterhalt zu verdienen. Dafür muss er allerdings, gebunden durch einen langjährigen Knebelvertrag, wöchentlich einen billigen Fortsetzungsroman abgeben, der unter einem Pseudonym erscheint – reine Lohnschreiberei also. Als er die Möglichkeit wahrnimmt, einen eigenen Roman ohne jede Vorgabe zu veröffentlichen, wird dieser, im Gegensatz zu den sehr erfolgreichen Fortsetzungsromanen, von der Leserschaft weitgehend ignoriert und von der Kritik verrissen. Zu allem Überfluss diagnostiziert ihm sein Arzt einen Hirntumor und eine weitere Lebenserwartung von maximal einem Jahr. Kurz gesagt, er ist am Ende.


    In dieser Situation tritt der geheimnisvolle Verleger Andreas Corelli in sein Leben. Dieser bietet ihm einen Vertrag an, in dem er gegen eine große Summe Geld ein Buch über eine neue Religion nach den Vorgaben Corellis schreiben soll. Nach Unterzeichung es Vertrags geht nicht nur das Verlagsgebäude in Flammen auf, bei dem David noch auf Jahre hinaus vertraglich gebunden war und verbrennt sowohl sämtliche Unterlagen als auch die beiden Verleger, auch Davids Gesundheit ist auf wunderbare Weise wieder hergestellt (Faust lässt grüßen). David lässt die wundersamen Ereignisse nicht auf sich beruhen und beginnt Nachforschungen über Corelli anzustellen, dessen Geheimnis irgendwie mit dem Vormieter des von David bewohnten Hauses zu tun hat („Der Schatten des Windes“ lässt grüßen).


    Dieses düstere „Haus mit dem Turm“, von dem David das Gefühl hat, es hätte sich ihn als Bewohner ausgesucht, statt umgekehrt, ist für mich das schönste Motiv in diesem überladenen Roman. An diesen Stellen gelingt es dem Autor auch, eine gewisse Atmosphäre zu schaffen. Ansonsten hat mich der Roman seltsam unberührt gelassen. Der einfache Satzbau und die, schon in anderen Rezensionen bemängelten, schiefen Vergleiche, die den Lesefluss immer wieder hemmen, lassen den Leser nie so richtig in diese beschriebene Welt eintauchen.


    Die schlimmsten Szenen waren für mich die philosophischen Gespräche über die Religion. Diese sind für den Fortgang der Handlung unerheblich und schlicht langweilig. Auch hier beschleicht mich der Verdacht, dass der Autor möglichst viel in diesen mit Spannung erwarteten Nachfolger von „Der Schatten des Windes“ packen wollte und dabei über sein Ziel hinausgeschossen ist.

  • Danke für Deine Beurteilung, Seerose.


    Ich warte gespannt auf viele Meinungen von Euch!


    Zitat

    dass der Autor möglichst viel in diesen mit Spannung erwarteten Nachfolger von „Der Schatten des Windes“ packen wollte und dabei über sein Ziel hinausgeschossen ist.


    genauso habe ich es auch empfunden. Es passiert so wahnsinnig viel, dass es für all dies eine Menge Erklärungen und Auflösungen bedurft hätte.
    Aber all die offenen Fragen "verpuffen" beim überlasteten Leser. Weniger wäre hier oft mehr gewesen.



    Das Buch bietet Raum für viele Diskussionen, Spekulationen, sprich eigene Fantasien.
    Hast Du auch diese Eindrücke, Seerose?

  • Zitat

    Original von Anton


    Das Buch bietet Raum für viele Diskussionen, Spekulationen, sprich eigene Fantasien.
    Hast Du auch diese Eindrücke, Seerose?


    Ja, auf jeden Fall bietet es viel Diskussionsstoff.
    Mir sind auch beim Schreiben der Rezi, d.h. beim Reflektieren des Buches noch einige Sachen aufgefallen, die mir während des Lesens gar nicht bewußt waren. Aus dem Stoff ist sicher eine Menge rauszuholen.
    Ist da nicht auch eine Leserunde geplant? Die wird sicher spannend.
    Aber trotzalledem hat mir das Buch nicht so gut gefallen.


    Daß am Ende nicht alle offenen Fragen geklärt werden, hat mich persönlich nicht gestört. Für mich ist es in Ordnung, wenn nicht alle Geheimnisse gelöst werden.

  • Meine Meinung:


    So leid es mir tut, ich muss mich meinen Vorrednern anschließen.
    Das Spiel des Engels reicht nicht an die Qualitäten seines Vorgängers heran. Zwar war die Lektüre sprachlich und stilistisch ein Genuss, Ruiz Zafon ist ein Erzähler, dem es gelingt, Bilder vor dem inneren Auge heraufzubeschwören, ich konnte mir die Orte, an denen sich David Martin aufhält, die Menschen, mit denen er sich umgibt, genau vorstellen. Was diesen Roman ebenfalls auszeichnet, sind die düstere, bisweilen surreale Atmosphäre und die griffigen Dialoge, in denen einiges an Esprit liegt.


    Was die Figurenzeichnung angeht, war ich weniger zufrieden. Mit Fermin hat Ruiz Zafon in Der Schatten des Windes eine Figur geschaffen, deren Unverwechselbarkeit und Potenzial als Sympathieträger so groß ist, dass man sich noch lange nach Abschluss der Lektüre schmunzelnd daran erinnert. In Das Spiel des Engels sucht man vergebens nach einem solchen Charakter. David Martin selbst scheint zu Beginn des Romans ein sympathischer junger Kerl zu sein, seine Wandlung zum misanthropischen Eigenbrötler vollzieht sich - wenngleich nicht unmotiviert - sehr ruckartig und plötzlich, zu abrupt, um mir glaubwürdig zu erscheinen.


    Zudem hat dieser Roman Längen, nicht zuletzt zählen dazu die ausschweifenden Monologe, die Corelli über die Religion an sich und deren Bedeutung für die Menschheit hält (ich habe mich dabei ein wenig an die immer wiederkehrenden Diskussionen hier im Forum erinnert gefühlt :lache). Eine Kürzung um ca. 100 Seiten würde dem Buch jedenfalls m. M. n. nicht schaden ...


    Zudem, es wurde ja bereits bemängelt, sind es die losen Fäden, mit denen der Leser am Ende dasitzt, die mich gestört haben. Denn die scheinen mir weniger eine Aufforderung an denselben zu sein, sich eigene Geanken zu machen, als eher ein Versäumnis des Autors, der am Schluss des eigenen überfrachteten Stoffs nicht mehr ganz Herr wurde ...


    Zwar blieb Das Spiel des Engels hinter meinen Erwartungen zurück und hat somit enttäuscht, der Roman hat mir allerdings auch ein paar wohlig-schaurige Lesestunden beschert und mich in eine fremde Welt abtauchen lassen. In Verbindung mit einem ansprechenden Stil reicht das für 7 Punkte.

  • Zitat

    David Martin selbst scheint zu Beginn des Romans ein sympathischer junger Kerl zu sein, seine Wandlung zum misanthropischen Eigenbrötler vollzieht sich - wenngleich nicht unmotiviert - sehr ruckartig und plötzlich, zu abrupt, um mir glaubwürdig zu erscheinen.


    Die "Wandlung" des David ist mir auch aufgestoßen und erschien mir nicht ganz nachvollziehbar.
    Natürlich vergingen während dieser Entwiklung einige Jahre, aber als Leser kommt man da nicht ganz hinterher.
    Zu Beginn des Romans errötet und stottert er ständig, wenn er angesprochen wird und bekommt die Zähne kaum auseinander - da war er mir auch sympatisch - um im Verlauf der Geschichte zusehens zum "Misanthrop",wie Du so schön sagst, zu werden. Ganz besonders fiel mir das in seinem Umgang mit Isabella auf. Sie war für mich ein sympatische Figur.

  • Wow... was soll man dazu sagen?
    Ich fand das Buch ab der ersten Seite schon super. Es gehört auf alle Fälle zu meinen Top 5.
    Jedoch könnte ich jetzt noch nicht mal sagen, welches von den beiden Büchern wirklich besser ist. Leider ist die Erinnerung an die Schatten der Winde nicht mehr so groß, aber ich werd es ja bald nocheinmal lesen. Ich weiß nur, dass es dort ein paar längere Durststrecken gab.
    Ich wollte aber auch keinen Vergleich der Bücher machen. Es sind zwei eigenständige Geschichten, die der vielleicht der ein oder andere Ort sich wiederspiegel oder Personen auftauen.
    Diese düstere Atmosphäre des Buches hat mir gefalle. Das Buch kann man viel eher als einen düsteren Krimi oder so etwas einordnen. Bellerisik find ich passt hier weniger.
    Dennoch bleiben am Ende einige Fragen offen. Mystisch.
    Aber wer weiß, es sind ja noch zwei weitere Bücher geplant die sich um den Friedhof der Vergessenen Bücher dreht. Vielleicht wird dann doch noch das ein oder andere geklärt?
    Ich bin gespannt und hoffe, dass man nicht wieder so lange auf das nächste Buch warten muss.

  • Mich hat das Buch ehrlich gesagt ziemlich enttäuscht - meiner Meinung nach kommt es überhaupt nicht an "Schatten des Windes" heran...insbesondere inhaltlich.
    David macht in dem Buch einige Wandlungen in seiner Persönlichkeit durch, die ich einfach nicht nachvollziehen kann. Überhaupt kann ich viele Dinge nicht nachvollziehen, am Ende stehen einfach zuviele offene Fragen im Raum - und das Ende hat für mich auch vollkommen das Bild von Andrea Corelli zerstört.
    Genauso finde ich es fraglich, ob man wirklich

    "Es gibt einen Fluch, der lautet: Mögest du in interessanten Zeiten leben!" [Echt zauberhaft - Terry Pratchett]

  • Ehrlich gesagt: Keine Ahnung - wie gesagt sind für mich einfach zuviele Dinge offen geblieben. Was ich nur meinte, war das folgende:



    Ansonsten weiß ich auch nicht so recht, was die Handlungsmotive von Corelli sein sollen. Zunächst dachte ich ja einfach Macht an sich zu reißen - aber das würde dem Ende widersprechen... oder eben irgendein überirdisches Wesen - keine Ahnung...


    Deshalb hat mich das Buch eigentlich auch so enttäuscht. Bei diesen ganzen Fragen sehe ich überhaupt keine richtige Aussage in dem Buch...

    "Es gibt einen Fluch, der lautet: Mögest du in interessanten Zeiten leben!" [Echt zauberhaft - Terry Pratchett]

  • Ich habe es gerade durchgelesen und bin auch eher enttäuscht :-(
    Zu Beginn dachte ich noch, es könnte mit dem ersten Buch mithalten, doch dann empfand ich die Geschichte als immer verworrener. Ich hatte dann noch auf eine befriedigende Auflösung gewartet, aber die kam leider nicht.
    Mir war es im Endeffekt zu fantastisch, auch wenn es mir sprachlich gefallen hat und die Dialoge zum Teil recht komisch waren.
    Die Geschichte konnte mich nicht überzeugen, schade.
    Wie ich Corelli einordnen soll, keine Ahnung :gruebel

  • Eskalina, lass Dich nicht davon abbringen. Vielleicht erreicht Dich das Buch ja ganz anders. Bei Amazon gibt es sehr viele begeisterte Leser.
    Es sind ja auch sehr, sehr schöne Stellen im Roman, die Dir bestimmt gefallen werden. Wenn Du Zafons erstes Buch mochtest, musst Du Dich einfach darauf freuen.
    Ich werde es sicher auch noch mal lesen, ganz ohne Druck - vielleicht in der Leserunde...

  • Ich habe in das Hörbuch reingehört und es klingt schon mal sehr spannend. Da mir das Buch zu teuer ist, habe ich es in der Bücherei vorbestellt und lass mich einfach mal überaschen.

    Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht. (Abraham Lincoln, 12.02.1809 - 15.04.1865)