Pressemitteilung - Autorenforum hinter Gittern

  • Liebe Eulen,


    ich habe von Andreas Wilhelm eine Pressemitteilung erhalten, die ich so wichtig erachte, dass ich sie euch einfach hier in den Beitrag kopiere.



    Pressemitteilung des Montségur Autorenforums
    http://autorenforum.montsegur.de



    + + + + +



    Hamburg, 14.11.2008
    Autorenforum hinter Gittern


    Wie schon letztes Jahr werden am 15. November anlässlich des Writers-in-Prison Tages im Montségur Autorenforum ( www.montsegur.de ) aus Solidarität die symbolischen Gitter herabgelassen.


    Für einen Tag werden sämtliche Diskussionen im Forum, ob aktuelle oder alte, zensiert. Dabei werden nicht nur wichtige Begriffe aus der Arbeit der Autoren wie "Buch", "Verlag" oder "Manuskript" herausgefiltert, sondern rund 40 Begriffe wie "ich", "du", "gut", "schlecht", "und", "ober", "aber" "nicht", "kein", "denke", "finde", "glaube" ... Das Ergebnis sind Fragen, Antworten, Meinungen und Hinweise im Forum, deren tatsächliche Aussagen nur noch schwer - in vielen Fällen gar nicht mehr - identifizierbar sind.


    Die rund 380 Mitglieder sowie die zahllosen Gastbesucher des Forums können schon ab dem Vorabend des 15. November erleben, wie Arbeit, Kommunikation, Informationsbeschaffung und Meinungsbildung in einem zensierenden System behindert werden.


    Natürlich ist es nur ein Symbol. Die Realität ist in vielen Ländern der Welt weitaus erschreckender.


    Meinungsfreiheit - auch in literarischer Form - ist in vielen Ländern der Welt nicht so selbstverständlich, wie es sein sollte. Repressive Systeme offenbaren ihre Schwäche, wenn sie kritische Stimmen verbieten. Die Feder ist mächtiger als das Schwert, doch aus Gefangenschaft lässt sich nur schwerlich publizieren.


    Der Gedenktag des P.E.N.-Clubs möchte die Aufmerksamkeit auf jede Schriftsteller lenken, die für ihr Streben nach Meinungsfreiheit und Gerechtigkeit unterdrückt, verfolgt, verurteilt, bestraft und getötet werden.
    Das 1960 gegründete Writers-in-Prison-Committee stellt jährlich einen Bericht und halbjährliche eine "Caselist" zusammen, in der auf die vielen weltweiten Fälle hingewiesen wird.


    Auf der Website des Autoren-Magazin ist monatlich ein konkreter Fall auf Deutsch übersetzt nachzulesen, inklusive einer Kontaktadresse, um aktiv zu werden.


    Weitere Informationen:


    http://www.pen-deutschland.de/…ben/writers_in_prison.php
    http://www.autoren-magazin.de/…eller-im-gefaengnis.phtml

  • Zitat

    Original von Bodo
    Wir sollten alle dankbar sein, das wir in einem freien Land leben, und uns immer wieder bewusst machen, das diese Freiheit nichts Selbstverständliches ist!


    Da fällt mir glatt >dieser Beitrag< auf redmark.de ein, in dem wir erfahren, daß Großbritannien die Internet-Nutzung komplett überwachen will. Wenn das klappt, wird es bestimmt Schule machen. 1984 ist halt doch schon vierundzwanzig Jahre her. Und die Technik weiter.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Ja, leben wir in einem freien Land?
    Noch haben wir ein paar Menschenrechte als Grundrechte in der Verfassung stehen. Stimmt.


    Ich besitze das eine oder andere Buch, von deutschen Autoren, in Deutschland bei deutschen Verlagen gedruckt, in dem Stellen geschwärzt und zensiert sind. Offiziell im Buchhandel in eben dieser Form nach zig Gerichtsentscheiden erworben.


    Und damit meine ich nicht alberne Berichte über das Intimleben von Leuten, die sich 'Star' nennen lassen, sondern Bücher z.B. über Geheimdienste oder Groß-Konzerne. Auch hierzulande werden Redaktionen und JournalistInnen überwacht und kontrolliert. Nicht weniges wird überhaupt nicht gedruckt.


    Erst im April dieses Jahres wurde ein solcher Fall bekannt.


    Lustig, wie schnell vergessen wird, wenn sich so etwas im Hort der Freiheit abspielt.
    Zur Online-Überwachung von Computern habe ich hier auch noch kein wort gehört, warum auch, gilt doch nur den Terroristen, oder?


    Ich persönlich habe starke Probleme mit Aktionen wie der obengenanten. Solidarität mit Menschen, die eingesperrt, gefoltert und getötet werden, weil sie ihre Meinung äußern, sollte 'normal' sein, nicht auf einen Gedenktag im Jahr beschränkt.


    Ich erinnere hier noch einmal nachdrücklich an das Buch, das Judy Blume herausgegeben hat, mit Geschichten von Autorinnen und Autoren, deren Bücher in manchen Staaten der USA verboten wurden.
    bartimaeus hat es hier vorgestellt, das Echo war fast null.


    Zensur, Verfolgung, die Abschaffung von Menschenrechten braucht kontinuierliche Arbeit. Dazu gehlört auch kontinuierliches Nachdenken über das Ganze.
    Nicht nur ein gemütlicher Nachmittag des sanften Schauderns auf dem heimischen Sofa.


    Um es noch mal klar zu sagen: Solidarität ist wichtig, nur die Art solcher Aktionen mißfällt mir mir, z.B. im Zusammenhang mit der heute vorherrschenden Eventkultur.
    Aber auch deswegen, weil es den Blick vor allem nach draußen lenkt. Dort wird überwacht und zensiert, hier doch nicht.
    Oder?



    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Sicher hast Du Recht, nur ein Gedenktag und eine "Eventaktion" mit ein bisschen Betroffenheit helfen niemandem.
    Es hilft allerdings, wenn uns durch eben diese Aktionen klar gemacht wird, das vieles, was uns selbstverständlich geworden ist, anderswo immer noch erkämpft werden muß. Es geht nicht nur um einen Tag, es geht darum, sich an die Mißstände zu erinnern, darum, vielleicht einen Schubs zu bekommen, etwas zu unternehmen.
    Und ja, auch in der vermeintlich freien Welt liegt so einiges im argen, dem kann wohl niemand ernsthaft widersprechen. Wir haben aber nicht nur die Freiheit, genau das zu tun, wir können, dürfen und müssen etwas dagegen unternehmen, wenn es notwendig sein sollte.
    Denn diese Freiheit zu schützen und zu bewahren ist, gerade im Moment, in dem Freiheit und Sicherheit oft gegeneinader aufgerechnet werden, wichtiger den je.

  • Zitat

    Original von Bodo
    Wir sollten alle dankbar sein, das wir in einem freien Land leben, und uns immer wieder bewusst machen, das diese Freiheit nichts Selbstverständliches ist!


    Das ist wirklich heftig, da bleibt ja kaum was übrig :wow
    Eine sehr interessante und wichtige Aktion und ich kann Bodo hier auch nur zustimmen!

  • Zitat

    Original von Bodo
    Wir sollten alle dankbar sein, das wir in einem freien Land leben, und uns immer wieder bewusst machen, das diese Freiheit nichts Selbstverständliches ist!


    Wir leben in einem "freien" Land? Wenn du hier nicht mit den Wölfen heulst, wenn du nicht im Sinne der Staatsmacht parierst, dann wirst du schnell sehen wie "frei" dieses Land ist.


    Die Grundrechte, das Grundgesetz, wurden ausgehöhlt. Freiheit ist einfach nur ein Papiertiger. Echte Freiheit ist in diesem Land nichts anderes als ein monetäres Standing.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Zitat

    Original von Bodo
    Wo genau siehst Du Deine Freiheit den beschnitten? Was kannst Du nicht tun, weil Du die Konsequenzen zu fürchten hast?


    Meine Freiheit wird beispielsweise durch das gerade beschlossene "Aushorchungsgesetz" beschnitten. Wenn man ganz böse ist, kann man es sogar als "Stasi-Gesetz" bezeichnen. Freiheit in diesem Lande hat nur der, der auch das entsprechende Kleingeld hat. Als Beamter habe ich erhebliche Konsequenzen zu befürchten wenn ich wirklich offen meine Meinung sage.


    1969 wurden durch die damalige Große Koalition die Notstandsgesetze verabschiedet. Ein elementarer Eingriff in unsere Grundrechte. Diese Notstandgesetzte sind übrigens nach wie vor in Kraft.

    Die Grundrechte werden sogar in ihrem Wesensgehalt beschnitten, was eigentlich überhaupt nicht sein darf. Es wird dir eine Freiheit vorgegaukelt, die es in der Realität wirklich nicht gibt.
    Wenn du den Mächtigen dieses Landes im Wege stehst, dann kannst du sicher sein, dass man dich aus diesem Wege räumen wird.


    Vielleicht sollte man auch einmal definieren was unter "Freiheit" eigentlich zu verstehen ist.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Ich kann gehen wohin ich will, ich kann sagen und schreiben was ich will (solange es die Persönlichkeitsrechte eines anderen nicht verletzt) Ich kann (zumindest jede große) Zeitung Europas und Amerikas kaufen...
    Also ich finde das schon ziemlich frei....im Gegensatz zu Ländern, in denen Journalisten und Autoren verfolgt und gefoltert werden, wo ein Kopfgeld auf sie ausgesetzt wird, wo die Presse nur ein Sprachrohr der Regierung ist.......


    Ich frage nochmal konkret: Wo und durch was genau wird Deine Freiheit eingeschränkt?

  • Zitat

    Original von Bodo
    Ich kann gehen wohin ich will, ich kann sagen und schreiben was ich will (solange es die Persönlichkeitsrechte eines anderen nicht verletzt) Ich kann (zumindest jede große) Zeitung Europas und Amerikas kaufen...
    Also ich finde das schon ziemlich frei....im Gegensatz zu Ländern, in denen Journalisten und Autoren verfolgt und gefoltert werden, wo ein Kopfgeld auf sie ausgesetzt wird, wo die Presse nur ein Sprachrohr der Regierung ist.......


    Ich frage nochmal konkret: Wo und durch was genau wird Deine Freiheit eingeschränkt?


    edit: Die von Dir genannten Notstandsgesetze kommen nur im Verteidigungsfall, im Spannungsfall, dem inneren Notstand und dem Katastrophenfall zum tragen...