Arbeitsrecht USA

  • Hallo liebe Büchereulen,
    ich bin ja momentan sehr am USA Alltag interessiert und habe mich ein wenig weitergebildet was auch wahrscheinlich dem zu schulden ist das ich erst suchtartig die krimis von Sara Paretsky, gelesen habe und dann die Wahlen zum Präsidenten der USA waren.


    Mein Eindruck bei all der Begeisterung ist aber auch ein wenig bitter den ich habe das Gefühl das im Amerikanischen Alltag insbesondere im Arbeitsalltag nur der Stärkste überlebt. Das dass Arbeitsrecht nicht gerade auf der Seite von den Schwachen der Gesellschaft ist was ich sehr schade finde den eine Gesellschaft lässt sich doch am besten daran messen wie sie mit ihren Schwächsten Mitgliedern umgeht.


    Jetzt wollte ich euch fragen ob ich da falsch liege habe ich das Arbeitsrecht der Freien Wirtschaft der USA als auch von den Behörden der USA nur einfach falsch verstanden?


    Kennt sich jemand mit dieser Thematik aus und kann mir Antworten geben.


    Ich würde mich wirklich sehr über eine Antwort von euch freuen

  • Da die gesamte Arbeitskultur anders als in Deutschland ist, ist das sehr schwer zu vergleichen. Bestimmte Bereiche sind wesentlich stärker verrechtlicht, andere gar nicht.


    In Deutschland, mit seiner völlig anderen Tradition des lebenslangen Arbeitens in einem Betrieb, wo schon der Opa in die gleiche Zeche eingefahren ist legt man zum Beispiel auf Kündigungsschutz und Betriebszugehörigkeit einen ganz anderen Wert als in einem Land in dem es immer Wanderbewegungen gab. Das zu verurteilen ist juristisch Unsinn, aber beliebtes politisches Mittel. Da Flexibilität dort gelebt wird, wird ein Wechsel des Abeitsplatzes auch psychologisch nicht so gesehen wie bei uns.

    Nemo tenetur :gruebel


    Ware Vreundschavt ißt, wen mahn di Schreipfelerdes andereen übersiet :grin


    :lesend Hjort- Rosenfeld Die Schuld die man trägt. :lesend Kirk A. Denton The Columbia Companion to modern Chinese Literature

  • Es ist in den USA durchaus üblich, dass die Leute alle zwei Jahre ihren Job wechseln und u.U. sogar was völlig anderes machen. Quereinsteiger sind die Norm. Die 14tägige Kündigungsfrist wird oft auch vom Arbeitnehmer als positiv erlebt, denn normalerweise haben sie schon einen neuen Job in Aussicht, wenn sie kündigen und wollen dort auch sofort anfangen.

  • Die Vereinigten Staaten sind kein Sozialstaat, deswegen ist es sehr schwierig, die dortigen Verhältnisse mit deutschen Maßstäben und vor dem Hintergrund Bismarkscher Sozialgesetzgebung zu messen.


    Nicht nur die Arbeitskultur zeichnet sich in Amerika durch die kürzeren Zeitspannen ab, auch sowas wie Heimatverwurzelung gibt es da nicht. Da baut man sein Häuschen nicht fürs Leben, sondern nur für eine begrenzte Zeit. Wenn man umzieht - viel häufiger und über größere Entfernungen, als bei uns - verkauft man das Haus und legt sich ein neues zu. Die Leute kleben nicht so an ihrer Scholle, wie hierzulande. Da ist es schon von Vorteil, wenn man auch arbeitsmäßig nicht so gebunden ist.
    Es klingt vielleicht für uns befremdlich, wenn man wenig Kündigungsschutz und kurze Fristen hat, allerdings ist es in Amerika manchmal auch leichter und schneller möglich, wieder eine neue Arbeitsstelle zu finden.


    Ich favorisiere trotzdem unser System, aber das hat sicher zum großen Teil damit zu tun, dass ich in dieser Kultur hier aufgewachsen bin.

  • Ich hab mal in einer Investmentbank in New York gearbeitet und mehrere Entlassungswellen miterlebt (so 20 Leute mal eben an einem Tag). Die Leute hatten i.d.R. Arbeitsverträge mit Kündigungsfristen von 2 Wochen, haben aber trotzdem Abfindungen von 3 Monatsgehältern bekommen, soweit ich das mitbekommen habe.


    Die Kündigung selbst ging sehr schnell. Ein Anruf von Human Resources, man solle mal eben vorbeikommen, ein kurzes Gespräch, dann wurde man wieder zum Arbeitsplatz begleitet, durfte seine Kiste packen und wurde dann rausbegleitet, wo einem noch ein Taxi bezahlt wurde. Gekündigt wurde nie an einem Freitag und nie vor Weihnachten. Das hab ich in Deutschland schon anders erlebt.


    Die Leute haben meist sehr schnell wieder einen neuen Job gefunden, woanders wird ja auch ständig was frei. Manchmal haben sie aber auch erstmal etwas anderes gemacht, was sich aber nicht negativ auf den Lebenslauf auswirkt. Bei uns hat man dann ja eher auch das Problem, dass man vielleicht bereit wäre, einen niedriger qualifizierteren Job zu machen, dann aber nicht eingestellt wird, weil man überqualifiziert ist.


    Man kann es schlecht vergleichen, weil auch die Einstellung der Leute ganz anders ist und die Unsicherheitstoleranz ist größer. Mein amerikanischer Kollege hat immer gesagt: "Uns feuern sie, Euch machen sie das Leben unerträglich bis Ihr von selbst geht." :lache