Fragen an Steffanie Burrow

  • Lieber beowulf,
    wir sind noch unschlüssig, ob wir zur Messe kommen. Ich habe am 12.3. eine Lesung im Raum Hannover, d.h. an dem Tag habe ich ohnehin keine Zeit. Sollte ich aber nach Leipzig reisen, sage ich auf jeden Fall Bescheid.
    Was die Lesungen anbelangt: Bisher sind einige Lesungen im März im norddeutschen Raum geplant. Die Organisation derselben ist ziemlich zeitaufwändig, deshalb habe ich mich nach nicht weiter nach Süden gekämpft. Ich würde aber schon gerne auch noch mehr lesen, gerne auch im Leipziger Raum. Schaun mer mal!


    Liebe Grüße von
    Steffi

  • Vielleicht wurde diese Frage schon mal andernorts gestellt, dann darfst Du mich auch hauen. Was mich aber interessiert: Ihr wart ja lange Zeit in China auf Reisen. Was war zuerst da: Henne oder Ei? Also, bist Du nach China gereist mit der Intention möglicherweise Deine Erfahrungen in ein Buch einfließen zu lassen oder warst Du von China so beeindruckt, daß dadurch der Wunsch entstand, dies auch in einem Buch zu verewigen?

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Liebe Batcat,
    ich glaube, dazu habe ich noch nichts gesagt .... also: Die Henne war zuerst da. Und das war so:


    Anno 1998 hauten harimau und ich "in den Sack". Wir kündigten unsre Jobs, packten unsere Siebensachen und verteilten sie auf diverse deutsche Dachböden, nahmen unsere gesamten (zu diesem Zwecke angesparten) Ersparnisse und setzten uns in ein Flugzeug nach Kuala Lumpur mit dem Ziel, erst dann zurück nach Deutschland zu kommen, wenn die Kohle restlos verbraucht ist. Herausgekommen sind zwei Jahre intensiven Reisens in Fernost, wobei die "dicksten Brocken" (bezogen auf die Zeit, die wir dort verbrachten) Indonesien, Thailand, Malaysia, Nepal und China waren. Ich habe ab dem ersten Reisetag Tagebuchgeschrieben - all die Erlebnisse mussten raus aus dem Kopf, um Platz für Neues zu schaffen. Es war auch die Zeit, in der schlagartig plötzlich alle ans Netz angeschlossen waren, und ich bin dann bald - nachdem ich die Verteilerfunktion in meinem Mailaccount entdeckte - dazu übergegangen, lange Reiseberichte zu verfassen und an Freunde und Verwandte zu schicken. Diese Berichte kamen so gut an, dass ich irgendwann Mails von Kollegen meiner Freunde bekam, die unbedingt mit auf den Verteiler wollten. Als wir wieder zurück nach Deutschland kamen, war ich ein paar Monate arbeitslos und nutzte die Zeit, aus den Reiseberichten ein "richtiges" Buch zu stricken. Vom Romaneschreiben war da noch keine Rede.
    Und dann fing Jan an, seine "weißen Blüten" zu schreiben, und ich bewunderte ihn dafür. An Fiktion traute ich mich noch nicht heran. Dann fand ich einen Job und schrieb erstmal Werbetexte.
    Trotzdem ließ mich eine (zugegebenermaßen äußerst vage) Buchidee nicht los. Als wir nämlich in Westchina waren, war ich in einem Sachbuch über interessante Details gestoßen, die irgendetwas in meinem Kopf in Bewegung gebracht hatten. Außerdem hatte mich die Gegend sehr fasziniert und ich war im Nachhinein selbst erstaunt, dass ich noch nie etwas von der Ecke gehört hatte.
    Reisefieber ist eine Krankheit, die als unheilbar gilt, und so packten wir nach drei Jahren in Deutschland erneut die Koffer. Diesmal wollten wir für immer bleiben (es ist dann anders gekommen, aber das ist eine andere Geschichte), vorrangig wollte aber Jan seinen Roman beenden und einen neuen starten. Naja, und dann kam dieser denkwürdige, bierselige Abend in Kambodscha. Wir saßen in einem netten Café in der Nähe von Angkor Wat, und Jan fragte mich, wie meine Geschichte denn nun aussähe. Viel mehr als die vage Idee hatte ich immer noch nicht, aber in dieser Nacht fing ich einfach an, mein Garn zu spinnen. Jan bohrte immer weiter nach, und so gegen drei Uhr morgens hatte ich das Gerüst.
    Sobald wir wieder in Bangkok waren, plünderte ich die Buchläden und besorgte mir Hintergrundmaterial, durchforstete das Netz nach relevanter Sekundärliteratur und ließ sie mir aus Deutschland mitbringen. Und merkte schnell, dass ich dringend noch einmal nach Xinjiang musste - was ich dann auch tat. Jan blieb in Malaysia und bastelte an seinem zweiten Roman, und ich streifte fast drei Monate durch Chinas Westen, um Fakten zu sammeln, mich inspirieren zu lassen und mit Leuten zu sprechen, soweit das möglich war.
    Seit ich das Jadepferd geschrieben habe, habe ich das Gefühl, ein Knoten ist aufgegangen. Ich klopfe neuerdings alles nach Geschichten ab und habe auch massenhaft Ideen – wobei die Reiseerfahrungen das Fundament sind. Es fasziniert mich nach wie vor, über Europäer zu schreiben, die aus dem einen oder anderen Grund mit einer ihnen völlig fremden Kultur konfrontiert werden und sich mit ihr auseinandersetzen müssen. Die Verbindungen zwischen Europa und Asien sind äußerst vielfältig, man denkt nur oft nicht darüber nach, aber sobald ich anfange zu graben, stoße ich auf echte Schätze.


    Ganz liebe Grüße von
    Steffi

  • Steffi :


    danke für die ausführliche Antwort (auch wenn die Frage nicht von mir war :-]).


    Es freut mich zu hören, daß du noch viele andere Romanideen hast.
    Wann kann die geneigte Leserschaft denn mit Nachschub rechnen :wave?

    Ich weiß nicht, was das sein mag, das ewige Leben.
    Aber dieses hier, das diesseitige, ist ein schlechter Scherz. (Voltaire)

  • Zitat

    Original von grottenolm
    Wann kann die geneigte Leserschaft denn mit Nachschub rechnen :wave?


    Verlagsmühlen mahlen langsam ... das zweite Manuskript liegt schon eine Weile im Verlag, und nächsten Dienstag fliege ich nach München, um es mit meiner Lektorin durchzuarbeiten (weshalb ich mich dann ein paar Tage nicht so oft im Forum werde tummeln können, wie ich das gerne möchte. Aber es ist ja für einen guten Zweck ;-)). Ich schätze, dass es nicht vor März, April 2010 erscheinen wird. Diesmal geht die Reise übrigens in einen sehr abgelegenen Winkel Indonesiens, zum Solor-Alor-Archipel. Mit viel schwarzer Magie, der Ostindischen Kompanie und ein paar Deutschen, die in das Abenteuer ihres Lebens stolpern ... so, mehr verrate ich aber noch nicht.


    Batcat . Die letzten zehn Jahre waren wirklich spannend. Ich bin froh, dass ich mich getraut habe. Mein Rentenkonto ist es weniger :lache


    Liebe Grüße von
    Steffi


    edit: vom richtigen Schreiben der Wörter ...

  • Zitat

    Original von SteffiB
    Diesmal geht die Reise übrigens in einen sehr abgelegenen Winkel Indonesiens, zum Solor-Alor-Archipel. Mit viel schwarzer Magie, der Ostindischen Kompanie und ein paar Deutschen, die in das Abenteuer ihres Lebens stolpern ... so, mehr verrate ich aber noch nicht.


    Reicht schon :grin
    Zumindest ein Leser wäre Dir damit gewiss :-)

  • :freude
    Das feuert mich gerade noch einmal richtig an!
    Ich finde diese Leserunde übrigens ganz, ganz toll. So viele Denkanstöße, so viel Feedback ... großartig! :anbet

  • An dieser Stelle möchte ich mich auch bei Steffi bedanken: Danke, daß Du die Leserunde so interessiert und engagiert begleitest, Du hast außerdem über das Buch hinaus noch jede Menge weiterer interessanter Infos und Gedanken beigesteuert, das hat das Buch zusätzlich noch gewürzt.


    Dankeschön, es war ein Vergnügen Dich und mit Dir zu lesen. :blume


    P.S. Was nicht heißt, daß ich nicht weiterhin in der Leserunde mitsenfe. :lache

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Da das zu keinem der Abschnitte direkt gehört, mir aber vor allem wegen der Lektüre dieses Buches überhaupt aufgefallen ist, poste ich es einfach mal hier.


    Meine gerade erwachende Sympathie für China hat heute beim ersten Blick in die WELT einen mächtigen Dämpfer erhalten.


    < Klick > - da geht es zur Online-Ausgabe des Artikels vom 01. Dez. 2008 „Warum musste Wo Weihan sterben?“ über einen, mehr oder weniger still und heimlich, hingerichteten Wissenschaftler, wozu die österreichische Außenministerin Ursula Plassnik sagte, daß sie das als einen vorsätzlichen Affront gegenüber der EU ansehe (die beiden Töchter des Wissenschaftlers haben auch die österreichische Staatsbürgerschaft). (Quelle)


    < Klick > - diesen Artikel vom 26. Mai 2008 mit der Überschrift „Kamms Liste. Ein Amerikaner kämpft für Häftlinge in China“ ist mir bei der Suche auch noch begegnet. Ich kann mich dumpf entsinnen, den damals in der Printausgabe gelesen zu haben. War aber vor dem „Jadepferd“ und daher eher weniger interessant für mich. Was ein einzelnes Buch so alles bewirken kann. :rolleyes (Wobei ich selbst gespannt bin, wie lange das Interesse anhält. Nach dem „Harem“ ist das für die Türkei doch bald wieder erloschen, während das nach den Büchern von Laila und Nicole für Indien immer noch anhält.)

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Lieber Si Collier,
    vielen Dank für diese Artikel. Von Herrn Kamm hatte ich schon gehört ...
    Es ist furchtbar, was in China passiert - und doch fände ich es schade, wenn deine aufflackernde Sympathie so schnell erstickt würde: Es ist ein großer Unterschied zwischen jenen, die die Macht haben und sie auch durchsetzen, und jenen, die einfach so vor sich hinwurschteln, selbst zum Opfer werden können und sich abstrampeln, damit es ihnen und ihren Kindern einmal besser geht. Und diese Chinesen - die überwältigende Mehrheit - haben deine Sympathie verdient. Ich weiß nicht, ob du das Vorwort gelesen hast. Ich schrieb dort:
    "In China, wie überall sonst auch, lassen sich von der Politik keinerlei Rückschlüsse auf den Charakter des Einzelnen ziehen - wunderbare Menschen gibt es überall. Schlechte auch."
    Es gibt Vertreter der Meinung, jedes Volk hätte die Regierung, die es verdiente. Nun, das unterschreibe ich definitv NICHT.
    Ganz liebe Grüße von
    SteffiB

  • Um damit anzufangen:

    Zitat

    Original von SteffiB
    Es gibt Vertreter der Meinung, jedes Volk hätte die Regierung, die es verdiente. Nun, das unterschreibe ich definitv NICHT.


    * wirft einen Blick auf die deutschen Politiker und schließt sich heftig Kopfnickend dieser Meinung an *




    Liebe SteffiB,


    das ist mir im Prinzip schon klar. Nur ich kann mich doch nicht für alles interessieren, was interessant sein könnte. Dafür sind die zeitlichen wie finanziellen Möglichkeiten zu beschränkt. Drum ist es immer praktisch, „Ausschlußgründe“ zu finden. :grin ;-) Das Vorwort habe ich gelesen, nur - wie man an der nicht gefundenen Karte gemerkt hat - den hinteren Teil des Buches noch nicht.



    Zitat

    Original von SteffiB
    Es ist ein großer Unterschied zwischen jenen, die die Macht haben und sie auch durchsetzen, und jenen, die einfach so vor sich hinwurschteln, selbst zum Opfer werden können und sich abstrampeln, damit es ihnen und ihren Kindern einmal besser geht.


    Das kann ich sehr gut nachvollziehen; ohne ins Detail gehen zu wollen, aber das ist genau die Situation, in der wir uns derzeit „dank“ der Politik dieser (sowie der Vorgänger-) Bundesregierung befinden. Nur daß meine Frau und ich kaum eine Möglichkeit sehen, etwas zu erreichen, damit unsere Tochter wenigstens eine halbwegs gute Startbasis ins Leben hat. Aber das gehört nicht hierher. Wollte nur ausdrücken, daß ich manches besser verstehe und nachvollziehen kann, als mir lieb ist.


    Ich kann sehr wohl unterscheiden zwischen den „einfachen“ und den „offiziellen“ Menschen. So habe ich seit meiner Jugend ein Faible fürs Russische, was immer mal wieder hochkommt (und sich - der Ausgewogenheit wegen - mit dem für Nordamerika ablöst). Das führte dahin, daß ich mitten in Zeiten des Kalten Krieges freiwillig einen Russisch-Kurs besucht und etliche Bücher russischer Autoren gelesen habe. (Hach - Fjodor M. Dostojewskij. Schon viel zu lange keinen mehr gelesen. Dabei habe ich eine wunderschöne Gesamtausgabe seiner Werke.)

    Eines meiner absoluten Lieblings-Jugendbücher war auch ein russisches, das mir meine Oma aus der damaligen DDR geschickt hatte (natürlich in deutscher Sprache). Dabei habe ich allerdings nie und zu keiner Zeit mit der in der UdSSR (für die jüngeren unter uns: Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken) herrschenden Ideologie sympathisiert. Im Gegenteil.



    Mir sind noch einige Dinge im Buch aufgefallen, die gehören allerdings eher in die einzelnen Threads (und schreibe ich später dort dann auch noch). Über den verlinkten Artikel bin ich nur gestolpert, weil ich dieses Buch gerade lese. Ansonsten hätte ich es vermutlich mit der Überschrift bewenden lassen.



    NB. Diese Woche ist es hier etwas hektisch, ich weiß noch nicht genau, ob ich heute noch Zeit zum weiterlesen finde (oder erst morgen bzw. die nächsten Tage). Ich lese (und poste) auf jeden Fall weiter, es dauert halt - wieder mal - länger als ich eigentlich gedacht habe. (Jetzt weiß ich wieder, weshalb ich mich derzeit mit Leserundenanmeldungen so sehr zurück halte.)

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Zitat

    Original von SiCollier
    Ich kann sehr wohl unterscheiden zwischen den „einfachen“ und den „offiziellen“ Menschen.


    Lieber Si Collier,
    davon bin ich ausgegangen - aber da dieses ein öffentliches Forum ist, in dem auch viele mitlesen, die das Buch gar nicht kennen, wollte ich den Unterschied noch einmal sehr deutlich herausstreichen. Es liegt mir nämlich eine Menge daran ...
    Und dein Einwand, man könne sich nicht für alles interessieren - stimmt. Leider ist die Zeit begrenzt ... umso mehr freue ich mich, dass du dich zu der Leserunde hast überreden lassen (von wem eigentlich???). Und das du jetzt häufiger bei China-Artikeln hängen bleibst? - Da freut sich die Autorin gleich noch viel mehr!


    Ich persönlich habe mich schon immeer gerne von Büchern in fremde Weltecken entführen lassen - Aha-Effekte erwünscht. Ich bin eine von diesen Atlas-neben-dem-Bett-Leserinnen. Wahrscheinlich schreibe ich deshalb auch über relativ entlegene, unbekannte Ecken. Dafür tue ich mich ausgesprochen schwer mit Büchern, die ausschließlich in Deutschland spielen ;-)


    Das mit dem "Russischen, so im Großen und Ganzen, kann ich gut nachvollziehen. Ich bearbeite meinen Mann seit Ewigkeiten, mit mir nach Russland zu fahren, aber er will nicht. Aber das mal so ganz off-topic.
    Liebe Grüße sendet
    Steffi

  • Zitat

    Original von SteffiB
    (...) dass du dich zu der Leserunde hast überreden lassen (von wem eigentlich???).


    Nun, ich habe den Rezithread mitgelesen und die Leserunde diagonal mitverfolgt. Das klang ziemlich interessant und nach „will ich auch lesen“, obwohl das Buch eigentlich - zumindest auf den ersten Blick - weit außerhalb meines „Beuteschemas“ liegt. Den letzten Anstoß gab dann grottenolms Kommentar.


    Und Rußland - tja, das wäre mir derzeit (wieder) zu unsicher. Sibirien ist groß, und ich würde dort vielleicht (oder vermutlich) freiwillig ganz gerne leben, aber nicht gezwungenermaßen, nur weil irgendjemandem meine Nase nicht paßt. Aber das führt hier zu weit ins OT.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Hüstel, nö ...
    Das Jadepferd ist mein erster Ausflug in die Welt des fiktionalen Schreibens.
    Davor habe ich meine Freunde mit Reise-Emails beglückt und Deutschland mit Backcover-Texten für Disney-DVDs :grin Komme ja eher aus der zeichnenden Grafiker-Ecke.


    Pappsatte Grüße (harimau hat ein sen-sa-ti-o-nell-es Curry gekocht) von SteffiB