'Das Jadepferd' - Seiten 092 - 189

  • Vieles von dem, was mir bei diesem Abschnitt durch den Kopf ging, wurde eh schon geschrieben. Zu ein paar Sachen möchte ich aber doch noch meinen Senf dazugeben.


    Zunächst zu Marion. Sie wurde mir im Laufe der Zeit sympathischer und auch irgendwie "greifbarer". Ich komme mit ihrer Art besser klar und kann ich Verhalten besser nachvollziehen. Ich finde es toll, wie detailliert sie beschrieben ist. Solch eine Hauptperson ist mir viel lieber, als viele, die schwammig bleiben.


    Zu ihrem Charakter möchte ich gern Schubi zitieren, der hat ganz gut getroffen, was ich auch empfinde:


    Zitat

    Aber nun geht es wieder zu Marion. Mir gefällt ihre Rolle. Voller Tatendrang strotzt sie allein in einem fremden Land fast allen Gefahren. Immer wieder kommt sie mit einem blauen Auge davon (oder kaputtem Knie). Aber sie steht nicht nur als Einzelkämpfer da, man spürt auch manchmal ihre Einsamkeit. Das Fehlen eines Menschen, mit dem sie das alles teilen kann. Sie ist stark und gleichzeitig verletzlich. Sie ist mutig und gleichzeitig ängstlich.


    Zwischendurch hat sie mir wahnsinnig leidgetan. Mit kaputtem Knie irgendwo allein in der Ferne. Ich finde es ganz traurig für sie, dass sie niemanden hat, nicht auf der Reise und vor allem nicht zuhause. Furchtbar, wenn gar niemand, keine Familie und keine engen Freunde auf sie warten. :-( Nach dem Unfall habe ich aber nicht verstanden, wieso sie nicht versucht, so schnell wie möglich nach Deutschland zurückzukommen.


    Irgendwer hat ein paar Seiten vorher geschrieben, er hätte auch in seiner Jugend so eine Reise nicht gemacht. Dem kann ich nur zustimmen. Ich bin beileibe kein Luxusweibchen, aber ohne Dusche in zumutbarer Nähe (und damit meine ich keine 500 m!) und einigermaßenen sauberem Bett würde ich mir das nicht antun. Ich bin wohl dafür zu sehr ein Warmduscher. Aber großer Respekt vor allem, die solche Unbequemlichkeiten in Kauf nehmen (und uns daran teilhaben lassen). :anbet


    In diesem Abschnitt ging es mehr um die Bewohner als um die Landschaft, was natürlich gleich noch interessanter wahr. Vor allem das Leben bei Batügül gab da ja interessante Einblicke. Meine Frage an Steffi: Hast du auch mal bei Privatpersonen übernachtet?


    Und dann hätte ich gleich noch eine Frage: Wie groß muss ich mir die Entfernungen vorstellen? Die verbrachten Busstunden von Marion sind ja Wahnsinn! Bitte nicht in km-Angaben, sondern irgendeinen Vergleich, damit ich mir auch was drunter vorstellen kann. Die China-Karte habe ich zwar gesehen, aber die bringt mich auch nicht wirklich weiter.


    Schade übrigends, dass Marion nicht zum Himmelsee fährt :-(. Der hätte mich wirklich interessiert.


    Warum die Verfolger unbedingt das Pferd wollen, darauf bin ich auch gespannt. Ich bin ja immer noch der Überzeugung, sie wollen nicht das Pferd, sondern die Botschaft auf den Bambusröhrchen. Schon seltsamer Zufall, dass die beiden Dinge nach sovielen Jahren immer noch zusammegehören.


    Die Sache mir dem Ferrari hat mich übrigends gewundert. Was sollte denn das? Aber Mrs Bean hat mich überzeugt, dass es wohl noch wichtig wird.

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Liebe Lese-rina,
    und weiter geht's :-)


    Zu deiner Anmerkung, warum Marion nicht gleich nach dem Unfall nach Deutschland zurueckgekehrt ist: Rucksackreisende koennen furchtbar zaeh - und furchtbar stur sein. Diese Eigenschaften muss man wahrscheinlich mitbringen, wenn man sich mit dem alltaeglichen Irrsinn in einem sehr fremden Land auseinandersetzen will. Aber es gibt natuerlich noch andere Gruende. Fuer Marion haette es eine Niederlage bedeutet, nach Hause zu fliegen - immerhin wollte sie Thomas ja beweisen, dass sie auch alleine zurecht kommt. Es war ihr Traum, dort zu reisen, und da beisst sie die Zaehne zusammen.


    Ja, ich habe mal bei Privatpersonen gewohnt, illegal. Und ich war auch auf einer Hochzeit :-)


    Was die Entfernungen anbelangt: Von Khotan nach Urumqi ist es etwa die Strecke Hamburg - Muenchen. Die Provinz Xinjiang ist, wenn ich es recht in Erinnerung habe, etwa drei- oder viermal so gross wie Frankreich. Und die Strassen sind zum Teil sehr schlecht, was oft zu einem Reiseschnitt von nur 30 km die Stunde fuehrt ....


    Ach ja, der Himmelssee ... ich haette sie gerne dorthin geschickt, aber das haette das Buch gesprengt ...


    Ah ja, und dann war da noch die Sache mit dem Ferrari. Glaub es oder nicht: Der Ferrari-Besitzer gehoert zu den wenigen Personen aus dem "echten Leben", die in dem Buch auftreten. So eine schraege Gestalt wie ihn haette ich mir gar nicht ausdenken koennen (ebensowenig seinen ferngesteuerten Ferrari, den er mir schenken wollte, als wir in dem beschriebenen Schlafsaal in Turfan waren). Es hat mir riesige Freude bereitet, ihn ins Buch einzubauen. Spaeter hat er uebrigens in China eine Bar betrieben mit dem Namen "Sexy Traktor". Ein echtes Original eben ...


    Bis gleich im naechsten Fred!
    Deine SteffiB


    Edit: Groessenverhaeltnisse korrigiert

  • Danke für deine Größenvergleiche, jetzt kann ich die gewaltige Größe dieses Landes etwas besser einschätzen. Irgendwie nicht vorstellbar für mich.


    Zu dem "Wirt" in China hätte ich auch noch eine Frage: Ist das so "problemlos" möglich, sich in China niederzulassen? An einer anderen Stelle schriebst du: Einwandern geht nicht, aber eine Arbeitserlaubnis zu erhalten geht. Gilt das dann auch für alle Gebiete?

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Ganz durch bin ich mit diesem Abschnitt noch nicht, aber ich kann immerhin schon sagen, dass mir Marion langsam aber sicher immer besser gefällt. Auch wenn ich manche Handlungsweisen immer noch nicht ganz nachvollziehen kann - muss ich ja auch nicht ;-) Vielleicht könnte ich es teilweise besser verstehen, wenn ich selbst mal so ein Pferdchen in den Händen hielte...
    Mittlerweile hat sie es auch realisiert das sie verfolgt wird, und das es mit dem Jadepferd zusammenhängen muss.
    Die vorherigen Posts habe ich noch nicht gelesen, daher sorry, falls die Frage schon gestellt wurde. Ist es tatsächlich so, das Einheimische (Batügül) Fremde zu sich nach Hause einladen? Haben die da keine Angst? Die könnten sich ja wer weiß wen ins Haus holen...
    Die Hochzeit fand ich übrigens wunderbar beschrieben, ich hatte das Gefühl, ich wäre mittendrin...
    Was mir noch sehr gut gefällt, ist die Geschichte des Pferdchens zu verfolgen, und seinen gegenwärtigen Besitzern scheint es tatsächlich Unglück zu bringen...
    So, nun hoffe ich das ich heute noch zum weiterlesen komme - bei dem trüben Wetter tauche ich umso lieber ab in eine andere Welt. :-)

  • Huhu!


    Also, als erstes Lese-rinas Frage nach der Arbeitserlaubnis. Ehrlich gesagt, ich habe keine Ahnung, wie das gehandhabt wird - und wahrscheinlich aendern sich die Regeln ohnehin stuendlich. Da eine Menge Europaer, Amerikaner und andere in China arbeiten, geht es wohl prinzipiell, wird aber mit Sicherheit im Einzelfall entschieden. Und was den "Wirt" anbelangt - ich wuerde mich nicht wundern, wenn er nur ein Touristenvisum hatte und alle paar Monate das Land verlassen hat - auf einem sogenannten "Visa-Run". Das haben harimau und ich auch ueber eine lange Zeit gemacht, als wir unsere ersten Buecher in Malaysia schrieben. Da wir kein Geld in Malaysia verdient haben, haetten wir keine Arbeitserlaubnis gebraucht, aber ein Langzeitvisum ist auch kompliziert zu bekommen. Da schwingt man sich eben alle drei Monate in den Zug ...


    Und nofrets Frage zu Batueguels Einladung - doch, es gibt immer wieder Mutige, die sich ueber die Regularien hinwegsetzen. So bin auch ich in Privathaeuser eingeladen worden, auch zum Uebernachten. Auf diese Art bin ich uebrigens auch auf die beschriebene Hochzeit geraten ...


    Liebe Gruesse und bis gleich!
    Eure SteffiB


    PS: Nofret, ich bin ja richtig froh, dass Marion dir langsam besser gefaellt (und du sie nicht mehr in den Hintern treten willst, hihi)

  • Liebe SteffiB!
    Ich hoffe sehr, dass du nicht denkst, dass ich das Buch langweilig finde, weil ich so lange zum Lesen brauche. Das stimmt nämlich ÜBERHAUPT nicht, es gefällt mir wirklich gut, aber ich habe einfach im Moment viel zu tun. Und durchpreschen möchte ich nicht.


    Du hast bei mir wirklich Lust gweckt, mich nebenbei ein wenig über China zu informieren. Mein sehr oberflächliches Bild dieses Landes bildet sich neu und die Geschichte und politischen wie wirtschaftlichen Zusammenhänge sind vielschichtig und komplex, es weckt ambivalente Gefühle.


    Im Buch begegnet mirBatügül. Sie habe ich gleich ins Herz geschlossen. Eine starke Frau, neugierig, spontan und so herzlich und gastfreundlich.
    Osman verhält sich sehr reserviert und argwöhnisch. Mal gespannt, ob er noch einmal auftaucht und Marion Schwierigkeiten bereitet. :gruebel


    Gestutzt habe ich an der Stelle als Marion die Rucksacktouristen um Mithilfe bittet und diese das Jadepferd sehen wollen. Marion entscheidet sich dagegen, weil sie fürchtet, es würde ihr abgenommen. :gruebel Ich finde es nur verständlich, dass die drei das gute Stück mal sehen wollen, das würde ich auch wollen, schon aus purer Neugierde. Denkt sie, dass Pferdchen übt so einen Reiz auf andere aus, dass jeder, der es sieht, es besitzen möchte?


    Der Teil mit den Rückblenden auf den Weg, den das Pferdchen im Laufe der Zeit genommen hat, gefällt mir richtig gut. Ich finde es spannend, zu erleben, wer schon alles in seinem Besitz war. Eine Reise durch die Zeit und zu ganz verschiedenen Menschen.
    Die ursprüngliche Funktion als eine Art "Ausweis" oder Identifizierungscode des Besitzers ist mir klar. Ich bin sehr gespannt, warum es in der Jetzt-Zeit so gejagt wird.


    Die Beschreibungen der jeweiligen Städte, der Landschaft und der Stimmung bzw Atmosphäre gelingt die außerordentlich gut. :anbet
    Ich kann dann gar nicht anders als mir Bilder dazu anzuschauen, im Netz rumzulesen und über dem Atlas zu hängen.
    Großes Kompliment!


    Jetzt bringe ich die Fischlein ins Bett und lese die posts nach. :wave


    Edit: So, die Kinder sin im Bett, der Mann ist beim Sport und ich habe mich mit meinem Notizbuch bewaffnet und gesehen, dass ich ganz viel vergessen habe, zu erwähnen. Das hole ich gerne nach. :-]


    Taschentuchalarm gleich zu Beginn dieses Abschnittes. Sooo gefühlvoll und traurig und aber auch stimmig der Abschied von Marion und Yandao. Die Tränen kullerten. So sehr ich das für die beiden bedauere, so sehr freue ich mich, auf eine grandiose Wiedersehens-siekriegensich-siekommensichnäher-und alleswasdazugehört-Szene. :grin


    Batügül finde ich faszinierend. Eine moderne gebildete Frau, die eine politische Meinung vertritt, die auch eine respektvolle Position innerhalb ihrer Familie zu haben scheint und dennoch (oder gerade deshalb) verwurzelt in den Traditionen ist. Diese Figur ist dir sehr gut gelungen.


    Die beiden Unfall-Szenen sind spannend erzählt, wenn auch der zweite Unfall etwas unwahrscheinlich erscheint. Und dass das Pferdchen direkt vor Marions Füßen landet... :gruebel Egal, für den Fortlauf der Handlung nehme ich das in Kauf.


    Und dann begegnet mir Schneemond!!! Mit ihr hatte ich den zweiten Taschentuchalarm und habe mit ihr um ihre Geschwister, aber auch wegen der Last, die auf ihrer Schulter ruht, geweint. Und ich hoffe sehr, dass sie ihre chinesischen Wurzeln annehmen kann und für sich eine Stärke daraus ziehen kann. Sie ist bis jetzt die einzige, die das Pferdchen einsetzt, um damit etwas Gutes zu bewirken. Vielleicht ist das das Geheimnis? :gruebel Man muss sich davon lösen, um für jemand anderen etwas zu erbeten, dann wirkt es positiv.


    Marion entschließt sich, Thomas zu treffen. :fetch Vergiss ihn, nimm Yandao! O.k., das ist unfair, ich kenne Thomas noch nicht richtig...


    Und dann begegne ich dem fußkranken Zootiger. :rofl Danke schön!


    Das Ablenkungsmanöver mit dem Päckchen hat funktioniert. Witzig, in unserer letzten Christie-LR hat Hercule Poirot genau diesen Trick angewandt. Du bist also in bester Gesellschaft!
    Yandao wird sich über das Kekspaket wundern und sich bestimmt noch mehr Sorgen machen. Oder die bemalte Schachtel liefert ihm einen Hinweis auf das Kästchen mit dem Jadepferd und er reist doch lieber hinter Marion her.


    Im letzten Rückblick lese ich, dass der Neid auf den Besitz des Pferdchens eine Freundschaft zerstört und wieder jemand sterben muss. Ich möchte jetzt endlich das Geheimnis erfahren.
    Am liebsten würde ich weiterlesen, aber der Schreibtisch ruft. Morgen dann! :wave

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Regenfisch ()

  • Huhu Regenfisch,
    war freu ich mich, dass du das Jadepferd (zumindest bisher) magst. Ich bin jetzt ja drei Tage in Hannover, wundere dich also nicht, wenn die Antworten auf eventuelle Fragen etwas auf sich warten lassen!
    Liebe Grüße sendet
    Deine
    Steffi

    Ship me somewhere's east of Suez,
    where the best is like the worst,
    where there aren't no ten commandments
    an' a man can raise a thirst


    Kipling

  • Nur eine kurze Anmerkung: Der zweite Unfall ist sogar sehr wahrscheinlich – ich bin diese Strecke gefahren, und es ist wirklich viel Verkehr, zu beinahe 100% Lastwagen und ein paar Busse. Hunderte von Kilometern geht es durch Sand, Sand und nochmals Sand. Manchmal sind die Straßen zugeweht, dann schlingern alle über Pisten. Dass da mal einer durch Unaufmerksamkeit einen Unfall baut, ist nur eine Frage der Zeit.
    Was das Pferdchen anbelangt, das direkt vor Marions Füßen landet – tja, ganz schön anhänglich, der Racker ....


    Ach, ich Honk. Du meinst mit dem zweiten Unfall den überfahrenen Käfermann, oder? Gut, er könnte die Scheinwerfer bemerkt haben. Aber seine ganze Konzentration ist auf Marion gerichtet, und so richtig gut geht es ihm auch nicht ....


    Liebe Grüße von
    Steffi

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