'Das Jadepferd' - Seiten 298 - 381

  • Liebe Leserundeneulen und Zaungäste,
    nachdem sich jetzt auch eine interessante Diskussion über Osman und seine Beweggründe entwickelt hat, fiel mir ein, dass ich doch vorgestern - trärä! - meine erste Buchrezension geschrieben habe. Ich könnte mir vorstellen, dass euch das Buch ebenfalls gefällt:


    Alan Drew - Die Wasser des Bosporus


    Wie stellt man den einen Büchereulen-Link hier ein?????


    edit: verflixxte Krammatikk

  • Auch wenn ich eigentlich das Gourmetthema ad acta legen wollte, muß ich noch kurz einmal nachhaken:


    harimau : mein Mann würde gerne wissen, wie man "lebende" Shrimps ißt. Ich kann mir das ehrlich gesagt auch nicht vorstellen.
    Ich meine, ich habe als Kind mal aus Unkenntnis den ganzen Shrimp samt Schale, Kopf und Beinchen gegessen (knurpst so schön :grin), aber der war wenigstens tot und gebraten.


    Steffi : wo kann man sich die Rezi denn ansehen?

    Ich weiß nicht, was das sein mag, das ewige Leben.
    Aber dieses hier, das diesseitige, ist ein schlechter Scherz. (Voltaire)

  • Diesen Abschnitt empfand ich auch als gelungen, man erfährt immer mehr über die Geschichte (und den Fluch, möchte man fast sagen) des Jadepferdes und auch Yandao lässt nicht locker.


    Schön fand ich seinen Ermittlungsbesuch bei Wie Weidian, erst einmal die Kommentare über Yandaos vorsintflutlichen Dienstwagen, dann der Besuch in dem eigenartigen Dorf von Yakub Siddigs Familie. Das ganze Kaff stinkt 10 Meilen gegen den Wind nach faulem Ei.


    Batügül finde ich nach wie vor eine ebenso sympathische wie interessante Frau, der krasse Gegensatz dazu ist Osman – vom Temperament her, von den Ansichten. Die beiden sind wie Feuer und Wasser.


    Yandao verkörpert für mich das China, wie viele (inkl. SteffiB) es sich vermutlich wünschen: Füreinander statt Gegeneinander, offen, aufgeschlossen und interessiert an Kultur und Sprache des Anderen. Ein sehr angenehmer Zeitgenosse.


    Währenddessen ist es aber auch in Deutschland nicht langweilig geworden, Susannes Entführung ist ein geschickter Schachzug, zeigt uns aber auch, dass Nikolai ein raffinierter Schurke, aber kein unmenschliches Schwein ist. Manch anderer wäre da nicht so „zartfühlend“ gewesen. Aber gut, wir wissen ja nicht, wie er mit ihr verfahren wäre, wenn sie nicht gesungen hätte.


    Diese „Was wäre, wenn…“-Spekulationen fand ich auch sehr interessant. Aber was Eure Anmerkungen zum Thema „Dann hätten wir besseres Essen….“ angeht: Zum Teil mag das ja stimmen, ich mag die chinesische Küche auch sehr gerne. Aber denkt an die Sache mit dem Tisch und der Geschwindigkeit des Koches…


    Auch wenn dies ein wenig off topic führt: Natürlich sind für uns gebratene Hunde und frittierte Maden ganz und gar Iiiiiih und Bääääääh. Andere Kulturen sind damit aufgewachsen und finden das lecker. Die finden dafür Iiiiiiih und Bääääääh, dass wir Schweine etc. essen. So ist das halt.


    (ich will deswegen trotzdem nicht selbst erfahren, ob gebratenen Maden nussig schmecken oder eher nicht… das Auge isst mit und mein Auge streikt auch bei Schnecken und Austern)


    Yandaos Erscheinen am Ende des Abschnitts ist eine sehr vielversprechende Überleitung in den letzten (wie bitte? Schon der letzte? :yikes) Abschnitt…

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Zitat

    Original von Batcat
    Yandao verkörpert für mich das China, wie viele (inkl. SteffiB) es sich vermutlich wünschen: Füreinander statt Gegeneinander, offen, aufgeschlossen und interessiert an Kultur und Sprache des Anderen. Ein sehr angenehmer Zeitgenosse.


    Liebe Batcat, nicht nur, wie ich mir China wünsche. Wenn es um Toleranz und Aufgeschlossenheit geht, sehe ich eigentlich überall Defizite, nicht zuletzt auch in Deutschland. Ich mag ein hoffnungsloser Fall sein, aber ich glaube wirklich, dass die Welt ein besserer Ort wäre, wenn sich alle ein wenig mehr mit der Kultur der anderen beschäftigten - wobei die Medien selbst in unserem Land ja häufig auch ihren Teil dazu beitragen, das Bild zu verzerren. Aber noch einmal in aller Deutlichkeit: Intoleranz, Desinteresse und Vorurteile gibt es auf allen Seiten, auch auf Seiten der Minderheiten. Ich habe das immer wieder auf meinen Reisen feststellen müssen. Oft liegt es natürlich daran, dass die Bildung der Menschen zu wünschen übrig lässt – wofür sie nun wirklich nichts können. Je ärmer das Land, desto wissbegieriger und fleißiger die Schüler. Nur, was hilft das, wenn die Lehrerin selbst nur drei Jahre zur Schule gegangen ist, wie wir es z.B. in Laos erfahren haben. Leider ist mangelnde Bildung eine wunderbare Voraussetzung, Menschen in jede x-beliebige Richtung zu lenken ... und das passiert nicht nur in armen Ländern. In China ist der Geschichts- und Politikunterricht mit Sicherheit fragwürdig. Als Beispiel möchte ich unsere momentane Mitbewohnerin anführen, eine 38-jährige Chinesin. Stadtpflanze, Studium, seit acht Jahren in Deutschland. Aufgeschlossen, Tolerant. Und trotzdem hat sie zum Teil Ansichten vermittelt bekommen, die einem die Haare zu Berge stehen lassen. Was ist mit Japan? Da wird der zweite Weltkrieg noch immer in den Geschichtsbüchern gefeiert. Und Amerika? Ich habe schon gut ausgebildete Amerikaner getroffen, die derart hirngewaschen waren, dass sich mir die Fußnägel aufgerollt haben. Und die konnten auch noch verdammt gut argumentieren. Und Deutschland? Das Bildungsangebot ist gut, es ist leicht, an Informationen heranzukommen, aber was, wenn das Angebot nicht angenommen wird? Die Büchereulen sind ja leider nicht die Norm. Wie viele Menschen in Deutschland kümmern sich einen Sch... um das Geschehen um sie herum und plappern einfach nur unreflektiert nach? Eine ganze Menge, leider. Und dann haben wir den Salat.
    Ah, und nochmal zurück nach Xinjiang. Ja, es geht dort viel schief. Aber mit einem Sprengsatz in einen chinesischen Grenzposten zu fahren, wie es zwei Tage vor der Olympiade dort geschehen ist, ist nun wirklich keine Lösung. Es ist davon auszugehen, dass die meisten Uighuren und auch der Großteil der moslemischen Welt diese Aktion NICHT gutgeheißen haben.


    Nachdenkliche Grüße von
    SteffiB

  • Zu dem oben Gesagten muss ich noch etwas los werden ...
    Reisen bildet. Ein alter Spruch mit sehr viel Wahrheitsgehalt. Es erweitert den Horizont ungemein, und ein neugieriger Mensch kann enorm viel aus solchen Reisen ziehen, sich dazu inspirieren lassen, weiterführende Bücher zu lesen und, und, und. Sicherlich werden einige jetzt denken, na, die hat gut reden, konnte es sich leisten in der Weltgeschichte rumzujuckeln und spuckt jetzt große Töne. Aber wer hat schon das Geld/die Zeit/die Möglichkeit, auch so etwas zu machen. Kaum jemand, stimmt. Es ist jedoch ein Trugschluss, dass man weit weg fahren muss. Das Unbekannte lauert oft schon im benachbarten Stadtteil. Wer als Hamburger das Abenteuer sucht, braucht nur mal nach Billstedt zu fahren und wird fremde Welten entdecken - wenn er die Augen aufmacht und die Ohren spitzt. Auch Mallorca oder die ostfriesischen Inseln haben eine reiche Geschichte und sind von Menschen bewohnt, die eben doch anders ticken. Warum sonst würde sich ganz Deutschland über Ostfriesen- oder Bayernwitze kaputtlachen - schon immer und auf der ganzen Welt das probate Mittel, das Unverständliche, das Fremde zu erfassen und leider allzu oft auch herabzusetzen.
    Ganz liebe Grüße sendet
    SteffiB


    edit: Ich habe mich schon viel im Forum umgesehen und habe festgestellt, dass die Büchereulen zu den neugierigen, offenen Menschen zählen, die sich gerne auf Neues einlassen. Nicht, dass ich wirklich überrascht war - Lesen ist eine der tollsten Sachen der Welt, und der Allgemeinbildung kommt es nebenbei auch noch zu Gute. Aber, und das habe ich oben ja schon mal gesagt, Menschen, die so viel lesen wie die Eulen, die das Ganze diskutieren, sich austauschen und manchmal sogar :schlaeger, sind eben leider nicht die Norm ...

  • Nachdem ich jetzt mit diesem Abschnitt durch bin- ich glaube nicht, dass die Chinesen bis Zentraleuropa durchgekommen wären. Die riesige Menge Nachschub, die ein ja mit dem Mutterland vernetzter Kriegszug benötigt, hätte nie geklappt. Autonome Kriegshorden, wie es die Hunnen, also die Xiongnu nach deutscher Schreibweise waren, die als Halbnomaden beim Zug nach Westen die ganze Familie und den Hausrat auf Kriegszug mitführten waren da natürlich erfolgreicher. Auch waren die Chinesen nicht auf so gutem Fuß mit Väterchen Frost und zunächst hätte Russland und dann die Türkei durchzogen werden müssen.


    Osman ist ein Charakter, den es meiner Ansicht (leider) nicht zu diskutieren gilt. Er repräsentiert die Haltung der schweigenden Minderheit aller Völker- laß mich in Ruhe und grenzt euch von Fremden ab.

  • Zitat

    Original von grottenolm
    Auch wenn ich eigentlich das Gourmetthema ad acta legen wollte, muß ich noch kurz einmal nachhaken:


    harimau : mein Mann würde gerne wissen, wie man "lebende" Shrimps ißt. Ich kann mir das ehrlich gesagt auch nicht vorstellen.



    Es handelte sich dabei um eine Spezialität aus dem Nordosten Thailands namens "gung ten" (tanzende Shrimps). Die Viecher selbst kommen aus dem Süßwasser - in meinem Fall dem Mekong - , sind zwischen einem und drei Zentimetern lang und durchsichtig. Sie werden lebend mit frischen Chili, Knoblauch, Zitrone, Koriander und Fischsauce angemacht, mehrere Male kräftig geschüttelt, damit sie groggy sind und nicht vom Teller türmen, und dann kalt serviert. :chen


    Nun fragst du dich bestimmt, warum ein Mitteleuropäer so etwas essen muss. Neben meiner unstillbaren Neugier lag es vor allem daran, dass ich mit einigen thailändischen Freunden unterwegs war, die hinterlistig fragten, ob ich wohl Shrimps möge. Klar, sagte ich, und dann standen die Tanzenden vor mir auf dem Tisch, zehn grinsende Thais um mich herum, die nur darauf warteten, dass ich mich als Sissy oute. Also habe ich ohne Zögern reingehauen und sie enttäuscht :crazy


    Ach ja, sie schmeckten übrigens ausgesprochen lecker :schleck


    Guten Appetit wümscht


    harimau

  • Lieber beowulf,
    da hast du natürlich Recht - allerdings hatte natürlich auch die chinesische Armee ihre Marketenderei dabei. Den Xiongnu (klugscheißerische Anmerkung am Rande: Man ist sich heutzutage nicht mehr sicher, ob die Xiongnu wirklich unsere Hunnen waren... vorsichtshalber werden sie nicht mehr gleichgesetzt), also, die Xiongnu waren flott, aber unorganisiert - ähnlich Alexander viel früher und den Mongolen viel später, die zwar Riesenreiche zusammengeschrubbt hatten, sie aber im Grunde nicht halten konnten, weil ihnen die Strukturen und die Leute fehlten. Die Chinesen wiederum - die Erfinder der Bürokratie! - hätten sich vielleicht langsam vorgeschoben, Gegenden befriedet und organisiert und sich so ihren Nachschub gesichert. Immerhin eine Möglichkeit, wenn auch, zugegebenermaßen, nicht wahrscheinlich. Wahrscheinlicher ist in jedem Falle der Dominoeffekt. Du verdrängst mich, ich verdränge dich und schwupps haben wir eine prima Völkerwanderung, deren Wellen das römische Reich hätten erreichen können. Im Konjunktiv.
    Was das Wetter anbelangt: Da traue ich den Chinesen einiges zu. In Harbin wird's im Winter bis zu Minus 40 Grad kalt, und auch Chinas Kernland wird ordentlich kalt. Ich habe mich jedenfalls schon Anfang Dezember im Hof der Jugendherberge in Xi'an auf den Hintern gesetzt, weil der Boden überfroren war.


    Liebe Grüße von
    SteffiB

  • Zitat

    Original von Steffi:
    Intoleranz, Desinteresse und Vorurteile gibt es auf allen Seiten, auch auf Seiten der Minderheiten. Ich habe das immer wieder auf meinen Reisen feststellen müssen. Oft liegt es natürlich daran, dass die Bildung der Menschen zu wünschen übrig lässt –


    Es kann viele Gründe geben, warum man nicht selbst denkt: vielleicht habe ich es auf Grund mangelnder Bildung einfach nicht gelernt oder es ist/scheint mir gefährlich. Oder es ist schlichtweg zu anstrengend und davon kann man in Deutschland durchaus auch Exemplare davon treffen. Menschen, die unreflektiert alles wiedergeben, daß sie irgendwo gehört oder gelesen haben. Bildung kommt eben nicht von "BI*D-Zeitung".


    Zitat

    Original von Steffi:
    Reisen bildet. Ein alter Spruch mit sehr viel Wahrheitsgehalt. Es erweitert den Horizont ungemein, und ein neugieriger Mensch kann enorm viel aus solchen Reisen ziehen, sich dazu inspirieren lassen, weiterführende Bücher zu lesen und, und, und.


    Wir haben uns im letzten Schweden-Urlaub mit zwei Amerikanern unterhalten. Die erzählten uns, wie wichtig das Reisen für sie sei um neue Erfahrungen zu machen und das Gefühl zu verlieren, man sei der Nabel der Welt (was in den Staaten gerne suggeriert würde).


    Nach meiner Erfahrung bleiben aber genau diejenigen, die sowieso einen begrenzten Horizont haben, meist zu Hause.



    Zitat

    Original von beowulf:
    Osman ist ein Charakter, den es meiner Ansicht (leider) nicht zu diskutieren gilt. Er repräsentiert die Haltung der schweigenden Minderheit aller Völker- laß mich in Ruhe und grenzt euch von Fremden ab.


    Ich denke es ist schwierig als Minderheit seine Identität zu finden und zu bewahren. Der einfachste Weg ist dabei immer sich von anderen abzugrenzen. Ich weiß nicht, wie ich in solch einer Situation reagieren würde. Toleranz und Offenheit für wichtig zu erachten und sie auch in der konkreten Situation zu leben sind zwei verschiedene Paar Schuhe. Ich würde Osman deshalb für seine Haltung nicht verurteilen wollen.

    Ich weiß nicht, was das sein mag, das ewige Leben.
    Aber dieses hier, das diesseitige, ist ein schlechter Scherz. (Voltaire)

  • Zitat

    Original von grottenolm
    Ich denke es ist schwierig als Minderheit seine Identität zu finden und zu bewahren. Der einfachste Weg ist dabei immer sich von anderen abzugrenzen. Ich weiß nicht, wie ich in solch einer Situation reagieren würde. Toleranz und Offenheit für wichtig zu erachten und sie auch in der konkreten Situation zu leben sind zwei verschiedene Paar Schuhe. Ich würde Osman deshalb für seine Haltung nicht verurteilen wollen.


    Das ist für mich keine Minderheitenfrage- sondern auch Mehrheiten verhalten sich Minderheiten gegenüber so, das alles Fremde nicht als anregend, sondern als angsterrregend angesehen wird.


    Mit dem Wort leider wollte ich auch keine Verurteilung ausdrücken, sondern ein Bedauern, ein Feld an dem jeder ackern sollte und stets bei sich selbst anfangen muß.

  • So, da bin ich endlich wieder. Mir haben heute so dermaßen die Augen getränt, dass ich mir einen mehr oder weniger bildschirmfreien Tag gegönnt habe (naja, für eine Szene für's neue Buch ging es dann doch ;-)


    Zitat

    Original von grottenolm
    Es kann viele Gründe geben, warum man nicht selbst denkt: vielleicht habe ich es auf Grund mangelnder Bildung einfach nicht gelernt oder es ist/scheint mir gefährlich. Oder es ist schlichtweg zu anstrengend und davon kann man in Deutschland durchaus auch Exemplare davon treffen. Menschen, die unreflektiert alles wiedergeben, daß sie irgendwo gehört oder gelesen haben. Bildung kommt eben nicht von "BI*D-Zeitung".


    Das kann ich nur unterschreiben. Und im Grunde ist diese Wohlstandsignoranz sogar viel schlimmer als die mangelnde Bildung in Weltecken, in denen schlicht und ergreifend keine angeboten wird.
    Ich erinnere mich gut an eine Reise in einen ziemlich versteckten Winkel Indonesiens: Es war im Jahr 2000, kurz vor den ersten freien Wahlen. In Nusa Tenggara Timur, so heißt die Region, gibt es keine Zeitung. Die Schulen sind zum Heulen, bis auf eine Missionarsschule, die einen recht hohen Standard zu haben scheint. Trotzdem sind die Menschen dort natürlich nicht blöd, nur eben - ungebildet im Sinne der "modernen" Welt. Über ihr eigens Leben, ihr Umfeld und ihre Geschichte wissen sie sehr gut Bescheid. So, aber zurück zu den Wahlen. Es waren natürlich Stimmenfänger unterwegs, die hier ein Schwein verschenkten, dort den Bau einer neuen Grundschule versprachen und den Menschen sagten, wo sie ihr Kreuzchen zu machen hätten. Das haben die dann aus lauter Dankbarkeit und auch, weil sie sich wegen der Geschenke dazu verpflichtet fühlten, getan. Wir haben uns den Mund fusselig geredet um zu erklären, was freie Wahlen überhaupt bedeuten. Und erntetn immer wieder Achselzucken - es würde sich ja doch nichts ändern. Sie würden auch weiterhin abgehängt vom Rest Indonesiens ihr Dasein fristen.
    Das Problem ist natürlich, dass es dort zu wenig Menschen gibt, die sich auch rhetorisch den Regierenden stellen könnten. Und dann ist es doch nur eine Frage der Zeit, bis die Wut überkocht, zur kollektiven Wut wird und rumms, hat man einen Bürgerkrieg, Rebellen Guerillas, Fanatiker, das ganze Bündel. Noch ist nichts passiert, die Menschen dort sind im Grunde sehr friedlich, aber was, wenn? Ich mag gar nicht daran denken.


    Zitat

    Original von grottenolm


    Ich denke es ist schwierig als Minderheit seine Identität zu finden und zu bewahren. Der einfachste Weg ist dabei immer sich von anderen abzugrenzen. Ich weiß nicht, wie ich in solch einer Situation reagieren würde. Toleranz und Offenheit für wichtig zu erachten und sie auch in der konkreten Situation zu leben sind zwei verschiedene Paar Schuhe. Ich würde Osman deshalb für seine Haltung nicht verurteilen wollen.


    Ich auch nicht. Und ich muss gestehen, dass ich auch nicht wüsste, wie ich mich verhalten würde, gehörte ich zu einer mehr oder weniger rechtlosen Minderheit, egal ob nun im Baskenland oder auf Papua Neuguinea. Würde ich mich ducken und hoffen, dass ich nicht auffalle? Wahrscheinlich, denn die Statistik besagt, dass sich die meisten Menschen ducken. Oder würde meine Wut sich irgendwann Bahn brechen? Würde ich handeln? Flugblätter verteilen? Mein Leben riskieren? Bomben schmeißen?


    Zitat

    Original von grottenolm


    Wir haben uns im letzten Schweden-Urlaub mit zwei Amerikanern unterhalten. Die erzählten uns, wie wichtig das Reisen für sie sei um neue Erfahrungen zu machen und das Gefühl zu verlieren, man sei der Nabel der Welt (was in den Staaten gerne suggeriert würde).
    Nach meiner Erfahrung bleiben aber genau diejenigen, die sowieso einen begrenzten Horizont haben, meist zu Hause.


    Stimmt. Allerdings sollte man vorsichtig sein, denn es gibt viele Gründe, zu Hause zu bleiben: das Eingebundensein in Job und Familie, Krankheit, fehlendes Geld, andere Prioritäten oder generelles Desinteresse am Reisen (was ich durchaus verstehen kann, es ist nun mal nicht jedermanns Sache). Glücklicherweise gibt es ja auch andere Horizontserweiterungsmaßnahmen, von denen beispielsweise die Büchereulen Dauergebrauch machen: Bücher. Genau wie ihr habe ich auch schon eine Menge Bücher gelesen, und aus den meisten kann man was mitnehmen, wenn's auch manchmal schwer zu finden ist ;-


    Zitat

    Original von beowulf
    Das ist für mich keine Minderheitenfrage- sondern auch Mehrheiten verhalten sich Minderheiten gegenüber so, das alles Fremde nicht als anregend, sondern als angsterrregend angesehen wird.


    Leider, leider, leider. Dabei ist gerade das Fremde doch so inspirierend ...

  • Aus den Geschehnissen des Jahres 632 werde ich nicht so ganz schlau. Tamaskana hat das Jadepferd, entkommt aber anscheinend ihrer tristen Situation, indem sie sich den Künstlern anschließt. Aus der Erzählung zu 785 - 799 schließe ich, daß sie Kinder hatte, die das Jadepferd noch immer besitzen und es als Bezahlung für die Beerdigung ihres Vaters verwenden. Hat es Tamaskana doch nicht in das tiefe Unglück gestürzt, in das alle vorherigen Besitzer der Figur geraten sind? Dafür geht dann halt eine ganze Stadt unter. Apropos. Da würde mich schon interessieren, inwieweit das historisch oder für den Roman erfunden ist (das Versinken der Stadt im Sand).


    Seite 309. (...) und zu allem Überfluss hatte die Katze des Nachbarn eine tote Ratte vor seiner Tür abgelegt.
    Was will er denn, immerhin war die Ratte tot. Unsere Stubentiger haben uns ihre Beute auch schon des öfteren stolz präsentiert. Gerade diese Woche konnte es eine der Katzen überhaupt nicht nachvollziehen, daß ich die leckere Maus nicht zum Frühstück verspeisen wollte (das hat sie dann selbst erledigt). Manchmal lebt diese Beute auch noch, dann hat man entweder Mäuse im Haus - oder einen möglichst schnell erwachenden Jagdinstinkt. :grin


    Seite 316. Die Maßlosigkeit der Wüste mit ihren endlosen Entfernungen und dem hohen Himmel ließ ihn spüren, wie klein und unbedeutend er selbst und seine Artgenossen waren.
    Das Gefühl kommt in diesem Buch gut herüber. :-)


    Wieder reagiert Osman, der Bruder Batügüls heftig, fast schon bösartig. Es würde mich wirklich interessieren, ob das „einfacher“ Haß auf alles Nicht-Uighurische ist oder einen tieferen Grund hat (weil er beispielsweise selbst in den Antiquitätenschmuggel verwickelt ist). Jedenfalls erscheint er mir als schwarzes Schaf innerhalb dieser Familie.


    Seite 337, die Beschreibung von Aufstieg und Fall einer Stadt / eines Reiches. Eine wohl zeitlose Schilderung, die überall auf der Welt ihre Gültigkeit bewiesen hat. Warum lernt die Menschheit eigentlich so gut wie nichts aus der Geschichte?


    Seite 374, der Brief von Professor Kirschner. Da würde mich jetzt wirklich interessieren, inwieweit das für den Roman erfunden wurde und/oder was daran historische Tatsache ist.


    Die Entführung Susannes kam für mich unerwartet, wenngleich sie zu Nikolai paßt. Auch die Denkweise („Marion hat schuld“) paßt. Er ist zwar der Verbrecher, aber wehe er wird in seiner üblen Tätigkeit gestört oder behindert. Dann ist er der Gute und die anderen die bösen. Hoffentlich erwischt es ihn noch. Ich meine so richtig „schön“, nachhaltig und endgültig. Seltsamerweise war das eine Stelle, die mich nicht so berührt hat. Irgendwie ist das Grauen, das Susanne empfunden haben muß, zu mir nicht durchgedrungen. Was andererseits vielleicht gar nicht so schlimm ist. Es gibt schon genug andere Gründe für Alpträume.


    Zum Ende des Abschnittes sind dann zwei wesentliche Fragen geklärt: das Verhältnis zu Thomas, und daß Marion zurück nach China fliegt. Samt Jadepferd.


    Jetzt bin ich gespannt, wie sie das in China (von wegen Antiquitäten unbefugt aus dem Land gebracht) regelt und ob sie und Yandao eine Chance haben, obwohl ich mir momentan überhaupt nicht vorstellen kann, wie das gehen sollte. Einer müßte sein Heimatland verlassen. Kann ein Chinese auswandern? Kann man nach China einwandern? Keine Ahnung.


    Und dann müssen natürlich die Hintermänner dieser ganzen Ereignisse noch ihren Teil abgekommen. Ich meine nicht von den Antiquitäten, sondern von der Strafe.


    Erst mal aber lese ich die anderen Posts.



    Edit nach dem Lesen der anderen Posts.


    Osman scheine ich ja anscheinend falsch verstanden zu haben. Nun, damit kann ich leben.


    Zitat

    Original von SteffiB
    (...) denn es gibt viele Gründe, zu Hause zu bleiben: (...)


    Mir graust es schon, wenn es heißt, wir müßten in Urlaub fahren. (Für mich liegt die Betonung auf „muß“.) Ich war zwölf Jahre, durchaus nicht ungerne, im Außendienst in (West-) Deutschland unterwegs. Aber inzwischen möchte ich das Haus am liebsten nicht mehr verlassen. Mein Bedarf an Reisen ist erst mal gedeckt. Zumindest was das "reale" Reisen betrifft.


    Noch ein Nachtrag zum Thema „Essen“. Als ich noch jung war, also viel ziemlich vielen Jahren, war ich in einem Deutsch-Amerikanischen Freundschaftsclub dabei. Einmal in der Vorweihnachtszeit fuhren wir nach Darmstadt zu vietnamesischen Flüchtlingen auf Besuch (oder hatten wir die zu Gast? Weiß ich nicht mehr genau, ist zu lange her). Und aßen dort auch. Es gab als Vorspeise Schlangensuppe. Heute denke ich lieber nicht mehr dran, aber damals hat mir die sogar ganz gut geschmeckt.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

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  • Zitat

    Original von SiCollier
    Aus den Geschehnissen des Jahres 632 werde ich nicht so ganz schlau. Tamaskana hat das Jadepferd, entkommt aber anscheinend ihrer tristen Situation, indem sie sich den Künstlern anschließt. Aus der Erzählung zu 785 - 799 schließe ich, daß sie Kinder hatte, die das Jadepferd noch immer besitzen und es als Bezahlung für die Beerdigung ihres Vaters verwenden. Hat es Tamaskana doch nicht in das tiefe Unglück gestürzt, in das alle vorherigen Besitzer der Figur geraten sind?


    Es sind ja eher ihre Ur-hoch-3-Enkel, die nach Li Xie kommen – da ist viel Raum für persönliches Unglück ;-)


    Zitat

    Original von SiCollier
    (...) Dafür geht dann halt eine ganze Stadt unter. Apropos. Da würde mich schon interessieren, inwieweit das historisch oder für den Roman erfunden ist (das Versinken der Stadt im Sand).


    Das ist historisch. Irgendwo hatte ich es schon gepostet, aber ich kann es gerade nicht finden ... Es gab um diese Zeit herum (ich meine zur Zeit meiner Geschichte) eine etwa fünfzig Jahre andauernde Periode, in der die gletschergespeisten Flüsse (die Taklamakan ist von SEHR hohen Gebirgszügen umgeben) aufgrund einer Warmphase der Erde weniger Wasser führten und weit vor den weit in die Wüste vorgeschobenen Siedlungen im Sand versickerten, d.h., es konnte nicht mehr künstlich bewässert werden. Zusätzlich hatten die Oasenbewohner damals ihre liebe Not mit den Tibetern, die die Karawanen überfielen und den Nachschub abschnitten. Auch ohne das langsame Versickern der Flüsse hätten die Siedlungen es schwer gehabt, denn je weniger Leute zur Verfügung standen, desto schwieriger war es, die Bewässerungsgräben instand zu halten. Das Innere der Taklamakan ist die zweitgrößte zusammenhängende Sandwüste der Welt, mit sehr schnell wandernden Dünen, insbesondere zur Zeit der "kara burans", der Schwarzen Stürme im Frühling. Es ist leicht nachvollziehbar, wie schnell so eine Stadt unter diesen Umständen verschwinden kann. Das Unglück der Menschen von damals ist für die heutigen Archäologen aber ein Glücksfall: Das extrem trockene Klima hat Fresken und Figuren und sogar eine Menge Mumien erhalten. Man hat viele dieser Städte gefunden, Li Xie ist nur eine davon (ja, es gab Li Xie!)


    Zitat

    Original von SiCollier
    Seite 374, der Brief von Professor Kirschner. Da würde mich jetzt wirklich interessieren, inwieweit das für den Roman erfunden wurde und/oder was daran historische Tatsache ist.


    Abgesehen von der Botschaft selbst stimmt eigentlich alles: Es wurde auf Bambustäfelchen geschrieben, die mit Bändern verbunden waren (die sind natürlich im Laufe der Zeit verrottet, waren zu lange an der Erdoberfläche). Kaiser Wu Di gab es, ebenso die Lishu-Schrift (gibt es immer noch). Der General, sein Feldzug, die Tatsache, dass er zu den Xiongnu überlief und die darauffolgende Ausrottung seiner Familie - alles belegt, z.B. von Sima Qian, den es auch gab. Ebenso die Bezeichnung "Da Qin" (Große Qin) für die Römer. Wegen des großen Seidenhungers der Römer wäre Rom sogar fast pleite gegangen. Da die Chinesen schon immer an einer positiven Handelsbilanz interessiert waren, haben sie zwar eine Menge Seide exportiert (wenn sie auch nicht wirklich wussten, wer ihre Abnehmer waren), haben aber kaum importiert und somit über Umwege die Geld- und Goldreserven Roms fast erschöpft. Kommt mir irgendwie bekannt vor ;-) Im letzten Abschnitt gehe ich noch genauer auf die wahr- und unwahr-Geschichten ein...


    Zitat

    Original von SiCollier Kann ein Chinese auswandern? Kann man nach China einwandern?


    Auswandern geht heutzutage. Die Chinesen haben mittlerweile weniger Probleme mit ihrer Regierung als mit den Botschaften der Länder, in die sie gerne einreisen/einwandern möchten. Studieren oder heiraten öffnet Türen. Einwandern nach China? Keine Ahnung, aber eine Aufenthaltserlaubnis bekommt man.


    Was Osman anbelangt, so ist er eine schwierige Figur, und genau das wollte ich auch. Was mich ein wenig erschreckt ist allerdings, dass du ihn im ersten Moment als "bösartig" und Schwarzes Schaf empfunden hast, denn das lag nicht in meiner Absicht – ich finde seine Einstellung sehr nachvollziehbar (wir hatten ja weiter oben in diesem Thread schon darüber diskutiert). Ich werde es mit hinter die Ohren schreiben und in Zukunft gerade die kontroversen Figuren noch mehr durchleuchten ...


    Ah, und jetzt off topic – wir haben mal die Wandverkleidung in der Küche herunterreißen müssen (zugegeben, sie war auch nicht gerade schön, es ist uns also nicht allzu schwer gefallen :grin), weil eine verletzte Maus sich dahinter gerettet hatte, dort verschied und dann mumifizierte und dabei einen grausigen Geruch verströmte. Seitdem sind wir wie elektrifiziert, wenn die Katze was Lebendiges anschleppt. Ich finde es übrigens erstaunlich, wie ausgeprägt mein Jagdinstinkt ist. Die dünne Decke Zivilisation ist stellenweise regelrecht fadenscheinig. Hoffentlich schlage ich nicht irgendwann meine ZÄHNE in die Beute der Katze :mahlzeit


    Und noch einmal off topic - Schlange soll doch lecker sein - und in etwa wie Hühnchen schmecken :lache


    Liebe Grüße von SteffiB,
    die sich jetzt von der Wüste in tropische Regionen zurückzieht

  • Ha! Endlich ein Bekennerschreiben ... danke, Bouquineur!!!!! :anbet
    Und ich bekenne: Trotz des Überangebots an Kroko-Burgern in der schönen nordaustralischen Stadt Darwin habe ich Krokodil NICHT probiert. War wohl noch zu verzärtelt, damals :lache
    Aber jetzt kann ich mich endlich beruhigt zurücklehnen. Wenn die Viecher noch nicht einmal nach Huhn schmecken...

  • Ich glaub das war im Zuge der BSE Angst um dem Aufkommen von exotischen Fleischsorten. Damals hatten wir Krokodil und Schlange in Angebot. Krokodil war nicht ganz so teuer, da hatte ich etwas zum Grillen mitgenommen.
    Vom Ergebnis war ich wirklich enttäuscht. Von der Konsistenz ist es wirklich wie Hähnchen. Sehr weiß und fein aber wirklich fast völlig geschmacksneutral. Du hast also wirklich nichts verpasst. Vielleich hätte ich doch Schlange mitnehmen sollen *g*

  • Zitat

    Original von SteffiB
    Was Osman anbelangt, so ist er eine schwierige Figur, und genau das wollte ich auch. Was mich ein wenig erschreckt ist allerdings, dass du ihn im ersten Moment als "bösartig" und Schwarzes Schaf empfunden hast, denn das lag nicht in meiner Absicht – ich finde seine Einstellung sehr nachvollziehbar (wir hatten ja weiter oben in diesem Thread schon darüber diskutiert). Ich werde es mit hinter die Ohren schreiben und in Zukunft gerade die kontroversen Figuren noch mehr durchleuchten ...


    Das ist mir auch erst beim Lesen der Posts hier bewußt geworden. Mir erschien er so, wie ich früher geschrieben habe. Allerdings muß ich bekennen, daß ich in einem Krimi nie den Täter entlarve (selbst wenn, wie bei Poirot, alle Fakten auf dem Tisch liegen). Seine Reaktionen und Äußerungen haben auf mich halt „bösartig“ gewirkt; in eine andere Richtung habe ich da - ehrlich gesagt - gar nicht mehr weitergedacht. Vielleicht sollte ich gründlicher lesen. (Was, wenn ich doch wissen will, wie es weitergeht, nicht immer einfach ist.)


    OT nochmals zu den Katzen. Man hat ja nicht immer eine Schüssel parat, um die Maus lebend zu fangen und ins Freie zu expedieren. Da ich in meiner alten Wohnung (beim Auszug) Mäuseschäden entdeckt habe und weiß, was solche putzigen kleinen Tierchen anrichten können, will ich keine im Haus. Zumindest keine freilaufenden. :grin Bei erwachtem Jagdtrieb und der Schnelle der Beutetiere ist bei raschem Handeln bisweilen nur der Hausschuh als Waffe greifbar. Ohne das jetzt näher ausführen zu wollen, habe ich mir nach einer solchen erfolgreichen Jagd vorgenommen, nie wieder Hausschuhe mit tiefen Profilsohlen zu kaufen. Das Saubermachen dauert ...

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")