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'Wir fliegen' - Seiten 001 - 056
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Konventionell beginne ich den Erzählungsband mit der ersten Geschichte "Die Erwartung" und bin sofort drin im besonderen Stil Peter Stamms, der einen hohen Wiedererkennungswert besitzt und mir schon immer sehr gefallen hat. So auch hier, es scheint sogar noch etwas dazu gekommen zu sein, was ich noch nicht genau definieren kann.
Die Geschichte heißt nicht nur Die Erwartung, sie setzt das auch als Thema konsequent um. Wäre das ein Thema des Buechereulen-Schreibwettbewerbs, hätte Die Erwartung gute Chancen zu gewinnen.Die Erzählperspektive dieser Geschichte bestimmt den Stil, die inneren Gedankengänge und Empfindungen der Protagonistin.
Ihre Begegnung mit dem viel jüngeren Mann, weckt bei ihr Sehnüchte nach einer Veränderung ihres Leben, dass anscheinend sehr eingeengt ist. Stellvertretend dafür sind die regelmäßigen abendlichen Treffen mit den Kollegen, die längst zu einer Routine verkommen und eigentlich mehr lästig sind.
Doch was ist es genau was sie erwartet? Liebe, Sex, Freundschaft oder überhaupt nur eine Veränderung?Viele Kleinigkeiten sind auffällig.
Zum Beispiel die Hellhörigkeit der Wohnungen.
Da bin ich persönlich froh, dass ich in meiner Wohnung nichts von den Nachbarn höre.
Aber die Protagonistin zehrt auch von den Geräuschen. Die anfangs vermutete Nachbarin war ihr vertraut, bis die Geräusche plötzlich aufhörten.
Erst spät in der Geschichte wird sie sich bewusst, was sie selbst für eine Lärmkulisse immer produziert.Ich finde Die Erwartung so stark, weil sie Empfindungen in einer großen Intensität zeigt, dabei aber auch vieles nicht verrät. Zum Beispiel, wer jetzt wirklich, die unbekannte Nachbarin war, wenn es sie denn wirklich gab.
Diese Geschichte ist ein guter Beginn, an dem sich die späteren messen müssen. -
Auch ich bin vorhin mit der ersten Geschichte aus dem Erzählband fertig geworden.
ZitatOriginal von Herr Palomar
und bin sofort drin im besonderen Stil Peter Stamms, der einen hohen Wiedererkennungswert besitzt und mir schon immer sehr gefallen hat.
Ich kann nicht einmal genau sagen, was das besondere am Stil von Peter Stamm ist, aber vom ersten Satz zieht mich seine Sprache und seine Art zu Erzählen einfach wie ein Sog in das Buch herein.Am Anfang war ich vor allem erst einmal darüber erstaunt, dass die Geschichte aus der Sicht einer Frau - aus der Sicht von Daphne - erzählt wird. Es ist eigentlich erschreckend, wie wenig Daphne hat: keine wirklichen Freunde, keinen Partner ... nur die Geräusche, die sie aus der Nachbarwohnung hören kann.
Wer die Nachbarin wirklich war, habe ich mich am Ende auch gefragt und ich vermute, dass es die Großmutter von Patrick gewesen ist ... das ist aber auch nur ein Gefühl. Ich glaube, dass ich die erste Geschichte gleich noch einmal lesen werde; bevor mich die zweite vielleicht enttäuschen könnte.
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Was haltet ihr vom Cover?
Mir gefällt es, auch farblich.
Beim Motiv musste ich genau hinsehen, um zu erkennen, dass es sich um Straßenlaternen auf einem Gehweg mit einigen Menschen handelt und die Lampen Schatten auf eien Straße werfen, auf der isoliert eine einzelne Person steht. Ein Cover, über das man nachdenken kann, passt sehr gut zu Peter Stamms Geschichten. -
Zitat
Original von Herr Palomar
auf der isoliert eine einzelne Person steht.Ich versuche schon die ganze Zeit erkennen zu können, was diese Person macht. Es sieht irgendwie so aus, als würde sie etwas fotografieren ... aber vielleicht bilde ich mir das auch nur ein.
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Die Haltung würde dem tatsächlich entsprechend. Aber das möglicherweise fotografierte Motiiv bleibt unbekannt!
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Diese Geschichte gefällt mir wegen dem Thema und weil sie so ganz anders ist, als die erste.
Nach meinem Lesegefühl, teilt sich die Geschichte in zwei Teile.Erstens der Vortrag von Christopher mit allem was dazu gehört.
Die Beschreibungen, wie er am Büchertisch signiert, erinnert mich an die Lesung von Peter Stamm aus seinem Roman Ungefähre Landschaft, als auch ich mich in einer Reihe zum signieren anstellte. Aber da war die Stimmung viel entspannter.
Christoph schleppt etwas mit sich herum, die Angst vor der Enge, wie wir später erfahren.Zweitens der Abschnitt mit Klemens und Sabine, die fast eine klassische Dreiergeschichte wird.
Klemens Motivation als fanatischer Extremsportler ist anscheinend, sich mit Christoph bekannt zu machen, um sich ihm bei der Höhlenexpedition anzuschließen. Dazu bedient er sich auch Sabines.
Glaubhaft, wie Christoph beim Erzählen von den Erinnerungen durchströmt wird.Etwas rätselhaftes bleibt am Ende, da Christoph sich auf seinem Rückweg erleichtert und heiter fühlt. „Er hatte das Gefühl, er habe das Spiel gewonnen, was auch immer für ein Spiel es gewesen ist.“
Aufgrund so einem Schluss lohnt es sich wohl, Geschichten von Peter Stamm mehrmals zu lesen. -
Nun habe ich auch die anderen beiden Erzählungen, Fremdkörper und Drei Schwestern gelesen.
Fremdkörper konnte mich nicht ganz so begeistern, wie die erste Geschichte. Auch ich habe die Geschichte als zweigeteilt empfunden: mit dem ersten Teil konnte ich mich noch arrangieren, während der zweite etwas diffus war für mich. Vor allem die Rolle von Sabine war für mich nicht greifbar. Warum begleitet sie ihren Freund bei seinen Höhlentouren, obwohl sie findet, dass er "verrückt" ist? Auch die Tatsache, dass es so viele Fotos gab, auf denen die Ex-Freundin von Klemens drauf ist, empfand ich als befremdlich.
Drei Schwestern war dagegen wieder ganz nach meinem Geschmack. Die Hauptperson Heidi, deren Leben eine ganz andere Wende nimmt, aufgrund einer spontanen Entscheidung als sie siebzehn war. Erst fast sie den Entschluss, ein anderes Leben zu leben und Künstlerin zu werden und diese ganzen Pläne zählen nichts mehr, weil eine Frau aus ihrem Abteil über Heidis Bilder lacht.
Als besonders faszinierend empfand ich die Tatsache, dass Heidi ihren zukünftigen Mann sogar noch in derselben Nacht kennenlernt und ihr anschließendes Leben klaglos mit ihm verbringt. Wie eine kleine Entscheidung, das ganze Leben verändern kann ...
Das einzige, was ich bei dieser Geschichte nicht verstanden habe, war der Zusammenhang zwischen dem Titel und dem Inhalt.
ZitatOriginal von Herr Palomar
Aufgrund so einem Schluss lohnt es sich wohl, Geschichten von Peter Stamm mehrmals zu lesen. -
Noch bin ich bei der dritten Erzählung nur am Anfang.
Drei Schwestern! Mit diesem Titel stellt sich Peter Stamm interessanterweise in die Nähe von Tschechow, diesem Spezialist in Sachen Erzählungen. Aber 3 Schwestern von Tschechow ist ein Drama, wo ist also der Zusammenhang?
Im Klappentext wird Peter Stamms Band mit Theaterstücken mit dem Titel „Der Kuss des Kobaku“ genannt. Ich kann ihn mir nicht so richtig als Dramatiker vorstellen. Seine Prosa zeigt immer viel von inneren Vorgängen. Ob das auch im Theater funktioniert? Wenn in meiner Nähe mal ein Stück von ihm aufgeführt wird, würde mich das sehr interessieren.Edit: Mit Tschechow war ich wohl auf der falschen Spur.
Gemeint sind wohl Berge: 3 Schwestern (Berg) -
Die Erwartung:
Ich war auch erstaunt, dass die Erzählung aus der Sicht einer Frau geschrieben ist, aber hatte nicht den Eindruck, dass es sich dabei um Patricks Großmutter handelt. Sehr beeindruck hat mich der Satz auf S. 22: "Wir sind uns näher, wenn wir nicht zusammen sind, wenn wir einander nur hören."Fremdkörper:
Diese Erzählung hat mir nicht so gut gefallen bzw. ich konnte nicht so viel damit anfangen. Vor allem mit dem Imponiergehabe zwischen den beiden Männern.Drei Schwestern:
Toll, wie Peter Stamm auf knapp 20 Seiten das ganze traurige Leben von Heidi beschreibt. Letztlich ist sie dort selbst auch zu Stein erstarrt in ihrem Leben dort - wie die drei Schwestern. Die Erzählung hätte mich auch ausführlicher als Roman interessiert. -
Zitat
Original von taki32
Die Erzählung hätte mich auch ausführlicher als Roman interessiert.
Da ich mich in dieser Geschichte ganz schön verzettelt hatte, glaube ich auch, dass sei als längerer Text besser funktioniert hätte.
Es gibt einige gute Szenen, am Anfang mit Heidi und Cyrill oder die Zugfahrt, aber als Gesamtkomposition wurde ich einfach zu oft aus der Handlung geworfen. Nur passagenweise floss die Geschichte wie erhofft.
Viele Figuren, wie Rainer oder Heidis Vater sind nicht wirklich aufgetreten, sie wurden als Charaktere nur anekdotisch erwähnt. Das war mir zu weng, aber vielleicht gewinnt die Geschichte beim zweiten lesen. -
Ich habe jetzt heute die ersten drei Geschichten gelesen. Dabei hat sich eines wieder bestätigt: ich mag keine Kurzgeschichten, egal wie gut sie auch sein mögen. Kaum habe ich mich reingedacht, sind sie zu Ende. Kaum habe ich mich an die Protagonisten gewöhnt, muß ich sie wieder verlassen. Da lohnt sich das Kennenlernen eigentlich überhaupt nicht. - Da werden jetzt sicherlich etliche protestieren, doch ich empfinde es so.
Ich habe vor einiger Zeit von Peter Stamm sein Buch „An einem Tag wie diesem“ gelesen, welches mir außerordentlich gut gefallen hatte. In der Folge habe ich mir einige weitere seiner Bücher gekauft, bin aber irgendwie (trotz deren Kürze) nie zum Lesen gekommen. Da schien mir die Leserunde ein guter Anlaß zu sein, wieder mal zu einem Buch von ihm zu greifen. Ich gebe zu, ich habe im Vorfeld gar nicht so recht realisiert, daß es sich um eine Kurzgeschichtensammlung handelt.
Was soll ich zu den Geschichten selbst schreiben? Es fällt mir eigentlich nichts dazu ein. Jedes Mal wiederholen, daß Peter Stamm gut beobachten und das mindestens ebenso gut zu Papier bringen kann, wird auch langweilig.
Und ganz offen gesagt, sprechen sie mich auch nicht sonderlich an. Zumindest mit den ersten drei kann ich nicht sehr viel anfangen. Es mag sein, daß es solche Menschen gibt, aber das liegt doch alles sehr weit neben meiner Lebens- und Gedankenwelt.
Heute lese ich keine weitere Geschichte; ob ich weiterlese, weiß ich noch nicht so recht. Es ist mir zu viel deprimierendes auf zu wenigen Seiten versammelt. Wenn, dann maximal eine Erzählung pro Tag.
Jetzt werde ich erst mal die anderen Posts hier lesen.
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@taki
Vielleicht hatte ich mich unklar ausgedrückt, aber ich bezog mich auf die Frau in der Nachbarswohungen, die von der Erzählerin gehört wird (zumindest glaubt sie ja eine Frau zu hören und die Wohnung ist ja auch in diesem Stil eingerichtet.)ZitatOriginal von Herr Palomar
Edit: Mit Tschechow war ich wohl auf der falschen Spur.
Gemeint sind wohl Berge: 3 Schwestern (Berg)Ach, danke für die Erklärung - das hätte mir nach dem Lesen ja eigentlich auch selber klar sein können ... ich war aber irgendwie so in die Erzählung verstrickt, das ich an so etwas simples nicht mehr denken konnte.
Drei Schwestern als Roman könnte ich mir auch sehr gut vorstellen, da - wie Herr Palomar schreibt - vieles in der Kurzgeschichte nur angerissen wird, was ich aber auch gerne ausführlicher lesen würde.
ZitatOriginal von SiCollierHeute lese ich keine weitere Geschichte; ob ich weiterlese, weiß ich noch nicht so recht. Es ist mir zu viel deprimierendes auf zu wenigen Seiten versammelt. Wenn, dann maximal eine Erzählung pro Tag.
Es ist schade, dass dir die Geschichten (noch) nicht wirklich gefallen können. Ich gestehe, dass ich eigentlich auch kein Fan von Kurzgeschichten bin, aber Peter Stamm bildet da einfach eine Ausnahme.
Ich habe schon vorher zwei seiner Erzählbände gelesen und muss sagen, dass die Figuren und die Geschichten in diesem Band weniger deprimierend sind, als in einigen vorangegangen Erzählungen von Stamm. Vielleicht baut dich das ja etwas auf.
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Gerade gelesen: Peter Stamm erhält den Bodensee-Literaturpreis 2012 für sein bisheriges literarisches Gesamtwerk.