Drei Herren im Bett, die Katze nicht zu vergessen - Bartosz Zurawiecki

  • Drei Herren im Bett, die Katze nicht zu vergessen.
    Eine passive Romanze
    "Trzech panów w lózku, nie liczac kota", Bartosz Zurawiecki, 2005

    Übersetzung: Barbara Samborska, 2008
    Meine Rezension bezieht sich auf die Ausgabe:
    dtv premium, ISBN: 978-3423246712


    Irgendwann muss man einen Reinfall erleben, wenn man ein Buch blind nach Titel und Cover kauft. Und dabei fand ich hier die Kombination so skurril, dass ich seit Entdecken des Buches in der dtv-Vorschau wusste, dass ich es kaufen müsste.


    Ach, es hätte so ein tolles Buch werden können, aber leider hält es nicht so recht, was Titel, Cover und die schöne dtv-Premium-Ausgabe versprechen.
    Eine passive Romanze soll es sein, in die der schwule Adam hineingeworfen wird und das ist es tatsächlich. Der Protagonist laut Klappentext wird von seinem jüngeren Geliebten verlassen, sein "Mann" entschwindet nach Warschau und irgendwie poltert er dann in die Dreiecksbeziehung mit dem schönen Michal und dessen Partner Pawel. So was aber auch.


    Es folgen ein paar lahme Besuche beim Ex-Mann und schließlich, weil die Dreiecksbeziehung doch nicht so ganz das Wahre ist - Adam benimmt sich wie ein Schoßhündchen und will bloß nicht fallengelassen werden - wird er von Michal und Pawel kurzerhand mit einem Arzt verkuppelt. Und das nimmt er dann einfach so mal hin.


    Adam nimmt erstaunlich viel hin, ich habe selten einen Romancharakter gefunden, der weniger Eigenständigkeit hatte. Er ist die personifizierte Passivität. Zustimmen oder widersprechen kann man ihm nicht, er tut nichts, Identifikation ist deshalb auch nicht möglich. Eigentlich kann man nur dasitzen und ein bisschen verzweifelt zuschauen. Einzig und allein in der Endszene scheint ein wenig von ihm durch.


    Es hätte so ein schönes Buch werden können, der Autor kann nämlich schreiben, seine Sätze sind kurz, prägnant, ausdrucksstark. Gerne schwingt eine latente Ironie mit und er schafft eine durch und durch seltsame und doch in ihren Bann ziehende Atmosphäre.


    Würde er doch nicht - wie um irgendetwas zu beweisen - immer wieder Vulgär- und Szenebegriffe, die nicht annähernd zur sonstigen, eher niveauvollen Sprache passen, einwerfen! Und wäre das Buch doch nicht so ein furchtbar misslungenes Stückwerk!


    Denn der Roman will alles zugleich sein. Er will eine Gesellschaftsstudie sein, was leider misslingt, da alles Mögliche, seien es Schwulenorganisationen, die Arbeitsmarktsituation, das Leben in Polen, eigentlich immer nur angerissene Fäden sind, die im Nichts enden und teilweise auch noch aufgrund eines nicht vorhandenen Glossars nur halbverständlich wirken. Und irgendwie geht das ganze noch im Hin und Her der bedeutungslosen Handlung unter.
    Mittendrin schwimmt eine unmotivierte Liebesgeschichte der Frau, die sich immer wieder in Homosexuelle verguckt und von ihrem Kollegen enttäuscht wird, deren Relevanz mir nicht im geringsten klargeworden ist, und ab und zu eine misslunge Sexszene zwischen Adam und Wemauchimmer.


    Es ist schade, einfach schade, weil immer wieder durchscheint, dass das Buch etwas hätte werden können. Viele Szenen sind einzeln passabel, teilweise auch sehr gut, aber zusammenpassen tun sie einfach nicht. Sprachlich war es für mich etwas gewöhnungsbedürftig (was daran liegt, dass ich den Stil von Autoren aus Polen oder noch östlicheren Ländern immer etwas ungewohnt finde), aber auf eine eigene Art so gelungen, dass mich dieses Buch nicht von anderen Werken des Autors abschrecken würde. Mal schauen, was da noch kommt.


    Dieses Buch jedoch ist ein Schuss in den Ofen, bei dem es mich sogar ärgert, den stolzen Preis für die 160 Seiten ausgegeben zu haben... Aber nun ja, wenigstens ist die pinke Katze auf dem Cover niedlich.
    Und so soll Adam weiter den Boden scheuern, Marlene Dietrichs "Ich weiß nicht, zu wem ich gehöre" lauschen und sich von anderen bereitwillig ein Leben aufzwingen lassen. Solange ich ihm nicht mehr dabei zusehen muss.


    Fazit
    Ein Flickenteppich sondergleichen - wirres Handlungschaos, teilweise wegen polnischer Originalbegriffe ohne Glossar nur bedingt verständliche zeitgenössische Anspielungen, und eine blind durchs Buch taumelnde Möchtegernhauptfigur ohne Charakter müssen einfach nicht sein!


    Allein der Schreibstil reißt es ein wenig raus, deswegen
    4/10 Punkten


    :wave bartimaeus


    Edits: Korrekturen

  • Oh je!


    Ich habe mich mit einem Lächeln hineingeklickt und eine wunderbare Rezension erwartet - gemäß dem Titel... Hätte ich das Buch irgendwo gesehen, ich wäre allein dem Titel rettungslos verfallen. Also, danke Bartimaeus, für deine schonungslose Kritik. Schade für dich, ich kann deine Enttäuschung gut nachvollziehen. Aber mir spart deine Rezi das Geld für ein vielleicht wirklich lohnendes Buch!

  • Autsch!


    Danke für die toll formulierte Warnung.


    Wegen der Anspielung auf Jerome K. Jerome im Titel sowie der Erwähnung einer Katze hätte ich glatt darauf hereinfallen können.



    :wave


    magali


    PS als edit: Du bist wirklich dämonischer geworden.
    ;-)

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

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