Terrorismus als Instrument der Geheimdienste
Inhalt:
Issa, ein tschetschenischer Flüchtling und gesuchter Schwerverbrecher, bittet den türkischen Schwergewichtsboxer Melik und seine Mutter Leyla um Hilfe. Er möchte in Deutschland Medizin studieren, doch leider hält er sich seit seiner Flucht aus einem türkischen Gefängnis und seine lange, durch Bestechungsgelder erkaufte Reise über Schweden und Dänemark, illegal in Deutschland auf. Außerdem steht er auf der Fahnungdungsliste von Interpol. Hin- und hergerissen zwischen Mitleid und Misstrauen beschließen die beiden ihm zu helfen. So geraten sie, eine Anwältin und ein Bankier bald ins Visier der Geheimdienste, die auch vor Lügen, Betrug und falschen Versprechungen nicht zurückschrecken, um ihre Ziele durchzusetzen...
Zum Autor:
John le Carré, geboren 1931 in Poole, Dorset, studierte in Bern und Oxford Germanistik, bevor er in diplomatischen Diensten u. a. in Bonn und Hamburg tätig war. "Der Spion, der aus der Kälte kam" begründete seinen Weltruhm als Bestsellerautor. Der Autor lebt mit seiner Frau in Cornwall und London.
Meine Meinung:
Wer einen Thriller um den 11.September erwartet hat wird wohl enttäuscht werden, denn ein direkter Bezug zum diesem Datum fehlt fast völlig. Es geht mehr um die Auswirkungen des Terrorismus, darum wie schlecht und misstrauisch mit Ausländern seit diesem Terrorakt umgegangen wird und wie gut es Geheimdienste verstehen, den Terrorismus für sich zu nutzen. Ein kleiner Bezug zu Amerika wird erst hergestellt, als der Leser schon nicht mehr damit rechnet.
Das Buch gliedert sich in drei Handlungsstränge - nämlich Issa und seine Pläne, eine Bank mit Kontakten zu russischen Geldwäschern und die Ermittlungen uneiniger Geheimdienstmitarbeiter und Verfassungschützer. Schnell beginnen die einzelnen Bausteine miteinander zu verschmelzen, um dann am Ende ein überzeugendes Gesamtbauwerk zu erzeugen.
Geschildert wird das komplette Buch in der 3. Person. Durch die von Beginn an lebendige Erzählweise fühlt man sich gleich mitten im Geschehen und die immer neu auftretenden Fragezeichen lassen einen das Buch nicht mehr aus der Hand legen.
Die Sprache ist ansprechend, aber auch dem ernsten Thema angepasst. Trotz eines etwas anspruchvolleren Tons ist das Thema verständlich und einfühlsam übertragen worden. John le Carrè gelingt es auch den Charakter der Protagonisten durch die Wahl von stimmigen Adjektiven zu übermitteln.
Auffällig ist auch, dass der Autor teils sehr lange Sätze benützt und das Buch in der alten Rechtschreibung gedruckt wurde.
Die Figuren sind abwechslungsreich, sowohl was das Erscheinungsbild, als auch die zu gehörigen Charaktere betrifft. Allein Melik und Issa sind schon grundverschieden, Melik ist stark und kräftig, hat einen gefestigten Charakter und weiß was er will, während sich Issas Naivität auch in seinem schwachen, ausgemergeltem Äußeren widerspiegelt.
Schade ist nur, dass der Autor einige Protagonisten gleich nachdem sie nicht mehr gebraucht wurden, in den Hintergrund gedrängt hat.
Fazit:
Der Titel ist bestens gewählt, denn hier sind wirklich fast alle Protagonisten Marionetten und selbst diejenigen, die erst geglaubt haben die Fäden zu ziehen müssen am Ende erkennen, dass sie selbst nur ein lebendiges Werkzeug der wahren Marionettenspieler waren.
Dem Autor ist es überzeugend gelungen ein eigentlich abgedroschenes Thema, nämlich den Terrorismus und die Reaktionen der Geheimdienste darauf, spannend, fesselnd und erschreckend plausibel darzustellen. Die vielen politischen und religiösen Hintergrundinformationen verhelfen dem Roman zu einer großen Glaubwürdigkeit und lassen ein solches Szenario durchaus realistisch erscheinen.