"...trotzdem Ja zum Leben sagen: Ein Psychologe erlebt das Konzentrationslager" - Viktor E. Frankl

  • Das Buch ist ursprünglich (1946) erschienen unter dem Titel " Ein Psychologe erlebt das Konzentrationslager"
    Der englische Originaltitel war: "From Death-Camp to Existentialism"
    Titel der englischsprachigen Ausgabe (heute): "Man's search for meaning"


    Ich verlinke die deutsche Ausgabe unter Vorbehalt, da ich "Man's search for meaning" gelesen habe und mir nicht sicher bin, ob die beiden Bücher in allen Teilen identisch sind. In der deutschen Ausgabe scheint noch das Theaterstück "Synchronisation in Birkenwald" enthalten zu sein.


    Meine Ausgabe von "Man's search for meaning" enthält ein Vorwort von Harold S. Kushner, ein Vorwort von Viktor Frankl zur amerikanischen Ausgabe von 1992, einen autobiographischen Bericht über seine Erfahrungen in verschiedenen Konzentrationslagern, den er 1946 geschrieben hat, eine Einführung in die Logotherapie (Revision von 1962), ein Kapitel über "tragischen Optimismus", das auf einer Vorlesung von 1983 beruht und ein Nachwort von William J. Winslade von 2006.


    Viktor E. Frankl hat 1945 in nur 9 Tagen den autobiographischen Bericht "Ein Psychologe erlebt das Konzentrationslager" geschrieben. Darin beschreibt er die drei Phasen der Entmenschlichung, durch die KZ-Häftlinge gehen mußten. Frankl hat im Konzentrationslager die Erfahrung gemacht, dass es möglich ist, auch noch unter inhumansten Bedingungen einen Sinn im Leben zu sehen und dass einem selbst in Situationen größten Leidens niemand die Freiheit nehmen kann, diese Zeit sinnvoll zu verbringen. Während Freud Lustgewinn als treibende Kraft des Menschen sieht und Adler das Streben nach Macht, steht für Frankl die Suche nach einem individuellen Sinn im Vordergrund. Als er in Auschwitz ankam, hatte er ein fast fertiges Manuskript über seine Theorien im Mantel, dass vernichtet wurde. Eins der Dinge, an die er sich festgehalten hat, war das Ziel, dieses Manuskript noch einmal zu schreiben (und das hat er auch getan: Ärztliche Seelsorge. Grundlagen der Logotherapie und Existenzanalyse, 1946). In seinem Bericht über seine Erfahrungen in verschiedenen Konzentrationslagern schreibt er, dass diejenigen Häftlinge eine bessere Chance hatten, zu überleben, die noch einen Sinn im Leben und Leiden sehen konnten, z.B. jemanden, der auf sie wartet oder eine Aufgabe, die sie noch erledigen wollten.


    Ich habe überlegt, ob ich das Buch unter Sachbuch und nicht Autobiographie stecken soll, aber ein Ratgeber ist es eigentlich auch nicht, sondern eher eine Einführung in die Logotherapie, praktisch mit sich selbst als Fallbeispiel. Frankl beschreibt seine eigenen Erfahrungen aus einer sehr distanzierten Sicht heraus und fügt immer wieder psychologische Erklärungen ein. Insgesamt ist es ein sehr lebensbejahendes und versöhnliches Buch. Frankl spricht sich auch später immer wieder ziemlich deutlich gegen Kollektivschuld und pauschale Verurteilungen einer Gruppe aus. Seinen eigenen Sinn im Leben hat er darin gesehen, anderen Menschen zu helfen, ihren persönlichen Sinn im Leben zu finden.


    Ich fand das Buch sehr berührend und inspirierend.


    Über den Autor


    Viktor E. Frankl wurde am 26. März 1905 in Wien geboren. Von 1933 bis 1937 leitete er im psychiatrischen Krankenhaus in Wien den „Selbstmörderinnenpavillon“, wo er als Oberarzt jährlich bis zu 3000 selbstmordgefährdete Frauen visitierte. Nach dem „Anschluss“ wurde ihm 1938 aufgrund seiner jüdischen Herkunft untersagt, arische Patienten zu behandeln. 1940 übernahm er die Leitung der neurologischen Abteilung des Rothschild-Spitals, des einzigen Krankenhauses, in dem in Wien noch jüdische Patienten behandelt wurden. Einige seiner Gutachten aus dieser Zeit sollen Patienten davor bewahrt haben, dem nationalsozialistischen Euthanasieprogramm zum Opfer zu fallen.


    Er selbst, seine Frau und seine Eltern wurden am 25. September 1942 ins Ghetto Theresienstadt deportiert. Sein Vater starb dort 1943, seine Mutter wurde in der Gaskammer von Auschwitz ermordet, seine Frau starb im KZ Bergen-Belsen. Frankl wurde am 19. Oktober 1944 von Theresienstadt nach Auschwitz gebracht, und einige Tage später von dort in ein Außenlager des KZ Dachau transportiert. Am 27. April 1945 wurde er dort von der US-Armee befreit.


    1955 wurde er Professor für Neurologie und Psychiatrie an der Universität Wien, hatte aber auch Professuren in Harvard, Dallas und Pittsburgh. Er war Begründer der Logotherapie, eine Psychotherapiemethode, die auch die "Dritte Wiener Richtung" nach der Psychoanalyse von Freud und der Individualpsychologie von Alfred Adler genannt. Frankl war 25 Jahre lang Vorstand der Wiener neurologischen Poliklinik. Er hat insgesamt 31 Bücher geschrieben, die in 24 Sprachen übersetzt wurden. "Man's search for meaning" ist sein erfolgreichstes Buch und wurde weltweit 12 Mio mal verkauft. Seine letzte Vorlesung an der Universität Wien hielt er 1995. Er starb am 2. September 1997 in Wien.
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  • Für mich war das ein sehr wichtiges Buch, weil ich nach dieser Lektüre zum erstenmal begriffen habe, dass man dem Leben keinen generellen Sinn zuordnen kann. Und dass dieser Lebenssinn daher auch für jeden Menschen anders aussieht.

  • Es wäre eine Lektüre für mich, weil ich mich gerade mit den Echolot von Walter Kempowski beschäftige, auch ein wichtiges Projekt.
    :wave

    Zitat

    Bücher haben Ehrgefühl, wenn man sie verleiht, kommen sie nicht zurück. T.Fontane


    :lesend :fruehstueck
    Ich lese Thomas Mann; Der Zauberberg;