Götter ohne Manieren - Marie Phillips

  • Gods behaving badly
    Marie Phillips, 2007

    Meine Rezension bezieht sich auf die Ausgabe:
    Vintage, ISBN: 978-099513032


    Deutsche Ausgabe:
    "Götter ohne Manieren", übersetzt von Sabine Herting, 2008
    C. Bertelsmann, ISBN: 978-3570010037


    Ich habe eine Schwäche für Mythologie, vor allem die griechische und römische finde ich äußerst faszinierend. Als ich dann über dieses Buch gestolpert bin, war mir sofort klar, dass es etwas für mich sein müsste.


    Ich wurde nicht enttäuscht, denn das Buch erzählt eine erfrischend komische Geschichte über die griechischen Gottheiten, deren Putzfrau und einen kleinen Weltuntergang, und bietet leichte Unterhaltung, die doch ein wenig anders ist.


    Die Geschichte spielt in der heutigen Zeit, größtenteils in London, in das die griechischen Gottheiten vor langer Zeit übersiedelt sind und wo sie in einer heruntergekommenen Hütte leben. Denn viel ist vom ehemaligen Glanz nicht mehr geblieben: Apollo mimt für einen drittklassigen Sender das Fernsehorakel, Artemis führt Hunde aus, Aphrodite bietet Telefonsex an und Zeus leidet an Altersdemenz. Die Gottheiten sind ein wenig aus der Mode gekommen, ihr ewigwährendes Leben ist vor allem langweilig - auch der perfekteste Sex zwischen dem wunderschönen Aphrodite und dem wunderschönen Apollo ist kein Erlebnis mehr, wenn die beiden ihn zum abertausendsten Mal durchleben und beide mit ihren Gedanken ganz wo anders sind.


    Da kommt der frische Wind den Alice in den Götterhaushalt bringt, wörtlich sogar, denn sie wird als Putzfrau von Artemis angestellt, gerade recht. Apollo entbrennt dank eines Racheplans Aphrodites (was gibt es Schöneres gegen die Routine als eine Kabbelei unter Göttern?) in Liebe für die schüchterne Alice. Dass deren ebenso schüchterner und liebenswerter Freund Neil das nicht gerade positiv aufnimmt, ist recht einleuchtend.


    Das Ganze gerät dann nur leider ein wenig außer Kontrolle und eine Beziehungskomödie voller netter Anspielungen, sarkastischer Bemerkungen und liebenswerter Charaktere nimmt ihren Lauf, in der Alice und Neil ein kleines Abenteuer erleben, nebenbei die Welt retten und über sich hinauswachsen, aber auch die Götter finden eine Lösung für ihre schleichende Entmachtung.


    Fantastische Elemente sind durchaus vorhanden in diesem Buch, vor allem zum Ende hin, coch bei lebendigen Göttern ist das zu erwarten. Sie fügen sich aber nahtlos in unsere Welt ein, wirken in diesem Parallelentwurf plausibel und sorgen immer wieder für kleine Schmunzler - und im Vordergrund steht vor allem die Unterhaltung.


    Das Buch wird als "göttlich-erotisches Lesevergnügen" bei amazon.de angepriesen, das zweite Adjektiv trifft jedoch nur bedingt zu - denn abgesehen von einer durchaus ins Auge stechenden Freizügigkeit in der Wortwahl oder den amüsant wirkenden Szenen zwischen Apoll und Aphrodite, wird man die erotische Atmosphäre vergeblich suchen. Ein wenig Romantik (für Persephone) und eine nette Liebesgeschichte gibt es aber.


    Aber das "göttlich"-amüsante Lesevergnügen ist dem Buch gelungen. Ich fühlte mich wunderbar unterhalten - ich tue mich sonst mit komisch gemeinten Büchern häufig schwer - und finde neben der netten die Idee die Umsetzung der griechischen (Haupt)Götter mit ihren kleinen Macken (besonders Athene hat für ein großes Grinsen gesorgt) gut gelungen.


    Der Sprachwitz, Humor und die überzeugende Handlung, die leichter Lektüre öfter abgeht, dieses Debütromans haben mich vom Anfang in ihren Bann gezogen. Da ich das Buch allerdings im Original gelesen habe, kann ich nicht sagen, inwiefern das in der Übersetzung auch der Fall ist.
    Weitere Bücher von Frau Phillips (*1976 London) werde ich mir sicher kaufen, nur leider ist noch keines in Sicht.


    Fazit
    Griechische Gottheiten in einer leichten Beziehungskiste - eine überaus amüsante Lektüre! Mit einem weiteren Buch teilt es sich den Platz als Monatshighlight.


    10/10 Punkten


    :wave bartimaeus


    Edits: Rechtschreib- und Grammatikfehler

  • Eskalina
    Die Erektion Apollons war auch die Stelle, die mir am wenigsten zugesagt hat, aber danach wurde das Buch ... gemäßigter. Irgendwie trat das anfangs stärker zutage.


    Aber Slapstickartig? Hmm... das Wort wäre mir dazu jetzt nicht eingefallen, vielleicht auch, was meinst du genau?


    Btw, hast du auf deutsch oder englisch gelesen?


    :wave barti

  • Soweit ich weiß, hat Eskalina es auf deutsch gelesen. Ich habe mir nämlich spontan gedacht: Das könnte mal wieder einer derer Fälle sein, in denen - sehr überspitzt ausgedrückt - das Original hui und die Übersetzung pfui ist. :gruebel

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Ich hab das Buch auch und hab damals auch gleich die ersten paar (so ca. 20) Seiten angelesen. Allein Ares mit seinem "Wen stürze ich denn heute mit wem in den Krieg?" war einfach zu herrlich. Mal sehen wann ich dazu komme es ganz zu lesen.

    „Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid.“

    - Meister Yoda

  • Danke für die schöne Rezi bartimaeus! :wave
    Ich werde das Buch mal im Auge behalten.

    Versuche zu kriegen, was du liebst, sonst bist du gezwungen, das zu lieben, was du kriegst
    :lesend"Herren der Unterwelt;Schwarzer Kuss" Gena Showalter

  • Sie sind kindisch, egoistisch, frivol, und wenn sie gelangweilt oder beleidigt sind, können sie ganz schnell boshaft werden - mit einem Wort: Sie sind Götter.


    Nur was macht man so als Gott in der Gegenwart, wenn sowieso niemand mehr an einen glaubt und einen anbetet? Im Fall von Artemis, Apoll, Aphrodite, Ares & Co. lebt man in einem baufälligen Haus im Norden Londons und schlägt mehr schlecht als Recht die Äonen irgendwie tot. Denn die allmächtigen Götter des alten Griechenlands sind nur noch ein Schatten ihrer selbst, ihre göttlichen Kräfte reichen gerade mal noch um ihre nötigsten Aufgaben zu erfüllen, für persönliche Vergnügungen (z.B. warmes Wasser) bleibt da kein Spielraum. Durch Frust und Langeweile entstehen schnell Rangeleien und da Götter ja ganz gerne mal etwas intrigant sind, wird der selbstverliebte Obermacho Apoll Opfer eines Liebesanschlags. Getroffen von einem Pfeil Eros', verliebt er sich in die kleine graue Maus Alice, die als Putzfrau arbeitet. Diese jedoch hegt eine heimliche Leidenschaft für ihren Freund, den liebenswerten Geek Neil, die jener zwar erwidert, aber sich aus lauter Schüchternheit ebenfalls nicht zu äußern traut. Als Alice auf Arbeitssuche (dem Zufall und Hermes sei Dank) von Artemis engagiert wird, die den Dreck und Siff im Haus einfach nicht mehr sehen kann, gehen die Probleme erst los. Denn ein verliebter Apoll kann ganz schön aufdringlich werden und ein abgewiesener Gott ist ein gefährlicher Feind.


    Wenn man mal über die anfänglich etwas häufiger auftretenden Sexkapaden (Inzest ist hier sowas wie ein Volks-, pardon, Göttersport) hinweg ist, erwartet einen ein durchaus liebenswertes Buch. Vor allem die Charaktere Alice und Neil sind zwei richtige Sympathieträger. Beides typische Mauerblümchen deren Gefühle für jeden, außer dem jeweils anderen, sofort erkennbar sind. Keiner der beiden traut sich seine Liebe zu gestehen und als sie endlich so weit sind, könnte es schon zu spät sein. Diesen beiden ist, jedem auf seine Art, eine besondere Rolle zugedacht, die sie völlig aus ihrer Normalität herausreißt. Alice wird das Objekt der Begierde für den schönen Apoll und Neil ist es beschieden zum Heroen nach klassisch-griechischem Vorbild zu werden.
    Die Götter selbst erwecken beim Leser meist recht zwiespältige Gefühle. Es gibt zwar auch hier "nettere" Exemplare, wie eben Artemis oder den zum Christen(!) konvertierten Eros, die meisten sind jedoch zu sehr von ihrer Selbstsucht eingenommen um große Sympathien zu wecken. Und doch hat man hin und wieder Mitleid... wenn man miterlebt, zu was für einem geistigen und körperlichen Wrack der einst so mächtige Zeus verkommen ist, wie die Götter anfangen zu begreifen, dass der Tod für sie vielleicht kein Ding der Unmöglichkeit mehr ist und der eine oder andere sich dabei sogar denkt: Alles ist besser als eine Ewigkeit so dahinzuvegetieren.


    Der Schluss war dann für meinen Geschmack ein klein wenig zu spektakulär. Was schließlich die Lösung für das Problem der Götter ist, wird dem aufmerksamen Leser schon recht früh klar und man muss sich wirklich fragen ob es nur an der Ignoranz der Götter lag, dass sie (Athene ausgenommen) da nicht selbst drauf kamen oder ob sie schlicht und ergreifend strunzhohl sind. Was ich auch als ein klein wenig schade empfand war die Absolutheit dieser Götter. Es wäre sicher interessant gewesen wie sie sich im Umgang mit Göttern aus anderen Kulturkreisen geschlagen hätten bzw. wie da die Arbeitsteilung gelaufen wäre. Aber in diesem Buch gibt es einfach nur die griechischen Götter und egal welcher Religion man angehört, die sind zuständig (also nix mit Paradies und Hölle für die Christen, Hades ist angesagt).


    Die Aufmachung des Buches gefällt mir sehr gut. Der Schutzumschlag wie auch die Deckelinnenseiten sind mit sehr passenden Zeichnungen im griechischen Stil gestaltet, die sogar Bezug zur Geschichte haben.


    Alles in allem ein recht vergnügliches Leseerlebnis mit einigen lustigen und sogar nachdenklichen Passagen, vielleicht mal einer kleinen Länge in der Mitte aber insgesamt sehr flüssig zu lesen.


    8 von 10 Punkten.


    Edit: Namen verbessert

    „Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid.“

    - Meister Yoda

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  • Ich hatte mir das Buch gekauft und wollte es dann auch lesen, aber nach den ersten ca. 50 Seiten habe ich das Buch abgebrochen.
    Irgendwie war mir das alles zu caotisch und zu platt.

    Versuche zu kriegen, was du liebst, sonst bist du gezwungen, das zu lieben, was du kriegst
    :lesend"Herren der Unterwelt;Schwarzer Kuss" Gena Showalter

  • Ich mag Bücher über Götter, deswegen landete dieses Buch auch sofort auf meiner Wunschliste. Und das zu recht.


    Ich habe mich während des Lesens köstlich amüsiert. Die Götter Apollo, Aphrodite, Ares, Artemis und Co. erledigen ihre Arbeiten mehr recht als schlecht. Nach jahrtausendlangem Dasein als Gott ist bei ihnen nun die große Langeweile ausgebrochen. Kein Wunder, wenn auch die Menschen nicht mehr so recht an die großen Götter glauben wollen und die glorreichen Zeiten der alten Götter vorbei ist. Nur was machen Götter, die nichts wissen mit sich anzufangen? Genau das gleiche wie Menschen die sich langweilen und keine ausfüllende Aufgabe haben. Sie treiben es bunt durcheinander, nehmen die Welt nicht allzu ernst, dafür sich umso mehr.


    Die Dialoge zwischen den Göttern waren herrlich. Die Dialoge zwischen den Sterblichen dann nicht ganz so amüsant. Aber irgendwie musste ja ein wenig Ernsthaftigkeit in die Geschichte.


    Mir hat der Humor der Autorin gefallen und ich würde sehr gerne mehr von Artemis und Co. lesen. Nett wäre es auch mehr über Hades und Persophone zu erfahren. Sehr nettes Päärchen. :-]


    Fazit: Eine etwas andere Götter-Parodie, die das Leben nicht besser hätte schreiben können. Dafür gibt es von mir 9 Punkte.


    Edit: Sozusagen eine Göttinnen-Empfehlung. :lache

    Bücher sind fliegende Teppiche ins Reich der Phantasie. (James Daniel)

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von hestia2312 ()

  • Ein wahrhaft göttliches Vergnügen, mehr muss man kaum dazu sagen. Da ich Bücher mit Göttern, egal ob nordische oder griechische, sehr gerne lese, musste natürlich auch das hier von mir gelesen werden.


    Die Geschichte ist einfach nur schräg und komisch, auf außerst positive Art wohlbemerkt, und zudem auch noch erstaunlich originell. Was die Autorin hier vollbracht hat, war genau nach meinem Geschmack :-]
    Jedoch sollte man wohl anmerken das die manchmal doch recht vulgäre Sprache wohl nicht nach jedem Geschmack sein wird.


    Eine herrlich erfrischende Geschichte, von mir gibt es die volle Punktzahl :wave

    :lesend
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