Der Autor:
Antonio Garrido, Jahrgang 1963, Professor an der Polytechnischen Universität in Valencia. „Das Pergament des Himmels“ ist sein erster Roman, der im Herbst 2008 in mehreren europäischen Ländern erscheinen wird.
Klappentext:
Wem gehört das Abendland?
Die schriftkundige junge Byzantinerin Theresa will unbedingt Pergamentergesellin werden – ein Unding in der Würzburger Zunft des Jahres 799. Ihr Aufbegehren löst eine Katastrophe aus, und mit knapper Not entkommt sie nach Fulda. Dort verwickelt sie der strenge Kirchenmann Alkuin von York, Ratgeber Karls des Großen, immer tiefer in die mörderischen Intrigen um eine gefälschte Urkunde. Von diesem Dokument hängt nicht weniger als die Herrschaft über das Abendland ab.
Ein opulenter Mittelalter-Roman, in dem leidenschaftlich geliebt und gehasst, gelitten und gemordet wird.
Meine Meinung:
Antonio Garrido erzählt hier eine Geschichte aus dem frühen Mittelalter, die höchst unglaubwürdig, an einigen Stellen sogar historisch unkorrekt ist. Ein Mädchen, das nicht nur fließend Latein und Griechisch lesen und schreiben kann, sondern auch noch den Beruf des Pergamentmachers erlernt, ist weit von der Realität des 8. Jahrhunderts entfernt. Nun gut, ich habe es nicht nachgeprüft und selbst wenn es in den Quellen keine Hinweise auf weibliche Pergamentmacher gibt, heißt es noch nicht, dass es sie auch nicht gegeben hat. Unwahrscheinlich ist es in jedem Fall. Wenn es tatsächlich historisch belegt ist, hätte ich es gut gefunden, wenn der Autor dies im Nachwort erwähnt hätte. Es gibt noch andere Stellen, die so einfach nicht glaubwürdig sind, z.B. dass eine stadtbekannte Prostituierte in einem Mönchskloster als Köchin angestellt wird.
Im Nachwort erklärt Garrido, dass er es mit der historischen Korrektheit nicht so genau genommen hat und führt das Beispiel an, dass im Roman einen Bischof in Fulda gibt, obwohl die Stadt erst etliche Jahrhunderte später Bischofsitz wurde. Er begründet dies mit der künstlerischen Freiheit, wenn man einen Roman schreibt. Mögen die oben genannten (und andere) unwahrscheinlichen Begebenheiten noch als künstlerische Freiheit durchgehen, solange man nicht das Gegenteil beweisen kann, ist meiner Meinung nach die bewusste Verfälschung der Tatsachen nicht zu rechtfertigen. Es wäre doch nicht so schwierig gewesen, entweder eine andere Stadt zu wählen oder, wenn es denn Fulda sein soll, den Bischof durch einen anderen Würdenträger zu ersetzen. Auch wenn im Nachwort auf den Fehler aufmerksam gemacht wird, macht das die Sache nicht besser.
Mal abgesehen von diesen Punkten, die mich doch erheblich gestört haben, ist der Roman an sich recht unterhaltsam. So richtig spannend wird es allerdings erst auf den letzten 100 Seiten, wenn die zwei großen Handlungsstränge zusammengeführt werden. Die Auflösung am Schluss kam mir dann allerdings etwas konstruiert vor.
Die Charaktere, vor allem Theresa, sind ganz gut herausgearbeitet, trotzdem fehlte mir das gewisse Etwas, um wirklich in die Geschichte einzutauchen. Vielleicht war ich aber auch von der unglaubwürdigen Ausgangssituation etwas voreingenommen.
Fazit:
Empfehlen kann ich das Buch denjenigen, die von einem Roman gut unterhalten werden möchten, ohne die Hintergründe zu hinterfragen.
Für mich persönlich verlange ich von einem historischen Roman, dass zumindest der geschichtliche Hintergrund korrekt dargestellt wird. Dabei bleibt immer noch genug künstlerische Freiheit, besonders wenn fiktive Personen im Mittelpunkt stehen. Wenn der Autor das nicht leisten kann oder will, sollte er doch lieber das Genre wechseln und Fantasyromane schreiben. Aber, wie gesagt, wer über diese Ungenauigkeiten hinwegsehen kann, wird hier gut unterhalten.
EDIT: Rechtschreibfehler schon im ersten Satz, und da stand er schon seit Wochen.