Klappentext:
Grillparzers Geschichtsdrama Ein Bruderzwist in Habsburg, nach Hofmannsthal die „bedeutendste historisch-politische Tragödie der Deutschen“, ist ebenso ein literarischer Versuch der Rechtfertigung der monarchischen Staatsform wie ein poetischer Beitrag zur Begründung des Habsburger-Mythos, wobei geschichtlicher Materialien so umfassend einbezogen, historische Bedingungen des Geschehens so zwingend eingeflossen sind wie selten in einem Geschichtsdrama deutscher Literatur.
Franz Grillparzer:
1791 – 1872, in Wien geboren
Vertreter der Wiener Klassik
Eigene Meinung:
Brüderzwist im Hause Habsburg führt zurück in die Tage Kaiser Rudolfs II. nach Prag. In eine Zeit, in der neue Glaubensrichtungen aufkommen und in eine Zeit, in der der Kaiser durch die nahenden Armeen der Türken bedroht wird. Der Kaiser, der keine eigenen Nachkommen hat – nur ein Findelkind, Don Cäsar, der eine sohnähnliche Stellung am Hof einnimmt, wird zudem auch von seinen Thronfolgern bedrängt. Die Erzherzoge Matthias, Leopold und Ferdinand, versuchen ihre Pläne zu verwirklichen. Wobei vor allem Erzherzog Matthias, der bisher in Verbannung in Linz lebte, durch die Einflüsterungen seines Beraters Kardinal Klesels, dem Kaiser ein Kommando in Ungarn abringt und bald in Opposition zu seinem kaiserlichen Bruder gerät.
Dieses historische Drama von Grillparzer ist nicht leicht zugänglich. Hilfreich war für mich, dass ich bereits andere Bücher gelesen habe, in denen Kaiser Rudolfs II. eine Rolle spielte und so einige Dinge besser einordnen konnte. Es verlangt große Konzentration ab, um aus den Dialogen auch die Handlung herauszulesen. Die Dialoge sind in Versform verfasst. Für mich bilden hier immer die willkürlich anmutenden Zeilenbrüche in der Reclamausgabe ein Problem, vor allem, das jede Zeile mit einem Großbuchstaben erschwert für mich die Lesbarkeit. Wenn man sich aber die nötige Konzentration abverlangt, findet man auch sehr viele sprachlich schöne Stellen.
Das Hauptaugenmerk des Dramas scheint auf der Person Kaiser Rudolfs II. zu liegen. Wir erleben ihn in Prag, wo er mit sich und der Welt hadert. Wo er mit den Neuerungen seiner Zeit nicht Schritt halten kann und die Umwälzungen der Protestanten mit Argwohn betrachtet, aber auch nicht zu den Schritten einer Vertreibung, die Erzherzog Ferdinand von Steiermark ihm rät, greifen möchte. Zugleich die Bedrohung der Türken vor der Tür, philosophiert er vor sich hin, scheint die Vorgänge um sich herum nicht mehr wirklich zu beachten, dennoch auf die Traditionen des Königtums bedacht. Eine eigentümliche Mischung aus Bewahrer und Resignation.
Obwohl dieses Drama einige sehr interessante Szenen zu bieten hat, hatte ich mittelschwere Turbulenzen mit dem Werk. Einerseits frage ich mich, ob ich ohne Vorkenntnisse überhaupt die Geschehnisse rund um Rudolf II. einordnen hätte können und ob letztlich damit überhaupt diese Figur greifbar geworden wäre.
Mit einem großen Fragezeichen über dem Kopf läßt mich auch das Ende zurück, das mir überhaupt etwas unglücklich erscheint. Es hat am Ende des 4. Aufzugs für mich den Anschein, als habe Rudolf abgedankt und wäre dann gestorben. Plötzlich stellt sich dann im 5. Aufzug, der gewissermaßen einen Ausblick auf den 30 Jährigen Krieg bietet, die Frage, ob Rudolf lebt und mit dem Eintreffen der Todesnachricht wird Matthias als sein Nachfolger dem Volk präsentiert.
Das hat auf mich gewirkt, als hätte Grillparzer das Ende Rudolfs II. zweifach nutzen wollen, einmal um das politische Geschehen mit Gedanken zum Königtum und Thronfolge darzustellen und einmal um auch den Aspekt rund um die alte und neue Zeit noch einmal aufzugreifen und die Brücke zu den Glaubenskriegen zu schlagen. Dadurch erscheint das Ende zweigespalten und ein wirklicher Schlußpunkt fehlt. Der fünfte Aufzug wirkt als eine Beigabe und versandet im Eindruck des „anderen“ Endes, das für mich das Ende des vierten Aufzugs bildet.
Insgesamt bleibt ein mühsamer Weg zu einem für mich schwer zugänglichen Stück, das sich aber dennoch zu lesen gelohnt hat.
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